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Archiv für die Kategorie ‘Religion’

Kachelmann und der brennende Dornbusch – selbstentzündliche Pflanzen als biblischer Mythos

21. August 2022 9 Kommentare

Es brennt in Europa und dem Rest der Welt und man sucht die Schuldigen. Kachelmann empört sich über Medienberichte, die Hitze würde die Brände verursachen. Dass hohe Temperaturen ein begünstigender Faktor für eine Brandentstehung sind, ist weitgehend unstrittig. Ob aber allein durch hohe Temperaturen und eine hohe Einstrahlung von Sonnenlicht tatsächlich ein Brand ausgelöst werden kann, ist sehr umstritten. Man nennt gelegentlich Glasscherben, die als Sammellinsen (Lupeneffekt) für Sonnenlicht dienen, als eine mögliche Ursache. Das gilt aber unter Experten eher als unwahrscheinlich und wird in den Bereich der Mythen eingeordnet.

Es gibt auch immer wieder Berichte, alleine die hohen Temperaturen über 30 °C wären in der Lage, brennbares Material – insbesondere Pflanzen – zu entzünden, die sogenannte Selbstentzündung. Das Phänomen gibt es (allerdings nicht beim Menschen); ob es allerdings für die Brandentstehung unter realen Umweltbedingungen (insbesondere bei so niedrigen Temperaturen) verantwortlich ist, ist nicht belegt und sehr unwahrscheinlich. Es gibt jedoch zahlreiche Berichte und Meldungen, die die Selbstentzündlichkeit als Tatsache darstellen. Oder handelt es sich um einen Mythos, der auf der biblischen Überlieferung eines brennenden Busches, aus dem Gott zum Propheten spricht, beruht? Letzteres ist am wahrscheinlichsten. Mehr…

Lesereise 5: Religion

26. Dezember 2018 Keine Kommentare

Teil 5 unserer Serie zur Philosophie Bunges

„Verbindung von Religion und Ethik“

Nach dem Vorgesagten wird man von Bunge keine Verteidigung der Religion erwarten, und darin wird man nicht enttäuscht. Manche Gedanken sind natürlich mehr oder weniger atheistisches Gemeingut, aber dennoch hat er Bleibendes zu sagen. Ein kurzer Abriss findet sich bereits in Treatise (Vol. 6, eingeordnet ins Kapitel 14, „Kinds of Knowledge“, Abschnitt 4, „Illusionary Knowledge“, Unterabschnitt 4.2., „Ideology“). Ausführlicher ist das Kapitel 6, „Materialismus, Wissenschaft und Religion“ in der Natur der Dinge. Der „populäre Irrtum“ einer Verbindung zwischen Religion und Ethik, dieser zentrale Punkt der heutigen Gottesbeweise, wird in Abschnitt 5.5 regelrecht zertrümmert. Auf gedrängtem Raum kommen Bunge/Mahner fast ohne Beispiele aus; sie argumentieren nahezu ausschließlich aus der inneren Widersprüchlichkeit der „gottgegebenen“ Ethik heraus. Sie scheitert als Gottesgebot:
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Podcasts für Ungläubige

30. Juli 2018 5 Kommentare

Bereits im vergangenen Jahr wurden hier einige Podcasts vorgestellt, die sich mit wissenschaftlich-kritischem Denken befassen. Nun haben wir uns Podcasts angehört, die sich kritisch mit Religion und Glauben auseinandersetzen. Das Angebot an Sendungen für Ungläubige ist vielfältig und nimmt sich des Themas aus ganz unterschiedlichen Richtungen an:

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Mittelalter-Flacherde reloaded

16. September 2017 10 Kommentare

A Newtonian might put it this way:
for every myth there is an equal and opposite myth.
– Noah J. Efron

Kürzlich haben wir im Blog versucht, über die Entlarvung des Mythos, das Mittelalter habe an die Erde als eine Scheibe geglaubt, zu berichten (hier). Wir hatten einen einzigen Kommentar:

Hä?

Da sind wir ein wenig in uns gegangen und zu dem Schluss gekommen, dass wir wohl etwas zu komprimiert und sprunghaft in unserem Text gewesen sind. Diejenigen, die mit der Materie bisher nicht so befasst waren (sicher 99,9% unserer Leser; so wichtig ist die Angelegenheit schließlich nicht), lässt unser Blogbeitrag ratlos zurück. Wir wollen deshalb noch ein wenig Kontext liefern, einen etwas größeren Rahmen aufspannen und bei dieser Gelegenheit einige weitere, charakteristische Details beitragen.

