Es lebe die Skepsis

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung Skeptiker von Vielen eher negativ beschrieben, man setzt  ihn gerne einem Nörgler gleich, dem man nichts recht machen kann und der an allem zweifelt. Dabei ist Skepsis eigentlich ein wichtiges evolutionäres Prinzip: Geben wir einem Haustier, z.B. unserer Katze etwas Fremdartiges, Neues zum Fressen, wird sie zuerst daran schnuppern, und auch, wenn es gut riecht, erst mal vorsichtig probieren; wir Menschen tun das ebenso. Skepsis ist hier also nichts, was ein pauschales Ablehnen zeigt, sondern nur Vorsicht und Prüfung.

In einem kommunikativen Kontext, in dem wir als Menschen gegenseitig Informationen austauschen, gilt dieses Prinzip ebenso.

Skepsis verkörpert mit ein Grundprinzip der Wissenschaft. Es ist die Einsicht, selber fehlbar zu sein, und dem, was uns unsere Sinne und Vorurteile sagen, nicht blind zu vertrauen. Das menschliche Hirn ist z.B. überhaupt nicht in der Lage, mit großen Zahlen umzugehen und gleichzeitig stets verlockt, aus zeitnahen Ereignissen einen ursächlichen Zusammenhang zu konstruieren, was, wiederum evolutionär gesehen, keineswegs dumm ist. Erst blitzt, dann donnert es, auf dieser Ebene funktioniert das ganz gut. Schon etwas schwieriger wird es, wenn ein längerer zeitlicher Abstand zwischen Ursache und Wirkung ins Spiel kommt: Die Ursache für eine Geburt neun Monate früher zu sehen, ist bereits eine nicht einfache Herausforderung.

Noch schwieriger der Umgang mit Wahrscheinlichkeiten: Der Erfolg von Lotto besteht einzig in der Täuschung, dass es doch so simpel sein muss, von 49 Kästchen nur 6 richtige anzukreuzen um Millionär zu werden. Hier warnt kein Instinkt.

Auch warnt uns kein „gesunder Menschenverstand“ vor Dingen, die für unsere Denkgewohnheiten eingängig sind, ein homöopathisches Prinzip etwa, das Gleiches Gleiches heile, nur in Potenzierung, klingt für jemanden, der sich noch nie damit beschäftigt hat, durchaus logisch, weil es in sich geschlossen scheint und begibt sich gerne in diese Denkfalle. Skeptisches Denken aber betrachtet, ob Aussagen und Behauptungen auch mit Erkenntnissen aus anderen Wissenschaften, wie z.B. der Physik und der Chemie übereinstimmen.

Wenn jemand z.B. behauptet, er hätte 10 Menschen mit seiner Methode geheilt, dann fragt man ihn, wie viele er denn insgesamt behandelt hat. Wenn man meint, nachts von Aliens entführt worden zu sein, fragt man sich, ob man nicht etwa geträumt hat. Sich zu täuschen ist eher der Normalfall, so es um komplexe Zusammenhänge oder seltsame Erlebnisse geht. Und so führt Skepsis im besten Fall zu mehr Erkenntnis und weniger Täuschung.

Skepsis ist also eine völlig sinnvolle und normale Grundhaltung. Was ist es also, was den Skeptiker so zum Missliebigen für viele macht? Vermutlich verdirbt er Geschäfte und angenehme Selbsttäuschungen. Aus der Erkenntnis, wie fehl- und täuschbar der Mensch ist, kann man nicht nur eine Methode namens Wissenschaft entwickeln, um diese Fehlbarkeit möglichst auszuschließen, sondern auch wunderbare Methoden, sich an anderen Menschen zu bereichern. Ihnen ein X für ein U vormachen, sie über den Löffel balbieren, sie abzuzocken. Zauberkünstler geben wenigstens zu, dass sie nur mit der Täuschbarkeit des Menschen spielen, und nicht umsonst ist ein James Randi so gut im Entlarven von Quacksalbern. Und zweitens ist der Skeptiker manchmal nervig. Wie ein kleines Kind, das sich nicht mit der Antwort „glaube es einfach“ zufrieden gibt, sondern „warum ist das so?“ fragt.

