Nikola Tesla und die Pseudoszene

Wenn man bei uns ins Wiki blickt, könnte man den Eindruck bekommen, dass wir Nikola Tesla nicht mögen. Wir haben eine Vielzahl von Artikeln, nicht nur zu ihm selbst, sondern auch zu esoterischen Technologien, die angeblich auf Tesla gründen. Da wären die Artikel zur Rolle von Tesla bei der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen, Teslas Rolle in Bezug auf den Drehstrom und Teslas Spätwerk; dazu kommen noch Artikel wie die Tesla-Uhr, Tesla-Platte, Tesla Society und Tesla-Spule. Und dazu noch ein paar mehr, in denen der Name Tesla erwähnt wird.

Dass wir so viele Artikel zu Tesla haben, liegt ganz einfach daran, dass er der typische „verrückte Wissenschaftler“ war. Sein Renommee und seine Seltsamkeiten und später abstrusen Ideen machen ihn zum perfekten Helden der Pseudoszene, die seinen Namen dementsprechend gerne nutzt.

Für viele seiner Arbeiten hat er höchste Verehrung verdient; allein die Liste seiner Patente ist ziemlich eindrucksvoll. Wenn eine Einheit in der Physik – die für die Magnetische Flussdichte – nach einem benannt wird, ist das schon eine große Sache. Daneben gibt es sogar einen Krater auf dem Mond und einen Asteroiden, die nach ihm benannt sind.

Matthew Inman, Autor/Zeichner von The Oatmeal, startete vor kurzem eine Kampagne, um Geld für ein Tesla-Museum aufzutreiben. In kürzester Zeit kamen nicht nur die angestrebten 850.000 Dollar zusammen, sondern das Doppelte. Inman stilisierte Tesla dabei in einem Comic zum Größten aller Geeks hoch (Geek ist kaum übersetzbar, siehe Erklärungsversuch in der Wikipedia).

Tesla wird darin übertrieben als der Vater des Zeitalters der Elektrizität und Edison als richtig übler Mistkerl dargestellt. Die Wahrheit lag aber wohl eher etwas mehr in der Mitte. Der Forbes-Blogger Alex Knapp hat in einem interessanten Artikel einige der Behauptungen im Comic zurechtgerückt. Sicher, Thomas Edison war sicher nicht der geniale Heilige, wie er im Spencer-Tracy-Klassiker Der große Edison dargestellt wurde, aber er war auch nicht das Riesenarschloch, als das ihn The Oatmeal darstellt.

In einer Replik auf den Post von Alex Knapp nimmt der Autor vom Oatmeal zu einigen Punkten Stellung, bleibt aber bei seiner Einschätzung, dass Edison ein Arschloch war. Sei es ihm vergönnt – er hat gute Argumente dafür und Edison wird vermutlich von den meisten Menschen eher verklärt betrachtet; ein paar Kratzer am Image mögen da nicht schaden.

Aber zurück zu Tesla. Auch der große Fan Inman kommt nicht umhin, von Tesla zu sagen:

Regarding Tesla’s mental health, his cheese had pretty much slid of his cracker by the time he was 30 years old. In 1905, when Einstein’s theory of relativity was gaining momentum, Tesla was basically clinical insane by then.

Wie auch schon der Nesselsetzer in seinem Artikel Aufstieg und Fall des Nikola Tesla schrieb (wo er auch auf ein großartiges Video hinwies, in dem der Schweizer virtuelle Magier Marco Tempest Tesla würdigt), wurde Tesla mit dem Alter immer merkwürdiger.

Wir haben daher dem späteren Tesla einige Artikel in unserem Wiki gewidmet und auch den seltsamen Gestalten, wie der Tesla Society, die eher seine pseudowissenschaftlichen Arbeiten und Ideen verehren. Ähnliches könnte man über die Nobelpreisträger Luc Montagnier und Kary Mullis sagen.

Große Geister, die Großes geleistet haben und dafür gewürdigt wurden, auf der anderen Seite aber auch mächtig daneben gegriffen haben bzw. auch über ihr Wirken hinaus für die Pseudowissenschaft instrumentalisiert werden.

Wir hoffen, dass dieses Museum – ein bereits existierendes befindet sich in Belgrad – ein großer Erfolg wird. Nikola Tesla hat die Würdigung seines großen Genies verdient. Auf der anderen Seite muss man aber auch seinen Wahn, der in den späteren Jahren von ihm Besitz ergriffen hat, sehen. Nur weil ein Tesla eine Idee hatte, war sie dadurch nicht automatisch gut. Man muss ihn nicht zu etwas machen, das er nicht war. Er war zweifellos brillant und sein tiefer Fall ist tragisch.

Erinnern wir uns einerseits des großen Tesla und lassen wir uns die Erinnerung an diesen großen Geist nicht durch die Esoteriker und Pseudowissenschaftler, die den späteren Tesla vereinnahmen, kaputt machen. Erinnern wir uns andererseits, dass große Verdienste nicht vor großer Torheit schützen.

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9 Gedanken zu „Nikola Tesla und die Pseudoszene“

  1. Wirklich ein Notwendiger Artikel.
    Tesla ist so einer der Charaktäre wo man inzwischen die Übersicht verlieren kann, was er wirklich gemacht hat, was von dem was er gemacht hat eine gute Idee war, was vll physikalisch und technisch machbar war, aber praktisch völliger Blödsinn, und was absoluter Blödsinn war.

  2. Ja, schöne Liste. Von Linus Pauling, Luc Montagnier und einigen anderen ist ja allgemein bekannt, dass sie später irgendwie wunderlich geworden sind. Brian Josephson (Nobelpreis 1973, da war er erst 33) war schon um 1980 neben der Spur, da war er mal auf diesem Nobelpreisträger-Zreffen in Lindau.

  3. Wer hinlangt, langt auch gern mal daneben. Aber Oatmeal hat recht, traut es sich nur nicht laut auszusprechen: Nikola Tesla ist… Chuck Norris!
    (Ja, ich hab heut nen Clown gefrühstückt) 😉

  4. Gut passt hier auch Wilhelm Reich, der leider von einem brilliantem Arzt, Analytiker und korrektem Kommunisten (siehe sein Werk ‚Massenpsychologie des Faschismus‘) zu einer wohl abgedrehten Figur wurde, so weit man weiß zumindest (siehe seine Ideen vom ‚Orgon‘). Auch hier symptomatisch: die Eso-Spinner die mit ‚Orgon-Maschinen‘ Kapital aus seinem Spätwerk zu schlagen versuchen.

  5. Ich würde nur nicht von einem „tiefen Fall“ Teslas sprechen. Das impliziert Schuld und wäre passend, wenn er beim Betrügen erwischt worden wäre.
    Tesla war einfach nur krank, nichts weiter. Tragisch ja, aber gefallen – nein.

    (Darf ich mein Nitpicker-Käppi jetzt wieder absetzen? ^^ )

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