Im jüngsten Heft des „Skeptiker“ (Nr. 3/2016) ist ein Interview mit Benedikt Matenaer erschienen, in dem er kurz über die absonderlichen Ansichten der Esoten zum Hirntod berichtet; speziell über diejenigen der „Nahtod-Szene“ und die der Anthroposophen. Eine leicht fassliche Übersicht über die Sachlage geht voraus, und er macht Vorschläge, wie die Rechtslage angemessener zu gestalten wäre: eine Widerspruchslösung wie in Österreich und der Schweiz (wenn der Verstorbene nicht zu Lebzeiten widersprochen hat, darf explantiert werden) statt der „erweiterten Zustimmungslösung“ wie in Deutschland (die Zustimmung muss vorliegen). Er erwähnt sogar die Explantation beim Herztoten („non-heart-beating-donor“), die in Österreich und der Schweiz (wie auch in anderen Ländern) rechtlich möglich ist, die man aber in Deutschland mit kräftigen Worten verabscheut. Die Bundesärztekammer kritisiert er nicht für die Entscheidung, auf den Terminus „Hirntod“ zu verzichten, doch er selbst entschuldigt sich, ihn weiter zu benutzen. Bösartig, wie wir sind, wären wir bei einer durchgängigen Verwendung des Begriffs „irreversibler Hirnfunktionsausfall“ unausweichlich in die Versuchung gekommen, jenes höhere Wesen, das wir verehren anzurufen.
Er ist mutig genug, solche Eisen anzufassen, vor denen die Entscheidungsträger in Deutschland zurückgeschreckt sind, weil sie sie nicht für politisch durchsetzbar gehalten haben. So hat man sie gar nicht erst vorgeschlagen: man könnte sich unbeliebt machen. Außerdem wäre da ja noch der Deutsche Ethikrat vor (auch wenn man ironischerweise sagen könnte, dass sich Letzterer in der Hirntodfrage mit seiner Komplexität selbst paralysiert). Kurz: ein lesenswertes Interview. Leider ist der preiswerte elektronische Erwerb über die Website ein wenig undurchsichtig, aber die Beitragsvorschau gewährt zumindest einen ersten Eindruck.
Der GWUP-eigene Blogbeitrag zu diesem Thema hier.
Danke für den Beitrag. Was an dem elektronischen Erwerb ist unklar?
Man kann das Heft als PDF
https://www.united-kiosk.de/skeptiker+-+epaper-ebinr_2107592.html#Titelinfo
Wenn ihr noch Tipps zur Optimierung habt gerne. Was verwirrend ist, wir haben den Shop, den wir selbst betreiben: https://shop.gwup.org/12-skeptiker-einzelhefte
und unseren Partner für den PDF- Bezug. das ist nicht perfekt elegant, aber für unseren kleinen Verein aktuell die beste Lösung.
Zur Organentnahme und Hirntod hat ja auch der Homöopath und Impfgegner Dr J Loibner Stellung genommen. Das ist zwar meilenweit vom Stand der Wissenschaft entfernt, aber bei Homöopathen wundert das ja nicht.
http://www.aktion-leben.de/BAK/Organspende/sld02.htm
Ich habe den Beitrag auch gelesen und bin in der beruflichen Praxis mit der Diskussion des öfteren konfrontiert..
An der biologisch begründeten Definition des Hirntods, an der Sicherheit der Hirntodfeststellung
und an der Bedeutung des Hirntods als sicheres inneres Todeszeichen des Menschen, gibt es meines Erachten nicht viel zu ändern.
Das sollte fachlich ausreichend sein.
Welcher Begriff dies nun besser beschreibt, sollte nicht die Diskussion dominieren.
Ich hatte bisher noch nicht den Eindruck, dass Esoteriker einen großen Anteil an der Ablehnung oder Skepsis zum Thema Organspende haben.
Da waren in meiner Wahrnehmung andere Argumente prägender, z.B. die Angst vorschnell für Hirntod erklärt zu werden, weil Organe benötigt werden.
Dem kann ich allerdings gut entgegnen.
Und auch im Artikel ist es gut beschrieben, was so alles passieren muss und wie viele Menschen beteiligt sind, um genau diese Situation zu vermeiden.
Anthroposophen hatte ich noch nie dabei.
Und auch in den Institutionen mit denen ich arbeite, habe ich noch keine Veranstaltung erlebt
Ich denke, dass die Regelungen in Deutschland durchaus ausreichend und sicher sind.
Das Thema sollte etwas stärker und aktiver beworben werden.
Setzten sich halt die meisten nicht so gerne damit auseinander.
@lanzelot: Die Blogartikel hier zum Thema kennst Du?
Wenn nicht: „Hirntod“ im Suchfenster eingeben.
@Groucho
Der Artikel ist mir bekannt, ja. Auch der endlose Schlagabtausch zwischen Dr. Mindach und Fr. Matthies.
Die anderen beiden Artikel habe ich auch überflogen.
Die meisten der besprochene Aspekte kenne ich zur Genüge
Ändert aber im Grunde nichts an meinen Aussagen und Standpunkten.
Niemand bestreitet, das Ethik und eine gewisse Philosophie einen Rolle spielt.
Ein kluger Mensch hat aber mal gesagt:
„Während Philosophen darüber diskutieren, ob die Welt existiert,
geht sie um sie herum zu Grunde!“
So ähnlich sehe ich die Exkurse an Endlos-Diskussion um Hirntod, Organspende etc.
Diese wird geführt über Deutungshoheiten, Begriffsspaltereien und Vermischungen.
In der Sache sind für mich die falschen Aspekte dominierend.
Mit der Endlosschleife des Philosophierens liegt der Schwerpunkt für mich am falschen Ende.
So kommt nie ein Deckel aufs Thema.
Ärzte sind verunsichert und damit am Ende auch alle anderen.
Die diversen Statements der Ärztekammer und von Fachverbänden zeigen das.
Und gegen gar religiös ausgerichtete Argumentation bin ich völlig immun.
Als militanter Atheist ist mir dies nicht zugänglich und ich entwickle ich sofort Stresssymptome.
Entscheidend sind am Ende juristische, klinische und sozial Aspekte.
Also fachlich und sachlich klar abzugrenzende Dinge.
Und die sind, so wie ich sie auf dem Schirm habe, praktikabel und ausreichend.
Sie werden nur in jeder Diskussion zerfleddert, bis zur Unkenntlichkeit.
Dr. Mindach hat sich auch aufgerieben.
Solange bis die gewünschte Unschärfe eintritt.
Aber es hat auch seine Gründe, warum ich solche Verhandlungen nie offiziell führen könnte.-:)
Aber womöglich bin ich auch ZU pragmatisch eingestellt?
Welches wären die richtigen Aspekte? Wer soll sie wo einbringen?
Wovon verunsichert? Ich seh da bloß Politik.
Nur so viel zum Artikel rund um das Interview mit Herrn Herrn Matenaer: In der Schweiz ist, soviel ich weiß, im Gegensatz zu Holland die Widerspruchslösung nicht verabschiedet worden.
Zu den fehlerhaften Hirntod-Diagnosen hat mittlerweile die Dt. Ges. für Neurologie getagt. Es gibt zu der Nachuntersuchung des ehemaligen DSO-Neurologen Dr. Deutschmann ein Peer Review, ein wiss. Poster und ein Abstract.
Ich vermute, dass die Wissenschaftler, die diese Nachuntersuchung beurteilt haben, nicht alle Esoteriker oder religiös verblendet waren. Außerdem halte ich es nicht für angemessen, dass Ärzte Hirntoddiagnosen durchführen dürfen, ohne dafür eine Ausbildung incl. Zertifikat nachweisen zu müssen. Es reicht, wenn sie sich selbst bescheinigen, dass sie die HTD beherrschen. Eine eher ungewöhnliche Methode, eine ausreichende Qualifizierung nachzuweisen. Und für die Ärzte juristisch hochproblematisch.
Da scheint Herr Matenaer in der Tat etwas durcheinander gekommen zu sein. In der Schweiz gilt die erweiterte Zustimmungslösung. Danke für den Hinweis.
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20010918/index.html#a8
(Stand 1. Mai 2016)
Abgesehen davon, dass zumindest mir die von Ihnen intendierte Aussage unklar bleibt: Was meinen Sie mit „Peer Review“, zusätzlich zum Kongressposter?
Nein, es gibt keinen Grund für diese Annahme. Man kann es ja wohl kaum dem einzelnen Arzt zur Last legen, wenn die zuständige Körperschaft keine „strengen Regeln“ (in dem von Ihnen gewünschten Sinn) erlässt. Für den Fall, dass ein Arzt wegen fehlerhafter Hirntodbestimmung vor Gericht steht: das Procedere der Hirntodbestimmung ist so festgelegt, dass Verstöße ohnehin juristisch, oder zumindest für Gutachter, klar erkennbar wären. Man könnte sogar spekulieren, dass ein Verstoß juristisch noch schwerer wiegen würde, wenn zusätzlich ein formales Ausbildungscurriculum verpflichtend zu durchlaufen war.
