Pakistan und die Kinderlähmung

Wenn man liest, dass Todd Bentley vorhat, in Kürze Pakistan mit seiner Präsenz zu beglücken, muss man ernsthaft die Stirn runzeln. Ein Mann, der sich auf der Bühne derartig produziert und gewaltbereit aneckt, will in ein vorwiegend muslimisches Land reisen?

Das kann Pakistan nicht gebrauchen. Die Situation dort ist sowieso schon sehr schwierig. Man kann sicher einiges über die politische Situation sagen, wir wollen uns allerdings auf Impfungen – speziell Kinderlähmung – konzentrieren.

Die Kinderlähmung ist nahe der Ausrottung und nur mehr in 3 Ländern wirklich zu Hause: Afghanistan, Nigeria und Pakistan. In einigen Nachbarländern flammt sie auch immer wieder auf, aber diese drei sind der Kriegsschauplatz, auf dem gegen diese Geißel der Menschheit gekämpft wird. Pakistan gilt dabei als der schwierigste Ort.

In Nigeria sind die Leute mittlerweile von der Sinnhaftigkeit von Impfungen überzeugt, auch in Afghanistan stimmen die Anführer den Impfkampagnen zu (Hier sei auch Jeremy Gilley für seinen Einsatz gedankt). Aber in Pakistan ist es schwieriger.

Vorige Woche wurde ein Mitarbeiter des Impfprogramms für Kinderlähmung in Karachi, einem noch betroffenen Gebiet, erschossen. Begründet werden die Schwierigkeiten auch damit, dass die USA ein „falsches“ Impfprogramm durchführten, um an DNA von Bin Laden bzw. dessen Familie ranzukommen. Der Arzt, der damals für die CIA arbeitete, wurde danach in Pakistan verhaftet und zu 33 Jahren Haft verurteilt.

Ein hochrangiger Kleriker hat seine Unterstützung der Impfungen zurückgezogen. Es gehen Gerüchte um, dass die Impfung unfruchtbar macht und der Westen versuche, die Pakistani damit zu versklaven.

Mancherorts musste schon die Polizei eingreifen, um die vorgeschriebenen Impfungen zu erzwingen. Und das ist nicht gut; die Menschen sollten verstehen, dass Impfungen sinnvoll sind.

350.000 Kinder sind nun für die Impforganisationen unerreichbar. Auch wenn es im Prozess wohl keine Rolle gespielt hat, so hat die Aktion doch dem Impfprogramm massiv geschadet. Um polemisch zu werden: Dafür hat der Mann definitiv Gefängnis verdient.

In Pakistan gab es dieses Jahr 23 Fälle von Kinderlähmung, was schon eine Riesenverbesserung zum Vorjahr darstellt (198 Fälle). Insgesamt gab es 2011 weltweit 650 Fälle, momentan (Stand: 30 Juni 2012) stehen wir bei 96 Fällen. Der Sieg ist tatsächlich in Reichweite.

Aber wenn die aktuellen Impfaktionen behindert werden, kann das einen verheerenden Rückschlag für die Ausrottung bedeuten. Auch wenn wir in Europa mittlerweile vor allem „Zuseher“ sind bei dem Kampf, der sich gegen die Kinderlähmung abspielt, können wir doch einiges tun. Empört sein, wenn Impfprogramme für politische Zwecke missbraucht werden. Empört sein, wenn Anheizer wie Bentley in das Gebiet reisen und die Situation sicher nicht besser machen.

Und man kann spenden. Dem Impfprogramm fehlen zur Zeit 601 Millionen Dollar im Budget.

Man kann diese Spende auch als eine Investition in die Zukunft betrachten. Ab dem Moment, in dem wir die Kinderlähmung besiegt haben, sind die Impfprogramme nicht mehr notwendig. Wenn die Gelder für den letzten Schlag fehlen, muss man ein weiteres Jahr investieren. Und dann vielleicht noch eines. Und noch eines. Da wollen wir doch lieber Nägel mit Köpfen machen. Der Krankheit ins Gesicht treten.

7 Gedanken zu „Pakistan und die Kinderlähmung“

  1. „Vorige Woche wurde ein Mitarbeiter des Impfprogramms für Kinderlähmung in Karachi, einem noch betroffenen Gebiet, erschossen“falsches” Impfprogramm durchführten um an DNA von Bin Laden bzw. dessen Familie ranzukommen. “

    In diesem Satz ist euch was durcheinander geraten.

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  2. Ich möchte ja nicht mit meinen hellseherischen Fähigkeiten prahlen aber… na gut, ich bin sicher nicht der einzige, der sofort so ein Szenario beschrieben hat, nachdem die Art der Fahndung nach Bin Laden bekannt geworden ist.
    Wer hätte das den denken könnten – die CIA unverantwortlich? Wo gibt’s denn so was?

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  3. Jetzt trägt die CIA die Schuld daran, dass pakistanische Kleriker Verschwörungstheorien anhängen und Ihnen der Kampf gegen die Aufklärung wichtiger ist als ihre Kinder? Sind die Fluggesellschaften auch daran Schuld, dass Menschen an Chemtrails glauben, weil ihre Flugzeuge verdächtige Streifen in den Himmel malen?

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  4. Die Nebelkerzen sind aufgestellt und die Amis sind natürlich mal wieder am Weltuntergang schuld…

    Dieser ganze Unfug mit den Impfgegnern ist nicht nur Privileg von wahnhaften Klerikern, solche Vollpfosten haben wir auch hier – sie haben zum Glück nur nicht soviel Macht sich durchzusetzen.

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