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Artikel Tagged ‘Harald Walach’

Wie robust sind die Zitate der Pharma-„Kritiker“?

28. August 2022 1 Kommentar

Dr Johnson liest die erschütternde Neuigkeit (adaptiert von Wikipedia)

Wenn man wünscht, sein allgemeines Unbehagen über Medikamente, die Machenschaften der Pharma- und Impfmafia usw. mit anschaulichen Beispielen auszustaffieren, ist man bei Professor Harald Walach an der richtigen Adresse. Sein ganzes Berufsleben lang war dies einer seiner Schwerpunkte, was uns schon manche Glosse wert gewesen ist.

Vor nicht langer Zeit hat er uns erneut einen kurzen Text zu diesem Thema ins Stammbuch geschrieben. Nachdem er die initial überschätzte Wirksamkeit des Grippemittels Tamiflu anreißt, fährt er fort mit Exempeln aus einem Buch von Peter C. Gøtzsche. Gøtzsche war Mitbegründer des Nordic Cochrane Center, einem renommierten Forschungsnetzwerk zur evidenzbasierten Bewertung klinischer Studien. 2018 wurde er wegen möglicher Rufschädigung ausgeschlossen (hier, hier). In unserem Blog (hier) wie auch in unserem Forum (hier, hier) war gelegentlich von ihm die Rede. Walach referiert:

Peter C. Gøtzsche beschreibt in seinem neuen Buch „Mental Health Survival Kit and Withdrawal From Psychiatric Drugs“, das ich an dieser Stelle gerne weiterempfehle (siehe Link oben) einige weitere drastische Beispiele:

Lamotrigine

Für das Antiepileptikum Lamotrigine gibt es nur 2 publizierte positive Studien in der Literatur; 7 große negative Studien wurden nicht publiziert. Gøtzsche schreibt dazu: „Two positive trials are all it takes for FDA approval […]“ [7] (Dieses Literaturzitat hat mir Peter C. Gøtzsche am 25.6.2020 per E-Mail geschickt, er verwendet es auch in seinem Buch.)

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COVID-19: die Hobby-Epidemiologen geben Entwarnung

26. März 2020 18 Kommentare

Große Einschränkungen im sozialen Leben sind spürbar, und die Wirtschaft schlingert. Das muss doch auch anders gehen, sagt sich der Laie, und viele, die schon immer über alles Bescheid wussten, sind auch nun wieder um Lösungen nicht verlegen. Nehmen wir zum Beispiel diese Leuchte der Wissenschaft, den Herrn Professor Walach. Seine Erkenntnisse zur Corona-Pandemie teilt er der Welt unter dem Motto „keine Panik“ mit. Er erläutert zunächst einige Szenarien und schlussfolgert richtig: „Diese [d. h. die soziale Isolation] hilft nur, um den Ansturm auf die Intensivstationen zu bremsen, sonst nicht.“ Was das zu bedeuten hat, wollen wir uns im Folgenden etwas genauer anschauen.

Walachs Seelenruhe beruht auf einem Vergleich mit der Grippe:

Gemessen daran ist die Mortalitätsrate, die wir derzeit aus den weltweiten Zahlen der Corona-Virus-Infektion schätzen können mit 4% nicht höher, sondern eher niedriger.

Doch der Vergleich der Letalität (nicht: „Mortalität“, wie dieser frischgebackene Hobby-Epidemiologe sagt) zwischen Grippe und COVID-19 ist absurd. Gegen Grippe wird geimpft. Wenn ein Vergleich erlaubt ist, dann allenfalls mit der Spanischen Grippe im 1. Weltkrieg.