@ Dr. Mindach
Sie wissen doch genau, was ein Peer-Review-Verfahren ist. Wollen Sie mich veräppeln? Schrieben Sie nicht unlängst, dass Sie bei der Veranstaltung, auf der das Poster vorgestellt wurde, sogar dabei waren?
Zu dem Punkt der zertifizierten Ausbildung: Das sieht der Verband der Leitenden Krankenhausärzte anders. Auch ich dachte immer, dass in unserem Rechtssystem Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Aber es ist mir schon bewusst: bei der Organspende gehen alle Uhren anders.
Ich hielte einen gemäßigteren Tonfall für eine ernsthafte Diskussion für angemessen. Die Frage war nicht so sehr, was ich vom Peer Review weiß, sondern mehr, was Sie darunter verstehen, da Sie das explizit anführen.
Es ist mir vollkommen bewusst, Frau Matthies, dass Prof. Gubernatis der Urheber Ihrer These von der „juristischen Problematik“ für den einzelnen Arzt ist. Das macht sie nicht stichhaltiger.
@ Dr. Mindach Das ist doch hier ein Blog mit einem wissenschaftlichen Anspruch, oder sehe ich das falsch? Da wird ja wohl jeder, der sich über Unwissenschaftlichkeit und verblasene Ideen der Hirntod-Skeptiker-Szene echauffiert, wissen, was ein Peer Review Verfahren ist.
Natürlich ist es ein Problem, wenn zu früh ohne ausreichende Toxikologie erste Hirntod-Protokolle ausgefüllt werden und den Angehörigen gesagt wird, es sei definitiv nichts mehr zu machen. Was dann mitunter garnicht den Tatsachen entspricht. Einige Angehörige spielen nach meiner Erfahrung in solchen Situationen schon mit dem Gedanken, die protokollierenden Ärzte juristisch anzugehen. Deshalb ist es vielleicht doch gut, eine gründliche Ausbildung für die Hirntoddiagnostik zu haben. Das kompliziert vielleicht sog. „praktikable“ Abläufe, aber es bewahrt möglicherweise so manchen Arzt davor, vorschnell – ohne abgeschlossene Toxikologie – allzu selbstsicher von einem „irreversiblen Hirnversagen“ zu sprechen. Das scheint ja offensichtlich eine der Hauptfehlerquellen zu sein. Vor allem bei alten „möglichen“ Organspendern, die viele Medikamente, darunter auch Sedativa etc. eingenommen haben.
Ich bin da nicht ganz sicher. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kenntnis in der „Hirntod-Skeptiker-Szene“ verbreitet ist, halte ich aber ebenso wie Sie für deutlich geringer.
Wie sind eigentlich bisherige Prozesse um Hirntoderklärungen (i. e. S., also von Angehörigen oder Betroffenen gegen Ärzte) ausgegangen?
Haben Sie belastbare Literaturangaben, die die Größenordnung verdeutlichen?
@ Dr. Mindach Ja, ich habe aus meiner Sicht belastbare Literatur und belastbare Recherchen zu der Thematik. Ich habe in meinen Akten die komplette Nachuntersuchung v. Dr. Deutschmann, , einige Schreiben involvierter Neurologen an die Bundesärztekammer und diverse Interviews mit kritischen Neurologen . Außerdem Fälle, mit denen ich kürzlich erst befasst war. Da wurden- ohne abschließende Beurteilung der Toxikologie- Informationen über den bereits eingetretenen Hirntod kommuniziert, die so nicht haltbar waren.
Die Größenordnung (die Sie übrigens kennen) ist nicht entscheidend. Maßgeblich ist die Mitteilung: „Ihr Angehöriger ist tot“ an die Angehörigen.
Bitte entschuldigen sie meine Verblüffung. „Belastbare Literatur“ meint Veröffentlichungen in der Fachliteratur, die über empirische Erhebungen berichten. Über die Validität Ihrer persönlichen Datenerfassung hatten wir uns ja bereits verständigt.
Auf diese Frage antworte ich mal stellvertretend – der Herr Dr. Mindach geht wohl davon aus, dass dieser Blog einer rationalen, wissenschaftlichen Sicht sich verpflichtet fühlt, sonst hätte er wohl kaum ein Interesse, hier etwas zu veröffentlichen, wie man seiner sehr rationalen, trockenen Art wohl unschwer entnehmen kann.
Vielleicht kann man diesen Disput auf einen kurzen Satz herunterbrechen: Als Journalistin suchen sie den Skandal, wir hier suchen nach Fehlern. Muss sich nicht ausschließen, aber dieses kleinen Unterschieds sollte man sich bewusst sein.
@ Dr. Mindach Der komplette Text der Nachuntersuchung s.o. steht zur Verfügung. In der internationalen Fachliteratur finden sich unter „mimic brain death“ und „brain death misdiagnosis“ zahlreiche Fachartikel. Außerdem muss man sagen: wenn Dr. Deutschmann die einzige Untersuchung vorgelegt hat, die es bisher in Deutschland gibt, ist das bezeichnend. Es stände jedem Wissenschaftler frei, die Daten mit einer eigenen Untersuchung zu widerlegen. Oder eine eigene Studie zu initiieren. Ist nur leider bisher nicht passiert.
Ich beziehe mich bei den von mir geschilderten Fällen prinzipiell auf Klinikakten.
@ groucho Wenn hier nach Fehlern gesucht wird, wundert mich, dass niemandem außer mir aufgefallen ist, dass Herr Matenaer , obwohl er den Mund sehr voll nimmt, nicht einmal korrekte Angaben zu der Gesetzgebung in der Schweiz macht.
Sie werden offenbar nicht müde, eine in mehrfacher Hinsicht erschöpfend diskutierte (z. B. in #39/#45, #59, #80, #87) Einzelmeinung zu referieren. Den Namen „Deutschmann“ haben Sie, bitte sehen Sie mir meine Kleinlichkeit nach, in Ihren Kommentaren bisher 18mal erwähnt. Er scheint eine gewisse, ans Religiöse grenzende, Bedeutung für Sie zu haben. Ist er der Säulenheilige Ihrer Mission? Falls nicht: Da Sie nicht fürchten, den Leser zu langweilen, sind Sie möglicherweise in einer Art Wahlkampfmodus? Dafür könnte vielleicht sprechen, dass Sie beim Diskussionspartner einen politischen Umgang mit Information vermuten (#52), wie Sie ihn selbst pflegen: so haben Sie nicht auf meine Bitte um ein Skript ihrer Fernsehsendung reagiert, obwohl das sogar im Netz existiert (hier). Zu den Interviews mit kritischen Neurologen vgl. noch #43.
Womit hat denn der Herr Matenaer noch so seinen Mund voll genommen? Wir würden gern weiter von ihren investigativen Instinkten profitieren.
Es gibt mehrere Untersuchungen aus Deutschland dazu, z. B. die in #80 von mir erwähnte.
Dann sollte es Ihnen doch nicht schwerfallen, eine bibliografisch korrekte Quelle anzugeben für die Häufigkeit einer Hirntod-Fehldiagnose aufgrund unbeachteter Toxikologie („Hauptfehlerquelle“).
@ Mein Gott, Herr Dr. Mindach. Sie wiederholen sich doch auch laufend, indem Sie immer wieder suggerieren, es gäbe keinerlei Probleme bei der Hirntoddiagnostik, sie müsse nur „noch besser werden“.
Es geht doch garnicht nur um die Häufigkeit von fehlerhaften Diagnosen, sondern auch darum, wie fatal die möglichen Auswirkungen von voreiligen Fehlinterpreatationen sind. Und da ist nun einmal eine erste protokollierte Hirntoddiagnostik, in der noch nicht abgeklärt ist, welche Medikamente die Diagnose verfälschen könnten, eines des Hauptprobleme. Das können Sie mir auch nicht ausreden, weil es von diversen Fachleuten mir gegenüber so bestätigt wurde.
Außerdem findet sich der Beleg in diversen Klinikakten, in denen das Labor schreibt, die Medikamentenspiegel seien zu hoch um den Hirntod zu konstatieren. Zu diesem Zeitpunkt sind die Angehörigen allerdings oft schon über den Tod des Patienten informiert worden. Manche haben schon die gesamte Familie informiert. Der Patient stirbt dann erst Wochen später, obwohl den Angehörigen gesagt wurde, “ es sei noch nie vorgekommen, dass die zweite HTD die erste nicht bestätigt.“ Wenn Sie das für die angemessene Reihenfolge halten, bitte. Dann muss sich allerdings auch niemand wundern, wie Angehörige nach einem solchen Erlebnis über den Hirntod sprechen.
Den mimic brain death können Sie leicht googlen. Auch die brain death misdiagnosis.
