Wie unsere treuen Leser wissen, greifen wir gelegentlich das Thema „Hirntod“ auf, weil uns scheint, dass hier in der öffentlichen Wahrnehmung viel im Argen liegt. Vor einiger Zeit hatten wir Dr. Matthias Mindach für einen Gastbeitrag gewinnen können. Inzwischen haben sich sowohl der Deutsche Ethikrat als auch die Bundesärztekammer erneut positioniert. Das war uns Anlass nachzuforschen, ob es dazu Stellungnahmen gibt. Wir freuen uns, dass wir einen weiteren Gastbeitrag von Dr. Mindach präsentieren können.
Der Deutsche Ethikrat hält in seiner Stellungnahme „Hirntod und Entscheidung zur Organspende“ vom 24. Februar 2015 am Hirntod als Voraussetzung („Kriterium“) der Organentnahme fest. Doch nimmt die These von einer Nicht-Identität von Tod und Hirntod in der Stellungnahme breiten Raum ein. Der Rat stellt dazu eine Reihe von ethischen, juristischen und philosophischen Überlegungen an. Aus klinischer Sicht ist dieser These zu widersprechen. Außerdem ist zu konstatieren, dass solche Überlegungen nur wenig dazu beitragen können, die Verunsicherung und Desorientierung weiter Teile der Bevölkerung in der Frage des Hirntodes abzubauen.
[Dies ist eine erweiterte, überarbeitete Fassung eines zuerst in Fortschr Neurol Psychiatr. 2015 publizierten Beitrags (Volltext hier). Die Druckfassung ist in „Aufklärung und Kritik“, Heft 1, 2016 erschienen (Volltext hier); dort auch die vollständigen Literaturangaben.]
Einleitung
Der Deutsche Ethikrat hat im Februar 2015 seine Stellungnahme zu Hirntod und Organspende veröffentlicht. Nötig sei sie geworden, weil seit einer Veröffentlichung durch den US-amerikanischen President’s Council on Bioethics über die Kontroversen zum Hirntod von 2008 eine vertiefte Diskussion erforderlich sei. Am Tag ihres Erscheinens wurde die Stellungnahme von den medizinischen Fachgesellschaften begrüßt, da sie im Ergebnis am Konzept des Hirntods als Kriterium für die Organentnahme festhalte; aber es sei ein genauerer Blick auf dieses Papier mit einem Umfang von 200 Seiten gestattet.
Aus fachlicher Sicht stellt sich der geschichtliche Ablauf ein wenig anders dar. Seit seiner Etablierung im Jahr 1968 hatte sich das Hirntodkonzept international durchgesetzt. Im Jahr 1998 veröffentlichte A. Shewmon eine Serie von 175 Fällen, davon 56 mit ausreichender Verlaufsinformation, des „Überlebens“ Hirntoter für länger als eine Woche nach der Hirntoderklärung. Damit war klar, dass die alte Vorstellung, der Hirntod sei der Tod des Menschen, weil der Körper danach unausweichlich zerfalle, nicht zutrifft. In der nachfolgenden Fachdiskussion zeigte sich, dass es andere überzeugende Gründe gibt, den Hirntod als sicheres Zeichen des Todes anzusehen. Das White Paper des President’s Council ist eine Reaktion auf diese Diskussion, nicht deren Ursache. Die Rezeption dieses Papiers in Deutschland ist aber der Grund für das erneute Tätigwerden des Ethikrates. Wie dem auch sei, festzuhalten ist, dass die wesentlichen empirischen Befunde im Grundsatz seit 1998 bekannt sind. Die Frage im Untertitel des Forums Bioethik 2012 „Hirntod und Organentnahme. Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens?“ wäre korrekt zu beantworten gewesen mit: „Nicht in den letzten dutzend Jahren“.
Doch zurück zur Stellungnahme. Bereits die Einleitung ist geeignet, Nachdenklichkeit auszulösen. Sie behält sich ausdrücklich vor, nicht darüber „vorentscheiden“ zu wollen, „wie der Tod zu verstehen ist“ (S. 9, Fußnote 2); die Vorstellung also, es gäbe kein Drittes zwischen Tod und Leben, ist offenbar naiv. Zum „Hirntod“ (auch im Originaltext hier in Anführungszeichen) stellt man fest, dass er „verbreitet mit dem Tod des Menschen gleichgesetzt“ werde (S. 9). Das ist zweifellos korrekt, denn auf der ganzen Welt hat sich diese Auffassung weitgehend durchgesetzt; selbst in Ländern, in denen religiöse Einwände erhoben werden. Es deutet sich also in der Stellungnahme des Rates eine Distanz an – eine Distanz, wie sie sich übrigens auch in den deutschsprachigen Zeitschriften für medizinische Ethik findet. Um das Fazit dieser Anmerkungen vorwegzunehmen: „Allgemein ist man der Ansicht, dass zwei plus zwei gleich vier ist“, wäre eine Aussage vergleichbarer Qualität.
Es folgt der Abschnitt „2.2. Ablauf der Organspende in Deutschland“, dem der Abschnitt „2.2.2. Hirntoddiagnostik“ untergeordnet ist. Dadurch könnte nahegelegt werden, dass die Hirntodbestimmung lediglich im Rahmen der Organtransplantation bedeutsam sei und keinen eigenständigen Stellenwert besitze. Dies begünstigt eine funktionale Sicht auf den Hirntod, die von der historischen und tatsächlichen Situation her nicht gerechtfertigt ist. „Die Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls stellt ein für die Intensivmedizin unverzichtbares Instrument der Prognoseeinschätzung für weitere Therapieentscheidungen dar, unabhängig von der Frage einer Organ- oder Gewebespende. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland nur etwa jede zweite Diagnostik im Kontext einer postmortalen Organ- oder Gewebespende erfolgt.“ (Bundesärztekammer)
Juristische Aspekte
Der Rat erklärt zum geltenden Transplantationsgesetz, dass vor einer Organentnahme der Tod des Spenders festgestellt sein und zudem der Hirntod diagnostiziert worden sein müsse (S. 18). Tatsächlich aber kommt das Wort „zudem“ im Text von § 3 TPG gar nicht vor; es ist lediglich davon die Rede, dass die Entnahme bei fehlender Hirntodfeststellung unzulässig sei. Ob noch zusätzliche Kriterien bestehen können, wird vom Gesetz nicht festgelegt; der Gesetzgeber hat nur die ausschließliche Festschreibung des Hirntodkriteriums vermieden. Es handelt sich somit nicht explizit um eine zusätzliche Forderung, was auch der Absicht der Mehrheit im Parlament entsprach. Die Formel ist allein aufgrund politisch-taktischer Überlegungen in letzter Minute in den Gesetzgebungsprozess gelangt (s. hier). Die Überinterpretation durch den Rat ist dabei kein zufälliger Fehler, denn der Abschnitt 2.3.2. (S. 34 ff.) legt ausführlich nahe, dass der Hirntod in einer nicht näher bestimmten Weise nicht identisch mit dem Tod des Menschen sei. Schließlich müsse ersterer ja laut Transplantationsgesetz „darüber hinaus“ festgestellt werden (S. 37). Allerdings, heißt es weiter, habe die Bundesärztekammer es bisher pflichtwidrig unterlassen, die Differenz herauszuarbeiten:
Dieser Regelungspflicht ist die Bundesärztekammer bisher nur im Rahmen der Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes (§ 3 Abs. 2 Nr. 2) nachgekommen. [53] Jedenfalls existieren bis heute keine gesonderten Richtlinien zur Todesfeststellung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 TPG. (S. 36)
Da ist es naheliegend, dass der Gesetzgeber nun selbst aktiv werden sollte, denn überdies ist die Zuständigkeit der Bundesärztekammer nicht selbstverständlich:
Über die vorstehend skizzierten Probleme hinaus wirft die Regelungskonzeption des Transplantationsgesetzes weitere Fragen auf. Diese betreffen etwa die Geltungs- und Bindungskraft der Richtlinien der Bundesärztekammer [57] und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Delegation von Normsetzungsmacht auf eine privatrechtlich organisierte Instanz wie die Bundesärztekammer. (S. 37)
Das in Fußnote 57 angeführte Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt (nebenbefundlich) fest, dass „die Richtlinien der Bundesärztekammer auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht“ überprüft werden können. Das ist im Grundsatz einleuchtend, doch lassen sich Schlussfolgerungen unterschiedlicher Plausibilität ableiten. So war die Legitimität der Richtlinien zur Hirntodfeststellung schon von Stoecker hinterfragt worden, als er von einer „Deutungshoheit“ sprach, die die Bundesärztekammer „sofort“ „an sich gezogen“ hätte. Bereits aus der Wortwahl Stoeckers ergibt sich, dass er sie quasi für usurpiert hält. Wichtige Vorüberlegungen zu diesen Punkten hatte seinerzeit der Philosoph Paul Feyerabend angestellt, der gegen die ausschließliche Deutungsmacht der Wissenschaft aufgetreten war. Es ist aber, wie erwähnt, eher zu bezweifeln, dass der Gesetzgeber seinerzeit positiv unterstellt hat, Tod und Hirntod seien voneinander zu unterscheiden. So bleibt verwunderlich, dass der Ethikrat es hier unterlässt, dem Gesetzgeber konkrete Vorschläge zu machen, wie er auf die nunmehr erkannte Nicht-Identität von Tod und Hirntod reagieren sollte. Auch taucht am Horizont die interessante Frage auf, ob wohl der Energieerhaltungssatz der Überprüfung durch Gerichte zugänglich wäre.
Diagnostische Aspekte
Der Abschnitt, in dem die Hirntoddiagnostik geschildert wird, kann im Wesentlichen akzeptiert werden, doch auch hier fehlt es nicht an potentiell irreführenden Formulierungen. Es heißt beispielsweise, dass die „Abgrenzung verschiedener Bewusstseinsbeeinträchtigungen wie etwa Bewusstlosigkeit, Wachkoma (apallisches Syndrom) oder minimal vorhandenes Bewusstsein (minimally conscious state) vom Hirntod“ mitunter schwierig sein könne (S. 20). Das ist jedoch nicht der Fall, denn Wachkoma und minimally conscious state lassen sich mit einem Blick vom Hirntod abgrenzen; dazu bedarf es keinerlei apparativer Untersuchungen. Die angegebene Literatur handelt u. a. von der Unterscheidung zwischen Wachkoma und minimal vorhandenem Bewusstsein, aber von Hirntod ist nicht die Rede. Dieser Verwischung klarer Grenzen begegnet man bereits in der fehldeutenden und fehlleitenden Hirntod-Kritik durch Müller. Darauf wird zurückzukommen sein. Auch meint man, dass es „[n]ach der derzeitigen Datenlage“ „nicht angezeigt“ sei, „ein bestimmtes apparatives Zusatzverfahren generell als verpflichtend zu benennen“ (S. 21). Das ist im Prinzip korrekt, aber es könnte die (falsche) Schlussfolgerung gezogen werden, dass die eingeführten Verfahren mangels Überprüfung irgendwie insuffizient seien. Auch hat die Bundesärztekammer keinen Anlass gesehen, in den aktuellen Hirntodrichtlinien vom März 2015 davon abzurücken, dass der Hirntod mit rein klinischer Untersuchung, das heißt ohne apparative Zusatzuntersuchungen, festgestellt werden kann – es wäre verfehlt, dies als Verlegenheitslösung zu bewerten.
Organprotektion
Im Weiteren fordert der Ethikrat eine gesetzliche Regelung für sogenannte organprotektive Maßnahmen (S. 43). Diese Bedenken beruhen auf der Überlegung, dass die organprotektiven Maßnahmen dem Wunsch des Patienten widersprechen könnten, der sich möglicherweise einerseits explizit gegen lebenserhaltende Maßnahmen ausgesprochen habe, andererseits aber einer Organspende zugestimmt habe. In ihrem Inhalt unterscheiden sich jedoch die organprotektiven Maßnahmen vor dem Tod nicht von einer gewöhnlichen Therapie, solange noch um das Leben des Patienten gerungen wird. Verf. schließt sich deshalb dem Sondervotum (S. 173ff) an, welches eine solche Regelung aus einer Reihe von Gründen als nicht gerechtfertigt ansieht. Ein zusätzlicher Aspekt soll noch Erwähnung finden. Andernorts in der Stellungnahme wird auf in der Bevölkerung verbreitete Befürchtungen verwiesen, dass „potentielle Organspender … zu früh oder in sonst unangemessener Weise ‚als Spender‘ behandelt und somit ‚als Patient‘ unterversorgt [meine Hervorhebung] werden“ könnten. Das ist empirisch belegt: „44 Prozent derjenigen, die eine Organspende ablehnten, gaben an, dass sie Angst davor hätten, Ärzte täten nicht mehr alles, um ihr Leben zu retten.“ (S. 144). Die Bedenken bezüglich der organprotektiven Maßnahmen zielen aber eher auf Vermeidung einer „Überversorgung“ – und dies auf der Basis einer hypothetischen Konstellation, für die sich in der Fachliteratur kein einziger realer Fall findet, wie eingeräumt wird (S. 27). Bei der angegebenen Literatur handelt es sich um ein Arbeitspapier einer einzelnen Klinik.
Todesverständnis und Todeskriterium
In Abschnitt 3 (S. 51ff) bemüht sich der Ethikrat um eine Begriffsklärung von „Todesverständnis“ und „Todeskriterium“. Die Analyse beginnt mit der Strukturierung:
Ein erster Schritt besteht darin, das Todesverständnis zu bestimmen. Dabei kann man den Tod zum Beispiel ansehen:
• als Ende des personalen Lebens im Sinne des Verlusts der für das Menschsein als essenziell angesehenen mentalen Funktionen oder im Sinne des Verlustes menschlicher Beziehungsfähigkeit;
• als Verlust der leiblichen Einheit bzw. als Ende der funktionellen Ganzheit des Organismus;
• als vollständiges Absterben aller Lebensvorgänge im gesamten Körper. (S. 51)
Bereits diese Ausgangsbasis der Analyse kann nicht unbesehen hingenommen werden. Es scheint sich hier um eine Begriffsbestimmung a posteriori zu handeln, die eine absichtsvolle Lücke lässt. Wenn der Tod (allein) den Verlust der menschlichen Beziehungsfähigkeit bedeuten würde, wäre dies eine Rechtfertigung des sog. neokortikalen Todes. Wenn man das „Ende der funktionellen Ganzheit“ als Begriffsbestimmung des Todes in Kenntnis der empirischen Befunde (Möglichkeit einer Langzeitbeatmung hirntoter Körper) annimmt, dann bedeutet dies die Ablehnung des Hirntodkonzepts. Die Annahme des „vollständigen Absterbens aller Lebensvorgänge im gesamten Körper“ als Begriff des Todes führt zu absurden Schlussfolgerungen, z. B. des Weiterlebens des Individuums als verpflanztes Organ. Offensichtlich ist keine der drei angebotenen Varianten eine brauchbare Beschreibung der Realität. Es erstaunt also, an dieser Stelle nicht die unmittelbar evidente Vorstellung erwähnt zu sehen, dass der Untergang des Gehirns der Individualtod des Menschen ist. Seit der Antike wird die Vorstellung vom Gehirn als Sitz der Seele diskutiert (übrigens waren bereits damals die Philosophen unschlüssig; die Ärzte – Hippokrates, Galen – hingegen sicher). Christoph Lang hat darauf verwiesen, dass bereits die theoretische Vorstellung einer Hirntransplantation völlig abwegig ist. „Jeder würde prompt und intuitiv sagen, dass das Gehirn einen neuen Körper bekäme und nicht umgekehrt.“
Der Tod ist kontextuell. Als der Mensch nichts als seine fünf Sinne hatte, war das Sistieren der Atmung das definitive Kriterium des Todes. Mit der Akzeptanz des Stethoskops wurde der Herzschlag das entscheidende Zeichen. Die Todesfestlegung durch neurologische Kriterien wurde erst mit der technologischen Entwicklung möglich und notwendig; der Terminus „Hirntod“ ist insofern unglücklich und verwirrend, als er für etwas anderes als den „eigentlichen“ Tod gehalten werden könnte. Die Bundesärztekammer hat sich in ihrer jüngsten Fortschreibung bemüht, diesem Umstand Rechnung zu tragen und verzichtet auf den Begriff; allerdings sind auch Begriffe wie „Unfalltod“ oder „Herztod“ geläufig und unumstritten. Darüber hinaus ist der Begriff international eingeführt und scharf umrissen. Der Versuch, alternative Termini (z. B. Hirnversagen, „total brain failure“ oder „brain arrest“) einzuführen, wird nicht zur Klarheit beitragen und birgt andere Probleme.
Dann heißt es: „Demgegenüber können Kritiker der Hirntodkonzeption, ohne einen logischen Fehler zu begehen, den vollständigen Ausfall der Hirnfunktionen als operationales Kriterium akzeptieren, ohne diesen Sachverhalt als propositionales Kriterium anzuerkennen.“ (S. 52) Diese Formulierung erinnert an die Einsicht Birnbachers, dass die Hirntoddefinition, „auf kontrafaktische Bedingungen angewendet“, „krass kontraintuitiv“ wäre (was übrigens impliziert, dass sie, auf reale Bedingungen angewendet, intuitiv ist), wie auch an den jüngsten schlagenden Beweis ihrer Unstimmigkeit mittels aristotelischer Syllogismen. Das ist im Kern ein instrumentalistisches Verständnis der medizinischen Wissenschaft; es ruft Osianders Vorrede zum Kopernikus ins Gedächtnis. Aus der Sprache der elaborierten Sophistik zurückübersetzt bedeutet es: ich erkenne den Hirntod nicht als „eigentlichen“ Tod, als biologisches Faktum, an. Was das Wesen dieses Todes im Unterschied zum Hirntod ausmacht, lasse ich offen, ziehe aber die praktischen Konsequenzen in genau der gleichen Weise, als hätte ich ihn anerkannt. Diese Art der Logik wird sich möglicherweise nicht jedem sofort erschließen.
In einem langen Exkurs (S. 53ff) legt der Ethikrat sodann die Auffassung einer Reihe von Philosophen zum Tod dar, wobei das letzte Wort Heidegger überlassen wird. Wir erfahren beispielsweise, was Thomas von Aquin über den Tod dachte. Aber es scheint für den Rat uninteressant, sich die pathophysiologischen Abläufe zu vergegenwärtigen, die dem Hirntod zugrunde liegen. Damit hätte allgemeinverständlich herausgearbeitet werden können, dass es sich bei den Richtlinien der Bundesärztekammer zur Hirntodfeststellung nicht um willkürliche Setzungen handelt, die je nach metaphysischer Vorliebe modifiziert werden könnten. Ein kurzer Blick auf die Diskussionen in der Öffentlichkeit, insbesondere in die ungefilterten Regionen des Internets, kann darüber belehren, dass in dieser Frage wild wuchernde, frei flottierende Ängste das Bild dominieren. Es ist nicht von vornherein sicher, ob der Verweis auf die „aristotelisch-thomistische Denktradition“ oder auf die „phänomenologische Analyse von Körper und Leib“ diese Ängste hinreichend beruhigen wird.
Weitere Überlegungen kreisen um den Begriff der „Lebensweltkompatibilität“, womit gemeint ist, dass Hirntote den Anschein der Lebendigkeit aufwiesen. So entstünden kognitive und affektive Dissonanzen, die „nicht als Ausdruck eines wissenschaftlich naiven und unaufgeklärten Bewusstseins verstanden werden“ könnten (S. 64). Daraus ließe sich, böswillig, eine patriarchalische Sorge um den Erhalt der Unaufgeklärtheit herauslesen. Eine derartige Haltung mag auch der Hintergrund der Denunziation der Vermittlung wissenschaftlich fundierter Kenntnisse als Manipulation („Übertölpelung“) sein, wie sie von Maio versucht worden ist. Es ist unbestreitbar, dass beim Erleben des Todes anderer Menschen kognitive und emotionale Aspekte ineinandergreifen. Da beide Aspekte zweifellos äußeren Einflüssen offen sind, ist dieses Erleben nicht natur- oder gottgegeben invariant, sondern kann sich mit der Entwicklung der Kenntnisse differenzieren und die Realität (eben den Tod des Individuums Mensch mit dem Tod seines Gehirns) einbeziehen. Auch im Weiteren werden die „üblichen Anschauungen“ des „sogenannten Laien“ als solche in ihrer Historizität nicht untersucht; der philosophische Exkurs stellt die Auffächerung der Auffassungen zum Tod lediglich als reine Geistesgeschichte dar. Die Geschichtsschreibung vertritt die Ansicht, dass es eine kontextunabhängige, „natürliche“ Art der Todesfeststellung nie gegeben hat. Wenn die Begleitung sterbender Angehöriger auf der Intensivstation zunehmend mehr „zum kulturellen Hintergrund gewachsener lebensweltlicher Erfahrung“ gehört, dann wird auch diese „menschliche Grunderfahrung“ einem Wandel unterliegen und nicht mehr der Erfahrung entsprechen, die gewonnen wurde, als die Menschen mit allenfalls priesterlichem Beistand im eigenen Heim entschliefen. Sie kann nicht allein aus der Lektüre antiker, mittelalterlicher oder frühneuzeitlicher Philosophen und Theologen deduziert werden. Was den Rückgriff auf mediävale Philosophie angeht: „Auch die heftigste Kritik an der Gegenwart reicht nicht aus, einen solchen Fluchtversuch zu begründen“, sagt Kurt Flasch, der es wissen muss. Die Todeskonzeption ist keine unveränderliche, unbeeinflussbare, hinzunehmende Konstante.
