Rachel Holzwarth auf Europatournee: White Ego Medicine Woman verkauft Heilung für das eigene Portemonnaie

surajcloseupRachel Holzwarth hat in ihrem Leben schon viel für Geld gemacht – Kristallschädel, Metatron, pseudofeministische Workshops, und beim indischen Backwahn war sie auch jahrelang dabei. Nach ihrem Sannyasin-Namen „Ma Anand Suraj“ nennt sie sich auch heute noch „Suraj“ Holzwarth. Eines aber kam bei Holzwarth auch für Geld offenbar noch nicht in Frage: ehrliche Arbeit.

Vor ein paar Jahren verlegte sich Holzwarth auf den „Indianertrip“: sie erklärte, dass sie Seneca sei, nannte sich „White Eagle Medicine Woman“ und bastelte eine 2,2 m große Trommel, die sie die „Grandmother Drum“ nennt. Da sollte wohl so etwas wie die Mutter aller Trommeln werden, oder besser: die Mutter aller Lügen. Und davon gab und gibt es bei Holzwarth reichlich. Nicht nur die angebliche Abstammung von den Seneca war erlogen. Holzwarth hatte nichts Handfesteres nachzuweisen als die „Adoption“ durch eine Plastikschamanin; da dies offenbar doch zu peinlich war, änderte sie die Legende und hatte dann geträumt, ihre Vorfahren seien Seneca. Außerdem reklamierte sie – natürlich – die Unterstützung aller möglichen Ältesten und Medizinpersonen überall in Nord- und Südamerika und die Adoption bei den Athabasca (das ist eine Sprachfamilie, aber keine Ethnie), den Yupik, den Aleuten etc. Indigene Ethnien adoptieren nicht, nur Familien oder Einzelpersonen, aber warum sollte sich Holzwarth durch solche Petitessen von geschäftsfördernden Legenden abhalten lassen. Statt dessen behauptete sie überdies, sie habe von den Hopi, den Navaho, den Cheyenne und von der Reservation Pine Ridge die Genehmigung, deren Zeremonien durchzuführen.

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Also schulterte Holzwarth ihre Monstertrommel – pardon: ließ sie ihre Monstertrommel von hilfswilligen Anhängern schultern und tourte durch die USA. Hierfür gründete sie eine gemeinnützige Vereinigung und lässt Veranstaltungen organisieren, die sie „Prayerformance“ nennt. Natürlich gegen Eintritt. Üblich waren ca $ 30-40 pro Person. Die finanziellen Risiken dieser Veranstaltungen überlässt sie gerne den Organisatoren vor Ort – ihre Verträge mit Veranstaltern verlangten z.B. im Jahr 2008 zusätzlich zu Anreisekosten und Spesen für die „Prayerformance“ ein Honorar für den ersten Tag von $ 2.500 bzw. 60% der Einkünfte aus dem Verkauf der Eintrittskarten, je nachdem welche Summe höher lag; für jeden weiteren Tag wurde nochmals ein Tageshonorar von $ 1.500 bzw. 60% aus den Ticketverkäufen gefordert. Zusätzlich behielt Holzwarth 100% der Erlöse aus dem Verkauf von Merchandisingwaren bei den Veranstaltungen. Organisatoren waren aufgrund ihrer Forderungen oft darauf angewiesen, selbst Spenden einzuwerben und freiwillige, unbezahlte Helfer zu finden.

Zusätzlich konnten Anhänger für $ 3.666 pro Person das Recht erwerben, Holzwarth auf Veranstaltungsreisen zu begleiten – mussten aber außerdem für die eigenen Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung etc. selbst aufkommen. Für den „Grandmother Drum“-Zirkus hatte Holzwarth die Whirling-Rainbow-Stiftung gegründet, die als gemeinnützig anerkannt wurde. Trotz dieses Status forderte sie bis 2008, Zahlungen auf das Konto der zuvor von ihr betriebenen „ Alaskan Wilderness Women Foundation“ zu überweisen – allerdings war diese Stiftung bereits 1999 behördlicherseits zwangsaufgelöst worden. Legal oder illegal ist offenbar komplett egal, und nicht nur in dieser Hinsicht.

Im Jahr 2008 kam es bei vielen ihrer Veranstaltungen in den USA zu Protesten von indigenen Amerikanerinnen. Holzwarth telefonierte  grundsätzlich die Polizei herbei und wusste so ziemlich jedes rassistische Fettnäpfchen zu betreten: die anwesenden Indianer hätten nach ihrer Darstellung einen nach Alkohol und Marihuana riechenden Atem gehabt. Beim ersten – von indigener Seite aus gewaltlosen – Protest wurde ein Wampanoag von Polizeibeamten übel zusammengeschlagen, so dass er mit gefesselten Händen auf dem Boden in einer Blutlache lag; Holzwarth tauchte ihre Hände in sein Blut und schmierte dieses auf die Trommel. Darauf wurden die Proteste gegen ihre Veranstaltungen intensiviert und es lief in den USA keine ihrer „Prayerformances“ mehr ohne indianische Anwesenheit.