@Dr. Mindach # 20
Wieso Einzelmeinung? Die Schreiben an die Bundesärztekammer, das wiss. Poster haben auch andere Fachmediziner unterschrieben. Ich brauche keinen Säulenheiligen. Mir reichen meine Kontakte.
Und die „Peers“ werden wohl auch keine abstruse Einzelmeinung absegnen, oder doch? Dann wäre das für mich ein interessantes neues Themenfeld.
Bitte zitieren Sie den Passus, den Sie kritisieren wollen. Sie polemisieren gegen etwas, das Sie mir vorher unterschieben. Ein seltsam bekanntes Verfahren:
Es ist ein einzelner Datenpool. Aber ich bestehe nicht auf diesem Wort. Wenn Sie sich an change.org oder an openpetition wenden, bekommen Sie vermutlich noch mehr Unterschriften.
Ich sagte bereits: interessant wäre zunächst zu erfahren, was Sie mit „Peers“ meinen. Wenn das Poster (Volltext von Ihnen in #52) nicht angenommen worden wäre, hätten Sie dann nicht gesagt, die Wahrheit werde weiterhin unterdrückt? Das, denke ich, würde als „neues Themenfeld“ vorerst genügen. Und falls es Sie nicht überfordert, dann könnten Sie noch ein Themenfeld bearbeiten: den Unterschied zwischen der Beibringung eines Beleges und der Replik „Googeln Sie selbst“.
Ich halte, wie erwähnt, die Entscheidung der Bundesärztekammer für angemessen. Die eigentliche Prozedur ist nicht hochgradig komplex (vgl. #59, Mitte). Neurologen oder Neurochirurgen mit mehrjähriger Intensiverfahrung gibt es nur an Schwerpunktkrankenhäusern oder Universitätskliniken. Diese Häuser sind groß genug, um mehrere Hirntoderklärungen im Jahr zu haben, so dass eine Expertise bereits vorhanden ist oder sich herausbilden kann. Das ist übrigens ein allgemeines Problem in der Medizin. Es betrifft nahezu alle Prozeduren, vor allem natürlich invasive.
@ Thomas Mindach
Was hat denn bitte ein Schreiben von besorgten Fachleuten (Neurologen) zum Thema mangelnde Qualitätssicherung bei der Hirntoddiagnostik an die Bundesärztekammer mit change org. oder openpetition zu tun?
Bei change org. etc. werden Laien mobilisiert. Es geht sicher nicht um Schreiben an die Standesinstitution, die die Richtlinienkompetenz in Punkto Hirntodrichtlinien innehat.
Warum soll ich für in der Wissenschaft übliche Verfahren, der Erklärung jeder in Sekundenschnelle finden kann,Literaturstellen angeben?
Was soll also Ihre erneute Frage nach der Bedeutung der „Peers“? Da kann ich nur wieder google empfehlen, oder, wenn es um Skepsis am Verfahren geht ,den Artikel im Dt. Ärzteblatt/Jg.103/Heft 5/3.Februar 2006.
Ihre ungenaue Erinnerung spielt Ihnen hier einen Streich. Diese beiden Fragen hängen nicht miteinander zusammen. Wenn ich Ihnen helfen darf, die Literaturangabe war in #13, unten gewünscht, mit der offenkundig erforderlich gewesenen Präzisierung in #20.
@ Matthias Mindach
Bei den Arikeln über „brain death mimics“ oder “ brain death misdiagnosis“ gibt es tausende von Einträgen, viele davon aus Fachzeitschriften. Immer ist die Intoxication (z. b. Barbiturate, Baclofen etc.) eine der wichtigsten Faktoren. Manchmal ist es auch das Guillain-Barre´Syndrom oder ein unsachgemäß durchgeführter Apnoe-Test.
Das wissen Sie doch sowieso alles, oder es lässt sich für Sie leicht nachlesen. Ausführliche Gespräche mit Neuro-Intensivmedizinern lassen keinen Zweifel daran, wie problematisch es ist, bei nicht vollständig abgeklärter Toxikologie von „irreversiblen Hirnvesagen“ zu sprechen. Und diese Toxikologie wird auf Kosten der DSO normalerweise erst nach der ersten Hirntoddiagnostik durchgeführt. Immer dann, wenn eine Explantation geplant ist.
Eine einzelne Angabe gemäß den in #20 genannten Kriterien, die die Größe des Problems quantitativ belegt, hätte mir genügt. Schade.
Guillain-Barre-Syndrom: Die Gefahr, jemanden mit GBS für hirntot zu erklären, ist wegen des gegenüber einer Hirnschädigung völlig anderen klinischen Verlaufs äußerst gering. Ein aktueller Bericht (Ravikumar et al 2016) beschreibt einen Fall und sichtet die Literatur: „there are only a few other reports of severe GBS mimicking brain death.“ Rigamonti et al listen die Fälle tabellarisch auf; es sind etwa 60. Bei wievielen dieser Fälle nun wirklich fälschlich ernsthaft an einen Hirntod gedacht wurde, ist nicht angegeben. Mit großer Sicherheit bei den allermeisten nicht (da müsste schon einiges vorher ganz furchtbar schief laufen, nicht erst bei der Hirntoddiagnostik); möglich sogar, dass es kein einziger war.
Baclofen-Intoxikation: man muss akzidentell oder suizidal weit über den therapeutischen Dosen einnehmen, um ein tief komatöses, hirntodähnliches Bild zu erzeugen. Sullivan et al 2012 beschreiben 2 Fälle (genauer: anderthalb) und verweisen auf einen einzigen weiteren Fall in der Literatur (in US-typischer Weise wird dabei nur die einheimische Fachpresse berücksichtigt, denn es ist wenigsten noch ein weiterer Fall aus Spanien publiziert).
Barbiturate: weitgehend banal. Die Nichtbeachtung mag im Einzelfall vorkommen (wie Flugzeugabstürze), aber eigentlich ist sie weder ein theoretisches noch ein praktisches Problem. Hier werden Ihre Häufigkeitsangaben, Frau Matthies, schmerzlich vermisst.
Die Hirntoddiagnostik gibt es seit knapp 50 Jahren. Rechnen wir in Deutschland mit 1500 Hirntoderklärungen / 80 Mio Einw., in den USA ca 9000 / 300 Mio Einw. Wenn wir das auf ca. 1 Mrd Einwohner weltweit hochrechnen, die in Reichweite von Intensivstationen leben mögen (so aus der Luft gegriffen), dann kommen wir grob überschlagen auf eine Größenordnung von vielleicht 30.000 Hirntoderklärungen im Jahr weltweit; die Bezugsgröße für die o. g. Zahlen (50×30.000) ist also 1,5 Mio. Das sind konservative Schätzungen. Es bleibt nur ein Schluss: die Hirntoddiagnostik ist sicher, so sicher wie eine konventionelle Leichenschau; so sicher, wie eine menschliche Handlung nur sein kann.
Noch ein Detail zur „sexuellen Reifung“. ML Condic, Journal of Medicine and Philosophy, 41: 257–278, 2016, rekapituliert kurz die Shewmonschen Befunde
und fügt hinzu, dass Komponenten der sexuellen Reifung auch
gesehen werden.
@ Matthias Mindach
Na dann ist ja nach Ihrer Meinung alles in Ordnung, wenn es immer nur ganz ganz wenige Fälle sind.
Für die fehlinterpretierten Patienten ist es allerdings weniger marginal.
Niemand möchte wohl zu den „Ausnahmefällen“ gehören, die keine Rolle spielen. Vor allem dann nicht, wenn er- in einigen Kliniken auch ohne Vollnarkose- auf dem OP-Tisch landet. Denn das ist die Konsequenz, weil der Hirntod ja ( fast ausschließlich) zum Zweck der Organentnahme festgestellt wird. Das zumindest behaupten auf Tagungen einige in die Hirntoddiagnostik involvierte Neurologen, darunter auch sehr prominente.
Eine Übersicht bekäme man durch eine Meldepflicht und den Zwang zur Publikation. Außerdem müsste bei uns die Bundesärztekammer bei solchen Fällen prinzipiell die Akten einsehen und diese Fälle auch ohne ausgiebiges Schwärzen der Fakten veröffentlichen.
Werden Sie in der Stadt spazieren gehen, obwohl man doch von einem Ziegelstein erschlagen werden könnte? Im Übrigen ist es absurd anzunehmen, die Organentnahme werde bewusst miterlebt, selbst wenn man die Kriterien des Hirntods zu diesem Zeitpunkt nicht voll erfüllen sollte. Das ist eine der frei flottierenden Ängste, denen der Ethikrat hätte entgegentreten können.
[citation needed] – oder verbietet das der Quellenschutz für die whistle blower? So ist Ihre Angabe wertlos. Im Übrigen ist das (leider!) einfach sachlich falsch. Es wäre besser, wenn die Rate an Organentnahmen nach Hirntoderklärung höher sein könnte, als sie momentan ist (50%).