Im Grunde ist der Anscheinsbeweis der „Lebensweltkompatibilität“ die empirische Basis für die Stellungnahme des Ethikrates; medizinisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisse stehen demgegenüber in der Bedeutsamkeit zurück. Dieser Vorgang ist nicht ohne Beispiel in der Geschichte der Naturwissenschaften.
Wie erwähnt, bleibt ein weiterer Aspekt der Hirntoderklärung in der Stellungnahme des Ethikrats weitgehend unreflektiert. Die Erscheinung des Hirntods ist ein objektiver Umstand, ein Produkt der Intensivmedizin. Sie würde nicht verschwinden, auch wenn es für sämtliche (anderen) Organe einen künstlichen Ersatz gäbe und eine Organspende somit überflüssig würde. Das Hirntodkonzept ist nicht in erster Linie für die Transplantation geschaffen worden – das ist ein verbreiteter Irrtum, dessen Bekämpfung lohnend gewesen wäre –, auch wenn es dafür einen sicheren Scheidepunkt liefert. Es besticht durch seine Einfachheit, seine Plausibilität. Die Hirntoddiagnostik zählt zu den sichersten Methoden, die die Medizin überhaupt zu bieten hat; ihre Sicherheit ist mit derjenigen der konventionellen Leichenschau vergleichbar. Wenn der Vorsitzende des Ethikrats 2012 in seiner Eröffnung des Forums Bioethik zu dieser Frage ausführt, „dass dieses Hirntodkriterium, also der irreversible Funktionsausfall des Gesamthirns, aus medizinischer Sicht nicht hundertprozentig sicher“ sei, so ist aus medizinischer Sicht zu erwidern: Gewiss mag eine metaphysische, absolute, Sicherheit wünschenswert sein, aber sie nicht erreichbar. Erreichbar ist eine klinische Sicherheit, die als Handlungsgrundlage taugt.
Kontroverse
In der Kontroverse über die Hirntodkonzeption (Abschnitt 4.2., S. 71ff) fasst der Ethikrat die unterschiedlichen Meinungen in dieser Frage zu zwei Positionen zusammen. Die Position A, die Ansicht der Mehrheit, sieht den Hirntod als Kriterium des Todes, während Position B im Hirntod keine hinreichende Bedingung für den Tod des Menschen sieht. Sie vergleicht z. B. die selbständige Atmung mit der Herzfunktion, die ebenfalls extern gestützt werden könne, so dass der Atmungsausfall nicht den Tod kennzeichnen würde (S. 90ff), und fragt:
„Warum sollte ein irreversibel komatöser (jedoch nicht ‚hirntoter‘), aber spontan atmender Patient mit künstlichem Herzschrittmacher lebendig, ein ebenfalls irreversibel komatöser und zugleich beatmungspflichtiger (‚hirntoter‘) Patient mit selbstständig schlagendem Herz dagegen tot sein?“ (S. 92)
Aber die Atmung ist im Gegensatz zur Herztätigkeit, die autonom sein kann, eine robuste Hirnfunktion und nur als solche in der Hirntoddiagnostik bedeutsam, auch wenn das im traditionellen religiösen Kontext gelegentlich anders gesehen wird. Seine Legitimität zieht dieses Gedankenexperiment aus der Verwischung klarer Grenzen zwischen Hirntod, Koma und Wachkoma/minimal consicous state (s. o.). Es ist sehr schwierig und mit heutigen Mitteln kaum je sicher möglich festzustellen, ob wirklich bei einem schwerstgeschädigten, aber offenkundig lebenden Patienten („irreversibel komatös“, aber spontan atmend) das letzte Fünkchen Bewusstsein für immer erloschen ist. Hier zeigt sich, wie nachteilig es ist, dass grundlegende pathophysiologische Sachverhalte (Druckverhältnisse im Schädelinnern, gesetzmäßige Abfolge von Hirngewebsuntergang und Symptomatik bei zunehmendem Hirndruck) außerhalb des Fokus der Stellungnahme liegen. Überdies ist in der realen Welt nicht zu erwarten, dass jemand auf Dauer die klinischen Kriterien des Komas erfüllt; regelhaft findet der allmähliche Übergang in das Wachkoma oder den minimal conscious state statt. Es scheint nicht, dass sich der Rat von der Haltung Birnbachers (s. o.) getrennt hat, kontrafaktische Bedingungen zu untersuchen, weil sie denkbar sind. Dagegen wäre im Grundsatz nichts zu sagen, solange man nicht versucht, daraus praktische Schlüsse zu ziehen, und solche Überlegungen zur Grundlage beispielsweise der Aufklärung in den Medien und am Krankenbett zu machen.
Insgesamt wäre zu folgern, dass beim irreversiblen vollständigen Funktionsverlust des Gehirns ein Zustand zwischen Tod und Leben angenommen werden muss, für den es bisher keine Begrifflichkeit gibt („noch Lebender in einem im Endstadium arretierten Sterbezustand“, S. 98). Auf die Dead-Donor-Regel, nach der Organe nur von Toten entnommen werden dürften, solle verzichtet werden (S. 96f). Die empirischen Gründe, die für Position B angeführt werden, stützen sich im Wesentlichen auf eine Stellungnahme von Shewmon 2001. Nur am Rande sei vermerkt, dass die Vertreter der Position B es offenbar für unnötig gehalten haben, die Ausführungen Shewmons noch einmal im Detail mit den bekannten Tatsachen abzugleichen. Wenn die Position B im Anschluss an Shewmon beispielsweise behauptet, dass es ein Wachstum und die sexuelle Reifung eines hirntoten Kindes gegeben habe (S. 87), dann hält das einer Überprüfung nicht stand. Shewmon selbst spricht in seinem Vortrag im Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates 2012 von einer „sexual maturation of brain-dead children“, aber in seiner Declaration zum Fall McMath behauptet er das Gegenteil: „Neither do corpses undergo sexual maturation“ (aus dem Kontext ist klar, dass mit „corpse“ hier nur „hirntoter Leichnam eines Kindes“ gemeint sein kann). Wenn die „Lebensweltkompatibilität“ es unmöglich machte, den Hirntod als Tod anzuerkennen – welche Auswirkungen hätte es, wenn man das aussetzende Herz eines hirntoten Körpers ausschalten und den Kreislauf mittels einer Herz-Lungen-Maschine oder eines Kunstherzens aufrechterhalten wollte? Das wäre zwar abwegig, aber technisch machbar bzw. in Reichweite und somit immer noch weit weniger entrückt als manche der Überlegungen von Hirntodkritikern.
Es bleibt unerörtert, welche praktischen Konsequenzen aus dieser Position im Unterschied zur Feststellung des Hirntodes als Tod des Menschen zu ziehen wären. So wird eingeräumt, dass auch im Fall des irreversiblen Funktionsverlustes des Gehirns die Einstellung der Beatmung ethisch geboten sei (S. 98). Allerdings scheinen die Vertreter von Position B vor gewissen Schlussfolgerungen zurückzuschrecken, die sich unausweichlich aufdrängen. Konsequenter sind Rady und Verheijde von der renommierten Mayo Clinic, Phoenix, Arizona, USA. Unter Hinweis auf die wissenschaftliche Evidenz (gemeint sind die Shewmonschen Auffassungen) stellen sie fest, dass der Hirntod nicht der Tod des Menschen sei und daher eine Organentnahme dem Moralkodex des Islam widerspreche. „Utilitaristische Interpretationen“ von Koran und Sunnah seien abzulehnen, und die Anwendung eines irrigen Todeskriteriums verletze die religiösen Werte rechtgläubiger [observant] Muslims. Belegt wird dies mit der Autorität einiger Koranverse. Ganz ähnlich argumentiert Prof. Josef Seifert von der „Päpstlichen Akademie für das Leben“; wenn auch unter Verzicht auf die Koranverse. Im Ausgleich bietet er eine Erklärung, weshalb die Medizin so zurückhaltend in der Akzeptanz dieser Ansicht ist: die finanziellen Aspekte der Organtransplantation seien ein wesentlicher Grund für das dogmatische Festhalten am Hirntodkonzept.
Die Position B wird von sieben der insgesamt 26 Mitglieder des Ethikrats vertreten. Es sind dies die Vorsitzende, Frau Prof. Christiane Woopen (Professur für Ethik und Theorie der Medizin; eine „sturmerprobte Katholikin“, FAZ vom 26.09.2014), drei Juristen (davon einer zeitweise der Synode der Evangelischen Kirche angehörig) und zwei Theologen. Ein Mediziner mit klinischer Erfahrung oder gar Kenntnissen der Neurologie oder Intensivmedizin ist nicht darunter. Die drei Vertreter des Sondervotums bezüglich der Organprotektion (s. o.) dagegen sind aktuell klinisch tätig.
Der Ethikrat sieht sich dennoch nicht gehindert, im Abschnitt „Schlussfolgerung und Empfehlungen“ (S. 166ff) für die individuelle Entscheidung zur postmortalen Organspende zuallererst ausdrücklich zu fordern: „Dabei sind auch die Argumente, die für und gegen das irreversible Erlöschen aller Hirnfunktionen (Hirntod) als Todeskriterium vorgebracht werden, darzulegen.“ Es ist also auch über Ansichten aufzuklären, die von der Mehrheit des Rates als falsch angesehen werden. Das wird sicher die Verwirrung vermindern und zu einer fundierten Entscheidung beitragen. – Es ist aber zu fürchten, dass manche Fachleute die Argumente gegen den Hirntod nicht mit der gebotenen Objektivität und Klarheit vorbringen können, weil sie deren Stringenz nicht voll erfasst haben.
Schlussfolgerung
Gibt es prinzipiell einen empirischen Zugang zu der Frage, ob der Hirntod der Tod des Menschen ist? Wenn nein, dann ist die Festlegung ausschließlich Sache einer Konvention. Aber wenn ja, dann muss die Realität als Realität und nicht als letztlich zweifelhafte, weil der oberflächlichen Wahrnehmung und der hermeneutischen Philosophie widersprechende, Chiffre wahrgenommen werden. Die Erkenntnis vom Hirntod als dem Tod des Menschen beansprucht Validität per se. Sie ist in sich schlüssig, und sie hat die Naturwissenschaft auf ihrer Seite. Es ist kein Fall bekannt, in dem eine lege artis durchgeführte klinische Hirntoddiagnostik durch eine Rückkehr von Hirnfunktionen widerlegt worden wäre.
Selbstverständlich ist es möglich, gesellschaftliche Übereinkünfte zu erzielen, die diese Evidenz in Abrede stellen, wie das in einigen Ländern der Fall ist. Abschaffen lässt sie sich aber nicht. Der jüngste Fall der dreizehnjährigen Jahi McMath in den USA, deren Mutter den Hirntod nicht akzeptiert und darin die Unterstützung der Öffentlichkeit gefunden hat, erzeugt Verunsicherung bis in die Fachliteratur. Da keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, erschöpft sich die Debatte in einer steten Wiederholung der alten Argumente, die bereits einer umfassenden Würdigung unterzogen worden sind. Wenn eine Lehre aus dem Fall McMath zu ziehen ist, dann ist es diese: einmal für die rationale Weltsicht gewonnenes Terrain ist nicht für alle Zeiten gewonnen, sondern muss weiterhin gegen Missverständnisse, Verwirrungen und irrationale Ängste verteidigt werden. Der Beitrag des Deutschen Ethikrates hierzu hätte größer sein können.
In Kürze nur soviel: Wie man nur die Tatsachen verdrehen kann.
Der international bekannte Neurologe Alan Shewmon hat in seiner Declaration zum Fall Jahi McMath beschrieben,dass bei dem Kind der Hirntod zwar richtliniengetreu festgestellt worden sein, das Mädchen aber jetzt die Kriterien nicht mehr erfülle. Und er beschreibt, dass Jahi McMath trotz der Hirntoddiagnose noch in die Pubertät gekommen sei und ihre Menstruation bekommen habe. Das sei, meint Shewmon, bei einem Corps, also einem L E I C H N A M nicht möglich. Shewmon konstatiert in seiner Declaration, dass als hirntot deklarierte Menschen eben keine „Leichname“ sind. Deshalb widerspricht die Geschlechtsreife auch nicht den Fallschilderungen in seinem Artikel „Chronical brain death“ und seinen Ausführungen im Dt. Ethikrat.
Mein Fazit: Sie drehen- aus welchen Gründen auch immer- Shewmon das Wort im Munde herum.
Seltsam ist auch Ihre Einschätzung zur Kompetenz der Ethikräte zu den „organprotektiven Maßnahmen“ vor der Hirntoddiagnose. Natürlich kollidieren diese Maßnahmen mit den meisten Patientenverfügungen. Nur 3 Ethikräte haben das bestritten, unter anderem ein Transplanteur. Alle anderen – darunter auch Ärzte- haben darauf gedrungen, das heikle Kapitel gesetzlich so schnell wie möglich zu regeln.
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Der Kontext des zitierten Satzes lautet vollständiger:
(Hervorhebung durch mich). Shewmon schließt also aus der behaupteten Menarche, dass Jahi McMath nicht hirntot sei, denn eine sexuelle Reifung hirntoter Kinder findet nicht statt.
Sie haben in Ihrem Kommentar weder meine Begründung noch die des Sondervotums berührt. In der Stellungnahme des Ethikrates wird im Übrigen einleitend darauf hingewiesen, dass die Rechtsauffassung, der er sich anschließt, nicht die einzig mögliche ist; es gäbe auch eine „organfreundliche“.
Interessante Debatte, vor allem durch den engen Bezug zur Organentnahme. Nicht nur der medizinische Fortschritt, auch das medizinische Interesse an der rechtzeitigen Organentnahme fördert die Verwischung der Grenze zwischen Leben und Tod, über die der Organspender aus guten Gründen vorher möglichst exakt informiert sein will.
In der Tat ist der potentielle Widerspruch zwischen der Vermeidung von sinnlosem Leid am Ende des Lebens und dem Einverständnis mit der Organspende auf den ersten Blick einleuchtend. Aber für einen angemessenen Umgang mit diesem Problem sollte man sich zunächst vergewissern, was eigentlich der konkrete Inhalt von Spenderkonditionierung / Organprotektion ist, vgl. hierzu beispielsweise eine aktuelle deutschsprachige Arbeit:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26174748
Ethisch relevant i. S. der Fragestellung sind allein die Maßnahmen vor Eintreten des Hirntodes. Von einer Organprotektion kann dann nur gesprochen werden, wenn das Ableben des Patienten aufgrund einer Hirnschädigung als unausweichlich bevorstehend angesehen werden muss. Es handelt sich um einen Zeitraum von einigen Stunden, vielleicht ein, zwei Tagen. In dieser Zeit ist der Patient tief komatös. Durch die Maßnahmen wird kein Leid verlängert. Ich bin kein Intensivmediziner, aber ich habe Zweifel, ob eine zusätzliche Trachealtoilette oder die Verabreichung kreislaufstützender Infusionen in diesem Zeitraum gesetzlich geregelt werden muss, wenn die gleichen Maßnahmen wenige Stunden zuvor als absolut indiziert gelten.
Dr. Mindach
Zur Spenderkonditionierung vor der Hirntoddiagnostik: Ich habe Informationen, dass es bei der Verabreichung kreislaufstüzender Infusionen und einer zusätzlichen Trachealtoilette nicht bleibt. Nachzulesen ist die Problematik sehr genau in der Publikation von Prof. Bettina Schöne-Seifert, aus dem DÄB, die ich bereits verlinkt habe.
Auch einige ihrer Kollegen halten bei infauster Prognose die Spenderkonditionierung und einen fremdnützigen Organcheck (vor der HTD) für regelungsbedürftig. Außer der Patient war damit einverstanden und auch genau darüber informiert, was unter Umständen auf ihn zukommt.
Einige dieser Argumente finden Sie in dem Magazinbeitrag: Verwirrung für Organspender- der Konflikt mit der Patientenverfügung (ARD 2013), jetzt bei youtube.
Ich vermute, dass Sie diesen Beitrag meinen:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/108335
Jedenfalls habe ich Ihren Link übersehen. Er schildert eine Reihe von möglichen Entscheidungssituationen unterschiedlicher Plausibilität. Am Schluss des Textes wird zur Illustrierung der Kernthese „Ein Beispielfall“ erwähnt. Diese Fallpräsentation ist wortgleich mit derjenigen, auf die der Ethikrat in seiner wesentlichen Literaturstelle Bezug nimmt (das ist nicht verwunderlich, denn die Autorin ist identisch). Es handelt sich um eine theoretische Überlegung, eine Spekulation, aber nicht um einen realen Fall; und er würde auch auch kein unlösbares Dilemma darstellen. Zum weiteren Details verweise ich auf das Sondervotum (Stellungnahme, S. 173ff). Auf die letzte Frage:
kann die Antwort nur lauten: nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. Es ist kaum eine klinische Situation denkbar, in der man nicht vor dieser Frage, in unterschiedlicher Schärfe, steht. Es ist unrealistisch, vom Gesetzgeber eine Antwort zu erwarten, die alle theoretisch denkbaren Konstellationen abdeckt.
Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich keine Fernsehbeiträge oder Youtube-Clips kommentieren werde. Skripte werde ich mir durchlesen.
Nein, es geht um die gängige Praxis, vielleicht nicht um die, die Politikern und der Bevölkerung kommuniziert wird. Es geht um die sog. „fremdnützigen Eingriffe bei Nichteinwilligungsfähigen“, für die keine Zustimmung vorliegt.
Übrigens- es handelt sich bei dem Beitrag nicht um einen youtube-clip, sondern um eine umfangreich recherchierte, juristisch durchgecheckte Sendung für die ARD, in der sowohl Ethikratmitglieder, als auch Ärzte Stellung nehmen. Danach gab es innerhalb von 2 Stunden ca 300 Beiträge im Internet. Vielleicht sollte sich auch jemand wie Sie dafür interessieren, wie bestimmte Praktiken bei der politisch interessierten Bevölkerung ankommen. Die drei Mitglieder des Dt. Ethikrates, die „organprotektive Maßnahmen vor der Hirntoddiagnostik“ als nicht existent bezeichneten, haben aus meiner Sicht nicht den „Nagel auf den Kopf“ getroffen. Genauso wie es auch Fehldiagnosen bei der Hirntoddiagnostik nicht geben soll. Es gibt sie doch.die Bundesärztekammer schweigt zwar dazu, hat aber seit spätestens 2014 genaue Auflistungen.
Es ist sehr gut eine Auffassung möglich, die vorbereitenden Maßnahmen vor einer Organexplantation von der Einwilligung in die Organspende für abgedeckt zu halten. Gesetze können nicht jedes Detail regeln.
Ich sehe mich nicht in der Lage und auch nicht in der Pflicht, Fernsehbeiträge zu kommentieren. Ich bin in Niemandes Auftrag tätig. Da Sie die Autorin der Sendung sind, können Sie mir sicher ein Skript übermitteln oder wenigstens einen der Umstände, den sie am dringendsten diskutieren möchten, herausgreifen.
Das klingt jetzt ein wenig so, als würden Sie vermuten, dass die BÄK medizinische Informationen unterdrückt.
@Silvia Matthies
Ich will mich noch kurz erklären, obwohl das noch weiter vom Thema wegführt. Dem Medium Fernsehen ist scheinbar ein investigatives Moment eigen, um das möglichst neutral auszudrücken. Das gilt seit langem auch für den öffentlich-rechtliche Rundfunk. Und je professioneller die Beiträge gemacht sind, um so aufwändiger ist dann eine kritische Nachprüfung. Mit zwei, drei spontanen Bemerkungen ist es nicht mehr getan. Dies war der Hintergrund für meine Bitte, Sie mögen sich auf einen einzelnen wichtigen Aspekt der Sendung beschränken.
Ich habe mir den Beitrag
https://www.youtube.com/watch?v=xdgA4KpcgD8
angesehen und werde genau diese spontane Bemerkung machen. Der „Hauptzeuge“ Meinolfus Strätling berichtet, dass invasive Eingriffe vor dem Hirntod stattfänden: „sie kriegen invasive Maßnahmen wie Herzkatheter, Echokardiografie“ (3:51). Zur eigentlichen Indikation sagt er nichts, oder es wurde weggeschnitten. Ich habe versucht, seine diesbezüglichen Publikationen über Pubmed zu finden. Das ist mir nicht gelungen. Der Ethikrat führt in den Abschnitten 2.2.3. und 2.2.4. ausschließlich nichtinvasive Maßnahmen auf (und leitet schon aus diesen seine Empfehlungen ab). Strätling scheint sich also allein auf seine Erfahrung zu berufen. Das ist die Vorstufe der Erkenntnis, der Aufruf zu einer systematischen Untersuchung. Aber es ist nicht die Erkenntnis, die praktische Schlussfolgerungen rechtfertigen kann. Andere könnten andere Erfahrungen haben.
Und, Frau Matthies, mit keiner Silbe gehen Sie darauf ein, dass in der Bevölkerung Ängste verbreitet sind, die mögliche Organentnahme würde die Ärzte dazu verleiten, nicht mehr alles zu tun, den Schwerstkranken zu retten.
