Guerilla-Skeptizismus

Die Eule war auf Dienstreise. Sie war im schönen Wien und wie man sehen kann, fand sie auch Zeit für die typischen Touristenattraktionen (sie haben ihr nicht gefallen – die Eule hat nicht das sonnigste Gemüt). Anlass war die Verleihung des Goldenen Bretts vorm Kopf, dem Preis, der von der Wiener Regionalgruppe der GWUP, der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD) seit 2011 für den „erstaunlichsten pseudowissenschaftlichen Unfug im deutschsprachigen Raum“ vergeben wird. Die Eule wurde eingeladen, die Laudatio auf den Preisträger für das Lebenswerk zu halten und da sie so viel Wertschätzung gar nicht gewöhnt ist, ist unsere Eule, die auch sonst nicht unter einem unterentwickelten Ego leidet, seitdem sie zurück ist, schlicht unerträglich. Goldenes Brett hier, Laudatio da – so geht es den ganzen Tag. Sollte sie wirklich mit einem Limousinen-Service vom Flughafen abgeholt und im Hotel Sacher untergebracht worden sein, so wie sie behauptet, werden wir mit den Organisatoren noch mal ein ernstes Wörtchen reden müssen. Am Ende bekam sie kurz vor ihrem großen Auftritt das große Nervenflattern, weswegen Niko Alm so freundlich war, kurzfristig einzuspringen und die bereits verfasste Rede vorzulesen.

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Homöopathie grotesk

Zur Homöopathie ist alles gesagt, sollte man meinen. Es hat nie eine Zeit gegeben, in der sie nicht für ihre Unwissenschaftlichkeit und die Absurdität ihrer Grundannahmen kritisiert worden ist. Heinrich Heine hat dem Homöopathen Didier Roth den “millionsten Theil einer Lyoner Salami” geschickt. Wenn die Homöopathie überhaupt je einen positiven Einfluss auf die Medizin hatte, … Weiterlesen

SkyWay und die verschwundenen Patente

„Scammer“ sind Firmen oder Personen, die etwas anbieten, das nicht oder nicht wie angegeben existiert bzw. funktioniert – also Betrüger. Eine typische Masche von Scammern ist die Ankündigung eines angeblich sensationellen Produktes, das z.B. Energie aus dem Nichts produziert, gegen allerlei Krankheiten hilft („Snake Oil„) oder Reichtum ohne Arbeit ermöglicht. Beliebt sind auch Zusatzfunktionen, welche die Welt besser, die Umwelt sauberer und die Gesellschaft gerechter machen; Weltverbesserung verkauft sich gut. Wer aber Geld für ein Produkt nimmt, das gar nicht existiert, muss damit rechnen, verklagt und wegen Betrugs verurteilt zu werden. Daher haben sich die meisten Scammer auf fachfremde (und daher leichter zu täuschende) Investoren oder Spekulanten als Zielgruppe spezialisiert. Diese werden mit Versprechungen geködert und anschließend – oft auf Jahre hinaus – mit noch größeren Versprechungen vertröstet. Die ehrgeizigen Pläne werden natürlich niemals umgesetzt.

Als Köder für Technologie-Scams dient die Präsentation zahlreicher Patente. Diese sollen neben Zertifikaten (z.B. vom TÜV) und Referenzen (die gewöhnlich frei erfunden sind) die Seriosität des Unternehmens sowie die Machbarkeit des Projekts belegen.

Ein derzeit recht aktives Scam-Projekt ist die Firmengruppe SkyWay aus Weißrussland. Firmengründer Anatoli Yunitsky möchte angeblich das weltweite Transportwesen revolutionieren und vielerorts Gondeln („String Transport“ genannt) aufhängen, die bislang allerdings nur als Computer-Animationen, Handzeichnungen oder Funktionsmodellen auf Märchenpark-Niveau existieren. Yunitsky behauptet, solche Hängebahnen seit über 40 Jahren zu entwickeln, kann aber keinen einzigen Auftrag vorweisen. Die Beschreibung des Systems steckt voller Widersprüche und technischer Unmöglichkeiten, das Firmengeflecht ist undurchsichtig, und die Finanzierung von Yunitskys Jugendtraum basiert auf einem MLM-System mit überzogenen Gewinnversprechen. Das Geschäftsmodell von SkyWay besteht darin, wertlose Gutscheine als „Firmenanteile“ zu verkaufen. Finanzaufsichtsbehörden vieler Länder haben bereits Warnungen vor SkyWay veröffentlicht.

Immerhin kann er aber doch einen ganzen Stapel Patente vorweisen, oder?