Ich verfolge dieses Ping-Pong ja sehr interessiert. Mir ist aber trotzdem noch nicht ganz klar geworden, was Frau Matthies eigentlich will. Die allerletzte Unsicherheit ausmerzen? So auf ganz, ganz sicher gehen? Warten, bis die ersten Leichenflecken auftreten?
Oder geht es doch nur darum, krampfhaft einen Skandal zu konstruieren, um endlich die Schlagezeile mit dem organisierten Organhandel texten zu können?
Ich bin noch unschlüssig.
Die Eingangssequenz dieses Filmes von Frau Matthies mag zur Entscheidungsfindung helfen:
https://www.youtube.com/watch?v=dpMZAYdfGWw
@ Groucho
Danke für den Link. Ich kenne die Zugrichtung von Frau Matthies und ich dachte, dass die Formulierung meines Kommentars klar gemacht hätte, dass ich nicht wirklich unschlüssig bin. Offenbar muss ich wohl doch noch an meiner Ausdrucksform feilen… 😉
@ Matthias Mindach
Ich bleibe dabei: die komplette Hirntdiadiagnostik incl Toxikologie wird (fast) ausschließlich zum Zweck der Organentnahme durchgeführt. Die Information kommt nicht von Whistleblowern, sondern z.B. auf einer Tagung in Erlangen von einem veritablen Prof. für Neurologie. Außerdem äußert sich auch der DSO-Chef von Bayern so. Und zwar schriftlich. Alles andere, heißt es, sei viel zu aufwendig und zu teuer.
Es geht hier offenbar ausschließlich darum, für die Transplantationsmedizin eher unangenehme Tatsachen zu zerpflücken. Damit haben sie allerdings bei mir wenig Erfolg. Es gibt eine sehr kontroverse Diskussion unter Medizinern und im Dt. Ethikrat über die Abläufe einer Organentnahme .Und die immer noch mangelhafte Information der Bevölkerung zu entscheidenden Fragen. Dazu empfehle ich die Lektüre der Stellungnahme des Dt. Ethikrates.(2015). Das Argument, die Ethikräte hätten nach einem Jahr Diskussion in einer Fachgruppe keine Ahnung, zieht- zumindest bei mir- nicht. Und vielleicht sollte man noch einmal 2 Artikel lesen, die das Problem veranschaulichen.
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/hirntod-diagnostik-annaeherungen-an-den-tod-1.2505783
und
den Artikel im Bayerischen Ärzteblatt 3/2014 s. 116-119 „Therapieziel Hirntod“
@RainerO: Du weißt ja, das Netz und Ironie, zwei Welten begegnen sich 😉
@ Groucho Ach wirklich? Ich registirere bei Ihnen viel bemühte Ironie, dafür aber- offenbar ohne sich von Fakten und Details irriitieren zu lassen – fulminante Abwehrstratergien. Mit Einzelheiten halten Sie sich garnicht auf, schon garnicht- soweit für mich erkennbar- mit Fachlektüre. Da reicht für die Argumentation ohne Wenn und Aber das Hirntod-Dogma Dabei wird in den Kliniken gegenüber den Angehörigen teilweise schon sehr viel trickreicher argumentiert. Und auch die Bundesärztekammer spricht nur noch vom “ Irreversiblen Hirnversagen.“ Hirntod ist laut BÄK nun plötzlich die „laienhafte Bezeichnung“ Was macht man dann nur mit der umfangreichen internationalen Fachliteratur der letzten 38 Jahre? Alles umtexten?
Zur Erinnerung noch einmal die Nachuntersuchung, die zu all den Diskussionen geführt hat. Diese Untersuchung bewirkte das Schreiben an die Bundesärztekammer. Unterschrieben von mehreren Fachmedizinern incl. einem Klinikchef.
Ergebnisse und Zahlen der Qualitätssicherung
des Konsiliardienstes für die Hirntodbestimmung
der Region Nord 2000 / 2001 – 2006
H. Deutschmann
Ltd Oberarzt Neurologie
KRH Klinikum Nordstadt
Hannover
Allgemeine Vorbemerkungen
Es handelt sich um die Auswertung der Qualitätssicherungsbögen des
Hirntodkonsiliarteams der Region Nord der DSO, ursprünglich bezogen auf
Niedersachsen und Ostwestfalen, später die 4 nördlichen Bundesländer
(Nieders., HB, HH und S.-H.) betreffend. Die Bögen wurden im Verlauf
fortentwickelt, so dass die Fragen sich z.T gewandelt haben, daneben war die
„Ausfüll-Disziplin“ im Team uneinheitlich. Insofern differieren manchmal auch
die absoluten Zahlen. Die Daten habe ich in großen Tabellen erfasst, die
Auswertung anlässlich der jährlichen Team-Treffen als Powerpoint-Projektion
vorgetragen. Später wurden jährlich bestimmte Daten auch in der
Organspende-Kommission der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) von mir
präsentiert. Eine „Studie“ i.S. einer Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift
war nie vorgesehen, einzelne Daten habe ich einmal in einem Vortrag vor
Neurologen zum Thema Hirntod verwendet.
Die folgenden Zahlen resultieren aus den damaligen ppt-Präsentationen;
darüber hinaus habe ich eine Fallweise Auswertung der Fälle vorgenommen,
die bereits bei Eintreffen des Konsiliardienstes durch die Krankenhausärzte
angeblich (!) gemäß dem Protokoll der BÄK-Richtlinien untersucht worden
waren.
Zur Frage nach den Hirntodprotokollen in den Spender-Krankenhäusern:
Zwischen den Jahren 2000 und 2005 fanden wir (Ärzte des Konsiliarteams)
bei 256 Einsätzen nur 78 Hirntodprotokolle (ca. 30% der Einsätze) vor, die
aber meistens von sehr schlechter oder zumindest unsicherer Qualität waren,
so dass wir neben unserer eigenen grundsätzlich auf eine (gemeinsame,
zeitgleiche) weitere Untersuchung durch einen der Ärzte des
Spenderkrankenhauses bestanden haben. 85% der Protokolle waren von
Fachärzten (Chef-, Ober- und Konsiliarärzten) ausgefüllt worden, 15% durch
Nicht-Fachärzte, ohne dass abgefragt wurde, wie groß die „Erfahrung in der
Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen“ (gemäß
den Richtlinien der BÄK) waren.
Die fehlerhaften Hirntodprotokolle wurden also nicht (!) systematisch erfasst,
allerdings oft im Kontext mit „Implausibilitäten“ erwähnt: Z.B. waren
Kopfwendungen bei Schmerzreizen nicht als „Lebenszeichen“ bewertet
worden, wiederholt wurde trotz erhaltener eine ausgefallene Spontanatmung
attestiert, mehrfach wurden die Hirntodkriterien als erfüllt angesehen, ohne
dass ein Apnoe-Test durchgeführt worden war oder der Apnoe-Test war zu
früh abgebrochen worden, wie überhaupt der Apnoe-Test in der Durchführung
sehr viele Probleme macht; mehrfach war trotz Kenntnis von
Medikamentenspiegeln sedierender oder schmerzstillender hochwirksamer
Medikamente im therapeutischen Bereich der Hirntod diagnostiziert worden,
auch war öfters nicht beachtet worden, dass metabolische oder endokrine
Entgleisungen wie auch eine Unterkühlung (Hypothermie) die Durchführung
der Hirntoddiagnostik hätten einschränken müssen. Eklatant war auch ein Fall,
in dem hochamplitudige Ausschläge in der Hirnstromkurve (EEG) als Null-
Linien-EEG gedeutet wurden. Ein anderes Mal war der Hirntod bestätigt
worden, ohne dass der Nachweis der Irreversibilität (durch
Wiederholungsuntersuchung oder technische Zusatzuntersuchung) erfolgt
war. Unvollständig ausgefüllte Protokolle mit fehlender Angabe des Blutdrucks
oder fehlendem Datum der Untersuchung waren da schon fast als Bagatelle
anzusehen. Bedeutsam war auch eine fehlerhafte Diagnose der zum Tode
führenden Erkrankung, wobei eine Computertomographie fehlgedeutet
worden war, indem eine Subarachnoidalblutung (eine meist von der
Schädelbasis ausgehende Hirnblutung) als hypoxischer Hirnschaden im
Rahmen eines Herzstillstands diagnostiziert worden war.
Aus den genannten Gründen beziehen sich die folgenden Daten und
Ergebnisse auf die Jahre 2001 bis 2005, der Jahrgang 2000 bleibt bei der
folgenden Auswertung unberücksichtigt.
Daten und Ergebnisse
In den Jahren 2001 bis 2005 waren bei 212 Einsätzen in 58 Fällen bereits
vorher von den behandelnden Krankenhausärzten Hirntodprotokolle
ausgefüllt und unterschrieben worden. In 16 dieser protokollierten
Untersuchungen (ca. 27,5 % der Hirntod-Protokolle) konnte durch das
Konsiliarteam die Hirntoddiagnose nicht bestätigt werden. Bei 2 der 16
Patienten (ca. 3,5% von 58) lagen sogar zwei protokollierte Untersuchungen
vor (2 Protokolle bzw. einmal zwei Untersucher auf einem Protokoll).