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Abschied von Professor Walach

29. Mai 2016 13 Kommentare
Eines Tages setzte sich Nasrudin Hodscha verkehrt herum auf seinen Esel, nämlich mit dem Gesicht nach hinten. Die Menschen, die ihm begegneten, fragten ihn verwundert: „Hodscha, warum reitest du falsch herum auf deinem Esel?“ Der Hodscha antwortete ihnen: „Das ist ganz leicht zu erklären. Ich möchte nicht in dieselbe Richtung schauen wie der Esel!“

Eines Tages setzte sich Nasrudin Hodscha verkehrt herum auf seinen Esel, nämlich mit dem Gesicht nach hinten. Die Menschen, die ihm begegneten, fragten ihn verwundert: „Hodscha, warum reitest du falsch herum auf deinem Esel?“ Der Hodscha antwortete ihnen: „Das ist ganz leicht zu erklären. Ich möchte nicht in dieselbe Richtung schauen wie der Esel!“

Professor Harald Walach, Speerspitze der Aufklärung, bisher Institutsleiter an der Universität Viadrina, hat seinen Hut genommen oder in die Hand gedrückt bekommen. Wie konnte es nur dazu kommen? Genaueres weiß man nicht, nur eben dass er am 19.04.2016 an der Viadrina eine als Abschiedsvorlesung bezeichnete öffentliche Vorlesung gehalten hat. Nun ist das schon ein wenig her, aber es ist uns kürzlich ein akustischer Mitschnitt dieser Veranstaltung zugegangen.

Zur Vorlesung selbst möchten wir uns nicht weiter äußern, weil unsere Kenntnisse mittelalterlicher Mystik dazu nicht ausreichen. Wir haben aber Verständnis für das Bedauern, dass ihre Rezeption im späten 19. Jhd. [1] nicht zu einer Revision der späteren Wissenschaft geführt hat. Anders die Vorrede des Fakultätsvorsitzenden, quasi die Verabschiedung. Sie ist ein wissenschaftstheoretisches und -politisches Juwel von zeitloser, unvergänglicher Brillanz. Deshalb schätzen wir uns glücklich, unseren Lesern einen Eindruck von ihr vermitteln zu können. Leider ist das Audiofile des Mitschnitts von technisch schlechter Qualität, so dass wir die Rede nicht komplett transkribieren können. Einige Fragmente können wir aber überliefern. Mehr…

Prof. Walach – bitte, Gnade, Gnade!

16. Januar 2015 20 Kommentare

Eigentlich möchte man sich mit Professor Walach gar nicht mehr beschäftigen; man fragt sich im Grunde nur: Warum gibt es dessen Institut noch immer? Die Hochschulkommission hatte ja schon 2012 die Schließung empfohlen.

Aber der gute Mann ist noch immer in Amt und Würden und macht von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch. Beim letzten Text, bei dem es sich um Fortschritt dreht (Zitat: „Ich bin nicht gegen Fortschritt“), muss man sich bereits in der Einleitung arg zusammenreißen, um kein Loch in die Tischplatte zu beißen.

Der Text beginnt mit dem Satz:

Wie lange, schätzen Sie, dauerte zur Zeit der Römer eine Kurierpost von London nach Rom? Eine Woche? Länger? Nein: drei Tage. Ziemlich genau. Und heute? Schätzungsweise 3 Tage: abends nach Heathrow, nachts geflogen, morgens sortiert und am andern Tag ausgetragen. [1]

Ähmm, nein? London – Rom 3 Tage zur Römerzeit? Wie das denn bitte? Hatten die etwa schon Kozyrev-Spiegel? Mehr…

Die Scientabilität, die Homöopathie und die Wissenschaftsbasierte Medizin. 1. Kritik und Kritiker

5. Oktober 2014 12 Kommentare

 

Russel“Shall we educate ourselves in what is known, and then
casting away all we have acquired, turn to ignorance for aid
to guide us among the unknown?”
Sollen wir erlernen, was bekannt ist und uns dann, indem wir alles Erlangte fortwerfen, der Unwissenheit als Reiseführer ins Unbekannte zuwenden?