@ Dr. Mindach
Ich hielte es schon für wichtig, gesetzlich zu regeln, ob Ärzte bei Verdacht auf Hirntod und damit bei einer infausten Prognose bereits – ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten- ein Organspendekonzil mit der DSO abhalten dürfen. Oder dem Patienten, den man ja bereits aufgegeben hat, ein Herzkatheter legt sowie eine Bronchoskopie durchführt. Außerdem werden bei vermutetem Hirntod manchmal auch Hypothermien vorzeitig abgebrochen und/oder während der Kühlung keine Sedativa verabreicht, was Kältezittern verursachen kann. All das möchte ich nicht erleben, wenn ich bereits aufgegeben wurde und bereits eine mögliche Organspende im Raum steht. Außerdem will ich -wie die meisten Menschen- in der Sterbephase Schmerzmittel und Sedativa bekommen. Das ist bei einer geplanten Hirntoddiagnostik nicht möglich. Soweit der Patient im Vorfeld über all dies informiert wurde und sein Einverständis erklärt hat, ist aus meiner Sicht nichts dagegen zu sagen. Doch das geschieht bisher nicht, deshalb halte ich eine gesetzliche Regelung wie die Mehrzahl der Ethikratmitglieder für dringend geboten.
Auch das Problem , dass der Patient im Rahmen der Spenderkonditionierung im apaliischen Syndrom landen kann, muss kommuniziert werden. Das haben sowohl Schöne-Seifert, als auch van Akten, Brodner getan (Konfliktfall Organspende, Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. 2012; 47 (3): 133-134 ) Das hielte ich für angemessen und dem Patienten gegenüber fair.
Der Inhalt dieser Forderung ist, auf eine Hirntoddiagnostik generell zu verzichten oder sie zumindest „abwählbar“ zu machen – man könnte aber nicht den Hirntod abwählen, sondern nur seine Feststellung. Ich halte das für falsch. Wenn Sie niemals ein Fenster in der Sedierung lassen, werden sie auch niemals herausfinden, wie es aktuell klinisch um den Patienten steht, und sie müssten theoretisch ad ultimo beatmen, selbst wenn das wegen Besserung des Zustandes gar nicht mehr nötig wäre. Es wäre auch m. E. unethisch, einen hirntoten Körper ad infinitum weiter zu beatmen. Shewmon hat gezeigt, dass das prinzipiell möglich ist. Im Übrigen ist es nicht wahrscheinlich, dass es i. R. einer Hirntoddiagnostik bei aussetzender Sedierung/Analgesie zu einer bewussten Schmerzwahrnehmung kommt.
Van Aken und Brodner meinen, dass dies „in seltenen Fällen“ eintreten könne, aber erwähnen keinen empirischen Beleg. Ich glaube nicht, dass die Gefahr, durch organprotektive Maßnahmen ein „unbeabsichtigtes Überleben im apallischen Syndrom“ zu produzieren, in einer Weise real ist, die aufklärungswürdig wäre. Ein apallisches Syndrom setzt einen halbwegs intakten Hirnstamm voraus, der aber (in der theoretischen Fallkonstruktion von Schöne-Seifert mit Bulbärhirnsyndrom) bereits schwerstgeschädigt sein dürfte. Und selbst wenn ein solcher Fall zu befürchten wäre, würden van Aken und Brodner agieren, ohne dass es da einer weit im Vorfeld liegenden Aufklärung bedürfte. Für sie ist die Sachlage klar:
Sehr geehrte Frau Matthies,
mir ist übermittelt worden, dass Sie den folgenden Text auf der Facebook-Seite von Psiram gepostet hätten. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich hier im Blog dazu Stellung nehme.
Robert Truog hat hochrangig publiziert (NEJM, JAMA); es kann also zumindest nicht davon die Rede sein, dass seine Meinung in der Fachpresse etwa unterdrückt werde. Seine Position ist derjenigen der „Position B“ im Ethikrat sehr ähnlich, entsprechend gilt meine Kritik an dieser Position auch ihm.
Die DIVI-Umfrage habe ich auf der Website dieser Organisation nicht gefunden; ich wäre also für eine Quellenangabe dankbar. Vorab deute ich das Ergebnis dahingehend, dass es einen gewissen Fortbildungsbedarf aufdeckt.
@ Dr. Mindach
In Kürze die Quelle:
http://www.springermedizin.de/einstellung-des-intensivmedizinischen-fachpersonals-zur-postmortalen-organspende-in-deutschland/4573780.html
Der vollständige Text liegt mir vor.
Da es bei der Interpretation der Ergebnisse bezüglich der Akzeptanz des Hirntodes ( bei Ärzten und Pflegern auf Intensivstation) zu Mißverständnissen kam, eine präzisierte Antwort des Autors:
Von: gerold soeffker [g.soeffke@googlemail.com]“ im Auftrag von „gerold soeffker [gsoeffke@uke.uni-hamburg.de]
Gesendet: Samstag, 1. Februar 2014 22:28
An: Matthies-Wille, Silvia
Betreff: Re: WG: DIVI Umfrage Hirntod und Organspende
in Tab. 3 wurde die prozentuale Verteilung der abgegebenen Antworten angegeben, dh. es bezieht sich keinesfalls nur auf die Befragten, die einer Organspende nicht zustimmen. Da allerdings nicht alle der 1045 Befragten diese Frage beantworten konnten, beträgt die Grundgesamtheit bei dieser Frage n=758. Ich hoffe, das Ihnen diese Antwort zum besseren Verständnis weiterhilft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gerold Söffker
Danke für die Angabe; der Volltext ist Dank eines erschwinglichen Abonnements für mich schnell verfügbar. Sie schreiben:
Im Text heißt es aber:
Es sind somit nicht 40% der Befragten, sondern 40% der Ablehnenden 20%, ergo ca. 8% (wenn ich auf die Schnelle richtig gerechnet habe). Die Fortbildungslücke ist also nicht ganz so groß wie befürchtet ;-).
Auch zeichnet sich eine kognitive Dissonanz selbst unter dem Fachpersonal ab:
– Zumindest unter denen, die gegen die Organspende sind.
@Silvia Matthies
Noch eine Ergänzung zu der von Ihnen zitierten Mail. Sie ist nicht erklärend.
Es gibt keine „Tab. 3“, sondern nur eine „Abb. 3“, und deren Untertitel lautet:
Und dann kommen die 40% mit der „Ablehnung des Hirntodkonzepts“. Die Angaben spiegeln die Antworten auf Frage 8 wieder und addieren sich zu 100%. Die Frage 8 wurde aber nur von denjenigen beantwortet, die nicht zur Spende bereit waren. Die Frage 7 lautete vollständig:
Das ist ganz eindeutig. Was genau aber vom Autor in seiner Mail mit „Grundgesamtheit“ gemeint ist, bleibt ein bisschen unklar. Die Grundgesamtheit ist die Gesamtheit der Ärzte und Pfleger in der Intensivmedizin in Deutschland, die Stichprobe ist die befragte Teilnehmerzahl des Kongresses (n=4694), die Rücklaufquote 22,3% (n=1045), und davon haben offenbar 756 die Frage 7 beantwortet. Anders ist das kaum interpretierbar. Von wievielen Probanden Antworten auf die Frage 8 eingegangen sind, ist offen; ausgeschlossen, dass es 756 waren. Es ist überraschend, dass die Antworten auf Frage 8 100% ergeben, obwohl Mehrfachnennungen möglich waren.
Was mich bei der Geschichte um den Hirntod bedenklich stimmt ist, dass in der breiten Öffentlichkeit das Bild entsteht, „Hirntod“ wäre nur etwas, um Menschen bei „lebendigem Leibe“ noch Organe entnehmen zu können.
Der Eindruck, im Ethikrat sitzen nur Laien, die von der Materie keine Ahnung haben, und in investigativen Sendungen nur an Einzelfällen interessierte Redakteure ist vermutlich nicht ganz verkehrt.
Keiner scheint sich wirklich die Problematik der Todesfeststellung bewusst zu sein. Hat man zu historischen Zeiten noch eine Schnur in den Sarg mitgegeben, mit Hilfe derer oben ein Glöcklein geläutet werden konnte, falls man wider erwarten doch nicht tot war, ist man inzwischen bei der heute sichersten aller Methoden angelangt – ohne etwa einen schwachen Puls oder ein Koma zu übersehen – der Feststellung des Hirntodes durch eindeutige Kriterien.
Es ist möglich, einen Leichnam nach einer Woche zu exhumieren, und in dem Körper noch lebende Zellen zu finden. Im Darm und Knochenbereich vermutlich recht sicher. Auch Bakterien, ohne die der Gestorbene nie gelebt haben könnte. Lebt der also noch? Ist das die Diskussion, die ein Ethikrat führen will?
Die Feststellung des Hirntodes ist nun mal die sicherste Methode überhaupt (Solange der Mensch nicht zerstückelt, in Säure aufgelöst oder verbrannt ist), auf akzeptabel würdige Art ein sicheres Ergebnis zu haben.
Die Methodik zur Feststellung zu hinterfragen ist sicher stets legitim, aber wer so tut, die Feststellung des Hirntodes wäre nur eine Möglichkeit von beliebigen, nach anderen Kriterien wäre der Mensch ja gar nicht tot, der sollte sich auch seiner Verantwortung bewusst sein, er verhindert damit potentiell, das adere Sterbende, die ein Organ bräuchten, um eben nicht zu sterben, das tun.
Gerade beim Ethikrat bin ich halbwegs entsetzt, mit welcher Nonchalance über diese Thematik und Verantwortung hinweggegangen wird.
@ Dr. Mindach
Um dieses Mißverständis auszuräumen, habe ich Ihnen extra die Mail des Autors an mich geschickt. Ich habe sehr präzise nachgefragt, schon aus juristischen Gründen. Aus dieser Antwort geht eindeutig hervor, dass es sich um 40 Prozent von 758 Befragten geht. Vielleicht fragen Sie den Autor selbst, Sie haben ja alle Daten.
Dass die Antworten im Ganzen nicht immer schlüssig sind, ist bei einem derart tabuisierten Thema normal. Um sie zu beruhigen: Es gibt übrigens eine Folgestudie, die die Ergebnisse der DIVI-Studie versucht zu neutralisieren. Sie liegt der DSO vor, ich müsste sie erst suchen.
@ groucho
Nein, diese ziemlich abgestandene Diskussion über Zellen, die den Tod überleben, will der Ethikrat sicher nicht führen. Schon eher die, dass eine hirntote Frau über Monate hinweg ein gesundes Kind austragen kann.
Es geht schlicht darum, ob es sich bei als hirntot deklarierten Menschen um Sterbende oder um Tote handelt. Diese Diskussion wird in der internationalen Fachpresse seit 2008 wieder verstärkt geführt. Und zwar auch von Wissenschaftlern der Harvard Medical School (Truog/Miller etc) sowie dem international bekannten Neurologen Alan Shewmon, der früher ein engagierter Verfechter der Hirntoddefinition war.
All das ist in der Fachliteratur nachzulesen.
Wenn Sie sagen, der Ethikrat müsse sich seiner Verantwortung bewusst sein, dass (sinngemäß) von der Hirntoddefinition das Leben der Menschen abhängt, die ein Organ brauchen, dann frage ich Sie: Wenn sechs Ethikratmitglieder (darunter auch Mediziner) nach langer Beschäftigung mit der Thematik zu der Auffassung gekommen sind, der Hirntote sei nicht tot, sollen sie dann gegen ihre Überzeugung das Gegenteil behaupten? Zumal selbst die Bundesärztekammer in ihren neuen Richtlinien (2015) von der Bezeichnung „Hirntod“ abgerückt ist und nur noch vom „irreversiblen Hirnversagen“ spricht? Wie irreversibel dieses „irreversible Hirnversagen“ in der Praxis sein kann, zeigt ein ausführliches Interview mit dem Neurologen und erfahrenen Hirntoddiagnostiker Dr. Hermann Deutschmann:
https://www.youtube.com/watch?v=lgaUrBvWEs4
Die publizierte Textversion ist durch ein Peer Review gegangen, ein Erratum ist nicht angegeben. Die in einem großen zeitlichen Abstand von der Datenerhebung verfasste schlichte Mail ist juristisch verbindlicher?
Der Text des Papers ist völlig klar, die Mail ist es nicht. Und das hat Sie nicht gestört? Sie haben nicht noch einmal nachgehakt? Warum nicht?
Es liegt Deutschmann völlig fern, das Hirntodkonzept anzugreifen. Mit keiner Silbe behauptet er, dass der Hirntod „reversibel“ wäre. Seine Intention ist eine ganz andere. Wenn man dem Thema „Deutschmann“ und „Hirntod“ ein wenig nachrecherchiert, dann ist es, denke ich, einem sachkundigen Journalisten möglich, diese zu erkennen.
@ Dr. Mindach
Dr. Deutschmann ist natürlich kein Gegner des Hirntodkonzeptes. Ihm machte nur die mangelnde Qualitätssicherung bei der Hirntoddiagnostik große Sorgen. Das ist auch der Grund, weswegen er und Prof. Gubernatis gerade mir das Interview gegeben haben. Die beiden haben wahrscheinlich schon nachrecherchiert, ob ich mich mit der Thematik einigermaßen auskenne. Vor allem mit fehlerhaften Diagnosen. Von Dr. Deutschmann würde ich mir übrigens auch den Hirntod feststellen lassen, da hätte ich wenig Bedenken. Er würde die Diagnostik sicher nicht übereilt durchführen und auch eine umfangreiche Toxikologie veranlassen. Auch wenn das teuer ist. Lesen Sie doch einmal das, was Deutschmann und einige andere Neurologen 2014 /2015 zum Problem der Qualitätssicherung wiederholt an die Bundesärztekammer geschrieben haben. Das klingt sich nicht gerade ermutigend und sehr besorgt.
Zu der Mail von Dr. Söffker: Derartige Statements auf eine präzise Frage sind verbindlich- auch für unsere Rechtsabteilungen. Deshalb fragt man als Journalist prinzipiell schriftlich nach. Bei Fehlinterpretationen droht auf prominenten Sendeplätzen ein Prozess. Vor allem die DSO ist da alles andere als zimperlich.
An Dr. Söffkers Antwort gibt es nichts herumzudeuteln. Wenn Sie es partout nicht glauben wollen, fragen Sie ihn selbst.
Sie hatten ihn anders interpretiert. Die Diskussion kenne ich; danke für diesen Ratschlag. Die BÄK hat – in dieser Frage – mit der jüngsten Fortschreibung der Hirntodkriterien angemessen reagiert. Anders sehe ich ihre Entscheidung, auf den Begriff des Hirntodes zu verzichten (vgl. den Haupttext).
Sie sollten ein ernstes Wort mit Ihrer Rechtsabteilung reden, die Sie in falscher Sicherheit wiegt. Die Mail ist natürlich nicht gerichtsfest; jeder mäßig begabte Anwalt der Gegenseite würde sie zerpflücken.
Ich weiß von der DSO, dass sie es so gut es geht vermeidet, sich in Diskussionen mit Hirntodgegnern (diesen Ausdruck wird man benutzen dürfen) zu positionieren, weil sie mit Recht fürchtet, als Partei wahrgenommen zu werden. Daher ist Ihre Andeutung, dass sie gern mit Prozessen drohe, für mich überraschend. Nun haben angegriffene Journalisten einen leichten Zugang zur Öffentlichkeit, und solche Prozesse sind ja nicht geheim. Können Sie da Näheres berichten?
@ Dr. Mindach
Na, da habe ich aber andere Erfahrungen. Die DSO scheint äußerst klagewillig zu sein. Und wenn sie es tut, dann geht es durchaus einmal um sechsstellige Summen. Das trifft nicht nur Journalisten, sondern manchmal auch Ärzte, die etwas kritisieren, was dem Ruf der DSO nicht gut tut.
Anbei ein aktuelles BGH-Urteil, in dem es um nicht komplette Hirntodprotokolle im Düssledorfer Fall geht, den Sie ja sicher kennen.
BGH URTEIL VI ZR 505/14 vom 12. April 2016
Um die Kompetenz Rechtsabteilung müssen sie sich keine Sorgen machen. Die dort arbeitenden Juristen wissen,was vor Gericht geht und was nicht. Ich weiß es im Übrigen auch.
Nocheinmal der Kern meiner Fragestellung, die ursprünglich an Prof. Qu. gerichtet war und an Dr.Söffker weitergeleitet wurde:
.Zitat:……….. Worauf beziehen sich diese 40 Prozent? Auf die Gesamtzahl der Befragten oder nur auf die, die einer postmortalen Organspende nicht zustimmen würden? Zum Beispiel 16 % bei den Ärzten, 25 % beim Pflegepersonal?
Die Antwort von Prof. Söffker:
Sehr geehrte..
in Tab. 3 wurde die prozentuale Verteilung der abgegebenen Antworten angegeben, dh. es bezieht sich keinesfalls nur auf die Befragten, die einer Organspende nicht zustimmen. Da allerdings nicht alle der 1045 Befragten diese Frage beantworten konnten, beträgt die Grundgesamtheit bei dieser Frage n=758. Ich hoffe, das Ihnen diese Antwort zum besseren Verständnis weiterhilft.
Mit freundlichen Grüßen
Wenn Sie es immer noch nicht glauben, fragen Sie die Autoren der Studie selbst. Aber, wie bereits erwähnt, es gibt ja bereits eine Art Wiedergutmahungsstudie, die von DSO-Mitarbeitern gerne ins Feld geführt wird. Sie ist sicher sehr viel mehr in Ihrem Sinne .
Soweit ich die Pressemeldung verstehe, hat die DSO in erster und in zweiter Instanz gesiegt. Es scheint sich also inhaltlich nicht ausschließlich um substanzlose Drohgebärden zur Einschüchterung kritischer Journalisten gehandelt zu haben. Wissen Sie, ob ein Urteil gefällt worden ist, und wie es ausgegangen ist?
Viel Glück, gerade im Hinblick auf den eben angesprochenen Vorgang.
Welche Erwägungen haben Sie dazu geführt, diese Frage zu stellen, die in der veröffentlichten Arbeit unmissverständlich beantwortet worden ist?
@ Dr. Mindach
Lesen Sie doch einmal das ganze BGH-Urteil, es ist hochinteressant. Nur die Pressemitteilung zu lesen ist so, als wenn man bei wiss. Artikeln nur das abstact liest. Das reicht nicht.
Die aktuelle Entscheidung des BGH ist maßgeblich. Die vorherigen Instanzen der Frankfurter Justiz , deren Urteile ich kenne, haben offenbar kein „erhebliches öffentliches Interesse“ an unvollständigen Hirntodprotokollen gesehen Der BGH schon. Das ist für mich ein Lichtblick.
Zu DIVI:
Es gab zu den besagten „40 Prozent“ unterschiedliche Interpretationen in Akademie-Diskussionen, deshalb die Nachfrage. Ansonsten äußere ich mich Ihnen gegenüber zur DIVI-Studie nicht mehr. Es ist aus meiner Sicht alles gesagt.
Ich hatte es, wie erwähnt, als juristischer Laie nicht gleich gefunden. Inzwischen habe ich es gesehen. Nun stellt sich heraus, dass die DSO eine Organisation wie jede andere auch ist, mit völlig gewöhnlichen Konflikten. Aus Ihrer Ankündigung („äußerst klagewillig“) hatte ich entnommen, dass sie in die Nähe von Scientology zu rücken wäre. Ich bin also etwas erleichtert.
Ich habe den Kollegen Söffker natürlich kontaktiert; Sie hatten mich ja mehrfach dazu aufgefordert. Leider habe ich keine Freigabe, seine Antwort öffentlich zu machen. Haben Sie eigentlich eine, Frau Matthies? 😉
Aber um wieder ernst zu werden: Wenn Sie sich in einem x-beliebigen Krankenhaus in einer x-beliebigen Stadt an einem völlig normalem Arbeitstag heimlich an den Mittagstisch der Ärzte setzen könnten, dann würden Sie eine schwer erträgliche Sammlung von gefährlichen Fehlleistungen, Schlampereien, Beinahe-Katastrophen usw. zu hören bekommen, die geeignet wäre, einen unbefangenen Zuhörer deutlich zu verstören. Ist es eine Verschwörung aus Profitgier, wenn davon nicht alles in der Tagespresse zu finden ist? Was wollen Sie tun: alle Krankenhäuser schließen?
Wir leben in einer realen Welt. Die Kluft zwischen dem Wünschenswertem und dem Erreichbaren ist unausweichlich. Das gilt für die materiellen Bedingungen genauso wie für den Umfang der Aufklärung. Da ist es nicht hilfreich, “zuallererst“ die Aufklärung über eine in sich widersprüchliche Ansicht zu verlangen, die nur von einer sehr geringen Anzahl der Fachleute und von einer Minderzahl der Ethikratsmitglieder getragen wird. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie die Mehrheit des Rates sich dazu verstehen konnte.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal aus dem Brief von Christoph Lang zitieren, auf den hinzuweisen ich nicht müde werde:
@ Dr. Mindach
Wenn Sie auf Prof. Christoph Lang ansprechen. Er hat mich und eine Ärztin vor ein paar Jahren dringlich darauf hingewiesen, wir sollten uns in Punkto Hirntod doch einmal bei dem international bekannten Neurologen Alan Shewmon sachkundig machen, bevor wir behaupten, es gäbe Kontroversen um den Hirntod. Damals hatte Shewmon zwar im Dt. Ethikrat noch nicht seine kritische Position dargelegt, aber längst seinen Artikel „chronic brain death“ (1998) und manches andere zum Thema in der internationalen Fachpresse publiziert. Sie werden verstehen, dass ich deswegen bei Prof. Lang gewisse Vorbehalte habe, inwiefern er sich zeitnah mit der aktuellen Literatur auseinandersetzt.