Bei den 16 Patienten mit vom Erstuntersucher ausgefülltem und
unterschriebenen Hirntodprotokoll konnten in 5 Fällen positive Lebenszeichen
in Form von Spontanatmung oder Hirnaktivität im EEG festgestellt werden,
davon lag bei einem Patienten sogar ein von zwei Untersuchern erstelltes
Hirntodprotokoll vor.
D.h. in diesen 5 Fällen lebte der Patient nachweislich noch.
Fazit:
Die aktuelle Sichtung meiner Unterlagen bestärkt mich aber erneut, die
Bundesärztekammer aufzufordern, eine Zusatzqualifikation für
Hirntoddiagnostik zu schaffen, die mit einer Kursweiterbildung und einer
praktischen Anleitung am Patienten einhergehen muss.
Daneben müssen die Richtlinien aktualisiert werden und gerade unter
Berücksichtigung der Erfahrungen aus unserem Konsiliarteam mit „Standards“
hinterlegt werden, zu denen eine obligate toxikologische Untersuchung wie
auch eine technische Zusatzuntersuchung (EEG oder ein Kreislaufverfahren)
gehören müssen; in diesem Zusammenhang muss auch die Qualifikation des
Durchführenden der Zusatzuntersuchung verbindlich definiert werden.
Diese Forderungen wurden umfassend und detailliert in einem offenen Brief
an die Bundesärztekammer am 24. März 2014 von mir und mehreren
anderen Ärzten mit langjähriger Erfahrung in der Hirntoddiagnostik gerichtet.
Also, ich bemühe mich da nicht, aber wenn Sie so besorgt sind, muss ich das mal mit meinem Psychiater besprechen.
„Soweit für mich erkennbar“ ist wohl das Problem.
Dogma … ne, ich wart mal, ob der Herr Mindach nochmal auftaucht, ich habe wenig Fachkenntnis, wie man z.B. einen Hirnstrom misst. Ich kann nur Studien lesen.
Und ernsthaft: Ich sehe von Außen nur jemanden, der sich in ein Thema dermaßen verbohrt hat, dass er da nicht mehr raus kommt und nicht begreift, was damit u.U. an Schaden angerichtet wird. Wenn ich dann dazu die Aufmacher der Sendungen sehe, mit dunkler Musik unterlegt, sehe ich da wenig, was dem Thema tatsächlich angemessen wäre.
@ Ja, Dokumentationen sind eben Geschmackssache. Nachuntersuchungen wie die oben gezeigte eher nicht.
Zumindest meine ARD-Produktionen sind auch bei Ärzteverbänden ganz gut angekommen, vielleicht weniger bei der Pharmaindustrie. Obwohl ich auch aus dieser Ecke einen relativ hoch dosierten Preis bekommen habe, worüber sich meine Chefs köstlich amüsiert haben. Ich war eher verblüfft.
An in Punkto Hirntoddiagnostik besorgten Gesprächspartnern aus der Medizin mangelt es zum Glück nicht. Wahrscheinlich deshalb, weil ich mich (wie Sie sagen so „verbohrt“) mit den unangenehmen Details beschäftige, die auch in der Stellungnahme des Dt. Ethikrates eine Rolle spielen.
Übrigens- ich befasse mich mit der gesamten Bioethik. Der Themenkreis umfasst ungefähr das gleiche Spektrum, das auch der Dt. Ethikrat behandelt. Sind viele Ethikräte nach Ihrer Einschätzung auch verbohrt, weil sie nicht locker lassen, bestimmte unangenehme Tatsachen anzusprechen? Zum Beispiel die sog. „Spendezentrierten Maßnahmen“ ohne Zustimmung vor der Hirntoddiagnostik?
@Frau Matthies,
zu #34
Es ist mir unbegreiflich, womit Sie das Vertrauen erworben zu haben glauben, das Sie mit ihrem belegfreien Post einfordern. Dennoch will ich in diesem Fall eine Rekonstruktion versuchen, wie Sie zu Ihrer Fehleinschätzung gelangt sind. DSO heißt ausgeschrieben „Deutsche Stiftung Organtransplantation“ und nicht „Deutsche Stiftung Hirntoddiagnostik“. Sie realisiert höchstens ein Viertel der Hirntodbestimmungen; in Häusern mit neurologischer/neurochirurgischer Fachabteilung wird sie dafür gar nicht angefordert. „Unangenehme Tatsachen“ sind das nur in Ihrer Einbildung, Frau Matthies.
Ist es Ihnen entgangen, Frau Matthies, dass der Anlass unserer „Diskussion“ hier die kritischen Anmerkungen aus klinischer Sicht zur Stellungnahme des Ethikrats ist? Diese Anmerkungen sind übrigens durch ein Peer Review gegangen und in einer der beiden führenden deutschen Fachzeitschriften veröffentlicht worden. Das Editorial in der anderen führenden deutschen Fachzeitschrift (Nervenarzt 2016·87 119–121) von Ferbert und Weiller ist im Tenor gleich. Übrigens ist mir bisher keinerlei Reaktion von Ethikern begegnet: kein Leserbrief, keine Mail, keine Gegendarstellung in irgendeiner anderen Zeitschrift, und sei es „Ethik in der Medizin“ (wenn Sie mehr wissen, bitte informieren Sie mich); vermutlich, weil solche Statements einfach unbedeutend sind. Der Wissenschaftsraum ist die Süddeutsche Zeitung oder die „Bundeszentrale für politische Bildung“. Von Klinikern hatte ich dagegen sehr wohl Resonanz.
Man kann lange darüber nachdenken, warum sich die Disziplinen derart auseinander entwickelt haben. Ein Gutachter in meinem Peer Review hat geschrieben:
Dagegen behauptet ein anderer (u. a.):
Das Verfahren ist anonym; dennoch drängt sich eine Vermutung auf, wer Kliniker und wer Ethiker ist.
Diese Art der Diskussionsführung könnte man vielleicht „Recycling“ nennen. Vgl. #59 (unten) und v. a. #60, sowie #87 (unten). Fragen Sie ruhig, wenn Sie etwas nicht verstehen.
Zu #36.
Ein wesentlicher Grund, weshalb ich gegen den Verzicht auf den Begriff Hirntod bin, ist: Leute wie Sie, Frau Matthies, glauben irgendwie frohlocken zu können, als wäre das so etwas wie ein „Eingeständnis“. Es ist ein politisches Zurückweichen, das von Ihnen – vorhersehbar – als ein sachliches Zurückweichen vermarktet wird. Wenn es nicht allgemein überflüssig wäre, Sie um Belege zu bitten, dann hätte ich jetzt gerne das Zitat, wo das zu einem Laienbegriff erklärt wird. Wenn es korrekt wiedergegeben und nicht nur „extrapoliert“ wäre: das wäre ein schönes Beispiel dafür, wie man den Kontakt zur Realität verliert, wenn man hier nachgibt. Im Übrigen ist das beständige Umbenennen in der Medizin ein völlig gewöhnlicher Vorgang.
Zu Deutschmann: ich werde ein letztes Mal dazu Stellung nehmen und einige der Schwierigkeiten andeuten, auf die dieser offene Brief stößt. Ich nehme den ersten Satz, in dem Zahlen genannt werden, als Beispiel.
1) Zu einer vollständigen Hirntoderklärung gehören 4 Protokolle. Wenn sich diese Protokolle auf 30% der Einsätze verteilen, dann bedeutet das pro Einsatz 1 Hirntodprotokoll. Korrekt wäre möglicherweise gewesen, von Hirntodprotokoll-Sätzen zu sprechen. Möglicherweise. Vielleicht bedeutet es aber auch, dass es in keinem einzigen Fall eine formell abgeschlossene fehlerhafte Hirntoddiagnostik gegeben hat. Vielleicht. Aber wo wäre dann der Skandal? Aus dem weiteren Text ergibt sich, dass weder die eine noch die andere Interpretation vollständig richtig sein kann. Wir wissen es nicht.
2) Wenn wir diese 78 Hirntodprotokolle als je eine wenn auch nicht abgeschlossene Hirntoderklärung interpretieren, dann haben im gleichen Zeitraum aber geschätzt 9000 Hirntoderklärungen in der Bundesrepublik stattgefunden. Auch wenn wir unterstellen, dass es in anderen DSO-Regionen ähnlich zugeht, dann kann dieser Stichprobenumfang von <1% nicht als repräsentativ gelten (noch einmal: die große Mehrzahl der Hirntoderklärungen geschieht nicht in Regie der DSO). Die Ergebnisse könnten auf Probleme hindeuten, aber ihr Ausmaß bleibt vollständig unklar, und es lassen sich keine organisatorischen Schlussfolgerungen allein aus dieser Darstellung ableiten. Vielleicht bedeuten die Ergebnisse auch, dass die bisherigen Kontrollmaßnahmen funktionieren.