– Michael Faraday

 

Das Konzept der „Scientabilität“, vorgestellt von Christian Weymayr [1], besagt (in äußerster Knappheit), dass es ein ressourcenverschwendender Unsinn sei, die homöopathischen Absurditäten weiterhin ernsthaft zu untersuchen und so den Anschein zu erwecken, man könnte da noch etwas Wichtiges herausfinden. Weymayr stellt fest, dass die Homöopathie auf der Annahme geistartiger, immaterieller Wirkkräfte beruhe und folgert schließlich:

„Da irrelevante Studien keinen Nutzen haben, sie jedoch schaden können, indem sie etwa die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft untergraben, sollen klinische Studien zur Wirksamkeit homöopathischer Arzneien unterbleiben. … Medizinische Maßnahmen sollen nur dann in klinischen Studien untersucht werden, wenn sie sicheren Erkenntnissen nicht widersprechen.“

Das ist natürlich ein wenig schlicht gedacht. Verlangt werden könnte höchstens, dass eine öffentliche Finanzierung solcher Studien eingestellt werde (die es in Deutschland nicht oder fast nicht gibt). Für jeden, der sich ernsthaft mit der Materie auseinandergesetzt hat, ist klar: Homöopathie-Studien sind reine Marketing-Instrumente, und es dürfte kaum durchsetzbar sein, Werbung zu verbieten. Globuli sind schließlich keine Zigaretten. Auch ist keinerlei Grund erkennbar, warum sich die einschlägigen Zeitschriften zur Scientabilität bekehren und auf die Publikation solcher Studien verzichten sollten; allenfalls könnte man die Redaktionen der seriösen Fachpresse damit ein wenig kratzen.
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Aids? Da haben wir auch was für Sie …

11. August 2014 2 Kommentare

Weil wir gerade so schön dabei sind, wollen wir noch so eine glänzende Homöopathen-Truppe vorstellen: Homoeopathy for Health in Africa

Das sind Männer und Frauen mit einer Mission:

  • To relieve the suffering of HIV/AIDS patients using classical homoeopathy
  • To identify the homoeopathic remedies most successful in treating HIV/AIDS
  • To spread this knowledge throughout Tanzania and Africa
  • To produce formal, ethical research
  • To prove to the world what homoeopathy can do

Das muss man wohl nicht übersetzen, die gefetteten Begriffe sind wohl Augenschmaus genug.

Jeremy Sherr, der Gründer dieser Aktion ist kein Unbekannter: schon 2009 hatte Orac viel Freude an seinem Geschwurbel.

Sherr fühlte sich damals (und auch heute noch) von der „pharmazeutischen Inquisition“ verfolgt, nur weil er eine ziemlich kreative Idee für eine homöopathische Studie hatte. Mehr…

Walachsche Methodenlehre für Anfänger (Teil 3)

19. Mai 2014 9 Kommentare

Prof. Walach, die Speerspitze der Aufklärung, unternimmt einen neuerlichen Versuch, den Rest der im Dämmer des Halbwissens satt, aber tumb dahinvegetierenden Menschheit darüber zu unterrichten, was die Élite des Geistes an Einsichten zu vermitteln hat (exklusive Berichte über die bisherigen Bemühungen z.B. hier, hier). Er klärt die staunende Mitwelt über die irreführende Magie der Statistik, über den Unterschied zwischen Signifikanz und Relevanz auf. Es geht um dieses unreflektierte Vorurteil:

Normalerweise ist der Durchschnittsbürger und Durchschnittswissenschaftler zufrieden, wenn er hört, ein Forschungsergebnis sei „statistisch signifikant“ gewesen … Deswegen glaubt z.B. der Durchschnittsarzt, -journalist und -bürger die Bioresonanz sei als unwirksam belegt und Homöopathie ist Placebo

Eingedenk der Tatsache, dass derartige Ansichten in der Allgemeinheit weit verbreitet sind, erwies es sich für Prof. Walach in der Langfassung seiner „Power-Analyse“ (hier) zunächst als erforderlich, seitenlang über Null-Hypothese, Alpha-Fehler und Beta-Fehler grundstürzende Erkenntnisse zu verkünden, die man seit 50 Jahren in jedem Anfänger-Lehrbuch für medizinische Statistik nachlesen kann. Insbesondere geht es um den sog. Beta-Fehler, kurz gesagt: um die Möglichkeit, dass eine Studie keinen Zusammenhang nachweist, obwohl einer besteht. Mehr…

