Christian Wulff wird plötzlich ganz hoch gehandelt, wenn es um die Nachfolge von Horst Köhler geht.
Wulff hat sich laut Spiegel online gegenüber Kanzlerin Merkel selbst ins Gespräch gebracht und seine Bereitschaft erklärt, für das höchste Amt im Staat zu kandidieren.
Christian Wulff gehört zum Kuratorium von „Pro Christ“, einer evangelikalen Missionierungsbewegung. Somit darf man eigentlich vermuten, dass er das Amt des Bundespräsidenten zur bibeltreuen Mission nutzen könnte.
Es liegt zumindest auf der Hand, dass Evangelikale in Deutschland auf dem Vormarsch sind und es von ihnen schon lange als Anliegen und Ziel betrachtet wird in den politischen Reihen ganz oben mitzumischen. Kräftige Unterstützung, auch finanziell, erhalten sie dazu von bibeltreuen Organisationen der USA.
Dass sich Christian Wulff in diesem Sinne vereinnahmen lassen könnte, kommt nicht von ungefähr:
Wulff spricht vor umstrittener evangelikaler Organisation
Niedersachsens Ministerpräsident tritt beim “Arbeitskreis Christlicher Publizisten” auf
Nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks hat Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) am 19. Mai 2010 bei einer Tagung des umstrittenen evangelikalen “Arbeitskreises Christlicher Publizisten” (ACP) gesprochen. In Bad Gandersheim war offenbar eine Rede zum Thema “Politik in christlicher Verantwortung in einer modernen Welt” geplant.
Dem ACP wurden mehrfach extrem rechte Sichtweisen vorgeworfen, außerdem die Diskriminierung homosexueller Menschen. Jürgen Schnare, Weltanschauungsbeauftragter der evangelischen Landeskirche in Hannnover sagte der NDR-Sendung “Niedersachsen 18.00″, die dort vertretene Haltung gegenüber Homosexuellen sei nicht die der Landeskirche. Das Christentum werde hier sehr “einseitig” interpretiert, so Schnare. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin rät laut NDR zu Distanz zu dieser Gruppe. Der Name sei danach irreführend, seriöse evangelische und katholische Publizisten seien dort nicht vertreten, sagte die Theologin Claudia Knepper von der Zentralstelle.
In einem Antrag der baden-württembergischen SPD Anfang 2003 heißt es: “Nach Auffassung des Sektenbeauftragten der Evangelischen Landeskirche Hans-Jörg Hemminger handelt es sich bei der Zeitschrift des ACP um ein ‘Schmutzblatt erster Güte’, das am äußersten rechten Rand des Protestantismus angesiedelt ist, mit rechten Sektengruppierungen Kontakte unterhält und den sogenannten ‘Republikanern’ ein Forum bot.” Auch die SPD in Niedersachsen stellte 2004 eine kritische Anfrage zum ACP.
Der Vorsitzende des ACP, Heinz Matthias, hatte Ende 2008 auch auf dem Bundesparteitag der christlich-fundamentalistischen “Partei Bibeltreuer Christen” (PBC) gesprochen. Matthias gab ihnen in seiner Rede Tipps für die Pressearbeit. Die Partei richtet sich unter anderem gegen Abtreibung und hetzt gegen Homosexuelle. In einer Broschüre der PBC steht zum Beispiel, dass Homosexualität “widernatürliches Verhalten” sei.
Der “Arbeitskreis Christlicher Publizisten” schreibt Mitte Mai 2010 auf seiner Internetseite: “Der ACP ist eine parteiunabhängige, internationale Vereinigung von Personen, deren Ziel eine angemessene Publizierung von biblischen Denk- und Handlungsweisen und der Vertretung christlicher Werte in den modernen Massenmedien ist.” Der ACP stelle sich bewusst dem Trend entgegen, der die biblische Botschaft politisiere oder in der Substanz verwässere, heißt es dort weiter.
In einer ersten Stellungnahme erklärte die Staatskanzlei nach Angaben des NDR, sämtliche Termine des Ministerpräsidenten würden auf ihre Unbedenklichkeit überprüft. Der ACP sei ein konservativer Verein, und der Ministerpräsident müsse sich dessen Auffassung nicht zu eigen machen. Im Übrigen werde der ACP auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet.
Wulff ist weiß Gott nicht der einzige Politiker, der einen Hang zum bibeltreuen Glauben hat. Wie groß der Lobbyismus in den Parteireihen bereits geworden ist, kann man schlecht sagen, denn es darf davon ausgegangen werden, dass nicht jeder Politiker damit hausieren geht.
„Atheisten warnen: Evangelikale gewinnen an Einfluss“
Wulff als offizieller Unterstützer von „Pro Christ“, sollte aber auf keinen Fall unterschätzt werden. Wer Ulrich Parzanys (Hauptprediger von „Pro Christ“) Reden kennt, der sieht sich mit allem konfrontiert, was fundamentalistischen christlichen Glauben ausmacht. Kreationismus, Schwulenhetze und strikte Ablehnung von Abtreibungen gehören zu seinen Lieblingsthemen.
Unvorstellbar, wenn solche Anliegen von einem Bundespräsidenten vertreten werden würden.
Gerade eben wurde veröffentlicht:
Wulff soll Köhler beerben
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll neuer Bundespräsident werden. Die Entscheidung sei endgültig für den 50-Jährigen gefallen, heißt es aus Koalitionskreisen in Berlin. Erst am Abend dürfte Kanzlerin Merkel (CDU) den Unions-Ministerpräsidenten die Personalie abschließend präsentieren und dann die Öffentlichkeit davon in Kenntnis setzen …