Vom Ende eines Versuchs – k.o. in Runde 4?

TCM im Standard Runde X

Die Serie über die Anwendung traditioneller chinesischer Medizin war groß im Online-Standard angekündigt worden. In zwölf Teilen sollte Dr. Evemarie Wolkenstein anhand von Fallbeispielen verschiedene Methoden vorstellen, mit denen sie in ihrer Praxis Patienten behandelt.

Nun scheint die Serie nach nur vier Folgen klammheimlich eingestellt worden sein. Der Artikel für Mai ist zumindest seit knapp zwei Wochen überfällig.
Der Grund dafür könnte das negative Echo sein, das diese Serie hervorgerufen hat. Zum einen wurde die plumpe Art und Weise bemängelt, mit der billige PR für das „Institut Wolkenstein“, der privaten Praxis von Frau Wolkenstein, gemacht werden sollte, zum anderen die inhaltlich erschreckend schwachen Artikel selbst.

Frau Wolkenstein wird vom Standard als „Präsidentin des Vereins für komplementäre Präventionsmedizin“ vorgestellt. Das klingt gut! Ein vermutlich gemeinnütziger Verein, in dem sich Mediziner zusammenfinden um „komplementäre“ medizinische Methoden zu vertreten.
Doch der Schein trügt: bei diesem Verein handelt es sich um nichts anderes, als das Institut Wolkenstein selbst, wie ein Blick auf das Impressum der Homepage zeigt. Der Zusatz Co. & KEG, eine offenbar seit 2007 veraltete Rechtsform – jetzt „KG, fehlt in der Vorstellung des Standard.

Offenbar wurde es für nötig befunden Frau Wolkenstein als „Präsidentin“ ein wenig mehr formale Kompetenz zu verschaffen, damit die Serie als mehr als das erscheint was sie ist: eine zwölfteilige Werbung für eine Privatpraxis.
Inhaltlich waren die ersten Artikel eine mittelschwere Katastrophe, sie wurden im Esoblog ausführlich besprochen:

Fallbeispiel 1
Fallbeispiel 2
Fallbeispiel 3
Fallbeispiel 4

Die wichtigsten Kritikpunkte zusammengefasst:

  1. Es gab praktisch keinerlei Erklärungen, sondern nur Behauptungen und grobe Beschreibungen von Konzepten. Keinerlei Erläuterungen „wie“ etwas funktioniert, nur das Postulat, „dass“ es funktioniert.
  2. Abenteuerliche medizinische Begründungen, die stark daran zweifeln lassen, dass Frau Wolkenstein tatsächlich mit Sinn und Verstand Medizin studiert hat.
  3. Eine unverständliche Vermischung mit anderen Therapiekonzepten. Plötzlich tauchen indische Chakren auf oder Hahnemanns Homöopathie, letztere so angewendet, dass jeder Homöopath aufschreien müsste. Kurios, dass Frau Wolkenstein immer wieder korrekte medizinische Aussagen trifft, die sie dann aber direkt wieder verwirft.
  4. Ungenügende Darstellung des Behandlungserfolgs. Meistens enden die Berichte mit der „Selbstentlassung“ des Patienten. Frau Wolkenstein deutet das als erfolgreiche Heilung. Bei kritischer Betrachtung kommt man eher darauf, dass die Patienten die Behandlung abgebrochen haben.
  5. Die publizistische Qualität der Artikel war unterirdisch. Offenbar hat es die Gesundheitsredaktion nicht für nötig befunden ordentlich zu redigieren. Den Artikeln ist zumeist kein roter Faden anzumerken, die einzelnen Methoden werden weitgehend zusammenhanglos aneinandergefügt. Der Leser bleibt überwiegend ratlos  zurück.

Bei all dieser Kritik sei die Frage erlaubt, warum die Gesundheitsredaktion des Online-Standard so etwas macht. Zwar ist bekannt, dass die Ausrichtung da stark alternativ geprägt ist, aber darf man sich deshalb so in die Nesseln setzen?
Erklärbar ist das fast nur über persönliche Beziehungen zwischen Frau Wolkenstein und Mitgliedern der Redaktion. Vielleicht hat eine der Damen mal einen Kurs bei Frau Wolkenstein besucht?

Vielleicht gibt es einen guten Grund dafür, dass der nächste Teil der Serie auf sich warten lässt. Vielleicht ist Frau Wolkenstein im Urlaub oder aus anderem Grund verhindert. Vielleicht hat man sich ja sogar die Kritik zu Herzen genommen und benötigt jetzt etwas länger um einen zumindest handwerklich akzeptablen Beitrag zu schreiben.
Wahrscheinlicher ist aber tatsächlich, dass Frau Wolkenstein nach den Reaktionen auf die ersten Teile keine Lust mehr hatte und lieber auf die mutmaßlich kostenlosen monatlichen Werbeschaltungen verzichtet und die Online-Gesundheitsredaktion des Standard da auch nicht soviel Aufhebens drum machen will.