Harald Walach und die erste Heilpraktikerprüfung am IntraG

14. August 2013 124 Kommentare

Das IntraG teilte im Juli 2013 mit, dass ab WS 2013/14 in Kooperation mit der Rolf-Schneider-Akademie in Kitzingen drei Vorbereitungsmodule zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz angeboten werden.

Das Team von Psiram hat keine Mühen gescheut und sich für eine fixe Zeitreise mit verschränkten Quanten in den Kozyrev-Spiegel gesetzt, um die erste Prüfung eines Heilpraktikerkandidaten am IntraG miterleben zu können:

Protokoll der Zwischenprüfung zum großen Heilpraktiker*.

Anwesend:
Prüfer Harald Walach (Professor für Systematisierte Magie und HuschiFuschi)
Beisitzer Peter Halbert (Amtsarzt, hat beim Losen mit den Kollegen verloren)

  • Amtsarzt: Ein Patient kommt zu Ihnen und beklagt akute Schmerzen in der Brust und Atemnot. Der Patient ist übergewichtig und raucht. Was machen Sie? Mehr…

Walachsche Methodenlehre für Anfänger (Teil 2)

1. Juni 2013 7 Kommentare

Wie im ersten Teil erwähnt, ist es unter der Würde des führenden Methodologen, sich mit den Argumenten seiner Widersacher auseinanderzusetzen. Umso ausführlicher beschäftigt er sich damit, an deren wissenschaftlicher Reputation herumzukratzen. Er benutzt hierzu ein Werkzeug der sog. Szientometrie [8], „Harzing’s Publish or Perish“ [9]. Damit wird ein „Hirsch-Faktor“ ermittelt, der die Zitierhäufigkeit anzeigt. Für prominente Kritiker – Jürgen Windeler, Ulrich Berger, Martin Lambeck, Florian Freistetter – gibt er Werte zwischen 4 und 13 an, während für seine eigene Fraktion – z. B. George Lewith, Benno Brinkhaus, Wayne B. Jonas, Claudia Witt – durchweg Werte zwischen 19 und 31 zu Buche stünden (er selbst bietet mit 29 für sich den zweithöchsten Wert an). Folglich:

„Die soziale Dimension der Wissenschaft zeigt klar, dass die ‚Skeptiker‘, die sich gern als Epithet der Wissenschaft in der Öffentlichkeit positionieren eigentlich, wissenschaftlich-sozial gesehen, randständige Figuren sind. … Da stehen prominente Vertreter der Komplementärmedizin um Längen besser da.“

Nun ist es ja durchaus nachvollziehbar, dass die untereinander vernetzten Homöopathen und Akupunkteure sich eifrig in Low-Impact-Journals gegenseitig zitieren und auf diese Weise ihre Bedeutsamkeit „pushen“. Außerdem sollten die Adepten der Paramedizin über Kritik erfreut sein; sie steigert den H-Faktor, und auch eine schlechte Presse ist eine gute Presse. Wie auch immer:

„Dies belegt, was schon öfter gesagt wurde: die Komplementärmedizin ist im Mainstream angekommen.“

In gewisser Hinsicht mag dies sogar zutreffen. Aber das spricht nicht für die Paramedizin, sondern gegen den Mainstream. Und es gibt noch ein Problem: es bleibt unklar, welche Such-Strategie Walach für die Ermittlung des H-Faktors einsetzt. Ein Beispiel: Für K. M. Einhäupl, Direktor der Charité, ermittelt er die lächerliche Anzahl von 23 Publikationen und einen H-Faktor von 15. Die tatsächliche Zahl von dessen Publikationen ist mehr als zehnmal größer. „U Berger“ hat mehr als 1000 Papers, H-Faktor 83, und „Ulrich Berger“ liegt bei H-Faktor 26 (ohne Herausrechnung von Dubletten oder Namensgleichheiten). Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss, und der findet einen H-Faktor 9 bei 334 Zitationen (statt 6 bei 170 wie von Walach angegeben). Wie hat Walach gefiltert?

