Berlin und Gelsenkirchen

haben wenigstens eines gemein: Esoterik in Krankenhäusern. Die Geschichte mit der Charité hat mich wieder erinnert an eine verrückte Geschichte in Gelsenkirchen. Zeit für einen Rückblick:

Prof. Dr. August Stemmann, Leiter der Abteilung Allergologie der Bergmannsheil und Kinderklinik Buer in Gelsenkirchen meint, Neurodermitis bei Kindern heilen zu können, vor allem schwere Fälle. Seine Theorie richtet sich nach Ryke Geerd Hamer, dem Erfinder der „Neuen Germanischen Medizin“. So ist er der Ansicht, Neurodermitis entstehe durch einen Trennungskonflikt. Das Problem dabei: Die Behandlung wäre maximal dann anzuerkennen, wenn sie nachweisbar Erfolg hätte. So ist sie nur sadistisch. Kinder, die sowieso schon massive Probleme mit ihrer Hautkrankheit haben, werden bewusst von ihren Müttern getrennt. Die Mütter bekommen autogenes Training, damit sie wegen dem verzweifelten Schreien ihrer Kinder hinter der Glasscheibe (= Trennungstrainig) nicht verrückt werden.

Stemmann hat bis heute keinen Beleg für die Wirksamkeit seiner Hypothese gebracht. Die Belege sind lächerlich – wer im Akutstadium eines ND-Schubes eingeliefert wird, hat i.d.Regel einige Zeit danach ein besseres Hautbild, egal, ob man Märchen vorliest oder sonst was, denn ND ist nicht tödlich und verläuft immer in Schüben.

Was Stemmann dort angestellt hat, würde als Tierversuch nie durch eine Ethikkommission kommen. Stemmanns Talent scheint weniger die Forschung und Logik, sondern ein marketingtechnisches zu sein. Die Klinik wurde bekannt, vor allem durch den Verein AUK (dessen „wissenschaftlicher Berater“ Stemmann ist) und gewann deutschlandweit Kunden. Der Aufenthalt ist nicht billig: Mutter und Kind werden für mindestens 2 Wochen „behandelt“ und untergebracht. Die Kassen zahlten und zahlen. Und das alles unter der bisher nicht belegten Annahme, Neurodermitis sei durch einen „Trennungskonflikt“ begründet.

Prof. W. Klosterhalfen, der dort hinein geriet und eigentlich seine Forschungen zur Psychosomatik weiterführen wollte, hat das alles ans Tageslicht gebracht. Es gab einen Artikel im Spiegel („Galilei aus Gelsenkirchen), im Laborjournal, in diversen Foren wurde entsprechendes veröffentlicht – eigentlich ein riesen Skandal: Nicht nur, dass Kinder und Mütter mit einer unsinnigen und unethischen Behandlung mit möglicherweise traumatischen Folgen ausgesetzt wurden – nein, auch die Kassen wurden mit vermutlich zweistelligen Millionenbeträgen geschädigt. Alleine: Die Verantwortlichen interessiert das alles nicht.

Richtig spannend an der Sache ist , dass Klosterhalfen, der alles minutiös dokumentiert hat, sich mit seiner Person der Öffentlichkeit ausgesetzt, Stemmann als Scharlatan benannt hat, immer noch keine Anzeige wegen Verleumdung oder ähnlichem bekommen hat. Man scheint aussitzen zu wollen und scheut Öffentlichkeit.

Ein irres Spiel. Genaueres findet man hier, dort den Links folgen.

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