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Saarbrücker Zeitung entlarvt Psiram

Die Saarbrücker Zeitung vom 12. Dezember 2017 bricht eine Lanze für das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Persönlichkeitsrechte. Da sind wir auch für, klar. Kommen wir aber zu den Beispielen für die Rechte, die geschützt werden müssen. Aus einem Gerichtsurteil zu „„fahrerbewertung.de“ meint die Zeitung, folgendermaßen verallgemeinern zu können:

Heute gibt es den Pranger von einst in digitaler Form im Internet: angefangen vom „Pascha“ des Monats der feministischen Zeitschrift Emma über „der online-pranger“ für „unmögliche Unternehmen“ bis zu Internet-Plattformen wie „Psiram“ und „Sonnenstaatland“ oder der inzwischen verbotenen Seite „linksunten.indymedia“ von Linksextremisten. Das Ziel ist dasselbe geblieben: Menschen für das, was sie getan oder gesagt haben öffentlich vorzuführen.

Autofahrerschelte, Feminismus, Esoterik-Kritik, Reichsbürger-Satire, Linksextremismus, alles eine Soße.

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Cannabis – Medizin/Sucht/Mythen/Anekdoten … was uns bewegt

Groucho,
du fehlst uns

Kaum eine Woche vergeht, in der Cannabis nicht als neues Wundermittel gegen Schmerzen, Depressionen, Schlafstörungen und andere Krankheitsbilder angepriesen wird. Und viele derer, die selbst schon mal konsumiert haben, nehmen dies zum Anlass und melden sich als Experten, oft wenig hilfreich, zu Wort.

Wie auch immer, Tatsache ist, zu diesem viel diskutierten Thema findet sich nur schwer eine neutrale Position. Oft geht es zwischen totaler Ablehnung und absoluter Toleranz. Und daraus folgt die Frage der Ebene, auf welcher diskutiert wird. Im Umgang mit, wie auch in der Diskussion über, psychotrope Substanzen und Sucht werden vielfältige und intensive Gefühle mobilisiert. Ich empfehle jedem vorab, stets auf Psychohygiene zu achten.

Wenn es bei der Diskussion nicht allein darum gehen soll, Gefühle zu artikulieren, dann sollten einige Aspekte beachtet werden, die häufig nicht ausreichend beleuchtet werden.

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Cannabis – Hinweise für Ärzte


Wir haben kürzlich darauf hingewiesen, dass es für die seit Neuestem zu Lasten der Krankenkassen rezeptierbaren Hanfblüten keine wissenschaftlich ausreichend gesicherten Indikationen gibt. Der Gesetzgeber wusste dies, denn das hatten ihm Ärztekammer und Arzneimittelkommission mitgeteilt. Er hielt es für unerheblich. Er konnte auch nicht feststellen, wie viele potentiellen Anwender es geben wird und konnte nichts über Kosten prognostizieren. Das finanzielle Polster der Krankenkassen ist dennoch auf jeden Fall ausreichend, die monatlichen Therapiekosten von 1800 EUR (lt. Referentenentwurf) zu stemmen. Also kann es losgehen … aber, Moment: bei einer solchen Therapie handelt sich um „individuelle Heilversuche“, und der Arzt tut gut daran, vorher das Einverständnis der Krankenkasse einzuholen. Ohne ein solches Einverständnis fällt ihm die Verordnung als sog. Regress finanziell auf die Füße, und zwar mit voller Wucht (aus Sicht der Krankenkassen sind die Kosten ein „sonstiger Schaden“).

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Das Rosch-Auftriebskraftwerk – Von Ratten und Wölfen vor Gericht und auf hoher See

Im Jahre 2009 machte ein gewitzter Tüftler eine verblüffende Entdeckung: Wenn man in den Boden eines Eimers ein Loch bohrt, läuft oben eingefülltes Wasser unten wieder heraus. Robert Schrade, so der Name des hellen Eimerbesitzers, gebar sofort eine Idee, auf die, wie es schien, noch kein Mensch zuvor gekommen war: Ein Rohr, mit dem Loch … Weiterlesen

Haschisch für alle

Heliogabalus

Die Versorgung der Bundesbürger mit Hanfblüten liegt im Argen und muss geregelt werden. Das heißt, ein Gesetz muss her; natürlich geht es allein um die Behandlung von Krankheiten. Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sah vor:

die Verschreibungsfähigkeit von weiteren Arzneimitteln auf Cannabisbasis (dazu gehören z.B. Medizinalhanf, das heißt getrocknete Cannabisblüten sowie Cannabisextrakte in pharmazeutischer Qualität) herzustellen, um dadurch bei fehlenden Therapiealternativen bestimmten, insbesondere schwerwiegend chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten nach entsprechender Indikationsstellung in kontrollierter pharmazeutischer Qualität durch Abgabe in Apotheken den Zugang zur therapeutischen Anwendung zu ermöglichen.