Man weiß, dass Galilei von der katholischen Kirche verurteilt wurde, weil er die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums geworfen hatte [1]. Man weiß: Kolumbus hat mit seiner Entdeckung Amerikas bewiesen, dass die Erde rund ist. So steht es in den Schulbüchern; auch jetzt noch [2]. Letztere Behauptung ist jedoch so unzulässig verkürzt, dass sie geradezu falsch ist, was eigentlich seit längerem [3] klargestellt sein sollte. Im 15. Jahrhundert war die Erde längst rund; theologische Bedenken über die Gestalt der Erde spielten bei der Reise des Kolumbus nur eine untergeordnete Rolle, wenn es auch plausibel ist, dass sie eine Rolle spielten [4].

Auftritt Jeffrey Burton Russell

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Der fröhliche Bischof Virgil reitet auf der Erdkugel in die Neuzeit

26. August 2017 2 Kommentare

Von mancherlay gestaltnus der menschen schreiben Plinius: Augustinus vnd ysidorus die hernachgemelten ding. Doch ist als Augustinus schreibt nit zuglawben das ettliche menschen an dem ort der erden gegen vns da die sunn auff geet. so sie wider nider geet die versen gegent vnsern fueßen keren. [Weltchronik des Hartmann Schedel, 1493 f. 12 recto]

Kürzlich erwähnten wir die merkwürdige aber vielfältig verwendbare Ansicht von der Erde als einer Scheibe: die Eintagsfliege Scaramucci hatte versucht, mit ihr die Wissenschaft lächerlich zu machen (hier). Die kryptosatirische Flat Earth Society vertritt sie, aber das Mem begegnet uns auch in anderen Zusammenhängen, die man sorgfältig von dieser Skurrilität unterscheiden sollte. So heißt es vielfach, insbesondere die amerikanischen Autoren des 19. Jhd. Irving, Draper und White hätten in ihren antichristlichen Polemiken die Idee propagiert, Kolumbus habe gegen die mittelalterliche Vorstellung von einer flachen Erde ankämpfen müssen. Sie wollten die Religion anschwärzen. Dazu wäre einiges zu sagen, aber wir wollen uns hier auf ein Detail beschränken.

In Deutschland sollte das ja nun schon länger kein Thema mehr sein (Gerhard Prause, Niemand hat Kolumbus ausgelacht, 1966). Ist es aber, wir kommen darauf zu sprechen. Der international erfolgreiche Debunker dieses Mythos, d. h. der These, das Mittelalter habe an eine flache Erde geglaubt, ist Jeffrey Burton Russell [1] (es besteht keine Gefahr, ihn mit Bertrand Russell zu verwechseln). Für Russell dient die völlige Überzeichnung der Flacherde-Geschichte dazu, sie als erlogenen Keim und Kern der Auffassung von der Inkompatibilität von Religion und Wissenschaft hinzustellen, und so bemüht er sich, die Aufklärung gleich mit im Klo runterzuspülen. Voltaire war ein „großer Satiriker“, Hobbes hat „geprahlt“; Condorcet, Diderot, Benjamin Franklin, Edward Gibbon, Hume „waren unermüdlich in ihrer Verachtung für das Christentum und besonders für das Mittelalter“, und Thomas Paine war „zügellos“ [unbridled] (S. 61). Verweilen wir ein wenig bei letztgenanntem.

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Werner Rügemer und die „jüdischen Aufsteiger“

8. August 2017 21 Kommentare

Werner Rügemer (ca. ein Jahr vor dem Besuch der Synagoge)

Als Werner Rügemer die Grenzen des Erlaubten testete, verschlug es selbst ­dem wortgewaltigen Herausgeber des KONKRET-Magazins, Hermann L. Gremliza, die Sprache. Entsprechend kurz fiel sein Urteil über den Artikel „Ein Besuch in der Kölner Synagoge – Wenn Kipa-Brüder die Woche der Brüderlichkeit feiern“ aus: „Dieser Dreck läßt sich nicht mehr kommentieren.“

Wir wollen es dennoch versuchen. Zitat:

 „Man bekam ein schwarzes Mützchen, Kipa genannt: Nur mit einer solchen dürfe man den eigentlichen Synagogenraum betreten, schärfte mir eine der Schwestern bedeutsam ein. Das schien sehr, sehr wichtig zu sein. Andere Besucher nahmen andächtig ein Mützchen und setzten es sich auf. Ich tat es ihnen nach.“

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Mutter Theresa – Die Heilige des elenden Verreckens

23. Februar 2016 32 Kommentare

theresa
Der Papst hat vor kurzem den Weg für die Heiligsprechung von Mutter Theresa bereitet, indem er eine angebliche Wunderheilung anerkannte, die sie nach ihrem Tod erwirkt haben soll.