Zu den Kantinengesprächen:
Ich habe meine Basisinformationen in Punkto Hirntod und möglichen diagnostischen Pannen aus meinem nächsten ärztlichen Umfeld erhalten. Und von diversen mit uns befreundeten Ärzten, die von ihrem Fachgebiet her alle einschlägige Erfahrungen gemacht haben.
Jetzt würde mich aber doch einmal brennend interessieren, was Dr. Söffker Ihnen zu den 40 Prozent Skepsis bei Ärzten/Fachpflegern gegenüber dem Hirntod in der (DIVI-Studie ) gesagt hat.
Ich habe übrigens in den letzten Monaten mit 5 aktuellen Fällen von möglichen Organspendern zu tun gehabt. Insofern habe ich durchaus eine gewisse Erfahrung, wie diese Fälle momentan in manchen Kliniken gehandhabt werden. Da gibt es offenbar völlig neue, verblüffende Sprachregelungen gegenüber den Angehörigen.
@ Dr. Mindach
Nur soviel zur Freigabe: Wenn ein in der Materie lange tätiger Journalist mehrfach schriftliche Anfragen zum Ergebnis einer bereits publizierten Studie macht , dann weiß bei einer schriftlichen Antwort eigentlich jeder, dass diese verwendet werden wird. Es handelt sich schließlich um eine offizielle Antwort (Klarstellung) eines der Autoren der Studie. So etwas ist Alltag bei politischen Magazinen und Dokumentationen. Mündlich wäre da etwas anderes.
Erstaunt hat mich übrigens, dass das Dt. Ärzteblatt die Umfrageergebnisse nie veröffentlicht hat, sonst hätte ich mich daran orientiert.
Nein, das verstehe ich nicht, überhaupt nicht. Der von mir indirekt zitierte Leserbrief an Neurology (genaue bibliographische Angaben hinter meinem Link) stammt aus dem Jahr 1999 und ist aus der direkten Diskussion der Shewmon-Arbeit aus 1998. Aber auch ansonsten hätte sein späteres Verhalten, von dem ganz unsicher ist, ob sie es korrekt interpretieren, keinerlei Einfluss auf die Validität seiner Argumentation. Mit ad-hominem-Vermutungen mit Stich ins Ehrenrührige können Sie sie nicht diskreditieren.
Würden Sie die Freundlichkeit und Achtung vor Ihrem Gesprächspartner aufbringen, zum Thema Stellung zu nehmen? Es geht nicht um Kantinengespräche. Soll ich den Kernsatz aus meinem vorangegangenen Post noch einmal zitieren?
🙁
Da ich von meiner Rechtsabteilung kein grünes Licht habe, kann ich nur sagen:
@ Dr. Mindach
Da bin ich aber wirklich gespannt, wie Ihre Rechtsabteilung entscheidet.
zu Prof. Lang: Vielleicht hat er sich mit seiner Empfehlung, Shewmon zu lesen, uns gegenüber einen Scherz erlaubt? Mag sein. Bereits Mitte der 90ger Jahre hat er sich darüber beschwert, dass das Dt. Ärzteblatt eine meiner Hirntod-Dokumentationen angekündigt hat. Deshalb ist vielleicht verständlich,
dass ich gewisse Vorbehalte habe. Für diese Dokumentation habe ich den Preis einer Ärztevereinigung bekommen, fachlich allzu falsch kann sie also nicht gewesen sein.
http://www.zeit.de/1997/31/18093
Man nennt das Sarkasmus. Und auch mit der milderen Form, der Ironie, scheinen Sie nicht zurechtzukommen:
Für die Bewertung von Daten einer Mail auf ihre innere Konsistenz ist es völlig irrelevant, ob eine Fernsehdokumentation das Placet einer Rechtsabteilung hat. Meine Rechtsabteilung bin ich selbst. Nachdem wir diesen Punkt klären konnten, noch einmal die Fragen:
Übrigens,
Nicht in der Wissenschaft. Wenn da etwas falsch ist, dann muss man ein Erratum schreiben oder retrahieren.
Wollen wir diese Dokumentation einmal gemeinsam durchgehen?
Und, sehr geehrte Frau Matthies, der Post #28 wartet noch immer auf Ihren sachkundigen Kommentar.
Frau Matthies,
nachdem das nun doch eine größere Diskussion geworden ist, möchte ich auf ihre Antwort nochmal eingehen:
Dass er das nicht möchte, ist mir klar. Ich habe die komplette Stellungnahme gelesen. Und es ist eben genau das: Hirntod wird – soweit ich das verstanden habe – als eine Option der Todesfeststellung „gehandelt“, und damit landet man dann in der Logik bei meinem zugegeben krassen Beispiel der Zellen.
Ich sehe da den Diskussionsbedarf nicht. Ein toter Mensch, dessen Körper funktionsfähig gehalten werden kann, um ein Ungeborenes nicht sterben zu lassen – wo ist da ein Zweifel, sowas nicht zu tun, wenn es denn möglich ist?
Dann sind wir aber wieder bei den Zellen. Wie kann man einen Menschen für tot erklären, wenn es noch lebende Zellen in seinem Körper gibt?
Ist mir einigermaßen bekannt. Man befasst sich ja mit der Thematik, bevor hier irgendwas veröffentlicht wird.
Natürlich nicht. Überzeugungen gibt es viele, und zu seiner Überzeugung zu stehen, ist ehrenhaft. Ich bezweifle allerdings inzwischen, dass die Mitglieder dieses Rates in ihrer Gesamtheit in der Lage sind zu verstehen, was die biologischen, neurologischen, biochemischen Grundlagen dieser Definition sind. Das ist nicht böse gemeint, nur eine Offensichtlichkeit in der Conclusio, die sich auf ein „Naja, kann man so oder so sehen“ geeint hat, was ziemlich fatal ist.
Wenn wir wieder annehmen, dass im Herz eine Seele sitzt, in der Leber die Gefühle etc, naja. Das wird lustig.
Da darf ich kurz Karl Popper bemühen, der sinngemäß meinte, wie ein Ding heißt, wie man es benennt, ist egal, solange der Kontext und die Bedeutung allen klar ist. „Irrevesibles Hirnversagen“ klingt halt akademischer, ist aber nichts anderes als Hirn = tot. Es tut sich da nichts mehr. Nie wieder. Dies als Abrücken vom „Hirntod“ zu interpretieren, halte ich schon für etwas gewagt.
Das wiederum ist halt eine ganz andere Baustelle. Sie unterscheiden nicht zwischen Prinzip und Praxis. Ein Flugzeug fliegt. Trotzdem stürzen welche ab.
Das eine ist, die Definition des Todes über den völligen und endgültigen (irreversibel) Ausfall des Hirnes zu definieren, das andere die Feststellung. Wenn es bei letzerem zu Schludereien gekommen ist, das nicht korrekt durchgeführt – da bin ich sofort bei Ihnen. darf nicht sein.
Zweifeln Sie den Hirntod (irreversibles Hirnversagen) als Kriterium generell an: Nennen sie ein besseres.
@ Dr. Mindach
Ich kann momentan leider wegen anderer Verpflichtungen nicht ausführlich antworten, Vielleicht schaffe ich es später.
DIVI-Studie
Beim UKE wurde von mir wegen der fraglichen 40% mehrfach nachgefragt. Die Antwort, die schließlich kam, lässt aus meiner Sicht- wegen der präzisierten Fragestellung – keine Fragen offen. Ich warte auf Ihre. Ich weiß nämlich immer noch nicht auf welche Zahlen sie sich beziehen.
Übrigens hatte auch ein leitender DSO-Mann, mit dem ich die DIVI- Studie diskutierte, keine abweichende Interpretation. Deshalb wies er mir die Nachfolge-Studie hin, die ja , wie bereits erwähnt, völlig anders ausgefallen ist. Für mich wird diese Thematik jetzt durch Ihre Reaktion so interessant, dass ich vielleicht einen Artikel dazu schreiben will.
Meine Doku von 1995
wurde von 2 Fachmedizinern mit klinischer Erfahrung abgenommen. Sie können mich aber gerne auf medizinische Fehler hinweisen.
Das ist aber schade. Dabei wären noch so viele Details zu klären, z. B. dieses:
Aber Sie sagen gleichzeitig:
Nachdem Sie also Dr. Deutschmann in Ihrer Patientenverfügung zur Ihrem Diagnostiker bestellt haben, ist er nun eingeflogen worden und steht an Ihrem Krankenbett. Wie wird er das Problem lösen, gleichzeitig Ihre Verfügung und die Richtlinien der Bundesärztekammer einzuhalten? Was meinen Sie?
Vorher sagten Sie:
Es handelt sich um eine einfache Befragung. Die Methodik ist nicht revolutionär, und die Ergebnisse sprengen nicht den Erwartungshorizont. Es ist schon bemerkenswert, dass es darüber überhaupt Diskussionen gegeben hat. Und dann hat niemand das Papier direkt vor Augen gehabt, als darüber diskutiert wurde, denn schlichtes Nachlesen hätte die Sache erledigt.
Sagen Sie, Frau Matthies, kennen Sie den Begriff Bestätigungsfehler?
Es ist sehr entschuldbar, dass Sie wegen Ihres Zeitmangels Post #17 nicht präsent hatten.
Aber dafür findet sich glücklicherweise eine Lücke. Ich bin gespannt.
Kommen wir zur Sache.
Ihr angespannter Zeitplan ist sicher so rigide, dass Sie die Information, wie die Dokumentation hieß und wo sie zu finden ist (z. B. Link) nicht in einem einzelnen Post unterbringen können, sage ich mir. Also muss ich mir selbst helfen. Die inkriminierte Besprechung wird wohl diese sein:
(Hervorhebung durch mich) Von Ihrer eigenen Website erfährt man, dass er den IPPNW Medizinpreis “Medizin und Gewissen” 2001 erhalten habe. Die IPPNW hat übrigens 2011 Frau Dr. phil. Dipl.-Phys. Sabine Müller zu einem Vortrag eingeladen, die ich im Haupttext kurz erwähnt und verlinkt habe, ich spare mir das hier.
Ein Ausschnitt aus diesem Film wird auf dem Youtube-Kanal von Silvia Matthies & Dr. med. Regina Breul so angekündigt:
Das meinen Sie jetzt nicht ernst.
Nachdem das seit 4 Jahren so explizit da steht, kann man das dann wohl als gesetzte Ansage sehen. Krass. Die Toten leben. Was kommt als Nächstes? Zombiewarnungen im ÖR?
Sehr geehrte Frau Matthies,
nichts von dem, was Lang sagt, ist so ungewöhnlich, dass man nicht mit ruhigem Nachdenken selber darauf kommen würde. Dies macht seine unwiderlegliche Stringenz aus. Es werden keine bisher unbekannten Fakten mitgeteilt. Sie kennen die Argumente seit wenigstens zwanzig Jahren oder sollten sie kennen. Sie haben diese lange Zeit nicht genutzt, die Einwände zu reflektieren. Statt dessen bedienen Sie sich reichlich aus dem Arsenal von Monty Python, um unbequemen Entgegnungen auszuweichen. Es wäre grotesk, wenn es nicht so traurig wäre; traurig in seinen Auswirkungen auf die Organspendebereitschaft in Deutschland und damit auf das Schicksal hunderter, wenn nicht tausender schwer leidender Menschen. Die einfache Wahrheit ist: mit der Spendebereitschaft kann man helfen, ohne jedes eigene Leid, ohne den geringsten Nachteil für sich selbst. Sie verdunkeln sie nach Kräften. Die Aussichten sind gering, dass Sie sich hier, oder künftig, angemessen mit dem Thema auseinander setzen werden.
Was zu sagen war, ist gesagt. Sie müssen sich nicht bemühen. Einen sanften Ausstieg aus dieser Diskussion hier wird es für Sie nicht geben.
Auf Wiedersehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr Matthias Mindach.
Zur Ehre des ÖR sei noch hinzugefügt: es gibt auch andere Möglichkeiten, sich dem Problem zu nähern.
Hirntod. Ein umstrittenes Konzept
Eine Dokumentation von Horst Gross, SWR.
Ich zitiere bei ca. Minute 23:00
@ Dr. Mindach
danke, dass Sie sich so intensiv mit mir beschäftigt haben. Dass wir nicht zusammenkommen, ist nachvollziehbar, zumal ich diverse Fälle kenne, in denen die Hirntoddiagnostik effektiv fehlerhaft war. Und Sie das immer wieder vehement bestreiten werden. Auch Dr. Deutschmann schildert übrigens den Fall eines Kindes, bei dem sogar der Apnoe Test falsch war und das EEG keine Nulllinie zeigte. Trotzdem gab es schon ein ausgefülltes Hirntodprotokoll. Auch im Fall von Carina Melichior gab es – zusätzlich zur klinischen Diagnostik- diverse apparative Untersuchungen. Deshalb getrauten sich die Ärzte ja auch, vor der Kamera die Angehörigen um Organspende zu bitten. Das Mädchen wachte wieder auf.
Ich plädiere in Deutschland für eine Meldepflicht für solche Fälle, es gibt sie bisher nicht. Man fragt sich warum.
Zu Frau Dr. Müller: IPPNW ist für Sie offensichtlich eine Organisation von Vollidioten, oder wie sehe ich das? Und auch die „Bundeszentrale für politische Bildung“ weiß nicht, was sie veröffentlicht? Genauso wie die „Akademie für Ethik in der Medizin“?
Darf ich einmal nachfragen, wo Sie veröffentlicht haben? Warum stand Ihre sehr pointierte Replik auf den Artikel von Dr. Müller nicht bei bpb? Allzuviel habe ich von Ihnen außer bei Psiram nicht gefunden. Und da ist der Ruf höchst zweischneidig, zumindest nicht sehr viel besser als der von IPPNW, Ethik in der Medizin, Neurologist und BPB (Bundeszentrale für Politische Bildung) etc.
Mit Kurt Gross habe ich übrigens gerade telefoniert. Ich finde seinen Beitrag auch sehr gut. Die Möglichkeit von Fehldiagnosen sieht er nicht so wie ich, hat sich aber auch mit solchen Fällen und der Analyse von Klinikakten nicht näher beschäftigt. Er meint allerdings, die Akzeptanz des Hirntodes sei über kurz oder lang gleich null. Vor allem dann, wenn die ersten Gerichtsverfahren anstehen. Gerade hat der BGH ja die Berichterstattung über eine fehlerhafte Hirntoddiagnostik als „von erheblichem öffentlichen Interesse“ bezeichnet. Und durchaus eine nicht komplette Protokollierung als wichtig erachtet. Das hat aus meiner Sicht durchaus Signalwirkung. Man wird sehen.
@Silvia Matthies
Wie ich sehe, konnten Sie sich kurzfristig wieder freimachen. Erwartungsgemäß ist Ihre letzte Antwort ohne jeden Bezug zu allen Fragen, die in den vorangegangenen Posts aufgeworfen worden sind; und soweit sie überhaupt einen Bezug zum Thema hat, ist sie redundant.
Ach wissen Sie, Frau Matthies, ich habe mir überlegt: ich mache doch noch ein wenig mit. Ich hoffe, dass ich den Leser nicht zu sehr langweile. Die Kernthemen sind abgearbeitet, aber das eine oder andere Ornament kann noch geschnitzt werden.
Es würde mir nicht im Traum einfallen zu behaupten, dass man keine Fehler bei der Hirntoddiagnostik machen kann; wie kommen Sie darauf? Aber was würden diese Fehler beweisen, selbst wenn sie hinreichend sicher dokumentiert wären? Nichts.
Machen Sie Nägel mit Köpfen. Fordern Sie eine Meldepflicht für fehlerhaft ausgestellte Totenscheine bei der konventionellen Leichenschau. Oder glauben Sie, so etwas gäbe es nicht? Ihrer Intention, die Hirntoddiagnostik zu verbessern, ist jedenfalls grundsätzlich zu misstrauen.
Sie haben nun schon mehrfach angedeutet, dass Sie das wüssten. Spannen Sie uns nicht länger auf die Folter; werden Sie ausführlicher.
Alle diese Einrichtungen haben sich erheblich diskreditiert, indem sie Frau Müller eine Plattform geboten haben (gut, die IPPNW vielleicht nicht, wenn man an die Preisverleihung denkt). Jeder fachkundige Arzt hätte dringend abgeraten; das ist eine 1:1-Beziehung. Übrigens ist eine abgeschwächte Fassung der Müller-Arbeit vorher in „Ethik in der Medizin“ erschienen; im Peer Review ist ein Kliniker also entweder überstimmt worden oder war erst gar nicht vertreten. Ich meine, dass hier eine Sollbruchstelle liegt, die vielleicht einen größeren Rahmen der Betrachtung erfordert. Aber ich halte niemanden für einen „Vollidioten“, auch Sie nicht, werte Frau Matthies.
Dafür gibt es eine Anlaufstelle: Pubmed. Sie als Journalistin mit jahrzehntelanger Erfahrung in medizinischen Themen … ich bin erstaunt.
Die Fachkunde der bpb hatte sich ja hinreichend manifestiert. Sie kennen diesen Artikel also; und da auch Sie nicht über Fachkunde verfügen, sind Sie permanent gezwungen, anstelle inhaltlicher Kritik den Autoritätsbeweis (ein kümmerliches Surrogat) einzusetzen. Frau Müller selbst war der Text trotz seiner etwas entlegenen Publizierung übrigens nicht entgangen, aber nachdem sie sich ausführlich bei der Redaktion von Aufklärung und Kritik beklagt hatte, dass er überhaupt erschienen ist, war ihre Energie verpufft, auch noch einen richtigstellenden Leserbrief zu schreiben.
Horst Gross.
Und eines noch:
Von Deutschmann und Gubernatis berichten Sie:
Wenn Sie mit Letzterem recht hätten, dann würde das schon einigermaßen für die Bereitschaft zeugen, Kollateralschäden in Kauf zu nehmen. Meine Schlussfolgerung
liegt für jeden nahe, der sich durch Ihr Œvre klickt. Sie haben sie durch Ihre fehlende Stellungnahme approbiert.
@ Dr. Mindach
und andere, die an dem Thema Qualitätssicherung bei Hirntoddiagnosen interessiert sind. Folgende Stellungnahme ging 2014 an die Bundesärztekammer, danach gab es erneut die schriftlich gestellte Forderung, die Qualitätssicherung zu verbessern und eine zertifizierte Ausbildung für Hirntod-Diagnostiker einzuführen. Die neuen Richtlinien der BÄK (von 2015) haben nach Ansicht einiger der Autoren des Brandbriefes in Punkto Qualitätssicherung eher wenig bewirkt. Ich habe die Stellungnahme bewusst ungekürzt abgebildet, damit mir nicht der Vorwurf des falschen Zitierens gemacht werden kann.
Ergebnisse und Zahlen der Qualitätssicherung
des Konsiliardienstes für die Hirntodbestimmung
der Region Nord 2000 / 2001 – 2006
H. Deutschmann
Ltd Oberarzt Neurologie
KRH Klinikum Nordstadt
Hannover
Allgemeine Vorbemerkungen
Es handelt sich um die Auswertung der Qualitätssicherungsbögen des
Hirntodkonsiliarteams der Region Nord der DSO, ursprünglich bezogen auf
Niedersachsen und Ostwestfalen, später die 4 nördlichen Bundesländer
(Nieders., HB, HH und S.-H.) betreffend. Die Bögen wurden im Verlauf
fortentwickelt, so dass die Fragen sich z.T gewandelt haben, daneben war die
„Ausfüll-Disziplin“ im Team uneinheitlich. Insofern differieren manchmal auch
die absoluten Zahlen. Die Daten habe ich in großen Tabellen erfasst, die
Auswertung anlässlich der jährlichen Team-Treffen als Powerpoint-Projektion
vorgetragen. Später wurden jährlich bestimmte Daten auch in der
Organspende-Kommission der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) von mir
präsentiert. Eine „Studie“ i.S. einer Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift
war nie vorgesehen, einzelne Daten habe ich einmal in einem Vortrag vor
Neurologen zum Thema Hirntod verwendet.
Die folgenden Zahlen resultieren aus den damaligen ppt-Präsentationen;
darüber hinaus habe ich eine Fallweise Auswertung der Fälle vorgenommen,
die bereits bei Eintreffen des Konsiliardienstes durch die Krankenhausärzte
angeblich (!) gemäß dem Protokoll der BÄK-Richtlinien untersucht worden
waren.
Zur Frage nach den Hirntodprotokollen in den Spender-Krankenhäusern:
Zwischen den Jahren 2000 und 2005 fanden wir (Ärzte des Konsiliarteams)
bei 256 Einsätzen nur 78 Hirntodprotokolle (ca. 30% der Einsätze) vor, die
aber meistens von sehr schlechter oder zumindest unsicherer Qualität waren,
so dass wir neben unserer eigenen grundsätzlich auf eine (gemeinsame,
zeitgleiche) weitere Untersuchung durch einen der Ärzte des
Spenderkrankenhauses bestanden haben. 85% der Protokolle waren von
Fachärzten (Chef-, Ober- und Konsiliarärzten) ausgefüllt worden, 15% durch
Nicht-Fachärzte, ohne dass abgefragt wurde, wie groß die „Erfahrung in der
Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen“ (gemäß
den Richtlinien der BÄK) waren.
