Der Traum meines Großvaters

Als mein Großvater Ding Shuiyang aus der Stadt zurückkam, lag die Abenddämmerung schon über der Ebene. Die Straße nach Dingzhuang war vor zehn Jahren betoniert worden – damals, als die Dorfbewohner Blut verkauft hatten. Das Dunkel der Gedanken, die er unterwegs nicht hatte entwirren können, begann sich zu lichten.

Ihm war klar: wo Wolken sind, da gibt es Regen.
Ihm war klar: wenn der Herbst zu Ende geht, wird es kalt.
Ihm war klar: die Dorfbewohner, die vor zehn Jahren Blut verkauft hatten, würden das Fieber kriegen. Und wer das Fieber hatte, würde sterben, so wie der Herbstwind die welken Blätter von den Bäumen fegt.

Das Fieber war im Blut verborgen; mein Großvater war in seinen Träumen verborgen. Die Krankheit liebte das Blut, Großvater liebte das Träumen.

Seit er in der Kreisstadt war, wusste er:

Das Fieber hatte in Wirklichkeit einen anderen, einen wissenschaftlichen Namen – nämlich AIDS. Wer seinerzeit Blut verkauft hatte, war heute ausnahmslos an AIDS erkrankt. Die Kraft verließ sie, ihr Körper war von Pusteln und Flecken übersät, die Zunge war eiterig und allmählich trockneten die Kranken aus. Sie quälten sich drei Monate oder ein halbes Jahr, hielten vielleicht sogar acht Monate durch, aber nur selten ein ganzes Jahr. Dann – ja, dann starben sie.

Starben wie vom Wind losgerissene Blätter.
Erloschen wie eine Lampe; waren nicht mehr von dieser Welt.

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Barbara Seebald – I won’t go quietly

Screenshot der Facebook-Seite, auf der die Todesnachricht verkündet wurde
Todesnachricht auf Facebook

Barbara Seebald ist verstorben. Im Alter von Mitte 40 sterben zu müssen ist heutzutage keine Normalität mehr.

Barbara Seebald war mit HIV infiziert und litt wohl an AIDS, glaubte aber nicht an die Existenz dieser Krankheit, die ihrer Meinung nach eine Erfindung der Pharmaindustrie sei. Daher lehnte Barbara Seebald auch eine medizinische Behandlung ab.

Auch ihr Ehemann Leonhard Seebald war HIV-positiv und starb 2010 an den Folgen eines Lungenödems. Der Tod wurde „der Folter der pharmagesteuerten Schulmedizin und deren Handlangern, [den] Behörden und Gerichte[n]“ zugeschrieben.

Lesenswert zur Gedankenwelt der Seebalds ist ein Interview/Artikel in Zeit Online aus dem Jahr 2013.

Besonders tragisch an der Geschichte der Familie Seebald ist auch, dass die Tochter Muriel von ihrer Mutter ebenfalls mit HIV infiziert wurde. Die Behörden schritten ein; Muriel wurde in einem SOS-Kinderdorf untergebracht, die anderen Kinder bei Pflegeeltern.

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Aids? Da haben wir auch was für Sie …

Weil wir gerade so schön dabei sind, wollen wir noch so eine glänzende Homöopathen-Truppe vorstellen: Homoeopathy for Health in Africa

Das sind Männer und Frauen mit einer Mission:

  • To relieve the suffering of HIV/AIDS patients using classical homoeopathy
  • To identify the homoeopathic remedies most successful in treating HIV/AIDS
  • To spread this knowledge throughout Tanzania and Africa
  • To produce formal, ethical research
  • To prove to the world what homoeopathy can do

Das muss man wohl nicht übersetzen, die gefetteten Begriffe sind wohl Augenschmaus genug.

Jeremy Sherr, der Gründer dieser Aktion ist kein Unbekannter: schon 2009 hatte Orac viel Freude an seinem Geschwurbel.

Sherr fühlte sich damals (und auch heute noch) von der „pharmazeutischen Inquisition“ verfolgt, nur weil er eine ziemlich kreative Idee für eine homöopathische Studie hatte.

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Die Pfingstkirche und die HIV-Wunderheilungen

Wie die BBC berichtet, sind einige Pastoren der Pfingstbewegung in lebensgefährlicher Mission unterwegs. Oh, sie gefährden natürlich nicht das eigene Leben, nur das von Gläubigen.

Die Children’s HIV Association befragte 19 Mediziner, die in England mit Kindern und Babys arbeiten, da die Organisation Gerüchte vernommen hatte, dass HIV-Patienten ihre Medikamente absetzten, weil ihre Pastoren ihnen das befahlen.

Zehn dieser Mediziner hatten schon in den letzten 5 Jahren mit diesem Problem zu kämpfen: 29 ihrer Patienten hatten erklärt, sie seien unter Druck gesetzt worden, ihre Medikamente abzusetzen und mindestens elf hatten das dann tatsächlich getan.

Darunter Eltern, die unter Druck gesetzt worden waren, ihren kleinen Kindern die antiretroviralen Medikamente nicht zu geben und sich dem Druck beugten. Stillende Mütter, HIV positiv getestet, verweigerten die Medikamente, die ihre Kinder vor dem Virus geschützt hätten.

Einige Pastoren hatten den Patienten erklärt, dass sie stattdessen beten und Weihwasser trinken sollten.