Interpretationsprobleme ähnlicher Art ergeben sich bei vielen der folgenden Sätze, auch bei den vorgeschlagenen Maßnahmen. Ich bin nicht bereit, darüber weiter zu diskutieren. Ich überblicke nicht die Tätigkeit der DSO, die Organisation der Teams usw. Der wichtigste Hinderungsgrund aber ist: Das ist Geschichte. Vielleicht legt Herr Gubernatis in seinem nächsten offenen Brief ja neue Zahlen vor.
Es war die Goldene Himbeere, gestiftet von der Dialyse-Lobby. Kein Wunder, dass sich Ihre Chefs amüsiert haben.
@ Dr. Mindach
Der Ausspruch, der Hirntod sei ein „laienhafter Ausdruck“ stammt vom BÄK-Präsidenten Montgomery
Dass Hirntoddiagnosen – fast ausschließlich- zum Zweck der Organentnahme durchgeführt werden, sagt auch Dr. Breidenbach von der DSO:
Zitat:
„Nur bei einer Organspende muss vorher der Hirntod festgestellt sein, im ‚Normalfall‘ erfolgt keine Hirntoddiagnostik!“ Dr. Thomas Breidenbach. (medscape vom 7.5.15 Mythen und Fakten- Ärzte und Pflegepersonal sehen die Transplantationsmedizin besonders kritisch)
Breidenbach sagt das auch öffentlich. Auf Fachtagungen zum Thema Hirntod
Ein Problem scheint zu sein, dass sich mittlerweile viele mit dem Thema befasste Ärzte widersprechen. Eine eindeutige Sprachregelung scheint es nicht mehr zu geben.
Die DSO hat mir gegenüber bestätigt, dass die umfangreiche toxikologische Abklärung von der DSO bezahlt wird. Stimmt das nicht? Dann bitte ich um Richtigstellung. Damit ich noch einmal nachfragen kann.
Die goldene Himbeere wäre durchaus interessant, warum nicht? Die Anspielung auf die Dialyse-Lobby kenne ich schon aus den 80ger Jahren. Wie sich die schrägen Komplimente doch gleichen.
Mein Pharma-Preis kommt von SmitKline Beecham.
Der Kontext ist dieser:
Unspektakulär und aus Sicht der DSO verständlich. In der Tat sterben ja die meisten Menschen ohne Hirntoddiagnostik.
Das weiß ich nicht.
Keine Nachrichten vom nicht locker lassenden Ethikrat?
@Silvia Matthies
Es hat offenbar seinen Grund, dass Sie mit brauchbaren Quellenangaben für Ihre „Zitate“ so überaus sparsam sind. Hier Herr Montgomery
Ihnen als Journalistin sollte nicht gewärtig sein, dass die Worte „umgangssprachlich“ und „laienhaft“ verschiedene Bedeutungsnuancen aufweisen?
Nachträglich Gratulation. Der Titel des Videos lautete wohl: „Das Recht zu töten: die Folgen der neuen Euthanasie-Diskussion“, 1998. Ich zitiere einfach einmal den Anfang des Ankündigungstexts dieses preisgekrönten Werkes:
Wenn diese Patienten reproduzierbar „Signale geben“, dann sind nicht mehr im Wachkoma, sondern im minimally conscious state. Das Wachkoma ist, wie der Name schon sagt, dadurch gekennzeichnet, dass der Schlaf-Wach-Rythmus erhalten ist. Diese Patienten müssen also nicht aufwachen, sie sind schon wach.
Ich habe mich zu korrigieren.
Das ist ganz offensichtlich falsch:
Zum Wissenschaftsraum gehört auch nh24.de.
daraus:
Etwas bedauerlich, dass der Deutsche Kaninchenzüchterverband noch keine Stellung genommen hat.
Spannend ist aber
Schon in der Bibel wurde der Dualismus überwunden! Wunderschöne Gedanken, die aus dem Herzen kommen!
@Herr Dr. Mindach,
das wäre beliebig erweiterbar.
JEDER der das Bedürfnis verspürt sich zu äußern.
Ich höre in der Sekunde auf zu lesen, wo so etwas auftaucht:
„Die Position der Evangelischen Frauen in Deutschland machte deren Vorsitzende Susanne Kahl-Passoth deutlich.“
oder
„Oberkirchenrätin i.R. Cornelia Coenen-Marx, die bis 2015 das Referat für Gesellschafts- und Sozialpolitik der EKD leitete, “
Zwischen Polizeireport und Unfällen macht sich das doch gut.
Das lesen dann auch die Richtigen.
Bin auch in der Palliativ-Medizin unterwegs, mir selbst fehlt leider die Resilienz, um mich mit all den Protagonisten dauerhaft und auf der Ebene auseinander zu setzen, die sich ins Thema drängen und es mit eigenen Begrifflichkeiten füllen und verwässern.
Entwickle dann nach kurzer Zeit, aufgrund der Sachferne und Kompetenz-Freiheit, eine ausgeprägte Stress-Symptomatik.
Ich bewundere Ihre Ausdauer im Diskurs. Verstehe aber die Motivation nicht immer so ganz.
Wenn man bedenkt, dass sie in der Diskussion im Prinzip nicht gewinnen oder überzeugen können (liegt nicht an Ihnen).
Gegen die moralin-saure Selbstgerechtigkeit von Menschen, die glauben eine Position besetzen zu können, die sie weiter bringt, gibt es im Prinzip, keine vernünftigen Argumente.
Meinen Respekt haben sie.
Na, ist doch eindrucksvoll, wie Sie sich gegenseitig beglückwünschen. Sie können ja auch in diesem Forum absolut sicher sein, dass es keine Ausreißer gibt. Die Bösen und Unwissenden sind immer die, die nicht alles glauben, was hier als unwiderlegbare Wahrheit verkündet wird.
Die Motivation von Dr. Mindach verstehe ich sehr gut: Es wird heikel, wenn es um Themen wie Spenderkonditionierung und Zulässigkeit der Hirntoddiagnostik ohne Zustimmung geht. Dann geht es ganz schlicht darum, ob die sonst geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das steht spätestens seit der Stellungnahme des Ethikräte zur Diskussion. Der Dt. Ethikrat verlangt in Punkto Spenderkonditionierung immerhin eine Gesetzesänderung. Dass der Transplanteur im Ethikrat und zwei andere Ethikräte da nicht mitziehen, ist verständlich. Auch das Bundesgesundheitsministerium stellt sich taub. Denn sonst müsste es überprüfen, inwieweit die gängigen Methoden in der Transplantationsmedizin mit dem § 630 d BGB kompatibel sind. Und nocheinmal: sowohl Breidenbach als auch zwei andere erfahrene Kliniker haben öffentlich zugegeben, dass die Hirntoddiagnsotik (fast) ausschließlich zum Zweck der Organentnahme durchgeführt wird. Begründung: Alles andere wäre zu aufwendig und zu teuer. es handelt sich also um einen fremdnützigen Eingriff.
Ihre Informanten sind einfach schlecht im Bilde. Sie sollten Sie mit der Richtlinie der Bundesärztekammer konfrontieren. Ersatzweise mit der bereits erwähnten repräsentativen Untersuchung, die zu konsultieren Sie für überflüssig halten.
Wie gesagt: leider. Alle Bemühungen sollten darauf gerichtet sein, diesen Anteil zu erhöhen. Die „Zulässigkeit der Hirntoddiagnostik ohne Zustimmung“ anzuzweifeln – auf diese Idee ist nicht einmal der Ethikrat gekommen.
Die Hirntoddiagnostik ist kein „Eingriff“. Aufwändig ist es, richtig. Ohne Diagnostik manifestiert sich der eingetretene Hirntod des Patienten Stunden bis Tage später als Herz-Kreislauf-Stillstand. Der Patient hat nichts davon, wenn auf die Hirntoddiagnostik verzichtet wird, und ohne eine solche hat auch niemand anderes, dem sonst noch geholfen werden könnte, etwas davon. Für kleinere Häuser wäre das der einfachere Weg. Das, was Ihren Argwohn weckt (genauer: nicht weckt, sondern „bestätigt“), die frühe Einschaltung der DSO, ist ein bewusst angestrebter Vorgang, der ethisch vollkommen gerechtfertigt ist.
Sie verstehen gar nichts.
@ Dr. Matthias Mindach
Nun, ich wiederum verstehe die Motivation des letzten Beitrag von Frau Matthies recht gut, denke ich.
Jetzt, wo die Argumente ausgehen und nur mehr Wiederholungen kommen, muss der Opponent diskreditiert werden. Die übliche Taktik, nur eine Variante von „Die sind doch alle von der Farmermafia bezahlt…“
Wenn diese Stufe erst einmal erreicht ist, kann es nicht mehr lange bis zum dramatischen Abgang mit der üblichen Breitseite gegen jeden anderen Glaubens dauern.