Die fehlerhaften Hirntodprotokolle wurden also nicht (!) systematisch erfasst,
allerdings oft im Kontext mit „Implausibilitäten“ erwähnt: Z.B. waren
Kopfwendungen bei Schmerzreizen nicht als „Lebenszeichen“ bewertet
worden, wiederholt wurde trotz erhaltener eine ausgefallene Spontanatmung
attestiert, mehrfach wurden die Hirntodkriterien als erfüllt angesehen, ohne
dass ein Apnoe-Test durchgeführt worden war oder der Apnoe-Test war zu
früh abgebrochen worden, wie überhaupt der Apnoe-Test in der Durchführung
sehr viele Probleme macht; mehrfach war trotz Kenntnis von
Medikamentenspiegeln sedierender oder schmerzstillender hochwirksamer
Medikamente im therapeutischen Bereich der Hirntod diagnostiziert worden,
auch war öfters nicht beachtet worden, dass metabolische oder endokrine
Entgleisungen wie auch eine Unterkühlung (Hypothermie) die Durchführung
der Hirntoddiagnostik hätten einschränken müssen. Eklatant war auch ein Fall,
in dem hochamplitudige Ausschläge in der Hirnstromkurve (EEG) als Null-
Linien-EEG gedeutet wurden. Ein anderes Mal war der Hirntod bestätigt
worden, ohne dass der Nachweis der Irreversibilität (durch
Wiederholungsuntersuchung oder technische Zusatzuntersuchung) erfolgt
war. Unvollständig ausgefüllte Protokolle mit fehlender Angabe des Blutdrucks
oder fehlendem Datum der Untersuchung waren da schon fast als Bagatelle
anzusehen. Bedeutsam war auch eine fehlerhafte Diagnose der zum Tode
führenden Erkrankung, wobei eine Computertomographie fehlgedeutet
worden war, indem eine Subarachnoidalblutung (eine meist von der
Schädelbasis ausgehende Hirnblutung) als hypoxischer Hirnschaden im
Rahmen eines Herzstillstands diagnostiziert worden war.
Aus den genannten Gründen beziehen sich die folgenden Daten und
Ergebnisse auf die Jahre 2001 bis 2005, der Jahrgang 2000 bleibt bei der
folgenden Auswertung unberücksichtigt.
Daten und Ergebnisse
In den Jahren 2001 bis 2005 waren bei 212 Einsätzen in 58 Fällen bereits
vorher von den behandelnden Krankenhausärzten Hirntodprotokolle
ausgefüllt und unterschrieben worden. In 16 dieser protokollierten
Untersuchungen (ca. 27,5 % der Hirntod-Protokolle) konnte durch das
Konsiliarteam die Hirntoddiagnose nicht bestätigt werden. Bei 2 der 16
Patienten (ca. 3,5% von 58) lagen sogar zwei protokollierte Untersuchungen
vor (2 Protokolle bzw. einmal zwei Untersucher auf einem Protokoll).
Bei den 16 Patienten mit vom Erstuntersucher ausgefülltem und
unterschriebenen Hirntodprotokoll konnten in 5 Fällen positive Lebenszeichen
in Form von Spontanatmung oder Hirnaktivität im EEG festgestellt werden,
davon lag bei einem Patienten sogar ein von zwei Untersuchern erstelltes
Hirntodprotokoll vor.
D.h. in diesen 5 Fällen lebte der Patient nachweislich noch.
Fazit:
Die aktuelle Sichtung meiner Unterlagen bestärkt mich aber erneut, die
Bundesärztekammer aufzufordern, eine Zusatzqualifikation für
Hirntoddiagnostik zu schaffen, die mit einer Kursweiterbildung und einer
praktischen Anleitung am Patienten einhergehen muss.
Daneben müssen die Richtlinien aktualisiert werden und gerade unter
Berücksichtigung der Erfahrungen aus unserem Konsiliarteam mit „Standards“
hinterlegt werden, zu denen eine obligate toxikologische Untersuchung wie
auch eine technische Zusatzuntersuchung (EEG oder ein Kreislaufverfahren)
gehören müssen; in diesem Zusammenhang muss auch die Qualifikation des
Durchführenden der Zusatzuntersuchung verbindlich definiert werden.
Diese Forderungen wurden umfassend und detailliert in einem offenen Brief
an die Bundesärztekammer am 24. März 2014 von mir und mehreren
anderen Ärzten mit langjähriger Erfahrung in der Hirntoddiagnostik gerichtet.
@Silvia Matthies
(Hervorhebungen durch mich)
@ Dr. Mindach
Ach, jetzt glauben Sie dem Journalisten und nicht dem Fachmann, der die Aufstellung gemacht
hat ?
Das von mir hier bereitgestellte Papier war der Ausgangspunkt für die gesamte Debatte.
Dr.Deutschmann, Prof. Gubernatis und und der Präsident der Leitenden Krankenhausärzte Prof. Weiser hatten schon 2006 auf Mißstände bei der Qualitätsicherung hingewiesen, ohne Resonanz. Da war von Frau Dr. Rehbock noch garnicht die Rede. Vielleicht rudert sie – aus welchen Gründen auch immer – etwas zurück. Das Papier ist ja auch an Peinlickeit kaum zu übertreffen.
Anbei der Artikel aus dem Dt. Ärzteblatt:
http://www.aerzteblatt.de/archiv/51328
Wahrscheinlich handelt es sich bei den niedergelassenen Neurologen, die gemeint sind, um diejenigen ,die pro Einsatz abrechnen. Sie müssen laut DSO bestätigen, dass sie die Hirntoddiagnostik beherrschen. Eine zertifizierte Ausbildung müssen sie offenbar nach wie vor nicht vorweisen. Dr. Deutschmann hat dafür in dem ca 16 minütigen Interview mit mir eine höchst aufschlussreiche Bezeichnung gefunden. Das Interview habe ich bereits gepostet.
Die entsprechende Stelle im Interview mit Dr. Deutschmann ist übrigens ab Minute 12:00 ff zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=lgaUrBvWEs4
Ich finde sie höchst aufschlussreich. Die Austrahlung des Interviews ist autorisiert.
Gerade hieß es noch über eben diesen Text:
Wenn Sie ihm nicht glauben, dann folgen Sie der Quellenangabe und besorgen Sie sich das Poster.
Rehkopf.
Die Rangfolge der medizinisch-wissenschaftlichen Evidenz ist ihnen offenbar nicht zugänglich. Lassen Sie mich offen sein: Sie haben da Fortbildungsbedarf.
Auch an Ihrer Originalität wollen Sie sicher noch arbeiten.
Es lassen sich keine Schlussfolgerungen ableiten, außer dass die Sache untersucht werden sollte. Sie scheinen zu glauben, dass ein Plädoyer dasselbe ist wie ein Urteil.
Vor allem anderen aber sollten Sie an Ihrer Reputation feilen. Oder meinen Sie ernsthaft, diese Aussage
ist mit der Reputation eines der Wahrheit verpflichteten Journalisten vereinbar? Wie hat eigentlich Herr Deutschmann reagiert, als Sie ihn mit dieser These konfrontiert haben?
@ Dr. Mindach
Gilt ein Originaldokument, das der Bundesärztekammer vorliegt, bei Ihnen nichts?
Erstaunlich.
Sie wollen doch nicht im Ernst die Aufstellung von Dr. Deutschmann in Frage stellen? Warum gehen Sie mit keinem Wort auf den Inhalt ein? Weil nicht sein kann , was nicht sein darf?
Dr. Deutschmann kannte die internationale Fachliteratur zur Kontroverse um den Hirntod. Er meinte, das irreversible Hirnversagen sei aus seiner Sicht mit v i e l Fachkompetenz korrekt feststellbar. Das meine ich übrigens auch, wenn diese Diagnostik nicht übereilt und von sachunkundigen Medizinern durchgeführt wird. Da habe ich schon so einiges erlebt, was wenig vertrauenserweckend war. Und das immer dann, wenn ich bei den von mir recherchierten Fällen Akteneinsicht hatte und diese Unterlagen von Fachleuten analysieren ließ.
Ihre Anwürfe trage ich mit Fassung. Nur zu, ich bin seit meinen ersten Sendungen zum Thema einiges gewohnt. Die Transplantationslobby ist alle andere als zimperlich.
Mir ist natürlich klar, dass ich mit Ihnen und Herausgebern der Zeitschrift „Aufklärung und Kritiik“ Hoerster, Singer, Sass und Birnbacher schwerlich auf eine gemeinsame Linie kommen kann. Wobei Birnbacher von der Gleichsetzung von Hirntod und Tod abgerückt ist und das „irreversible Hirnversagen“ nur noch als Entnahme-Kriterium akzeptiert. Soviel ich weiß, war Prof. Birnbacher mit den Publikationen von Dr. Sabine Müller zum Hirntod durchaus einverstanden. Das gleiche gilt für Prof. Schöne-Seifert. So unterirdisch wie Sie haben beide als praktische Ethiker die Artikel offenbar nicht beurteilt.
Wenn allein die Einladung von Dr. Müller bei IPPNW Sie schon generell an der Kompetenz der Ärztevereinigung zweifeln lässt ,muss ich das zur Kenntnis nehmen. Verstehen kann ich es nicht.
Über die Definition des Hirntodes kann man geteilter Meinung sein. Die mangelnde Qualitätssicherung bei der Hirntoddiagnostik ist ein anderes, für die Praxis in den Kliniken sehr viel wichtigeres Kapitel . Und da gibt es offenbar noch viel zu tun.
Daran ist nichts Erstaunliches. Ein Brief gilt weniger als ein Kongress-Poster, ein Kongress-Poster weniger als ein Original-Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Und auch solche sind natürlich nicht über Zweifel erhaben, Papier ist geduldig. Wenn sie einen kontroversen Inhalt haben, dann müssen sie noch von der Fachgemeinde diskutiert werden. Warum sollte das hier anders sein?
Was ich dazu an Kommentar vertreten kann, ist in #23, #28, #42, #45 und #48 gesagt. Diese Aussagen sind nicht erweiterungsfähig.
Vor Tisch las man’s anders. Nehmen Sie Ihren irreführenden, alarmistischen Beiträge aus dem Netz.
Solche Begriffe sind es, die Ihre gesamte Intention suspekt machen.
Guilty by association. Im weiteren versuchen Sie wie gewohnt, eine Sach- durch eine Personaldiskussion zu ersetzen. Unerquicklich.
An dem Wort „mangelnd“ unterscheiden wir uns: der korrekte Ausdruck wäre „verbesserungsfähig“. Der Unterschied ist keineswegs trivial.
Korrektur. Auch diesen Satz aus ihrem letzten Post
unterschreibe ich natürlich nicht. Das sollte selbstverständlich sein. „Sehr viel wichtiger“ ist jedoch zutreffend.
@ Dr. Mindach:
Was bitte unterscheidet das Kongress-Poster von der Aufstellung von Dr. Deutschmann? Fast nichts, außer dem Umfang. Sie scheinen sich noch immer der Hoffnung hinzugeben, dass ich nicht über die entscheidenen Unterlagen verfüge und damit Ihrer mehr oder weniger raffinierten Fakten-und Wortakrobatik nichts entgegensetzen kann.
Ist die Hirntoddiagnostik wirklich so sicher wie behauptet?
Deutschmann, H † 1; Rehkopf ( vortragend) 2, E; Schwartz, A 3
1: ehem. Ltd. OA Neurologische Klinik, Klinikum Region Hannover
Nordstadt
2: Selbständig Gemeinschaftspraxis Osnabrück
3: Chefarzt Neurologische Klinik, Klinikum Region Hannover Nordstadt
————————————————————————————————-
Hintergrund:
Die Hirntoddiagnostik (HTD) ist unabdingbare Voraussetzung für die
Organentnahme zur Transplantation. Die Sicherheit der HTD ist
entscheidend für das Vertrauen der potentiellen Spender und deren
Angehörigen. Dieses Vertrauen ist das Kriterium, das im Wesentlichen
das Spenderaufkommen bestimmt.
Problem:
Eine systematische statistische Qualitätssicherung, insbesondere zur
Sicherheit in Bezug auf die HTD existiert für Deutschland nicht. Deshalb
wurden in einer retrospektiven Analyse die vom Konsiliarteam der
Region Nord der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) erhobenen
Daten zur HTD zwischen 2001 und 2005 ausgewertet.
Methodik :
Das mobile Konsiliarteam wurde 1997 mit in Krafttreten des TPG
(Transplantationsgesetzt) in der Region Nord (Niedersachsen, Hamburg,
Bremen, Schleswig-Holstein) etabliert, bestehend aus Fachärzten für
Neurologie und Neurochirurgie. Im Auftrag der DSO wurde dabei die
Hirntoddiagnostik an den Krankenhäusern durchgeführt, die diesbezüglich
um Unterstützung baten. Eine apparative Zusatzdiagnostik mit
EEG und/oder Dopplersonographie wurde grundsätzlich angeboten und
in der Regel auch durchgeführt. Der Ablauf der einzelnen Einsätze
wurde über speziell entwickelte Qualitätssicherungsbögen analysiert,
tabellarisch ausgewertet und im Rahmen regelmäßiger (i.d.R. jährlicher)
Treffen diskutiert. Dies bedingte einen konstruktiven Austausch
über Fallstricke und immer wieder auftretende Probleme sowohl in der
klinischen Untersuchung wie auch in der apparativen Diagnostik.
Das Konsiliarteam wurde zwischen den Jahren 2001 und 2005 bei 212
Einsätzen von Kliniken als abschließender Zweituntersucher zur HTD
hinzugezogen. In 58 Fällen lagen bereits im Vorfeld unterschriebene
Hirntodprotokolle vor, welche nach formalen und inhaltlichen Kriterien
anhand der Qualitätssicherungsbögen ausgewertet wurden. Dabei
wurden fehlerhafte Hirntodprotokolle nicht systematisch erfasst, sondern
unter „Implausibilitäten/Inkohärente Befunde/Probleme“ dokumentiert.
Ergebnisse:
In 16 der 58 unterschriebenen Hirntodprotokollen (27,58 %) konnte das
Konsiliarteam die Hirntoddiagnose nicht bestätigten. Bei 2 der 16
Patienten lagen bereits zwei unterschriebene Hirntodprotokolle vor.
Bei 5 der 16 Patienten mit vom Erstuntersucher ausgefülltem und
unterschriebenen Hirntodprotokoll konnten noch Spontanatmung oder
Hirnaktivität im EEG nachgewiesen werden, also eindeutige
Lebenszeichen. Bei einem dieser Patienten (1,78%) lag ein von zwei
Untersuchern erstelltes Hirntodprotokoll vor.
Zu den 16 Fällen unter „Implausibiliäten/Inkohärente Befunde/Probleme“
gehörten gar nicht oder fehlerhaft durchgeführte Apnoetest-
Untersuchungen, solche bei denen trotz erhaltener eine ausgefallene
Spontanatmung attestiert wurde und weiter solche, bei denen trotz
Kenntnis positiver Medikamentenspiegel klinisch der Hirntod diagnostiziert
wurde.
In einem Fall, in dem hochamplitudige Ausschläge in der Hirnstromkurve
(EEG) nachgewiesen werden konnten, war sie als Null-Linien-EEG
gedeutet worden.
In einem anderen Fall war der Hirntod bestätigt worden, ohne dass der
Nachweis der Irreversibilität (durch Wiederholungsuntersuchung oder
technische Zusatzuntersuchung) erfolgt war.
2x resultierten fehlerhafte CCT-Befundungen zu falschen Diagnosen und
damit zu Fehlschlüssen im Ablauf der HTD.
Unvollständig ausgefüllte Protokolle mit fehlender Angabe des
Blutdrucks oder fehlendem Datum der Untersuchung mußten als reine
Formfehler bewertet werden.
Diskussion:
Der Nachweis von 27,58% nicht korrekt durchgeführter
Hirntoduntersuchungen zeigt, dass die theoretisch sichere Feststellung
des Hirntodes in einem Viertel der Fälle an der unzureichenden
praktischen Erfahrung und Kenntnis der Richtlinien der
Bundesärztekammer (BÄK) scheitern kann. Im Wesentlich liegt dies aus
unserer Sicht an der Qualifikation der Untersucher.
Die Auswertung untermauert die Forderung von standardisierten
Abläufen mit obligat zu erfolgenden technischen Zusatzuntersuchungen
(EEG oder ein Kreislaufverfahren) und die Einführung einer
Zusatzqualifikation des untersuchenden Arztes in der HTD. Sinnvoll wäre
in diesem Zuge auch eine Aufnahme der HTD als definiertes und
verpflichtendes Untersuchungsverfahren in die Musterweiterbildungsordnung.
Diese Forderungen wurden umfassend und detailliert in einem
offenen Brief an die Bundesärztekammer am 24. März 2014 von
mehreren Ärzten mit langjähriger Erfahrung in der Hirntoddiagnostik
gerichtet. Der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschland
e.V. (VLK) hat sich diesen Forderungen angeschlossen!
Auch in der seit dem 6.Juli diesen Jahres gültigen 4. Fortschreibung der
Richtlinie zur Feststellung des Todes ist eine spezifische Qualifikation
des Untersuchers über Zertifizierungsmaßnahmen durch die BÄK
weiterhin nicht verankert. Die BÄK überlässt den Fachkundenachweis
dem HTD durchführenden Arzt selbst mit allen berufsrechtlichen und
öffentlichen Konsequenzen und enthebt sich damit jeglicher
Verantwortung. Auch der VLK sieht hierin erhebliche persönliche
Risiken für die Hirntoduntersucher ( s.a. „Arzt und Krankenhaus 7.2015:
229-233“ bzw. http://www.vlk-online.de/books/mobile/index.html#p=5).
Der Unterschied ist nicht der Umfang, sondern die Tatsache, dass nun zumindest eine Kongressredaktion die Darstellung angenommen hat, zur Diskussion.
Warum sollte ich eine solche „Hoffnung“ gehegt haben? So schwierig ist es ja nicht, die Texte dieser Arbeitsgruppe, die in verschieden Presseerzeugnissen und Websites allgemein berichtet wurden und zugänglich sind, aufzufinden. Die Hoffnung, dass Sie diese Texte richtig bewerten, war ohnehin sehr gedämpft. Ihr Umgang mit denen von Shewmon (#1) oder Söffker bot keinen Anlass für Optimismus.
Sie haben also z. B. diese Passage entweder nicht verstanden oder sie verstanden, aber vermeiden es lieber, sich dazu zu äußern:
Beides wäre bezeichnend.
@ Dr. Mindach
Ich vermeide garnichts. Dass der allseits bekannte, international renommierte Neurologe Alan Shewmon in Ihrem Umfeld nicht gerade beliebt ist, war mir von Anfang an klar. Er hat mit seinem „Chronic brain death“ Vieles auf den Kopf gestellt, wo dann hastig nachjustiert werden musste. Jahrelang hieß es, ein als hirntot diagnostizierter Patient könne auch am Beatmungsgerät höchstens wenige Stunden überleben. Dann kam plötzlich heraus, dass ein als hirntot diagnostiziertes Kind – künstlich beatmet- noch in die Pubertät kommen kann sowie Bartwuchs und hormonelle Reifung etc. entwickelt. Das ist mit Verlaub schon ein entscheidender Unterschied. Da hat man den Laien ein X vor dem U vorgemacht.
Jahi McMath wurde laut Prof. Veach von 7 Fachärzten zuverlässig für hirntot erklärt. Trotzdem bekam sie Monate später im Hirntodsyndrom ihre Menstruationsblutung.
Sie sind für mich wirklich ein Meister des kreativen Verdrehens von Tatsachen und Begriffen. Und von einer beispiellosen Arroganz, wenn es um das Abkanzeln von Experten wie Shewmon etc. geht. Aber wissen Sie wirklich soviel mehr um so apodiktisch über Kollegen und Ethikexperten zu urteilen? Oder haben Sie nur eine klare Linie, was thematisiert werden darf und worüber besser geschwiegen werden soll?
Da suggerierten Sie hier zum Beispiel, dass Dr. Rehbock (Facharzt für Neurologie 1996) eine grundlegend andere Aussage gemacht hätte als der alte Hase unter den Neurologen, Dr. Deutschmann. Hat sie nicht, lediglich der DSO-Mann Bösebeck hat versucht, zu verharmlosen. Er hat natürlich keine fehlenden oder falschen Apnoetests oder andere gravierende Fehler registiert, es ging lediglich um ein paar falsche Kreuzchen.
Und eine zertifizierte Ausbildung für Hirntoddiagnostiker braucht es auch nicht, warum auch? Ist doch alles soweit in Ordnung. Prof. Gubernatis allerdings meint, die Situation habe sich verschärft.
Nocheinmal zur DIVI-Studie: Sie haben mir gegenüber nichts geklärt. Für mich bleibt es bei 40 Prozent von 758 befragten Fachärzten- und Pflegern, die in der DIVI-Studie die Definition des Hirntodes abgelehnt haben. Vom Gegenteil überzeugen lasse ich mich nur durch eine anders lautende, schriftliche Äußerung der Autoren(Söffker/Quintel et al).
Leider hatten Sie die Arbeit, die Sie mittels Aufmarsches einiger Autoritäten kritisiert haben, nicht mehr parat:
Und für Ihre Englisch-Kenntnisse (vgl. #4) sind Sie selbst verantwortlich.