So bleibt festzuhalten: selbst wenn man die zurechtgezerrten Voraussetzungen Walachs gutwillig hinnähme, dann bliebe seine „Forschungsmethodik“ ein reines Propaganda-Instrument. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass es gar keiner eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit bedarf, um sich über die Plausibilität der meisten „komplementärmedizinischen“ Verfahren ein Urteil zu bilden. Dazu genügen naturwissenschaftliche Kenntnisse auf dem Niveau eines mittleren Schulabschlusses. Sind die „Forscher der komplementärmedizinischen Szene“ damit stehend k.o.? Aber nicht doch: Walach & Co. haben damit keine Schwierigkeit. Mit der Erfindung des Wortes „Plausibilitäts-Bias“ haben sie flugs die Tugend in ein Laster umgedichtet. Genial.

Und eins noch, fast hätten wir es übersehen:

„John Ioannidis wurde von mir gewählt, weil er eine Art Leuchtrakete am Methodenhimmel darstellt. Er hat enorm weit berücksichtigte Arbeiten verfaßt, die viel zitiert und aufgegriffen werden. Ein H-Faktor von 67 signalisiert dies.“

Wenn es die Methodenlehre für Anfänger nun offiziell erlaubt, dann machen auch wir gern in Autoritätsbeweis. Edzard Ernst ist der Gottseibeiuns der Paramedizin. „Texte über Ernst gelten in Homöopathenkreisen als Therapie gegen niedrigen Blutdruck“ [10], und Texte von ihm haben die Wirkung von Reizgas. Er hat einen H-Faktor von über 90.


  1. Die Szientometrie hat, wie jede andere Art der Evaluation, vielerlei Nachteile. Wenn man schon nach ihr greift, dann hätte man doch eher mit den Standard-Methoden, z. B. ISI Web of Knowledge gerechnet. Aber es ging unserem Methodologen nicht um die Validität seiner Ergebnisse.
  2. http://www.harzing.com/pop_win.htm
  3. http://www.freitag.de/autoren/merdeister/weleda-und-die-weisheit-der-menschen

Walachsche Methodenlehre für Anfänger (Teil 1)

31. Mai 2013 9 Kommentare

Die Speerspitze der Aufklärung [1], im Rang einer päpstlichen Autorität [2], hat sich kürzlich in der Rubrik „Methodenlehre für Anfänger“ [3] grundsätzlich zur Legitimität der Kritik an der „Komplementärmedizin“ geäußert. Wie zumeist in solchen Fällen ist der erste Gedanke des Lesers, dass es zu einer konkreten Widerlegung der Kritik, insbesondere der Kritik an dem Vordenker selbst, wohl nicht gereicht hat. Gelegenheiten dazu hätte es ja in jüngster Zeit genug gegeben [4, 5, 6]. Was hat er nun den methodologischen Anfängern stattdessen mit auf den Weg zu geben?

Zuerst: die Wissenschaftlichkeit der „jungen Blogger“ ist nur eingebildet, denn:

„Es handelt sich dabei um die Annahmen eines generellen Materialismus in dem Sinne, dass man davon ausgeht, einzig Materie sei wirklich, alles andere davon abgeleitet. Diese Aussage selbst ist eine philosophische oder religiöse, aber keine wissenschaftliche.“

Es ist nämlich nicht so, dass einzig die Materie wirklich sei. Es gibt ja schließlich auch noch den Geist, der sich aus ihr nicht ableiten lässt, und wenn man den nicht in Betracht zieht, dann ist man, so der O-Ton, „fundamentalreligiös“.