@ RainerO Seit wann geht es denn bei rechtlichen Erwägungen um Glauben? Wie wäre es denn, wenn Sie einmal über die Sache diskutieren würden. Sie werden sich an diese Diskussionspunkte noch gewöhnen müssen, auch wenn Dr. Mindach sie als irrelevant oder abwegig bezeichnet. Andere (Juristen, Ärzte) tun es nicht. Da müssen Sie nur einmal einschlägige Tagungen besuchen.
Außerdem: Ich weiß, dass Psiram dafür berühmt ist, niemals jemanden auch nur ansatzweise zu diffamieren. Dieser gute Ruf eilt Psiram voraus. Niemals würde hier jemand Journalisten, Evangelische „Fräuleins“ oder wissenschaftskritische Philosophen in ein schlechtes Licht rücken. Oder Ihnen die rote Himbeere verleihen.
@ Dr. Mindach
Aus dem Abstract geht für mich nicht hervor, warum genau es in ca. 1000 Fällen nach kompletter HTD (4 Protokolle) nicht zur Organentnahme kam. Aufgrund von Ablehnung durch die Angehörigen? Oder weil es sich um allzu „marginale“ Organe handelte? Oder weil die komplette HTD -wie Sie sagen- eine völlig normale Diagnostik ist und der Patient niemals für die Organentnahme vorgesehen war?
Wie gesagt: diverse Kliniker bestreiten das- im Gegensatz zu Prof. Lang- im Beisein der DSO öffentlich. Die Konsequenz für mich: Ich muss die gesamte Publikation in Ruhe durchlesen und mit diversen Fachleuten besprechen, um mir ein genaues Bild machen zu können.
Zum Apnoe-Test: Der Apnoetest gilt (auch laut DSO) als potentiell gefährdend wegen der Gefahr der Hypoxie und der Hypotonie. Da ein Apnoetest von 8-12 Minuten am noch lebenden Patienten durchgeführt wird, muss im Prinzip ein Einverständis vorliegen.
Was mich noch interessiert: Sie sprechen in Ihrem Artikel über die Publikation von Dr. Sabine Müller (Aufklärung und Kritik 1/2013 auf S. 80 von „verflüssigten Gehirnen“,
Zitat:
Man kann aber auch der Ansicht sein, dass es unethisch ist, den Leichnam um seiner
selbst willen weiter zu beatmen, wenn sich
das Gehirn zu einer übelriechenden Masse
verflüssigt hat.
Wann verflüssigt sich denn das Gehirn zu einer übelriechenden Masse? Ich weiß, dass es sich um ein häufig gebrauchtes Argument gegenüber Angehörigen handelt.
Von einer Verflüssigung des Gehirns oder dem typischen Respirator-Gehirn lese ich allerdings in der Studie von Wijdicks und Pfeifer: (Neuropathologie of brain death in the modern transplant era in Neurology 2008; 70; 1234-1237) nichts. Wie das?
Für mich auch nicht.
Aber warum denn?
Beide Parameter lassen sich in Echtzeit registrieren, der Apnoetest muss dann abgebrochen werden. Ich empfehle, noch einen zweiten Fachartikel insgesamt und in Ruhe zu lesen: die 4. Fortschreibung. Der zweite Satz folgt nicht aus dem ersten. Bereits die Umlagerung eines solchen schwerstgeschädigten Patienten oder der Transport in die Röntgenabteilung bedeuten eine mindestens ebenso hohe Gefährdung. Möchten Sie dafür auch jeweils ein vorheriges schriftliches Einveständnis des Patienten?
Das ist richtig. Heute würde ich das nicht mehr so schreiben. Die Formulierung entsprach meinem damaligen Kenntnisstand, der in Details unvollständig war, so wie er es – aber in anderen Details – heute auch ist. Übrigens ist in dem in Fortschr Neurol Psychiat erschienenen Ethikrat-Text von mir auch ein Fehler versteckt. Finden Sie ihn?
Noch eine Präzisierung. In alten Berichten werden Pathologie-Lehrbücher angeführt, die von Autolyse und Liquefizierung des Gehirns berichten. Bei der Arbeit von Wijdicks und Pfeifer wurden die Gehirne spätestens 36 Stunden nach Hirntod entnommen. Man kann spekulieren, dass man früher, d. h. bis in die 70er Jahre, zögerlicher mit der Todesfeststellung gewesen ist (in Einzelfällen schlägt das Herz ja noch lange weiter), so dass die Zeitspanne zwischen Hirntod und Autopsie größer gewesen ist. Die Formulierung, dass sich „das Gehirn zu einer übelriechenden Masse verflüssigt“, muss nicht falsch sein; sie ist aber im Augenblick für mich unbelegt, und deshalb würde ich auf sie verzichten. In dem von Repertinger et al berichteten Fall war das Gehirn (20 Jahre nach dem Hirntod) mumifiziert.
@ Dr. Mindach
Ich habe einen alten Hasen unter den Anatomie-Professoren gefragt. Er hat in seiner gesamten Tätigkeit noch nie ein verflüssigtes Gehirn gesehen und auf meine Bitte hin auch keine entsprechenden Literaturstellen gefunden. Wie intensiv er nachgeschaut hat, weiß ich natürlich nicht.
Deshalb wundert es mich so, dass dieses zugegeben schlagkräftige Argument in manchen Kliniken bei akuten Fällen immer noch bemüht wird. Es wird so getan, als sei das verflüssigte Gehirn schon im terminalen Koma existent.
@ RainerO #48
Was ist den bitte die „Farmer-Mafia“? Ich wusste garnicht, dass Psiram nach Ansicht der Kritiker auch vom Bauernverband unterstützt werden soll?
Zur Diskussion über Qualitätssicherung:Es ist mittlerweile übrigens auch der BGH, der unkorrekte Hirntod-Diagnosen als von „erheblichem öffentlichen Interesse“ bezeichnet. Die Dt. Stiftung Organtransplantation ist die Behauptung, es habe sie im Düsseldorfer Fall nicht gegeben, sehr teuer gekommen. Da hat sich offenbar in der Wahrnehmung der Juristen doch etwas verändert.
Vielleicht hätten Sie es mit einem alten Hasen unter den Pathologie-Professoren versuchen sollen. Aber, 1.: Welchen Sinn hat es, sich auf nicht zitierbare Quellen zu berufen? und 2.: Sagen Sie, welchen Sinn hat es, eine Behauptung zu bekämpfen, die ich nicht aufrecht erhalte? Wenn Sie Literaturhinweise benötigen: versuchen Sie es einfach mit Pubmed, „respirator brain“. Anhand der Treffer kann man sich zu den Originalberichten hochhangeln; ich werde mir diese Mühe nicht machen. Die häufig weitgehend erhaltene makroskopische Hirnstruktur (bei uneinheitlichen Befunden) nach irreversiblem Funktionsausfall ist in mehreren Untersuchungen bestätigt. Man stellt sich vor, dass mit Abklingen des exzessiv erhöhten Hirndrucks nach dem Hirntod zwei bis vier Tage später eine sehr niedrige und zeitlich begrenzte Reperfusion eintreten kann. Diese sorgt für den Erhalt der Rest-Struktur, aber natürlich nicht für die Wiederkehr der Funktion. [Schröder R: Later Changes in Brain Death. Signs of Partial Recirculation. Acta Neuropathol (Berl) (1983) 62:15-23]
Gibt es denn nicht einen einzigen Sachverhalt, Frau Matthies, den Sie korrekt wiederzugeben in der Lage sind? Die DSO hat nicht behauptet, es habe keine Fehler gegeben. Das Ausmaß der Fehler sei geringer als unterstellt, aber dieser Teil der angegriffenen Berichterstattung ist vom BGH als eine „Verdachtsbehauptung mit Meinungsbezug“ eingeordnet worden, „die dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG unterfällt“.
https://openjur.de/u/889287.html
@ Silivia Matthies
Jetzt stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind. „Farmer-Mafia“ ist eine Verballhornung von Pharma-Mafia. Das wissen Sie ganz genau und konnten sich diese pseudointellektuelle Spitze trotzdem nicht verkneifen. Mühsam… X-\
@ Rainer O
Sie beschäftigen sich ja immer noch nicht mit der Sache, sondern beschränken sich auf mehr oder weniger gelungene Angriffe. Das empfinde ich auch als mühsam, aber durchaus als aufschlussreich. Trotzdem eine Frage: Hat denn Ihrer Meinung nach die Pharmaindustrie denn so rein garnichts mit der Transplantationsmedizin zu tun?
@ Dr. Mindach
Danke, ich werde Ihre Anregungen aufgreifen.
Wenn- wie Sie meinen- Informanten aus dem jeweiligen Fachgebiet keinerlei Bedeutung für den Journalismus haben, kann man eigentlich das gesamte Metier abschaffen. Was ist denn eigentlich, wenn es auf bestimmten Gebieten noch gar keine Publikationen oder Studien gibt? Gilt dann die Aussage eines Fachmannes gar nichts? Ich werde hier nicht unbedingt Namen nennen, zumal sie ja sowieso bei den meisten genau wissen, wen ich meine.