Die Forschungsergebnisse von Shewmon waren also der Fachwelt schon lange bekannt, bevor sie Herrn Shewmon selbst bekannt waren.
Sagt der Anwalt der Familie. Übrigens hat Shewmon nicht persönlich untersucht. Unter good clinical practice stellt man sich etwas anderes vor. Warum verlässt er sich auf dieses unzuverlässige Video? Es zeigt keine reproduzierbare, gesichert willkürliche Bewegung; das kann auch ein spinaler Automatismus sein, und wieviele Stunden Videoüberwachung waren nötig, damit zufällig die Bewegung zur Aufforderung passte? Gesetzt den Fall, es gäbe einen Grund, nicht klinisch zu untersuchen: Warum verlangt Shewmon nicht, dass eine Reaktion auf Schmerzreize gefilmt wird? Er könnte sehr einfach eine Skype-Sitzung veranstalten.
Rehkopf, zum zweiten Mal. Müssen wir uns Sorgen machen? Also, es gibt eine Menge alter Hasen unter den Neurologen. Herr Deutschmann verzichtet im allgemeinen bescheiden auf den Doktortitel, soweit ich das überblicke. Ich vergaß zu erwähnen, dass ich bei der Posterdiskussion auf der DGN zugegen war, deren Ergebnis Herr Gross dokumentiert hat. 🙂 Herr Gubernatis oder Herr Deutschmann (genau weiß ich es nicht mehr) war übrigens auch dabei, und ich habe ein paar Worte mit den beiden Vorstellenden gewechselt. Sie dürfen getrost davon ausgehen, dass Frau Dr Rehkopf autorisiert war.
Gubernatis kaufe ich seine echte Sorge ab; Ihnen nicht.
Das sagt jetzt deutlich mehr über Sie als über das Papier.
Nachtrag. Herr Deutschmann scheint inzwischen verstorben zu sein vgl. hier (wenn ich nicht einer Namensgleichheit aufgesessen bin). Es war also sicher Prof. Gubernatis, mit dem ich bei der Postersession diskutiert habe.
„Die Diagnose des Hirntodes kann nur während einer intensivmedizinischen Behandlung mit künstlicher Beatmung, Kreislauftherapie und Hormonersatztherapie im Krankenhaus erfolgen. Durch die maschinellen Unterstützungsmaßnahmen können die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung der Organe langfristig aufrechterhalten werden, wenn keine weiteren Komplikationen auftreten.
Bevor die Untersuchungen zur Hirntodfeststellung eingeleitet werden, müssen folgende Voraussetzungen überprüfbar erfüllt sein:
Vorliegen einer akuten primären oder sekundären Hirnschädigung,
Ausschluss einer anderen Ursache oder Mitursache für einen (eventuell nur zeitweiligen) Ausfall der Hirnfunktionen (z. B. Vergiftung o. a.).
Die zweifelsfreie Feststellung des Hirntodes erfolgt anhand klinischer und optional apparativer Kriterien.“
Es ist ganz anders in vielen Ländern. Was ist schwer zu verstehen, es ist der Wille familes zu versuchen, ein Koma zu verlängern, wenn die Person tot betrachtet wird. Beachten Sie auch das Gewicht der Religionen in diesem, weil die endgültige Tod entscheiden, eine Person ist nicht einfach. Eine Person im Koma erweckt den Eindruck, dass sie noch am Leben ist.
@ Dr. Mindach
Dr. Deutschmann ist schon Ende 2014 verstorben, was ich sehr bedauere, weil ich ihn für sehr glaubwürdig hielt. Das merkt man in der Zusammenarbeit. Er verlegte sich nicht – wie so oft bei diesem Thema- aufs Tarnen, Täuschen und Zerreden ,sondern gab ausführliche, nicht von Taktik geprägte Auskünfte. Das 16 minütige Interview war autorisiert.
Ihre Deutung der von Shewmon geschilderten Fälle kenne ich seit 2013. Danke. Ich werde bei Shewmon selbst anfragen
Zu Jahi Mc.Math: Soll das heißen, es handele sich in Shewmon`s Deklaration um eine Falschbehauptung, dass das von 7 Ärzten für hirntot erklärte Kind noch in die Pubertät gekommen ist und seine Tage bekommen hat? Glauben Sie wirklich, das Shewmon sich das leisten kann und die Information nicht gegengecheckt hat? Zum Beispiel bei den behandelnden Ärzten?
Vielleicht zur Abrundung des Themas ein Artikel der Ärztin und Bioethikerin Dr. Claudia Wiesemann (Dt.Ethikrat) zur Problematik von Hirntod-Diagnosen.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/hirntod-diagnostik-annaeherungen-an-den-tod-1.2505783
Bitten Sie ihn, den Fall noch einmal in der Fachpresse zu publizieren. Alles andere ist unverbindlich.
Nach meiner Erinnerung beruht die Angabe über die Menarche nicht auf einer gynäkologischen Untersuchung. Und da Sie ohnehin nachfragen: könnten Sie in Erfahrung bringen, warum eine persönliche Untersuchung nicht möglich war?
Bei dieser Gelegenheit: noch eine Nachlese.
Dann bleibt eigentlich nur übrig, dass Sie #54 nicht verstanden haben.
Wenn ein bereits eingetretener Hirntod zu vermuten ist, kann man kaum davon sprechen, dass eine Hypothermie „vorzeitig“ abgebrochen wird. Eine Kühlung einzuleiten oder fortzuführen und gleichzeitig eine Hirntoderklärung vorzubereiten ist widersinnig, denn Hypothermie ist ein Ausschlusskriterium.
Die Kollegen vor Ort hatten Zweifel, ob ihre Diagnose korrekt ist, und deshalb haben Sie externen Sachverstand hinzugebeten. Wie sonst hätte Deutschmann von dem Fall erfahren? Wenn kein externer Sachverstand verfügbar ist, dann wird man in solchen Fällen ganz auf die Hirntoderklärung verzichten und unter Minimaltherapie den Herzstillstand abwarten. Das ist der gewöhnliche Weg (vgl. noch #45, am Ende).
Zum Beitrag von Frau Wiesemann. Der Untertitel lautet:
Das nennt man wahrscheinlich „kritische Distanz“.
Die Hirntodbestimmung ist im Prinzip ganz einfach. Die Prüfung der 5 Hirnstammreflexe dauert insgesamt vielleicht 2 min; und die Ergebnisse sind kaum anfällig für Unsicherheiten. Der Apnoe-Test alles in allem vielleicht 15 min, wobei das meiste die Wartezeit ist. Hier gibt es einige Einschränkungen zu beachten, die aber beherrschbar sind. Das ist alles. Den Fragebogen zu bearbeiten dauert länger.
Das Problem sind die Randbedingungen, die alle erfüllt sein müssen. Man muss wirklich den Algorithmus vor sich haben und in der Reihenfolge prüfen. Sonst wird man sich hoffnungslos verfransen.
Es muss auch ein Erfahrener dabei sein, meiner persönlichen Ansicht nach. Als Neuling ist man leicht überfordert. Man versteht plötzlich die einfachsten Dinge nicht mehr, wenn man danach gefragt wird auf dem Protokollbogen.
Aber es ist machbar. Wie gesagt: die klinische Untersuchung ist einfach.
Weiter meint Frau Wiesemann:
(meine Hervorhebung). Diese Überlegungen ergeben sich unausweichlich aus Position B. Sie ist selbst unter den Ethikern eine Minderheitenposition. Ich lehne diese Position ab.
Ich werde hier keine systematische Kritik des beigebrachten Wiesemann-Artikels in der Süddeutschen leisten, aber doch noch eine kurze Bemerkung zu charakteristischen Aussagen machen.
Der unbefangene Leser wird hier subtil in eine falsche Richtung gelenkt. Es wird nahegelegt, dass die pathophysiogischen Grundlagen des Hirntodes ungenügend bekannt seien (sie wissen nicht, was sie tun). Gemeint ist aber eine Qualitätssicherung, allenfalls eine Versorgungsforschung.
Irritierend. Der Hirntod ist definiert nicht als “Untergang sämtlicher Gehirnzellen”, sondern als irreversibler Funktionsausfall. Das ist durchaus nicht dasselbe. Die Widerlegung der These von der sicheren Diagnostik wäre die Rekurrenz von Hirnfunktionen. Bei allen, die trotz Hirntod weiterbeatmet wurden und werden, wurde und wird darauf gehofft. Vergebens, vgl den Eingang des Lang-Zitats in #28. Die bewegende Klage über die Ignoranz, ja Skrupellosigkeit der Medizin (“schlimmer noch”) in Popperschen Farben ist also inhaltsleer. Solche Unsicherheiten in der medizinischen Begrifflichkeit sind symptomatisch.
Zur Diskrepanz in den apparativen Untersuchungen vgl. noch Mindach, Fehlkonstruktion, S. 83.
@ Dr. Mindach
Prof. Wiesemann ist durchaus nicht in einer absoluten Minderheitsposition, sie ist nur eine von denjenigen, die sich getrauen, sich über die Tücken bei der Hirntodfestsstellung zu äußern. Es gibt zahlreiche Ethiker, die eine kritische Position haben. Aber auch Ärzte. Nicht alle wagen es, zu publizieren. Es handelt sich bekanntermaßen um ein hochgradig vermintes Gelände.
Interessant, wie es weitergeht. Der jetzige Vorsitzende des Dt. Ethikrates , der Theologe Prof. Dabrock ,gehört zu denen, die den Hirntod nicht als Tod des Menschen akzeptieren. Nur als Entnahmekriiterium. Er berichtete auf einer Tagung, dass er wegen seiner Position als „Brandstifter“ bezeichnet wurde. So aufgeheizt ist offenbar bei diesem Thema die Stimmung.
In meinen Dokus (ab 1986) sind etliche Hirntodskeptiker aus Fachkreisen zu besichtigen. Intensivmediziner, Neurologen, Chirurgen, Ethiker, Theologen, Soziologen Klinikseelsorger, 1986 auch ein Verfassungsrichter. Um eine absolute Minderheit handelt es sich also nicht. Denken Sie nur an Ihren Disput mit dem Ethikprofessor aus Freiburg.
Die meisten Infos kommen allerdings vertraulich aus Kliniken von Ärzten und Krankenschwestern. Und natürlich von Angehörigen in Akutsituationen. Da staunt man schon, wie schnell manchmal die Gewissheit geäußert wird (z. B. bereits nach einer Nacht), dass „da definitiv nichts mehr zu machen sei“. Dann folgt nicht selten- sozusagen im gleichen Atemzug- die Frage nach Organen. Wenn der Patient dann doch noch einige Wochen lebt, ist die Situation an Peinlichkeit kaum zu übertreffen. Das Vertrauen ist zerstört.
Das war Anlass für den Haupttext.
Sich getrauen war dann wohl das richtige Wort. Ich hätte mich nicht getraut, mich mit einer solchen Definition in einer überregionalen Tageszeitung zu Wort zu melden, und als Wissenschaftsjournalist nicht, diesen Text in der Redaktion zu vertreten. Wir wissen es doch alle: die Wahrheit wird unterdrückt.
@ Dr. Mindach
Mir ist schon klar, dass Sie und einige Ihrer Kollegen meinen, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein.
Aber es gibt mittlerweile immer mehr Skeptiker, und die lassen sich auf Dauer nicht mehr den Mund verbieten. Dass die SZ ( z. B. Werner Bartens, Arzt) genauso wie die FAZ (z. B. Stephan Sahm, Arzt) ab und an eine kritische Postition zum Hirntod publziert haben, ist Ihnen doch sicher bewusst.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/todeszeitpunkt-und-organspende-wie-tot-sind-hirntote-1.1299076
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/hirntod-ist-die-organspende-noch-zu-retten-1605259.html
http://www.faz.net/aktuell/wissen/faktencheck/faktencheck-zu-organspende-das-ergebnis-von-toten-und-sterbenden-12039977-p5.html
Wahrscheinlich habe ich sie an mich gezogen wie die Ärztekammer die Deutungshoheit. Sie werden, mit Verlaub, etwas langweilig. Den Rahmen kann ich weiter verwenden, ich muss nur das Zitat austauschen:
Haben Sie irgendwo auch nur den Hauch irgendeines empirischen Belegs dafür, dass es a) „immer mehr“ werden und dass b) ihnen jemals der Mund verboten worden ist? Ich wäre lebhaft an einem Nachweis interessiert. Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: „Empirischer Beleg“ bedeutet nicht, dass Professor X oder Bischof Y oder Verfassungsrichter Z dieser Ansicht sind, sondern bedeutet: X, Y, oder Z stützen sich auf irgendwelche Erhebungen oder konkrete Ereignisse. Die hätte ich dann gern als Quellenangabe. Und selbst wenn es Umfragen gäbe, die zeigen würden, dass heute mehr Menschen am Hirntod zweifeln als gestern: es ist irrelevant für die Beurteilung der Richtigkeit des Konzepts. Es ist relevant für die Spendebereitschaft, und damit für das Schicksal tausender Schwerkranker.
Eingeschüchtert und schuldbewusst beginne ich zu lesen, und komme im ersten Link bis zum 2. Absatz:
Das ist schon absichtsvoll mindestens unvollständig, vgl. Haupttext.
Weiter heißt es:
Nicht „kaum noch etwas funktioniert“, sondern vollständiger Funktionsverlust. Nicht „keine Reflexe“, sondern keine Hirnstammreflexe. Nicht „muss zudem gezeigt werden“, sondern apparative Untersuchungen sind nur in bestimmten Situationen obligat, und das EEG kann durch gleichwertige andere technische Untersuchungen ersetzt werden. Der Nachweis des Nullinien-EEG genügt als Bestätigung des Hirntodes; das Sistieren der Hirndurchblutung muss nicht zusätzlich gezeigt werden.
Oder wenn wir den Herrn Sahm nehmen:
Weil Patienten mit schwerer Bewusstseinsstörung mit PET oder fMRI untersucht wurden, ist an der Realität des Hirntodes zu zweifeln? fMRI-Untersuchungen zeigen manchmal Hirnaktivierungen bei schwerstgeschädigten aber unzweifelhaft lebenden Patienten, die an eine bewusste Reaktion denken lassen. Eine aktuelle Übersicht z. B. hier: wo, bitte, ist in den Abschnitten über fMRI und PET von Hirntod die Rede? Sahm ist hier einfach Müller in ihrer Fehlinterpretation von Laureys, mit ihrer Verwischung klarer Grenzen (s. Haupttext), gefolgt.
Vielleicht ist ja die geistige Musik, die Sahm komponiert, besser. Die Stoßrichtung derartiger Artikel ist nur um den Preis solcher Schlampigkeiten zu haben. Mag sein, dass das mit Ihrem Weltbild kompatibel ist – mit meinem nicht. Mir ist es dabei völlig gleichgültig, ob der Verfasser Arzt, Pastor oder Ethikprofessor ist. Was zählt, ist der Inhalt, nicht die Tiara. Da fällt mir ein, haben Sie schon eine Antwort?
Warum soll ich weiterlesen? Von solchen Texten gibt es Hunderte. Und was Ihren Optimismus angeht: er ist wohl das, was Thomas Kuhn „inkommensurabel“ nennt. Vgl. den letzten Absatz des Haupttextes.
Es muss natürlich „geistliche Musik“ heißen. Entschuldigung.
@ Mindach,
so jetzt hab ich mir den ganzen Dialog durchgelesen. Wenn Mindach bei mir Hirntod diagnostiziert incl Null-linien EEG kann er mich explantieren lassen, falls das Organ noch brauchbar ist. Dann lebt wenigstens noch etwas von mir weiter.
Zweifel am Hirntod üben übrigens auch Opus dei nahe Personen, Impfgegner, Virenleugner, Homöopathen aus. Allen gemein ist mindestens ein Problem im Umgang mit der Realität.
http://www.wfmtf.net/cms/index.php?option=com_content&view=article&id=54%3Aorganentnahme&catid=7%3Ahomepage&Itemid=1
Wie oben schon gesagt, eine interessante Debatte. Zwei Fragen hätte ich:
1. Wenn ich es recht verstanden habe, kommt es für eine Organentnahme, die sowohl dem Willen des Organspenders (der ja kein unbrauchbares Organ spenden will) als auch dem Bedarf des Empfängers entspricht, darauf an, die Zeitspanne zwischen dem Tod der Person (festgemacht am Hirntod) und dem Tod des Körpers (festgemacht am Verfall der Organe) so groß zu halten oder durch Organprotektion so groß zu machen, dass die Organspende medizinisch gut abgewickelt werden kann. Falls das so ist: Warum wird im Transplantationsgesetz nicht alleine und explizit auf den Hirntod abgestellt?
2. Wenn man im Transplantationsgesetz nicht am Hirntod festhielte: Gäbe es überhaupt ein alternatives Kriterium zur ethisch legitimierbaren und gleichzeitig medizinisch noch sinnvollen Organentnahme?
Meine juristische Kompetenz reicht nicht aus, über das hinauszugehen, was im Abschnitt „Juristische Aspekte“ des Haupttextes formuliert ist. Ich kann nur noch aus dem oben angeführten Beleg zitieren:
Der Ethikrat bemängelt das Fehlen einer Alternative, macht aber selbst keinen Vorschlag. International wird ein Konzept des „Non-heart-beating donors“ diskutiert, das aber in Deutschland, nach meiner Kenntnis einhellig, abgelehnt wird (z. B. Heide W, Nervenarzt 2016 · 87:161–168).
Interessanterweise kann man auch bei Wikipedia im Eintrag zum Transplantationsgesetz lesen:
„Demnach ist es erforderlich, dass der Tod des Spenders nach dem aktuellen Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaften festgestellt wurde *und* ein irreversibler Totalausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm vorliegt.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Transplantationsgesetz_(Deutschland)
Das „und“ ist dort sogar fett gedruckt. Ich frage mich, warum.
Ich finde, dass sich das doch anders liest als §3 des TPG im Original. Da steht:
„(1) Die Entnahme von Organen oder Geweben ist, soweit in § 4 oder § 4a nichts Abweichendes bestimmt ist, nur zulässig, wenn
1. der Organ- oder Gewebespender in die Entnahme eingewilligt hatte,
2.der Tod des Organ- oder Gewebespenders nach Regeln, die dem Stand der Erkenntnisse der Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist und
3.der Eingriff durch einen Arzt vorgenommen wird.
[…]
(2) Die Entnahme von Organen oder Geweben ist unzulässig, wenn
1.die Person, deren Tod festgestellt ist, der Organ- oder Gewebeentnahme widersprochen hatte,
2.nicht vor der Entnahme bei dem Organ- oder Gewebespender der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms nach Verfahrensregeln, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen, festgestellt ist.“
Die Nicht-Identität von Tod und Hirntod ist keineswegs eine aus der Formulierung im TPG folgende, sondern eine für die Interpretation im Sinne des fettgedruckten „und“ notwendige Annahme.
Gleiches Spiel also wie bei der Interpretation durch den Ethikrat und ihr „zudem“.
Irreführend.
@ Sr. Mindach
Tja, Schlampigkeiten, Fehleinschätzungen oder mangelnde Kompetenz bei der Hirntoddiagnostik ist ja ziemlich unmissverständlich auf dem Poster der Tagung der Dt. Gesellschaft für Neurologie 2016 (zitierfähiges abstact, aurorisiert durch das peer review) dokumentiert Da handelt es sich doch um eine qualitätsgesichterte Publikation, wenn ich mich nicht irre?
Die zugrundeliegende Publikation habe ich in unter Nr. 52 in voller Länge zitiert.
Immer nur den Skeptikern und Kritikern „Schlampereien“ oder „mangelnde Kompetenz“ vorzuwerfen und zu ignorieren, inwiefern diese Schlampereien für mögliche/potentielle Organspender lebensgefährlich sein können, ist schon ziemlich irritierend. Und wie wollen Sie denn bei einem Funktionstest wie der Hintoddiagnostik im Nachhinein mit einem morphologischen Test nachprüfen, ob der Patient trotz der Fehler bei der Diagnostik wirklich tot war ? Ich erinnere nur an den Düsseldorfer- (fehlender Irreversibilitätsnachweis) und den Bremer Fall ( fehlendes EEG). Da wurde zwar auch das Mantra (der Patient war trotz allem definitiv tot) bemüht, im Grunde aber hat die Untersuchungskommission der Bundesärztekammer vor den divergierenden Aussagen und dem nachträglich hingezauberten EEG kapituliert. Konsequenzen hatten die Fälle nicht. Ist das eine angemessene Qualitätssicherung? Für mich nicht.
@An die Redaktion.
Es muss natürlich im ersten Satz nur „mangelnde Kompetenz“ heißen, das “ der“ ist ein Versehen. Ich weiß leider nicht, wie ich einen Text verbessern kann, wenn er versehentlich zu früh gepostet wurde. Ich bitte die Redaktion um Auskunft, wie das machbar wäre?
[Nach Abschicken sind die Kommentare im Blog nicht mehr editierbar. Der Fehler wurde wie gewünscht korrigiert. Tipp: Immer erst in einem anderen Editor schreiben, dann erst in das Textfeld reinkopieren. /G]
also ein Poster auf einem Kongress soll man nicht so ernst nehmen- die daraus folgende Publikation schon.