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Der Einfluss der Religionen

Man hört ja sehr oft das Argument, dass der Papst in Afrika mit seinem Kondomverbot riesigen Schaden anrichtet, weil die Position der Kirche zu Verhütungsmitteln eine Katastrophe ist. Nicht nur wegen AIDS, sondern auch wegen der Bevölkerungsentwicklung. Dass diese Position aus Sicht von Vernunft und Ethik zu verurteilen ist, daran besteht für uns kein Zweifel. Und Aussagen afrikanischer Priester und Bischöfe, die behaupten, dass Kondome nicht schützen und sogar mit HIV verseucht sind, kann man nur als ekelhaft bezeichnen.

Aber dieses Problem, diese Thematik betrifft nicht nur das Christentum – speziell auch islamisch-fundamentalistische Gruppierungen sind nicht für ihren Einsatz für die Frauenrechte bekannt.

In diesem Sinne stellt sich natürlich die Frage: wie groß ist der Einfluss der Religionen? Wie viel Macht haben sie tatsächlich im Schlafzimmer? In Bezug auf Frauenrechte? Hans Rosling betrachtet den Punkt Sex in einer Rede in Qatar und setzt Religionen und Fruchtbarkeit in einen Kontext. Und was findet er? Dass die Macht der Religionen begrenzt ist.

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Fröhliches Aids-Leugnen mit Peter Duesberg

Peter Duesberg, einer der prominentesten Aids-Leugner, hat wieder zugeschlagen. Er hat es geschafft, dass das Paper „AIDS since 1984: No evidence for a new, viral epidemic – not even in Africa“ im italienischen Journal of Anatomy and Embryology abgedruckt wird. Der Text ist im wesentlichen nichts Neues; eine vorhergehende Fassung wurde bereits 2009 vom Journal … Weiterlesen

Elizabeth Pisani: Sex, drugs and HIV — let’s get rational

Hier ein schöner, interessanter und vor allem sehenswerter Beitrag auf TED, von Elizabeth Pisani, die sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit HIV/Aids beschäftigt und sich in ihrem Blog The Wisdom of Whores sowie in einem gleichnamigen Buch für etwas mehr Vernunft im Umgang mit der Krankheit einsetzt. (Untertitel in Deutsch und 29 anderen Sprachen … Weiterlesen

Welt-AIDS-Tag 2011

Der Welt-AIDS-Tag ist gekommen und zu Ende gegangen; die Frage ist, was bleibt? Wird die durchaus üppige Berichterstattung Nachhall finden und das Thema auch weiter beachtet und im kurzlebigen Gedächtnis der Menschen Platz finden? Mal sehen. Wir haben schon vor 2 Wochen über das Thema HIV heute berichtet, dass das Todesurteil im Wesentlichen in ein … Weiterlesen

Pastoren versprechen HIV/Aids-Heilungen: Mindestens 6 Todesopfer

Evangelikale Kirchen in London, Manchester, Birmingham und Glasgow behaupten wohl seit einiger Zeit HIV mit der Hilfe Gottes heilen zu können. Wie der englische Nachrichtensender Sky News berichtet, haben sie Reporter „undercover“ zu der „Synagogue Church of All Nations (SCOAN)“ geschickt. Diese haben sich dort als HIV-positiv ausgegeben und ihnen wurde dann dort von Pastoren … Weiterlesen

Alternative HIV-Therapie: Wunsch und Wirklichkeit?

Aus unserem Forum:

Hallo esowatch Forum,

ich bin durch Hinweise in den Selbsthilfeforen auf diese Diskussion aufmerksam geworden und möchte etwas aus der Perspektive der Betroffenen beitragen. Ich bin HIV-positiv und lag bereits mit AIDS im Krankenhaus. Freunde von mir sind an den Folgen von AIDS gestorben. Es ist ein langsames, entwürdigendes und schmerzhaftes Sterben. Es ist mir wichtig, dass hier jedem bewusst ist, worum es bei HIV geht. HIV führt, wenn es nicht behandelt wird, zu AIDS. Und daran sterben Menschen auf der ganzen Welt qualvoll. Mitte der 90er wurden Medikamente zugelassen, die genau das verhindern. Seitdem spricht man vom neuen AIDS und von HIV als einer chronischen, behandelbaren Krankheit.

Aus Gesprächen weiss ich, dass bei Neubetroffenen massivste Ängste vorhanden sind. Sie haben Angst vor AIDS, vor der Zukunft, vor den Nebenwirkungen der Medikamente, vor einer Stigmatisierung und davor, dass sie ihre Träume und Ziele nicht mehr  erreichen können. Es gelingt oft genug nicht, diese Betroffenen rechtzeitig von der Einnahme der lebensnotwendigen Medikamente zu überzeugen. Diese landen dann mit schwersten Erkrankungen im Krankenhaus oder suchen erst dort Ansprechpartner. Das fängt bei einem simplen Herpes an, geht über verpilzte Speiseröhren und Lungen, Krebstumoren bis hin zur zerebralen Toxoplasmose und Enzephalopathie. Ich denke, euch ist die Dimension des Leidens hinter diesen kalten Worten bewusst. Der Weg zurück zu einem  gesundheitlichen Status, mit dem man seinen Alltag bewältigen kann, ist dann sehr langwierig und gelingt nicht immer. Heute sterben immer noch Menschen in Deutschland an AIDS. Das müsste nicht sein, weil die Medikamente dies erfolgreich verhindern. Ich bin nicht aus Prinzip gegen komplementäre Therapien. Ganz im Gegenteil: keiner und keine von uns Menschen mit HIV und AIDS möchte freiwillig ein Leben lang jeden Tag Tabletten schlucken, die massiv in den Organismus eingreifen. Wir sind alle dankbar für Methoden, die unsere Lebensqualität erhöhen. Aber es geht hier um unser Leben. Die Alternative zu den Medikamenten ist ausnahmslos  Krankheit und Sterben.

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