Das ruft in doppelter Weise Verblüffung hervor: einerseits wegen der Tatsache, dass die extrem zweifelhafte Geschichte mit der Wunderheilung einfach so akzeptiert wird, andererseits ob der zweifelhaften Leistungen der Frau. Naiverweise stellt man sich doch unter einer Heiligen eine Frau vor, die viel Gutes und nie Schlechtes getan hat. Diese Definition mag zwar nicht felsenfest sein, dürfte aber doch dem allgemeinen Gefühl entsprechen.

Beleuchten wir einmal beide Punkte.

Das Wunder
Bei Monica Besra wurden bei einer Ultraschall-Untersuchung im Krankenhaus von Balurghat Tuberkulose und eine Zyste an den Eierstöcken gefunden. Eine solche Zyste ist gut behandelbar, nur in wenigen Fällen ist eine Operation nötig. Nach einigen Monaten ambulanter Behandlung wurde Monica Besra im März 1999 für geheilt erklärt. Dr. Murshed, der Direktor des Krankenhauses und die behandelnden Ärzte Dr. Mustafi und Dr. Biswas erläuterten später, dass es sich um einen ganz normalen, nicht im Mindesten außergewöhnlichen Fall gehandelt habe.

Vielleicht abgesehen von der Tatsache, dass Dr. Murshed danach häufig mit Anrufen belästigt wurde, er möge doch das Wunder bestätigen. Mehr…

Vatikan und Nächstenliebe

10. Dezember 2015 54 Kommentare

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Der Vatikan hat die „Internationale Vereinigung der Exorzisten“ offiziell anerkannt. Warum das denn? Weil die Teufelsaustreibung „eine Form der Nächstenliebe für leidende Mitmenschen“ sei; so lässt sich der Papst zitieren. Zwanglos kann ergänzt werden: denn der wahrhaft Gläubige kann nicht psychisch erkranken; oder anders ausgedrückt: die psychische Störung ist eigentlich, im Kern, ein Abfall von Gott. Danke aber auch schön. Die Spätantike lässt grüßen, und wir können den Gedankengang noch etwas ausbauen:

Mitleid mit den Irrenden wäre Grausamkeit, Grausamkeit ihnen gegenüber ist wahres Mitleid.
– Firmicus Maternus

Wie kommen die auf die Idee?

Die Anerkennung des Aie soll dazu führen, dass Exorzisten besser von der Kirche kontrolliert und Sensationsgier wie filmreife Exorzismen verhindert werden.

Ach so, klar. Sie müssen das Böse kontrollieren. Und zwar das Böse in der Kirche – nirgendwo sonst.

Der Laie nimmt an, dass die Teufelsaustreibung zu gar nichts gut ist, außer zur Selbstinszenierung der Priester. Aber es gibt den berühmten Fall der Marthe Brossier, Ende des 16. Jahrhunderts. Sie reiste durch die französische Provinz und ließ sich öffentlich exorzieren, zum Erstaunen des Publikums und zum Lebensunterhalt ihrer Familie. Schließlich gelangte sie vor den Bischof von Angers, der ein wenig argwöhnisch war. Er benutzte für die Austreibungen gewöhnliches Wasser statt Weihwasser und erzielte den gleichen Erfolg. Andere Placebos waren ebenso wirksam: ein in ein Tuch gehülltes „Kruzifix“ (ein Schlüssel), wie auch die Rezitation der Änäis statt des vorgeschriebenen liturgischen Textes. Man zog daraus (widerstrebend) den Schluss, dass Frau Brossier wohl doch nicht besessen sei. Dennoch bedurfte es diplomatischen Drucks, die Anerkennung der Causa Brossier durch den Vatikan zu verhindern. Heutzutage liegen andere Schlüsse näher: sie betreffen die Realität der Besessenheit schlechthin. Dem Autor dieser Zeilen ist nicht bekannt, ob weitere Versuche der „empirischen Absicherung“ von Exorzismen unternommen worden sind. Wäre doch interessant, nicht? Sollte der Vatikan da nicht Auskunft geben können? Haben die Journalisten der FAZ mal nachgefragt?

Der Papst selber ist zwar für Exorzismus, aber so etwas tut er nicht selbst, nein:

Bei einer Generalaudienz vor einigen Monaten hatte der Papst vor den Kameras der Welt einem behinderten Jungen beide Hände auf den Kopf gelegt und das Wort „Befreiung“ gemurmelt.

Auch das sei kein Exorzismus gewesen, sagt die FAZ unter Berufung auf den Vatikan. Nein, stimmt, das ist etwas anderes. Der Historiker der Stadt Rom, Ferdinand Gregorovius, notiert zu Zeiten, als der Papst an schweren Marienerscheinungen litt [1], in seinem Tagebuch:

Der Papst hat vor kurzem seine Infallibilität probieren wollen, wie die Franzosen ihre neuen Chassepots; auf einem Spaziergange hat er einem Paralytischen zugerufen: erhebe dich und wandle. Der arme Teufel versuchte es und stürzte zusammen. Dies hat den Vizegott sehr verstimmt. Die Anekdote wird bereits in Zeitungen besprochen. Ich glaube wirklich, daß er verrückt ist.