Die armen Menschen sollen sich das Zeug nicht mehr für 1800 EUR/Monat im Ausland besorgen müssen; die Kassen sollen das übernehmen. Löblich. Und warum auch nicht? Schon jetzt

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Der Fall Rockel-Loenhoff: Eine Hebamme und die tödliche Brauchtumspflege (Teil 1: Juristerei)

Am 11. Mai 2016 verkündete der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs unter dem Vorsitz von Beate Sost-Scheible einen Beschluss, durch den die Revision einer Galionsfigur des deutschen Anna-Rockel-Loenhoff-informierte-ueber-die-Sicherhe1Hebammenwesens, Anna Rockel-Loenhoff aus Unna, gegen eine Verurteilung zu sechseinhalb Jahren Haft durch das Landgericht Dortmund als unbegründet verworfen wurde. Der Vorwurf lautete: Totschlag durch Unterlassen an einem Neugeborenen. In der Sache ging es um den Tod eines neugeborenen Kindes im Juni 2008 im Verlauf einer „Hausgeburt“, die sich wegen der problematischen „Beckenendlage“ des Kindes über mehr als 17 Stunden hinzog, und in deren Verlauf die Angeklagte bis zum bitteren Ende an ihrem Konzept der „natürlichen“ Geburt festhielt. Der Fall hat von Beginn an erhebliches Aufsehen erregt, auch in der allgemeinen Medienöffentlichkeit, und insbesondere eine Empörungs- und Unterstützungswelle provoziert, die dem Strafprozess eine „Hexenjagd“ gegen frei praktizierende Hebammen im Allgemeinen und gegen Vertreterinnen der Hausgeburt im Besonderen unterstellt.

Auf Sinn oder Unsinn, Vorzüge oder Nachteile einer häuslichen Geburt soll in dieser Beitragsserie nicht eingegangen werden. Worum es hier geht, ist die Betrachtung dieses besonderen – und in der Tat sehr besonderen – Falles, in dem die Extreme der Glaubenssysteme, der Hysterisierung der Öffentlichkeit und der Polemik auf die Spitze getrieben wurden. Zeit also für einen klaren Blick auf zweieinhalb Jahre Hauptverhandlung in der ersten Instanz und nochmals mehr als ein Jahr lautloser, im Schriftlichen verbliebener Revision vor dem Bundesgerichtshof.

Der erste Teil dieses Beitrags enthält trockenen juristischen Stoff: eine Lesehilfe, in der Begriffe und Beurteilungsmaßstäbe geklärt werden, damit klar wird, worüber überhaupt zu befinden sein wird – bevor die Einzelheiten betrachtet werden.

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Granderwasser, ein Biologe und die Breuer-Falle: Lehren aus der Causa Dr. Eder

OLG

Wieder einmal schlägt ein Rechtsfall Wellen: das Oberlandesgericht Wien hat den Biologen Dr. Erich Eder zur Unterlassung und zum Widerruf von Behauptungen verurteilt, in dem es, grob gesagt, um die vertraglichen Beziehungen einer Werbeagentur zum Firmengeflecht der Familie des inzwischen eher unbelebten Wasserbelebers Johan Grander ging. Im GWUP-Blog wurde darüber bereits berichtet, und die Verärgerung darüber, dass dem Unterlegenen jetzt eine aus mehreren Instanzen aufsummierte Kostenlast von 25.000 Euro obliegt, ist nachvollziehbar und verständlich. Abzuwenden ist diese missliche Situation nicht mehr, allenfalls im Rahmen des verbreiteten Spendenaufrufs für den betroffenen Dr. Eder zu lindern.

Offen gesagt: auch uns ärgert es gewaltig, dass aus dem Umfeld des Granderunwesens ein juristischer Erfolg gegen ein profiliertes GWUP-Mitglied errungen wurde. Über dem Ärger darf allerdings die genaue Betrachtung, was da eigentlich geschehen ist – und was nicht – nicht übergangen werden; ebenso wenig wie die Frage, was man aus diesem Ergebnis in Zukunft praktisch zu lernen hat.

Das Urteil, das man auf der Unterstützungsseite im Volltext nachlesen kann (es geht um das Urteil vom 18.01.2016), ist ein ziemlich sprödes Dokument, in dem man nach Parteinahmen für den Wasserbelebungs-Unsinn lange erfolglos suchen kann – es steht genau nichts darüber drin. Beteiligt war auf Klägerseite ausschließlich die Werbeagentur, mit der wohl ein Dienstleistungsvertrag, aber keine gesellschaftsrechtliche Verflechtung mit Grander-Unternehmen bestand. Dafür enthält es lange Ausführungen und Beweiswürdigungen zu der Frage, wer wann wie lange und in welchem Umfang für welche Firmen des Grander-Clans Reklame schob.

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