„Häufig verwechseln Autoren die Voraussetzungen, die eine bestimmte Form von Wissenschaft macht – und machen muß [sic] –, mit den Ergebnissen und mit den Möglichkeiten von Wissenschaft schlechthin. Ob Komplementärmedizin in diesem Sinne ‚wissenschaftlich‘ ist oder nicht, ist nicht geklärt.“

Es gibt nur eine einzige Voraussetzung, von der die Wissenschaft ausgeht: es existiert eine Realität, und sie kann untersucht werden (eine Realität, die nicht untersucht werden könnte, deren Eigenschaften nicht bestimmbar wären, das wäre schon formallogisch ein leerer Terminus [7]). Mit welchen Ergebnissen der Wissenschaft könnte diese Voraussetzung „verwechselt“ werden? Was sind die „Möglichkeiten von Wissenschaft schlechthin“, die darüber hinausgehen könnten? Was hat die „Komplementärmedizin“ mit alldem zu tun? Wir werden es wohl nicht erfahren, und es ist ja ohnehin uninteressant, denn es handelt sich dabei nur um „krypto-religiöse“, „szientistische“ Weltanschauung. So schnell kann man gar nicht gucken, wie hier mit dem Inhalt von Begriffen jongliert wird. Der geschickteste Hütchenspieler würde vor Neid erblassen.

Was bietet uns die Methodologie noch, außer dieser Parterre-Akrobatik?

„Meist sind sie [die komplementärmedizinischen Verfahren] älter und traditionell überliefert und haben daher einen gewissen Vorsprung im Sinne einer allgemeinen ,Erfahrungsmedizin‘“

Das ist natürlich kein Vorsprung, sondern ein Zurückbleiben. Es sollte zutiefst misstrauisch machen, wenn sich eine Methode über Jahrzehnte und Jahrhunderte nicht ändert, mit anderen Worten: wenn sie einer Kritik nicht zugänglich ist.

„Dass auch diese Verfahren solide wissenschaftlich untersucht gehören, darüber sind sich die meisten Proponenten der Komplementärmedizin einig.“

Warum eigentlich? Unterwerfen sich die Proponenten damit nicht der Fundamental- oder wenigstens der Krypto-Religion?

Noch ein weiteres Schein-Argument der jungen Blogger gilt es zu dekonstruieren:

„Sozial: Häufig ist mit „unwissenschaftlich“ „den Konsens der Mehrheit der Fachleute verletzend“ gemeint.“

Die Kritiker meinen also, die wissenschaftliche Wahrheit werde per Mehrheitsbeschluss festgestellt? Dafür hätte man doch gern brauchbare Belege – aber die zu fordern wäre vermessen, weil:

„das selten explizit erwähnt wird.“

Pech gehabt. „Es wird sich doch irgendwie eine Schikane herausklauben lassen“ (Schopenhauer). Welche, das werden wir uns in Teil 2 ansehen.

  1. http://www.taz.de/!95412/
  2. „Unter Kollegen gilt Walach als ‚Methodik-Papst’“, http://www.psychophysik.com/h-blog/?p=9380, „… dass ich sogar seine Heiligkeit den Papst im Rennen ums Finale [für das Goldene Brett] ausgestochen habe“, http://harald-walach.de/2012/10/22/harald-walach-zur-verleihung-von-das-goldene-brett-2012/
  3. http://harald-walach.de/methodenlehre-fuer-anfaenger/11-wie-wissenschaftlich-ist-die-komplementaermedizin-oder-vom-hirsch-im-blaetterwald/
  4. https://blog.psiram.com/2012/10/von-langen-nadeln-und-einem-goldenen-brett/
  5. http://scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2013/02/14/cam-media-quatsch-professor-walachs-marchenstunde/
  6. http://scienceblogs.com/insolence/2012/12/14/its-not-just-homeopathy-its-quantum-homeopathy-which-is-so-much-better/
  7. Wessel H: Logik und Philosophie, Logos Berlin 1999
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