– Ferdinand Gregorovius, Tagebücher, 19. Juni 1870


  1. : Eine Formulierung von Arno Schmidt; zeitlos.

Xavier Naidoo ist ein Antisemit

30. August 2015 114 Kommentare

naidoo

 

Wollten wir einfach mal sagen. Weil es andere nicht mehr sagen dürfen, ohne ihre finanzielle Existenz zu gefährden. Der Mannheimer Schmusesänger mit ganz viel Emotion, Schluchzseufzern und christlich radikaler Aufrichtigkeit ist gnadenlos, wenn er einen Spiegel vorgehalten bekommt. Wer dumm, größenwahnig oder sonstwie ernsthaft in der Selbsterkenntnis begrenzt ist, reagiert darauf ähnlich wie unsere nichtmenschlichen Mitgeschöpfe, die sich in einem Spiegel nicht erkennen und auf Drohmodus schalten. In dem Fall per Anwalt – aber lest selbst, liebe Leser:

Einer, der die Gedankentöterknarre aktuell mit “Dum-Dum-Geschossen” durchgeladen hat, ist Xavier Naidoo. Paradoxerweise jemand, der für sich selbst als “kämpferischer Systemkritiker” die “Meinungs- und Kunstfreiheit” einfordert, nach der er als “kritischer Mensch” auch “nicht-massentaugliche” Äußerungen von sich geben will.

Der ganze, lesenswerte Text hier: www.rheinneckarblog.de

 

Verschwörungstheoretiker sind fast immer Antisemiten. Das ist keine Pauschalisierung, sondern systemimmanent. Wer Verschwörungsfan ist, sucht einfache Erklärungen. Die einfachste sind in unserem Kulturkreis „die Juden“. Das ist bewährt und man muss dabei nicht groß denken, womit die Anforderungen an eine übliche Verschwörungstheorie fast zu 100% erfüllt sind. Xavier Naidoo ist ein Antisemit, ein lupenreiner. Die Belege dafür sind zahlreich und eindeutig.

Das muss man einfach so feststellen, auch ohne daraus größere Forderungen abzuleiten oder über Ursachen zu spekulieren. Wir rufen weder zu einem Konzertboykott auf, noch dazu, dass er seine Ansichten nicht mehr zum Besten geben darf. Aber man muss es einfach sagen und wissen.

Differenzieren ist gut. Aber dort weiter zu differenzieren, wo es nichts mehr zu differenzieren gibt, ist Feigheit.

 

Zum Weiterlesen:

GWUP:  Xavier Naidoo will kein Antisemit und kein Reichsbürger sein und zieht vor Gericht

GWUP: Udo Lindenberg: Xavier Naidoo singt nicht bei Soli-Konzert für Flüchtlinge in Berlin

Indymedia: Reichsbürgeraktivist Xavier Naidoo erpresst Medien und antifaschistische Stiftung

Viele weitere Links zum Thema finden sich im GWUP-Blog

 

Neues von Raif Badawi

10. Juli 2015 117 Kommentare

Raif Badawi

Wie allgemein bekannt, wurde der saudiarabische Blogger Raif Badawi wegen Beleidigung des Islam von einem Gericht seines Heimatlandes zu 10 Jahren Haft, 1000 Stockhieben und 1 Million Riyal ($267,000) Strafe verurteilt. Man muss die Barmherzigkeit Allahs preisen, dass es nicht 100 Jahre, 10.000 Hiebe und 1 Milliarde Riyal geworden sind, oder die schlichte Todesstrafe, die für Apostasie infrage gekommen wäre.

Liebe Leserin, lieber Leser: Wenn Sie bis zu dieser Zeile gekommen sind, bedeutet das wohl, dass Sie lesen möchten, was ich zu sagen habe. Es gibt Menschen, die der Ansicht sind, dass ich etwas zu sagen habe. Es gibt aber auch solche, die meinen, dass ich einfach ein gewöhnlicher Mensch bin. Einer, der es nicht verdient hat, dass seine Blogartikel übersetzt und als Buch veröffentlicht werden. Ich selbst sehe mich einfach als jenen dünnen, aber zähen Mann, der auf wundersame Weise fünfzig Peitschenhiebe überlebt hat, umringt von einer jubelnden Menschenmenge, die immerzu »Allahu Akbar« rief – um der Artikel willen, die Sie jetzt lesen werden.

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