Aber wer weiß, vielleicht überrascht uns der Standard ja auch mit einer Fortführung der Serie – nur um uns zu ärgern…

16 Gedanken zu „Vom Ende eines Versuchs – k.o. in Runde 4?“

  1. Haben ein paar Nerds erreicht, dass eine Serie in der Onlineausgabe einer österreichischen Tageszeitung eingestellt wird. Glückwunsch! So nahe werdet ihr richtigem Sex wohl nie mehr kommen.

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  4. Warum die Gesundheitsredaktion des online-Standard so etwas macht? Weil ihre Leiterin, Dr.med. Regina Philipp, ein Akupunkturdiplom ihr eigen nennt. Offenbar glaubt sie einfach an die Wolkensteinschen Weisheiten.

  5. Im Winter 2010 stellt sich mir eine kränkelnde Gesundheitsabteilung einer österreichischen „Qualitätszeitung“ vor. Nach einer eingehenden Zungendiagnostik, gefolgt von einer wärmenden Moxibustion der Website einigen wir uns auf eine monatliche Nachkontrolle mit Nadeln, Homöopathie und traditionellem Softlaser.

    Schon nach vier Behandlungsterminen fühlt sich die Patientin so gut, dass sie nicht mehr bei mir auftaucht. Ein Erfolg, der mich in meinem ganzheitlichen Weg bestärkt.

  6. Meine Kommentare werden seit neuestem abgelehnt. Läuft der Spamfilter Amok oder bin ich persona non grata geworden?

  7. Ulrich :

    Meine Kommentare werden seit neuestem abgelehnt. Läuft der Spamfilter Amok oder bin ich persona non grata geworden?

    Das liegt irgendwie am Filter.

  8. Der Standart:
    Chefredakteurin eine Frau !
    Chefin der Wissenschaftsabteilung eine Frau !

    Quasie Naturgesetz bei einigen Menschen weiblichen Geschlechts:

    Wer die Meinung einer Frau kritisiert ist frauenfeindlich. Und sowas kann eine emanzipierte Frau selbstverständlich nicht dulden.

    Wie kann es Urlich oder irgend jemand von esowatch auch wagen den Text einer Frau zu kritisieren. Ist doch klar daß die esoteppischen Emanzen dann so reagieren wie es der Standart tut.

    PS: Man kann das auch so höflich sagen wie es cohen tut und es dem Filter in die Schuhe schieben. Dann klingt es nicht so frauenfeinlich ;-))

  9. Nee, Ulrichs Kommentare landeten bei uns im Blog im Spamfilter.
    Warum auch immer?

    Das war wohl nicht so eindeutig zu erkennen.

  10. Ulrich :

    Meine Kommentare werden seit neuestem abgelehnt. Läuft der Spamfilter Amok oder bin ich persona non grata geworden?

    Letzeres bestimmt nicht 🙂
    Ich habe nochmal unsere kleine Blacklist geprüft, bei Deinen Kommentaren ist eigentlich nichts drin, wo der Wachhund anspringen müsste. Seltsam das, vermutlich spinnt Akishmet.

  11. @Rincewind

    Frau Werlhof würde sehr gut zum Standard passen.

    Vor einigen Jahren war im Standard ein Bericht über einen Mittelamerikanischen Staat zu lesen.
    In dem bsagten Land gab es die meisten Morde pro Kopf der Bevölkerung in dem Jahr.
    In absoluten Zahlen waren es ungefähr 5 600 Männer und 500 Frauen.
    Also auf eine ermordete Frau kamen ca 10 ermordete Männer.

    Frage: Wie lautete die dicke Überschrift zu dem Artikel?

    FRAUENMORDSERIE in …

    Na und wenn DAS nicht nach Frau Werlhofs Geschmack ist ?!

    Der Grundton im Standard ist derzeit folgender:
    Wenn ein Mann eine Frau umbringt dann selbstverständlich deshalb weil Männer persé agressiv sind.
    Wenn eine Frau ihre Kinder umbringt dann deshalb weil die Arme mit den Nerven fertig war und nicht mehr weiter wusste.
    Männer sind agressiv und Frauen sind leidend.
    Da ich dieses Emanzengeschwafel nicht mehr hören bzw. lesen kann hab ich den Standard irgend wann abbestellt und lebe jetzt glücklich als Single.

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