Es gibt auch so etwas wie Informantenschutz. Vor allem, wenn ich die entsprechende, allseits bekannte Publikation genannt habe.
Als sehr viel klarer in der Aussage als die Stellungnahme von Prof. A. im Düsseldorfer Fall empfinde ich das BGH-Urteil . Bisher hat sich in den mir bekannten Fällen weder eine Staatsanwaltschaft noch ein Gericht auf dieses schwierige Terrain vorgewagt.
Zitat:
„Bei der beanstandeten Äußerung „es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll“ handelt es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, an deren Unterlassung ein
anerkennenswertes Interesse der Klägerin nicht erkennbar ist. Der unbefangene Durchschnittsleser muss die Darlegungen im Artikel so verstehen, dass damit die
schriftlich dokumentierte Feststellung des Hirntodes des Betroffenen durch einen zweiten Mediziner gemeint ist. Dass dieses Dokument bei der streitgegenständlichen
Organentnahme nicht vorlag, ist von dem Berufungsgericht festgestellt.
Verdachtsbehauptungen mit Meinungsbezug
Die Aussage, es bestehe der Verdacht, dass die zweite Diagnostik vergessen worden sei, stellt eine Verdachtsbehauptung mit Meinungsbezug dar, die dem
Schutzbereich des Art. 5 I GG unterfällt. Die damit nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung vorzunehmende Abwägung (§ 193 StGB, Art. 5 I GG), geht
für den maßgeblichen Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels zu Lasten der Klägerin aus. Die Berichterstattung war durch die Wahrnehmung berechtigter
Informationsinteressen der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Es bestand ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprachen.
Die Behauptung, die abschließende Diagnose eines zweiten Mediziners habe (gar) nicht vorgelegen, wird in dem Artikel nicht als wahr hingestellt. Die Beklagte zu 2 hatte dem Medizinischen Vorstand der Klägerin zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und hat auch die Position der Klägerin – es habe eine schriftliche Diagnose eines zweiten Mediziners gegeben, das Schriftstück habe aber nicht mehr aufgefunden werden können – wiedergegeben. Schließlich ist der Gegenstand des
Berichts von e r h e b l i c h e m ö f f e n t l i c h e m I n t e r e s s e
und in Wahrnehmung der originären Aufgabe der Beklagten, der Kontrollfunktion der Presse, erfolgt.
Nennen Sie doch einmal ein Gebiet der klinischen Medizin, auf dem es keinen publizierten Wissensstand gibt. Und wenn es das gäbe: Nein, dann gilt die Aussage eines nicht namentlich genannten „Fachmanns“ gar nichts, denn seine Aussagen wären unüberprüfbar und damit wertlos. So etwas weckt Misstrauen, vor allem nach Ihren ebenso zahlreichen wie lächerlichen Andeutungen, dass dieses oder jenes verschwiegen werde. Wie wollen Sie beweisen, oder auch nur glaubhaft machen, dass Sie die Aussage nicht frei erfunden haben?
@ Silvia Matthies
Wenn Sie bitte so freundlich wären zu definieren, was Sie in diesem Kontext unter „zu tun haben“ verstehen. Ich habe keine Lust, Ihren Strohmann abzufackeln.
Zum Thema kann ich mich nur an Fachleute halten und da sehe ich derzeit nur eine Person, die dieses Kriterium erfüllt. Noch dazu ist das eine Person, die sich diese Diskussion gar nicht antun müsste.
Auf der anderen Seite sehe ich eine Person, die sich in ein Thema verbissen hat und auf Gedeih und Verderb eine Story konstruieren will. Weil Sie schon so viel investiert haben, ist es Ihnen wahrscheinlich gar nicht mehr möglich, aber versuchen Sie sich einmal vorzustellen, wie jemand von außen diese Diskussion beurteilen könnte.
#56 RainerO
Auf eine derart schlichte Frage muss ich nicht Antworten.
Danke für die psychologische Deutung, derartige Äußerungen kommen aus meiner Erfahrung meist von der Lobby. Meist in Form von Schreiben an den Intendanten. Für mich gilt: Ich habe meine Punkte allesamt öffentlich-rechtlich artikulieren können. In politischen Magazin-Sendungen und Dokumentationen, abgenommen durch die Rechtsabteilung und mit viel positiver Resonanz aus Fachkreisen. Die wenigen Journalisten, die sich bei dieser Thematik auskennen, ernten regelmäßig ähnliche Vorwürfe wie die Ihren aus bestimmten Kreisen. Manche werden auch mit Prozessen überzogen. Die dann nach einem Prozess-Marathon, wie das BGH-Urteil zeigt, letztendlich durchaus zu Gunsten eines kritischen Journalismus ausgehen ausgehen können.
@ Dr. Mindach
Die Fachleute, mit denen ich im Laufe meiner langjährigen journalistischen Tätigkeit zu tun hatte, haben sich ausführlich vor der Kamera geäußert. Bei Print-Veröffentlichungen werden die Zitate minutiös mit dem Interviewpartner abgesprochen und von ihm autorisiert.
Ich werde in einem Forum wie diesem keine Namen nennen. Da reichen-soweit vorhanden- Fachartikel. Wer die Stellungnahme zum Düsseldorfer Fall verfasst hat, wissen Sie so gut wie ich. Der Tenor: „Es ist leider nichts mehr nachweisbar, weil sich die Beteiligten widersprochen haben“ hat für genügend Furore gesorgt.
Bis auf den des Präsidenten der Bundesärztekammer natürlich. Im Übrigen wäre das auch ganz zweitrangig: nachprüfbare (oder wenigstens nicht vorsätzlich fehlinterpretierte) Fakten würden genügen, in Ihren Fernsehdokumentationen wie in Foren wie diesem. Auf Wiedersehen.
@ Dr. Mindach
Ich persönlich halte Sie für einen Weltmeister im kreativen Behandeln von Fakten.
Zum Beispiel bei den von Ihnen behaupteten „Fakten“ wie den „stinkenden verflüssigten Gehirnen“, die sie noch 2014 so mal nebenbei in einen Text stellen, in dem Sie Dr. Sabine Müller diskreditieren. Obwohl die entsprechende Publikation in Neurology , die genau das widerlegt, schon 2008 erschienen ist.
Jetzt wollen Sie genau das nicht mehr behaupten, eine interessante Eröffnung fast a c h t Jahre später.
Oder Ihre Behauptung in dem Artikel in (Fortschr. Neurolog. Psychiatr. 2015;83(08) 446-450), Shewmon habe angegeben, „corps“ ,also Leichen bekämen keine Mensturation, obwohl Shewmon genau das bei der jungen Amerikanerin Jahi McMath beschrieben hat. Das Mädchen wurde immerhin von 8 Fachärzten lege artis für hirntot erklärt. Schon sehr seltsam.
Nur zur Information: Prof. Montgomery, den ich übrigens schon oft interviewt habe und sehr schätze, ist als BÄK-Präsident juristisch eine „Person der Zeitgeschichte“. Die Namen solcher Personen kann man immer nennen, wenn sie sich öffentlich äußern (Print,TV). Bei anderen, weniger bekannten, muss man es juristisch prüfen lassen.
Für die tiefen Einblicke in die Art und Weise, wie man hier mit kritischen Journalisten umgeht, möchte ich mich bedanken. Ich habe wieder einmal viel dazugelernt.
Ich habe es bildlich vor mir: Was? Nach all den Blindgängern in all den Wochen endlich einmal ein Treffer, und der soll wirkungslos verpuffen? Das kann nicht sein!!
😀
Nachtrag. Inzwischen habe ich das Buch von Dag Moskopp: Hirntod. Konzept – Kommunikation – Verantwortung, Thieme Stuttg. 2015, gelesen. Er belegt die Verflüssigung des Gehirns im Hirntod mit eigenen Fotos und mehreren Nachweisen aus der älteren Literatur (S. 72ff):
Die Formulierung aus meiner Kritik der Müllerschen Thesen: „Man kann aber auch der Ansicht sein, dass es unethisch ist, den Leichnam um seiner selbst willen weiter zu beatmen, wenn sich das Gehirn zu einer übelriechenden Masse verflüssigt hat“ ist also – auch unter Berücksichtigung der aktuellen amerikanischen Fachliteratur – weiterhin gerechtfertigt.
Interessante Lektüre für alle, die darauf bestehen ,dass die Kontroverse um den Hirntod in der Wissenschaft nicht existiert.
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2991823
Auf diesen Text hatten Sie bereits am Vortag in einer anderen Kommentarspalte hier hingewiesen (#116). Ich glaube nicht, dass Ihnen meine zeitnahe Antwort (#117) entgangen ist. Wenn Sie Worte finden müssten, Ihre eigene „Diskussionstaktik“ zu qualifizieren; Frau Matthies, welche würden Sie wählen?