Mir gefällt das eigentlich ganz gut „Hirntod nach Stand der Wissenschaft“. Wenn sich der Stand ändert, brauch man nicht immer mühsam das Gesetz ändern.
Und es ergibt sich ein wenig Freiraum. Ich hab mal einen Kopf in der Hand gehabt, der Lastwagenfahrer wurde enthauptet, durch einen Unfall. Hier dürfen als Ausnahme sogar Laien den Tod feststellen. EEG ist dann auch nicht mehr notwendig.
Aber evtl kann man noch einige Organe retten.
In Österreich ist die Organentnahme immer rechtlich gedeckt, es sei denn es liegt ein ausdrücklicher Widerpruch vor. Deswegen gibt es auch weit mehr Transplantationen als in DE – ist doch fein, wenn dadurch viele mit einem Spenderorgan weiterleben können.
Sie scheinen da in einer Endlosschleife festzustecken*.
Wenn wir gerade beim „Ignorieren“ sind: wie würden Sie Ihren Umgang mit meinen Posts #28, #50 (erste Hälfte) und #54 einordnen?
Ich erfahre gerade, dass im Forum von Psiram andere Äußerungen von Ihnen aufgegriffen werden:
Sind das Ihre Worte? Wenn ja, würden Sie die hier kommentieren?
Ich fasse zusammen: Ihre Kritik an den Mängeln der Hirntoddiagnostik ist vorgeschoben.
*Ausdrücklich nur als Randbemerkung: für Kongress-Poster gibt es keinen Peer Review.
@ Dr. Mindach
Sie irren, es gibt einen Peer Review und ein zitierfähiges Abstract.
Endlosschleife:
Das ceterum censeo ist durchaus sinnvoll, wenn berechtigte Kritik von Fachleuten zu Fehlern bei der Hirntoddiagnostik von den Institutionen weitgehend ignoriert wird. Der Unmut in der Szene ist groß, irgendwann wird er sich Luft machen.
Ob Sie mir meine Kritik an Mängeln bei der Hirntoddiagnostik abnehmen oder nicht, ist mir relativ egal. Ich bin seit den späten achtziger-Jahren immer wieder mit derartigen Fällen konfrontiert und nehme sie bierernst. Sie sind nach meiner Einschätzung das zentrale Problem.
Ein weitgehend harmloser Artikel im Transplantationsrecht eu gibt dezente Einblicke in die momentan herrschende Konfusion und Intransparenz:
http://transplantationsrecht.eu/?p=1621
Zum Geschäft:
Wenn man intensiv mit den Affairen in Jena (bis 2004) um den Ordinarius für Transplantationschirurgie Prof. Sch. und in Essen mit dem früheren Cheftransplanteur Prof. B. befasst war, fällt es schwer, das Thema „Geschäft“ auszublenden Es ist nunmal nicht alles reine „Nächstenliebe“ bei der Transplantation, auch wenn es immer so dargestellt wird. Warum auch, was ist denn in unserer Gesellschaft schon rein altruistisch? Der Spender vielleicht, aber wer sonst?
Wir halten zunächst fest, dass Ihre Behauptung, es gäbe „immer mehr“ Kritiker, denen der Mund bisher verboten gewesen sei, völlig substanzlos ist.
Sie scheinen von dieser Perspektive tief befriedigt zu sein.
Die einzige Art von „Nicht-Ignorierung“, die Sie akzeptieren würden, wäre die Abschaffung der Hirntoddiagnostik, und damit die Abschaffung der Organtransplantation.
Wir können also weiter festhalten, dass die Transplantation abzulehnen ist, weil sie der Pharma-Industrie Profite beschert.
@Dr. Mindach
Wie kommen Sie denn darauf? Die mangelnde Qualitätssicherung bei der Hirntoddiagnostik ist – soviel ich weiß- doch auch auf den nächsten internationalen Transplantationskongress ein Thema? Warum soll es in Deutschland für die Bundesärztekammer, das BMG und die Presse kein Thema sein? Nur so lässt sich eine Methode doch nur verbessern.
Ihr Zitat:
Die einzige Art von “Nicht-Ignorierung”, die Sie akzeptieren würden, wäre die Abschaffung der Hirntoddiagnostik, und damit die Abschaffung der Organtransplantation.
Nein , falsch. Ich bin dafür, dass nur Ärzte die Hirntoduntersuchung machen dürfen, die – wie bei anderen diagnostischen Maßnahmen- diese Diagnostik mehrfach unter Anleitung durchgeführt haben und das auch mit einem von der Bundsärztekammer erteilten Zertifikat beweisen können. Das gilt auch für die Interpretation des EEG, der Dopplersonographie ,der CT- Angiographie und für vieles andere mehr.
Wenn ein Arzt all das kann und die Diagnose nicht übereilt gestellt wird , habe ich persönlich garnichts gegen eine Hirntoddiagnostik. Allerdings nur, wenn der Patient oder seine Angehörigen/ Betreuer/Vorsorgebevollmächtigten dieser Diagnostik explizit zugestimmt haben. Am besten in einer Patientenverfügung.
Kritiker aus der Ärzteschaft
Da brauchen „wir garnichts festzuhalten“ es gibt diese Kritiker an der momentan geübten Praxis. Mehrere von ihnen haben ja immerhin schon den „offenen Brief“ an die Bundesärztekammer geschrieben. Andere sind weniger couragiert und äußern sich nur off the records. Oder sie wenden sich informell an bestimmte Journalisten, die mit der Thematik intensiv befasst sind.
Profit mit Immunsuppressiva
Wer lehnt denn hier die Transplantation grundsätzlich ab? Ich nicht. Man sollte nur berechtigte Profiinteressen nicht in „reine Nächstenliebe“ umstilisieren. Und die Pharmaindustrie sollte eigentlich auch keine Handreichungen herausgeben, wie möglichst geschickt das Angehörigen-Gespräch geführt werden kann. Das hat dann doch einen gewissen Beigeschmack. Diese Handreichung habe ich- es ist einige Jahre her- von einem Arzt aus eine Klinik in NRW bekommen.
Gauland lehnt auch keine Farbigen ab.
Verstehe ich das richtig? Der Hirntod sollte per Patientenverfügung ausgeschlossen werden können?
Seit drei Jahrzehnten beschäftigen Sie sich nun mit diesem Thema, und in dieser langen Zeit ist es Ihnen gelungen, Ihre Denkweise systematisch mittels ad-hominem-Fehlschlüssen (vgl. Lang, Rehkopf, Gross, aber auch Deutschmann, Shewmon) und Verschwörungsideen gegen jede Evidenz zu immunisieren. So es nicht verwunderlich, dass Sie sich eine bestürzende Unkenntnis tatsächlicher Abläufe auf einer Intensivstation bewahrt haben, selbst bei Ihrem Kernthema (“Hypothermie für die Hirntoddiagnostik”). Quellenkritik ist Ihnen fremd, Wissenschaftlichkeit nur ein Seriosität verleihendes Etikett: es geht auch ohne. Einziges Kriterium für Wahrhaftigkeit ist die Verwendbarkeit für „Hirntodkritik“; innere Konsistenz der Argumentation ist gleichgültig.
Ein raunender Artikel (ohne jegliche Bequellung) im „Quibbler“ malt ein fahles Wetterleuchten und zeigt die momentan herrschende Ratlosigkeit bei den „Hirntodskeptikern“. Wie wird sich die waidwund geschossene DSO verhalten? Wie der schwerfällige Riese BÄK, gedeckt vom Ministerium?
Was soll man sich darunter vorstellen? Hate-Mails an die DSO („DSO-Mann“, Ihre Worte), Morddrohungen an Chirurgen? materielle Gewalt? Sagen Sie nicht, dass es so etwas nicht gibt: die „Lebensschützer“ und die „Tierbefreier“ machen es vor.
@Dr. Mindach
Danke für die geballte Wucht Ihrer Komplimente. Jetzt weiß ich wenigstens wieder, wo es richtig weh tut.
Hypothermie für die Hirntoddiagnostik?
Was ist denn das für ein Unsinn? Es ging darum, ob man eine Hypothermie ohne Sedativa durchführen sollte. Die Dt. Gesellschaft für Neurologie sagt nein. Das wird wahrscheinlich auch für den Fall gelten, in dem zeitnah eine HTD geplant ist
Zu Ihrem letzten Punkt: Warum sollte irgend jemand Bomben werfen oder Morddrohungen ausstoßen? Nein, es ist wie bei anderen kontroversen Themen. auch. Einige Ihrer Kollegen wenden sich als Whistleblower an bestimmte Presseorgane, zum Beispiel an überregionale Zeitungen oder an öffentlich-rechtliche Anstalten. Das ist, wenn man bei den Institutionen nicht weiterkommt, das Mittel der Wahl in einer Demokratie.
Um ehrlich zu sein: das war auch mein Gedanke. Ich darf Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf #59, Mitte, lenken.
Aber dann ist doch alles wie gehabt. Was meinen Sie also mit „irgendwann wird er [der Unmut der Szene] sich Luft machen“?
Noch eine letzte Richtigstellung.
Auf der letzten DGN Sept. 2015 hat es eine öffentliche Podiumsdiskussion zu diesem Thema gegeben. Das Podium war prominent besetzt (u. a. Mitglieder der Hirntodkommission). In der Ankündigung heißt es:
Es kann also keine Rede davon sein, dass die Sachlage “ignoriert” werde, dass die Bundesärztekammer “schweige” usw.
Ich war anwesend, habe aber nicht mitgeschrieben, weil ich nicht vorausgesehen hatte, dass ich mich später in eine Auseinandersetzung dazu verwickeln werde. Soweit ich mich entsinne, ist die Stichprobe der Deutschmannschen Erhebung nicht repräsentativ: sie betrifft kleine Häuser mit wenigen Hirntoderklärungen / Jahr. Die meisten finden aber in Uni-Kliniken und Schwerpunkt-Krankenhäusern statt (vgl auch Hoffmann et al, Nervenarzt 2014;85:1573–1581). Es ist demzufolge unklar, ob weitreichende organisatorische Schritte abzuleiten sind. Hoffmann et al schlussfolgern aus ihrer systematischen Untersuchung:
@ Dr. Mindach
Unzulängliche Hirntoddiagnosen wurden, wie bereits erwähnt, bereits 2006 im Dt. Ärzteblatt reklamiert. Daraufhin geschah von offizieller Seite nichts. http://www.aerzteblatt.de/archiv/51328
Auch auf den Offenen Brief der Fachärzte von 2014 reagierte die BÄK nicht. Ich habe nachgefragt.
Durch die neue Hirntodrichtlinie von 2015 sind zwar die Anforderungen an die Qualifikation der Untersucher angehoben worden, eine von der Bundesärztekammer zertifizierte Ausbildung gibt es aber immer noch nicht.
Deshalb kritisieren der Transplantationsmediziner Prof. Gubernatis und Prof. Weiser vom Verband der Leitenden Krankenhausärzte in ihrem Artikel über die neuen Hirntodrichtlinen neben vielem anderen Folgendes ,Zitat:
„.. Stattdessen hat die BÄK in der Richtlinie ein absolutes Novum geschaffen. Der Untersucher muss auf jedem Patientenbogen seine „richtliningetreue Qualifikation“ sich selbst per Unterschrift bestätigen. Auf welcher Basis der Arzt das für sich feststellt, bleibt offen. “
In: Arzt und Krankenhaus 7/16
Eine originelle Lösung, wenn man kein Zertifizat einführen will . Sie ist wohl dem Wunsch geschuldet, dass die Hirntoddiagnostik möglichst überall praktikabel sein soll. Das Risiko tragen allein die Ärzte.
Das sowieso.
In meinem Gehirn tritt gerade der Tote Papagei gegen den Loriotschen Zwergkaninchenliebhaber an. Eine Zwangsvorstellung, ich bitte um Entschuldigung.
Mir geht leider die Argument Clinic nicht mehr aus dem Kopf:
https://www.youtube.com/watch?v=kQFKtI6gn9Y
Der Ernsthaftigkeit der Sache sicher nicht angemessen, aber es ist so.
@ Groucho und Dr. Mindach
Hirntodrichtlinie
Mag sein, dass es in Ihren Augen eine Zwergkaninchenfrage ist. Das bleibt Ihnen unbenommen. Dumm nur, wenn viele Bürger trotz der massiven Werbung bei diversen Regelungen Vorbehalte haben und deshalb bei der Organspende einfach nicht mitmachen. Das gilt auch für Ärzte, die unter den gegebenen Umständen bei Patienten mit infauster Prognose eine Änderung des Therapiezieles vorziehen statt eine Hirntoddiagnostik durchzuführen. Beraten werden sie z. B. vom Verband der Leitenden Krankenhausärzte.
Es gibt natürlich auch das „Therapieziel Hirntod“(Bayerisches Ärzteblatt 3/14)
Wenn wir die Organspende schon von der spaßigen Seite betrachten wollen, ein kurzer Film von Monty Python
https://www.youtube.com/watch?v=gQnejLliS9g
@Silivia Matthies: Ich glaube nicht, dass hier irgendwer die Organspende von der spaßigen Seite betrachtet. Aber es ist genau diese Art der Argumentation und Diskussion, die zu solchen Assoziationen wie Monthy Python führt.
@ Groucho
Verhält es sich mit diesem Interview aus der Fach-Szene genauso? Ist es auf Dauer wirklich besser, aus taktischen Gründen Fehlentwicklungen zu ignorieren, anstatt sie so weit wie möglich zu beseitigen? Dem Interviewpartner kann man sicherlich nicht vorwerfen, er habe etwas gegen Transplantationen. Im Gegenteil, als Transplantations-Chirurg machen ihm offenbar die derzeitigen Rahmenbedingungen erhebliche Kopfschmerzen:
http://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4903360#vp_4
Nein, das ist nicht dumm, sondern traurig. Dumm ist es, darüber froh zu sein. Mein Ziel bleibt, dass das anders wird. Ihres nicht?
Die Keimzelle des Widerstands und Bürgerprotests gegen den übermächtigen schweigenden Moloch? Ist das die „Szene“, von der Sie gesprochen haben? Aber es fällt Ihnen nicht auf, Frau Matthies, dass Sie seit vielen, vielen Posts so gut wie ausschließlich eine Einzelmeinung ad nauseam repetieren, die bereits mehrfach kommentiert ist. Die Datenbasis für die Statements von Herrn Gubernatis ist in den letzten Tagen nicht besser geworden.
Die dort formulierten Schlussfolgerungen halte ich teils für sehr gut begründet, teils für inkonsistent.
Übrigens, Frau Matthies, Sie als engagierte Kämpferin für die Verbesserung der Hirntoddiagnostik: Könnten Sie uns nicht von der letzten Tagung der DGN berichten, auf der das ausführlich Thema war? Die Teilnahme müsste für Sie doch von höchster Priorität gewesen sein.
@ Dr, Mindach
Auf der Tagung war ich nicht, ist das aus Ihrer Sicht ein Obligo, um das Thema zu diskutieren? Wer im Laufe der Jahre so viele zweifelhafte Klinikakten gesehen hat wie ich, ist da eher abwartend. Was die DNG jetzt unter starkem Druck in die Wege leitet, ist aber in der Tat spannend. Im Gegensatz zur Gesellschaft für Neurochirurgie hat sie sich bei diversen Anfragen bisher eher herausgehalten. Nur 1987 hat die DNG einmal sehr eindeutig reagiert: es ging um die Organentnahme bei Anencephalen am Universitätsklinikum Münster. Der Gynäkologieprofessor, der diese Fälle zu verantworten hatte, behauptete, Anencephale seien “ von Haus aus hirntot“. Das hielt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie wegen der Stammhirnfunktion bei Anencephalen für absolut unzulässig. Der Vorsitzende bezeichnete den Vorstoß des Gynäkologieprofessors als gefährliche Aufweichung der Hirntoddefinition.
Schade. Und sonst so?
@ Dr. Mindach
„Sonst so“ lese ich sehr viel, pflege meine beruflichen Kontakte, diskutiere auf Tagungen und plane das nächste Projekt.
Ich dachte da so mehr an die vielen angerissenen Fragen, die noch liegen geblieben sind.
Bei dieser Gelegenheit: es ist wieder Zeit für einen Nachtrag.
Auch unsere Ansichten darüber, was spaßig ist, gehen sehr weit auseinander. Dieser „Sketch“ war nur geschmacklos, weiter nichts.
Was meinen Sie mit „Druck“? Die Müllerschen Thesen? Die öffentlichen Briefe von Herrn Gubernatis? Die Stellungnahme des Ethikrates? Ihre
PropagandafilmeDokumentationen?Die Expertise, die Ihnen bei der Beurteilung zur Verfügung steht, durften wir ja schon bewundern. Ich vermute, Sie haben eine Reihe von Entschädigungen gerichtlich erstritten, oder haben wenigstens vor den Schlichtungsstellen eine Erfolgsquote von nahe 100% (der Laie hat eine Chance von 30%). Ansonsten aber: das ist doch nichts besonderes. Vgl. noch #28.
Vielleicht mal eines, das sich mit der Not von Menschen befasst, die auf ein Spenderorgan warten?
@ Groucho
Ist auf ca 60 Sendeminuten in einem ARD-Sender bereits geschehen. Aber danke für die originelle Anregung. Solche Sendungen gibt es ja bisher so gut wie gar nicht.
@ Dr. Mindach
Sie irren, die Krankenakten wurden regelmäßig von einem Neurochirurgen und einem Intensivmediziner beurteilt. Beides Kliniker und ordentliche Professoren. Haben Sie eine höhere Qualifikation? Ist mir da vielleicht etwas entgangen?
Außer, dass Sie am Dogma Hirntod kleben, haben Sie trotz guter Schreibe wenig neue Argumente. Sie versuchen lediglich andere Autoren herabzusetzen, auch bekannte Wissenschaftler wie Shewmon, Truog u.a., die im Laufe der Zeit kritische Positionen entwickelt haben.
Birnbacher hat kürzlich einen nahezu klassischen Ausspruch getätigt, Zitat: „Entscheidend ist juristisch betrachtet weniger der Aspekt ,ob jemand tot ist sondern vielmehr ob es als tot gilt.“
In: Ärztezeitung online, Hirntod ist nicht der Tod vom 24.02.15
Wie gesagt: Ich weiß jetzt wieder ziemlich genau, welche Themen rund um die Hirntoddiagnostik für die Transplantationsmedizin besonders heikel sind. Das war für mich sehr aufschlussreich. Danke.
Entschädigungen
Ich erstreite keine Entschädigungen, das machen Anwälte
Ich darf ihrem Beitrag leichte Ironie entnehmen, hoffe dass er dadurch nicht völlig substanzlos wird.
Womit? Mit meiner Ansicht über Ihre Expertise, soweit sie sich in dieser Diskussion manifestiert hat? Soll ich aufhören, sie zu bewundern? Welche Ihrer Aussagen, die ich kritisiert habe, ist von einem Neurochirurgen und einem Intensivmediziner bestätigt worden? Das würde mich sehr interessieren.
Nein, und darin unterscheide ich mich nicht von Ihnen. Was hätten Sie denn erwartet? Vgl Haupttext, Einleitung,
und Schluss:
Würden Sie bitte meine Aussagen zitieren, in denen ich „Shewmon, Truog u.a.“ herabgesetzt hätte? Ansonsten grenzt das an üble Nachrede.
Noch eine Nachfrage:
Meinten Sie vor oder nach der Hirntoderklärung?
Noch eine Ergänzung zum Abbruch einer Behandlung bei infauster Prognose und zu der hypothetischen Fallgeschichte von Schöne-Seifert (indirekt erwähnt im Haupttext, explizit in #7, #8, #12, #13). Die präfinale Diagnostik ist unsicherer als die finale. Man sollte bedenken, dass man die Prognose auch in anderer Richtung falsch einschätzen kann, solange ein Hirntod noch nicht bestätigt ist. Schaller und Kessler schildern beispielhaft einen realen Fall: Ein siebenjähriges Mädchen mit schwerer Kopfverletzung liegt im Sterben. In einer ersten Diskussion sehen die Ärzte die Prognose als hoffnungslos an und entscheiden gegen weitere Maßnahmen. Wenige Stunden später wird die Entscheidung in einer erneuten Diskussion revidiert und eine Maximaltherapie begonnen. Nach einer langwierigen Rekonvaleszenz erholt sie sich sehr gut. Sie geht wieder zur Schule [Schaller et al, J Med Ethics 2006 (Case 2; Volltext verfügbar)].
Dies gilt insbesondere für Kinder.
Nr. 95
Vor der Hirntoddiagnostik bei Verdacht auf Hirntod, wenn es sich um eher ältere, mögliche Spender mit marginalen Organen handelt.
Nr. 96
Was wollen Sie mir mit der Schaller/Kessler- Studie, die ich seit langem kenne, beweisen? Wie sorgsam mit der Hirntoddefinition umgegangen wird? Meinen Sie, Prof. Schöne- Seifert hat deshalb in ihrer Publikation diese Studie angeführt? Ich glaube eher nicht.
Dr. Schaller ist jetzt in der Schweiz als Arzt tätig, ich habe mit ihm vor zwei Jahren korrespondiert. Soweit ich mich erinnere waren es zwei Fälle von 113, in denen die Patienten zwar alle Kriterien des Hirntodes erfüllten, dann aber doch nicht hirntot waren.