4 Gedanken zu „Es lebe die Skepsis“

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  2. Ja, das erlebe ich auch sehr häufig. Das man als Querulant eingestuft wird. Möglicherweise liegen hier die Probleme etwas tiefer. Der Mensch kann nicht besonders gut mit Wahrscheinlichkeiten rechnen. Geschweige denn, in Wahrscheinlichkeiten denken.

    Was ich manchmal _wahr_nehme ist – manche können lateral denken. Also mehrere Alternativen, die sich sowohl zeitlich als auch räumlich in unterschiedliche Richtungen bewegen können. Die meisten Menschen denken linear. Und dies (zeitlich) auch meist nur in _eine_ Richtung.

    Die „Beschwerden“, ein Querulant zu sein, beziehen sich meistens auf die fehlende Zustimmung zu den bereits feststehenden Begriffen und Meinungen des Gegenübers. Ist so. Muss der Skeptiker mit Leben 😉

  3. Ja, ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man als Skeptiker oft als Querulant angesehen wird. Leider halten, wie ich schon in einem anderen Komentar erwähnt habe, viele Leute die Frage „Wissenschaft oder Esotherik?“ für ene reine Geschmacks- oder Glaubensfrage, weil ihnen beide Möglichkeiten ähnlich bis gleich erscheinen.

    wenn jetzt ein „böser“ Skeptiker mit seinem wissenschafltichen Standpunkt daher kommt und anfängt, dem Esotheriker unangenehme Fragen zu stellen (nämlcih die Art, auf die er keine Antworten hat) und sogar dessen Hypothesen zu widerlegen, kann letzterer natürlich sagen (wenn er nicht so extrem ist, immer die einzig wahre Wahrheit für sich zu haben und das jedem auf die Nase binden zu müssen): „Tja, ich habe meinen Glauben, und du deinen; ich lasse dir deinen, also lass mir meinen.“ Dann ist er nicht nur der Diskussion entkommen, die für ihn sonst unangenehm ausgegangen wäre, sondern steht auch noch als tolerant da, der Skeptiker hingegen als jemand, der sein eigenes (skeptisches) Weltbild jedem aufzwingen will. (Das funktioniert natürlich nur bei einem Publikum, dem das skeptsiche Denken nicht hinreichend bekannt ist, was aber wohl ledier auf die Mehrheit der Leute zutreffen dürfte.)

    Deswegen sind Projekte wie Esowatch meiner Meinung anch auch so wichtig: Weil sie die Leute darüber aufklären, was es mit wissenschaftlichem und skeptischem Denken auf sich hat, und was dabei der fundermentale Unterschied zu den diversen Spielarten der Esotherik ist.

    Aber Vorsicht: Auch als „Skeptiker“ muss man sich dieses Unterschiedes immer bewusst sein.

    Ein Atheist, der „es gibt keinen Gott“ zum zentralen Dogma erhebt immer schön fleißig daran glaubt, ist meiner Meinung nach nicht weniger „religiös“ als jemand, dessen Religion das genaue Gegenteil behauptet. (Jetzt sind wir an dem Punkt, wo ich übrigens mit dem Thema „Religion und Wissenschaft“ ursprünglich hinwollte.)

    Ebenso läuft man als „Skeptiker“ wenn man nicht aufpasst Gefahr, gewisse Dinge, die (vermeindlich) gut ins Weltbild passen, als gegeben hinzunehmen und nciht mehr zu unterfragen. Behauptet man z. B. „Homöopathie ist Unsinn, weil ist eben so, Punkt“ und hält es daher für überflüssig, eine Begründung für diesse Aussage zu suchen, dann ist das nicht mehr skeptisch, sondern dogmatisch. Sagt man hingegen, dass diverse Studien gezeigt habenm, dass Homöopahtie nicht über den Placebo-Effekt hinaus wirkt, und dass sie außerdem nicht mit den Theorien der Medizin und Naturwissenschaft vereinbar ist, ist das eine durchaus sinnvolle Aussage.

    Natürlich muss man nicht immer alles wieder von vorne herleiten, aber man sollte sich als Skeptiker immer vergewissern, ob der Standpunkt, den man einnimmt, auch wirklich begründet ist. Sonst schadet man nciht nur sich selbst, sondern nützt auch den Esotherikern, die dann sagen: „Seht her, die machen es auch nciht besser!“

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