Da waren offenbar sehr verantwortungsvolle, gute Ärzte beteiligt. Das ist leider nicht immer so. Es kommt durchaus auch einmal vor, dass die Pflegedienstleitung nachdrücklich darauf hinweisen muss, dass der zur Organentnahme bestimmte Patient nach der Diagnostik plötzlich wieder eine Eigenatmung entwickelt. In dem Fall, den ich anspreche, waren die Angehörigen des Patienten bereits über dessen Tod informiert worden. Sie hatten der Explantation zugestimmt.
Würde ich vielleicht nicht ganz ausschließen wollen (die Nicht-Existenz von etwas ist schwer zu beweisen, und ich bin kein Intensivmediziner), aber wie erklären Sie sich dann Ihre eigene Aussage bei diagnose-hirntod.de?
(Meine Hervorhebung). Nebenbei akzeptieren Sie hier den Hirntod als den Tod des Menschen, wenn auch vielleicht nur aus Versehen.
Mein Text ist, so glaube ich, dem unbefangenen Leser verständlich. Der hypothetischen Sicherheit in der Voraussage eines apallischen Syndroms steht gelegentlich eine reale Unsicherheit gegenüber.
Da Sie offenbar keine Muße finden, sich mit meinen jüngst aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen, versuche ich nun, so gut es geht, mir einige davon selbst zu beantworten.
Zum „nahezu klassischen Ausspruch“ Birnbachers (#93) vgl. Haupttext, Schlussfolgerung, erster Absatz.
Man kann das nachvollziehen. Ihre Bemühungen auf dieser Strecke wurden vom Gesetzgeber bisher nicht gebührend unterstützt:
Und in der Lobby-Aufzählung haben Sie die Gutachter vergessen.
Noch einmal zu Shewmon im Fall Jahi McMath.
In einem Fachtext hätte ich das weggelassen, denn das ist eine Selbstverständlichkeit. Shewmon (“no doubt that Jahi is conscious”) – und Truog* – sehen den Fall Jahi McMath als den weltweit ersten Fall der Wiederkehr von Hirnfunktionen. Das ist eine außergewöhnliche Feststellung. In diesem konkreten Fall würde man bereit sein, einmal auf außergewöhnliche Belege zu verzichten und wäre schon mit den gewöhnlichen zufrieden (vgl. noch #59, gegen Ende). Paul G. Fisher (head of Stanford Hospital’s division of child neurology) nimmt Stellung:
Wer wird wohl den Konsens der Fachwelt repräsentieren: der Dogmatiker Fisher oder der allseits bekannte, international renommierte Neurologe (#55) Alan Shewmon? Wer ist für den interessierten aber unvoreingenommenen Laien überzeugender? Darauf wäre eine Antwort möglich: sie bestünde in der Entscheidung von Richter Grillo. Der Anwalt hat auf die Entscheidung verzichtet**.
Übrigens erwähnt Fisher noch:
Ich bin in der Lage mir vorzustellen, was ihm beim Schreiben dieser Zeilen durch den Kopf gegangen ist. Aber ich widerstehe der Verlockung, mich hier zu äußern. 😉
* Truog selbst sagt:
** Es ist nicht erforderlich, auf die Gründe Dolans einzugehen; er nimmt keine Stellung zum Inhalt des Fisher-Schreibens.
Ich räume ein, dass ich es hier schwerer habe als Sie, Frau Matthies. Immerhin habe ich Ihnen weiterhelfen können:
Gegenfrage: Wird die Dialyselobby mit Ihrem Engagement hier zufrieden sein?
Zusammenfassung.
Sie wühlen in den Klinikakten und finden Skandale, die keine sind (z. B. Gespräche über Organspende, wenn der Hirntod droht, aber noch nicht feststeht). Und wenn Ihnen wirklich einmal Gestank entgegenwehte, dann würde er Ihnen alle Wohlgerüche Arabiens bedeuten. Statt
muss es heißen: Ihre Propagandafilme
Dokumentationen.Dr. Mindach
Nr. 95
Ich lasse meine Fernsehtexte regelmäßig von 2 Fachärzten redigieren. Und natürlich analysieren sie auch immer mir zugängliche Klinikakten. Das, was ich hier bei Psiram schreibe, natürlich nicht. Warum sollte ich? Sie würden die Aussagen sowieso zerpflücken.
Ihre Zusammenfassung:
Soweit ich mich erinnere, hat Shewmon ein ähnliches Argument in seinem Artikel “ chronic brain death“ aufgeführt. Wenn bereits gegenüber den Angehörigen von“ Hirntod (Tod)“ und „definitiv nichts mehr zu machen“ die Rede ist und mehrfach nach Organen gefragt wird, ist der Fall klar. Der Patient gilt als tot (siehe Birnbacher). Oder gilt nur eine schriftliche Todesmitteilung? Bis dahin muss man an den Aussagen der Ärzte prinzipiell zweifeln?
Die Klinikakte ist variabel, da lässt sich einiges herausnehmen, was sich nachträglich als problematisch erweist.
Ich kenne einen einzigen Fall, in dem eine Intensivmedizinerin einen Patienten gegenüber seiner Ehefrau und dem Sohn bereits für hirntot erklärt hatte, diese Aussage aber nach einigen Stunden revidierte und sich entschuldigte. Das tat sie in einer Weise, dass ihre Entschuldigung von den Angehörigen akzeptiert wurde. Alle Achtung.
Akzeptabel ist natürlich, wenn es heißt, ein Hirntod würde sich ev. abzeichnen und man wolle schon einmal darüber sprechen, wie der Patient zur Organspende stand. Das geht natürlich, weil es ehrlich ist, wird aber von den Angehörigen nach meiner Erfahrung als absolut unpassend und herzlos empfunden.
Thema: Koronarangiographie
Nach der Hirntoddiagnostik ist es rechtlich kein Problem, eine Koronarangiographie durchzuführen.
Juristisch problematisch ist eine Koronarangiographie etc. bei infauster Prognose vor der Hirntoddiagnostik. Zum Beispiel dann, wenn der Patient als „möglicher Spender“ schon bei der DSO gemeldet wurde.
Dann handelt es sich, wenn der Eingriff nicht zu seinem Nutzen passiert, um einen „spendezentrierten“ ,fremdnützigen Eingriff, für den laut Gesetz eine Zustimmung vorliegen muss. Genau um diese Problematik ging es in der Stellungnahme des Dt. Ethikrates.
Ihre Erfahrung ist weit entfernt davon, repräsentativ zu sein; sie gründet auf einer hochselektionierten, handverlesenen Stichprobe.
Nein. In der Stellungnahme des Ethikrates geht es um organprotektive Maßnahmen allgemein.
An weiteren Auffälligkeiten mangelt es nicht. Beispiele:
Prof. Schöne-Seifert hat in ihrer Publikation gar keine Studien angeführt, und auch keine sonstigen Quellen.
Mit Sicherheit hat er das so nicht formuliert.
@ Dr. Mindach
Ob es jetzt organprotektive oder spendezentrierte (O-Ton Dt. Ethikrat) Maßnahmen heißt, unterscheidet sich eigentlich nur im Detail. Entscheidend ist, ob an einem Patienten mit infauster Prognose – ohne explizite Zustimmung- Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, die nicht mehr ihm, sondern dem späteren Organempfänger dienen.
zur Studie von Schaller und Kessler:
reden wir weiter, wenn ich die Zitatstelle gefunden habe.
Zu Prof. Schöne-Seifert:
Sie hat nach all den Jahren (auch als ehemalige Vors. des Dt. Ethikrates) vermutlich sehr intensiv das Ohr an der Szene, vor allem an der Universitätsklinik Münster. Van Aken ist Kliniker, er weiß vermutlich auch, worüber er in seinen Fach-Publikationen spricht.
Todesnachricht bei Verdacht auf Hirntod:
Ich bin im Laufe der Jahre mit etwa 60 Fällen intensiv befasst gewesen, in denen es um die Frage nach Organen bei V e r d a c h t auf Hirntod ging. In den meisten Fällen war von „Tod“ die Rede. Einige Angehörige hatten sogar schon erste Kontakte zu einem Beerdigungsunternehmen aufgenommen und die Verwandtschaft informiert.
Wenn Sie eine weniger „hochselektive, handverlesene“ Auswahl zur Problematik kennen, dann nennen Sie sie mir bitte, da wäre ich Ihnen sehr dankbar. Eine Studie zur Problematik würde mich brennend interessieren.
Ein Transplanteur hat mir einmal gesagt: Wenn vor der abgeschlossenen Hirntoddiagnostik von „Tod“ die Rede ist und nach Organen gefragt wird, kommen die Ärzte in Teufelsküche. So sehe ich das auch.
Das macht ca. 2 Fälle pro Jahr (Sie beschäftigen sich seit 30 Jahren mit dem Thema; und dies unter einem ganz bestimmten Blickwinkel). Wir können, konservativ gerechnet, von ca. 1000 Hirntod-Organspenden im Jahr ausgehen.
Und wenn die Kollegen nach ihrer ersten Entscheidung an die Eltern herangetreten wären mit der Bitte, über eine Organspende nachzudenken (das hätte selbstverständlich in der Logik der Sache gelegen): würden Sie ihre Einschätzung revidieren?
Vgl. Abschnitt 5.4. der Stellungnahme des Ethikrates und die dort angeführten Untersuchungen.
Ich entsinne mich dunkel, dass davon schon die Rede war.
Was ich dazu sagen kann, ist gesagt. Als Neurologe war ich nicht und bin ich nicht in die Transplantation involviert. Mein Thema ist der Hirntod. Ich sehe aber keinen Grund, das Sondervotum für unzutreffend zu halten:
Spezialfälle lassen sich nicht per Gesetz regeln. Es wird immer eine Abwägung von Gütern erforderlich sein. Es gibt keine absolute Moral; das ist eine Fiktion:
Vgl. noch #4, #6, #10, #11.
@ Dr. Mindach
Ihr Argument mit den 2 Fällen im Jahr zieht nicht, sorry. Ich habe mich ja nicht ausschließlich mit Konfliktfällen bei der Hirntoddiagnostik beschäftigt, sondern genauso intensiv mit anderen biomedizinischen Themen.
Frage nach Organen:
Es kommt immer darauf an, wie ein solches Gespräch geführt wird.
@ Dr. Mindach
Ich möchte es nicht versäumen, einen Fallbericht aus Amerika zu posten, in dem es darum geht, wie schwierig in manchen Fällen die Hirntoddiagnose ist. Auch wenn die jeweiligen Richtlinien eingehalten werden. Über diesen Fall haben übrigens Prof. Angstwurm, Dr. Förderreuther u. a. gerätselt und sind erwartungsgemäß zu dem Schluss gekommen, dass etwas Derartiges in Deutschland nicht vorkommen könne.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21494112
Auch Sie würden erwartungsgemäß zu diesem Schluss kommen, wenn Sie nur in die Hirntodrichtlinien hineinschauen würden. Die Schwebezeit beim sekundären Hirnschaden ist in Deutschland 72 Stunden (hier war die Zeit zwischen erster und zweiter Untersuchung 6 Stunden). Das ist seit der ersten Stellungnahme des wiss. Beirats der BÄK 1982 so und hat sich auch mit der 4. Fortschreibung nicht geändert.
Es gibt noch weitere Einwände technischer Natur. Die Frage nach der internationalen Vereinheitlichung der Hirntodkriterien ist zunehmend in den Fokus der Fachwelt gelangt; die entsprechenden Texte sind leicht zu recherchieren. Einige grundsätzliche Bemerkungen dazu finden Sie, wenn Sie sie finden wollen, in meiner Müller-Kritik.
#Dr. Mindach
Ich kenne 2 Fälle von hypoxischen Hirnschäden bei alten Patienten, in denen bereits nach 9 und 11 Stunden nach Organen gefragt wurde. Die Angehörigen wurden vor die Alternative gestellt: Organentnahme oder Abschalten. Kurz danach erfolgte eine Meldung an die DSO, obwohl in beiden Fällen eine Explantation definitiv abgelehnt wurden, weil der mutmaßliche Wille der Patienten klar war.
Einer dieser Fälle ereignete sich nach dem Sommer 2015, also schon unter den Prämissen der neuen BÄK-Richtlinie. Es ist eben doch immer ein entscheidender Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Richtlinien werden nur eingehalten, wenn eine Zuwiderhandlung sanktioniert wird. Das sehe ich bisher nicht. Außer dass der BGH -im Gegensatz zu den vorherigen Instanzen- die dubiose Hirntoddiagnostik im Düsseldorfer Fall vor kurzer Zeit nicht als Petitesse bezeichnet hat. Im Gegenteil, er meinte, die Berichterstattung über das Thema sei „von erheblichem öffentlichen Interesse.“
Ihre „Kasuistiken“ bieten keine Details, die eine Kommentierung erforderlich machen würden, aber es interessiert mich dann doch: Gegen welche Richtlinien ist denn verstoßen worden? Es ist nach meiner Kenntnis nirgends geregelt, wann die DSO einzuschalten wäre. Aber niemand ist perfekt; vielleicht sind Sie informierter als ich.
Weitere kleine Details, die beim ungezielten, unkonzentrierten Googeln die Aufmerksamkeit fokussieren. Hier ein guter Rat von Ihnen, Frau Matthies:
Doch, kann man. Ihr guter Rat ist vom 18. Mai 2015 um 20:27 (hier). Ein Jahr später sagen Sie über meine Kritik, die keinen Satz der „Bundeszentrale“ unbehelligt lässt, und gegen die Sie inhaltlich nichts vorbringen können (vgl. #49),
Also: Sie haben beschlossen, diese unbequeme Widerlegung schlicht zu ignorieren. Dabei waren Sie so erfolgreich, dass Sie Ihr reines Gewissen bewahren konnten. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit meiner Schlussfolgerungen (#77, Mitte).
Oder dies hier:
Wenn man den nahezu klassischen Ausspruch einmal auf praktische Anwendungen hin überprüft, dann stößt man beispielsweise auf die folgende Episode:
Eine pragmatische Lösung, ganz im Sinne Birnbachers.
Mit Interesse habe ich die Kommentare (Groucho u.a. ) über meine aus Ihrer Sicht nicht vorhandenen Kenntnisse zur Hirntodproblematik gelesen.
Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass die Auszeichnung für zwei Dokumentationen, in denen es um den Hirntod geht, nicht von einem journalistischen Gremium stammen, sondern von einer Ärzteorganisation, in der auch Neurologen und Neurochirurgen Mitglied sind.
Ich meine, Sie sollten Ihre Kollegen (?) dringend darauf aufmerksam machen, dass sie in Punkto Hirntod völlig falsch liegen und einen zweifelhaften Journalismus unterstützen.
Vor allem jetzt, wo sich nach der aktuellen Einschätzung von DSO-Chefs herauskristallisiert, dass immer mehr Klinikärzte die „Indentifizierung“ und Meldung von Organspendern verweigern. Viele möchten offenbar auch nicht, dass Transplantationskoordinatoren/-Beauftragte täglich „das Spenderpotential analysieren“
Auch mit dem Tipp „bei infauster Prognose neurologische Progredienz zuzulassen“ habe nicht wenige gewisse Schwierigkeiten, weil sie lieber drei Tage warten würden, als ad hoc eine Prognose zu stellen und daraus weitreichende Konsequenzen zu ziehen. Auch wenn „der Schlüssel zum Erfolg einzig und allein diese Art der Therapielimitierung“ sein soll.
Die komplette, Ihnen aber sicher bekannte Quelle des DKI, liefere ich gerne nach.
Am ehesten meinen Sie wohl die in #36, unten, angesprochene Auszeichnung. Wissen Sie noch, welche Neurochirurgen und Neurologen in die Preisverleihung involviert gewesen sind?
Ich fürchte, mich lächerlich zu machen, wenn ich eine 16 Jahre zurückliegende Preisverleihung durch einen, mit Verlaub, leicht obskuren Verein kritisiere. Aber ich möchte Kompromissbereitschaft signalisieren und schlage Ihnen eine konzertierte Aktion vor. Sie hatten ja darauf hingewiesen (#93), dass ein Neurochirurg und ein Intensivmediziner, „[b]eides Kliniker und ordentliche Professoren“, zu Ihren Gewährsleuten zählen. Sie motivieren diese Fachleute – oder einen der Ethiker oder Juristen des unablässig bohrenden Ethikrates – dazu, sich öffentlich zu meiner Kritik am Ethikrat zu äußern, und ich kommentiere die IPPNW-Stellungnahme, sofern ich erfahre, dass sie aktuell bekräftigt wird.
Zum übrigen Text Ihres Posts erübrigt sich eine Antwort, solange Sie auf wörtliche Zitate und eine ausreichende Quellenangabe (zur ggf. erforderlichen Rekonstruktion des ursprünglichen Kontextes) verzichten.
Dr. Mindach
Neues zum Fall von Jahi McMath, der demnächst vor Gericht verhandelt wird. Offenbar sind sich prominente Neurologen und Bioethiker in den USA über die Gleichsetzung von „Hirntod und Tod des Menschen “ alles andere als einig.
https://www.newyorker.com/magazine/2018/02/05/what-does-it-mean-to-die
Die in diesem empathischen aber irreführenden Bericht spärlich und selektiv berichteten medizinischen Details sind alles andere als schlüssig; bei Bedarf werde ich genauer (einige hatten wir allerdings schon berührt). Die zweifelnden Neurologen sind Truog, Shewmon und Machado, die in unserer ermüdenden Diskussion schon mehrfach aufgetreten sind. Bernat wird mit seinem großen Respekt vor Shewmon zitiert, aber seine eigentliche Auffassung zu dem in Rede stehenden Fall wird allenfalls angedeutet (er kritisiert den „Videobeweis“). Was die Uneinigkeit der Ethiker angeht, auch die ist keine Neuigkeit. Eine aktuelle Diskussion der Fälle von Jahi McMath, Aden Hailu (im New Yorker erwähnt), Israel Stinson und „a child“ fasst zusammen:
Und was den juristischen Aspekt angeht, noch der abschließende Absatz eines Diskussionsbeitrages:
@ Dr. Mindach
Danke für die prompte Antwort.
Ich habe gerade noch einmal einen Ihrer letzten Kommentare (109) gelesen. Übrigens- der „leicht obskure Verein“ (wie Sie ihn nennen) ,der mich für kritische Dokumentation über den Hirntod ausgezeichnet hat, erhielt 1985 den Friedensnobelpreis. Ihr Vorsitzender war ,soweit ich mich erinnere ,Horst Eberhard Richter. Für PSIRAM-Jünger sicher vom wissenschaftlichen Aspekt her auch eine persona non grata.
Zum Fall Jahi McMath: Man wir sehen, was in dieser interessanten Gemengelage der Prozess bewirken wird.. Im Übrigen bin ich der Auffassung von Robert Truog, dass man die dead-donor-rule abschaffen sollte und bei informierter Zustimmung und ausreichender Beobachtungszeit trotzdem die Beatmung einstellen und Organe entnehmen kann. Dazu gehört natürlich auch die Information über eine mögliche Gefährdung durch den Apnoe-Test.http://journal.chestnet.org/article/S0012-3692(17)31052-8/fulltext
Ich erlaube mir, hierzu aus der eben angeführten kurzen Stellungnahme zu zitieren:
vgl. #51
Off Topic.
Es überrascht wenig, dass Sie ihre Denkweise nicht verändert haben und den Autoritätsbeweis weiterhin für völlig ausreichend halten. Nebenbei: Die IPPNW erweist gelegentlich ihren guten Zielen keinen guten Dienst; z. B. hier.
Eine internationale , hochkarätig besetzte Konferenz der Harvard Medical School (11.-13.April) zur Kontroverse um den Hirntod.
http://bioethics.hms.harvard.edu/annual-bioethics-conference-2018
Erwarten Sie neue Erkenntnisse? Wenn ja, worauf stützt sich Ihre Erwartung?
Mittlerweile offenbar auch ein hochinteressantes Thema für die Rechtswissenschaft. Der Verfasser meint, dass sich aus einer eher vor sich hinköchelnden akademischen Debatte folgendes entwickeln könnte: “ Particularly over the last two years, the slow simmer of an academic debate has now begun to boil over into a legal conflagration.“
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2991823
Die Ausgangsthese dieser Arbeit ist schon eingangs in wünschenswerter Klarheit formuliert:
Die Feststellung des eingetretenen Todes ist also ein „Werturteil“, das mit Objektivität und wissenschaftlicher Wahrheit nichts zu tun hat. Dann allerdings genügt ein Jurist, den „sozialen Konsens“ festzustellen. Und wie dieser soziale Konsens aussehen mag, wenn man diese Realität berücksichtigt, das deutet sich hier an:
Wenn dahinter absolut kein Geld stecken würde, könnte ich vielleicht die (1967 ad-hoc eingeführte) Definition eines „Hirntodes“ akzeptieren. Oder wenn ich nichts darüber gelesen hätte 😉
Aus naheliegenden Gründen versucht man, finanzielle Aspekte aus den Entscheidungen zu Hirntod und Organtransplantation möglichst herauszuhalten.
Allgemein gilt: ethische Gesichtspunkte, die ökonomisch schlecht abzufedern sind, lassen sich auch nur schwer durchsetzen.
Die Stellungnahme des ad-hoc-Kommittees von Aug 5, 1968 (JAMA 1968;205:337-340) formuliert eingangs:
Das sind vollkommen legitime Beweggründe, damals wie heute.
Quellenkritik gehört inzwischen zu den grundlegenden Kulturfähigkeiten.