Die Forderungen von indigener Seite waren: sie solle sich nicht mehr fälschlich als indigen darstellen und aufhören, zu Unrecht indigene Unterstützung für sich zu reklamieren, keine als indigen dargestellten Zeremonien mehr verkaufen, ihre nachgemachte indianische Kleidung (Hollywoodstil) ablegen und keine Adlerfedern mehr benutzen. Auf diese Forderungen ging Holzwarth anlässlich einer Veranstaltung ein und sagte zu, dies künftig zu unterlassen.

Darauf kamen zu einer weiteren Veranstaltung wiederum mehrere indigene Personen, um sich davon zu überzeugen, dass sie ihre Zusagen einhalte, wofür sie sogar Eintrittskarten kauften. Ungeachtet dessen rief Holzwarth den örtlichen Sheriff und verlangte, dass dieser die anwesenden Indianer aus dem Saal entferne. Nachdem der Sheriff vor Ort nachdrücklich feststellte, er habe dazu keinen Anlass, rief Holzwarth die Staatspolizei mit der falschen Anschuldigung, es handele sich bei diesen indigenen Personen um radikale Demonstranten gegen einen anwesenden indianischen Armeeveteranen. Aber auch die Staatspolizei sah nach Befragungen vor Ort keinen Anlass einzugreifen. Dies hielt Holzwarth nicht davon ab, die falsche Anschuldigung bei Anrufen bei der Polizei in der Folge noch mehrfach zu erheben. Weiterhin ließ sie von ihren Anhängern bzw. ihrer Security anwesende Indianer fotografieren, deren Autokennzeichen notieren etc.

Seinerzeit behauptete Holzwarth auch noch auf ihrer Internetseite, die Trommel enthalte die Asche ihrer verstorbenen Anhängerin Amrahla North, die in Australien nach dem Biss einer Giftschlange gestorben war. Dies wurde von indigenen Amerikanerinnen als Entweihung einer Trommel angesehen. Legal war dies aber auch trotz der liberalen Bestattungsvorschriften in den USA nicht und hätte den Behörden ermöglicht, die Einfuhr der Trommel in andere Bundesstaaten zu untersagen. Daher entfernte Holzwarth entsprechende Passagen recht zügig von ihrer Webseite.

Es wurde schnell genug deutlich, dass Holzwarth keinerlei Absicht hatte, sich an Absprachen und Zusagen zu halten. Daher gab es im Mai 2008 nach mehreren Anzeigen bei einer Veranstaltung eine Razzia des US-Deptmt. for Fish and Wildlife, in deren Rahmen bei Holzwarth alle vorhandenen Adler- und Habichtfedern konfisziert wurden – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Holzwarth in keiner Weise gegenüber den Beamten eine indigene Abstammung nachweisen konnte, da sie diese Federn sonst besitzen dürfte.

Natürlich trafen diese Proteste Holzwarth an ganz schmerzempfindlicher Stelle – im Portemonnaie. Etliche geplante Veranstaltungen wurden abgesagt, da die Veranstalter entweder Proteste befürchteten oder durch die indigenen Proteste überzeugt wurden, dass Holzwarth nichts Authentisches anzubieten hatte; andere Veranstaltungen wurden offiziell abgesagt und konspirativ an geheimgehaltenen Orten durchgeführt. Seitdem laufen Holzwarths „Prayerformances“ nur noch in gegen die Außenwelt abgeriegelten Wohnarealen für entsprechend begüterte Weiße und offenbar mit wenig Breitenwerbung.

Dies sieht in Europa und Australien anders aus – obwohl Holzwarth nach eigener Aussage auch in Australien bereits Proteste von Aborigenes zu verzeichnen hatte, von denen sie ebenfalls aufgefordert wurde, ihre Aktivitäten einzustellen. In diesem Jahr wird Holzwarth im Sommer Israel beehren, wo sie nicht zum ersten Mal auftritt. Danach sind Veranstaltungen in Dänemark und Österreich geplant sowie ein „Workshop“ – ein sogenanntes „Drum Keeper’s Initiation Training“ – in Deutschland. Auf der Webseite des „Attersee Friedensfests“ werden für die „Prayerformance“ im September Eintrittskarten zu € 38 verkauft und es wird bereits in Großbuchstaben um Spenden gebeten.

Außerdem können Einzelsitzungen, Heilsitzungen, Zeremonien etc. mit Holzwarth zusätzlich gebucht werden. Eine „Soul Illumination Session“ berechnet Holzwarth mit $ 333 und ein „Private Spiritual Healing Intensive“, das zwischen 1 und 4 Tagen dauern kann, schlägt mit $ 1.111 pro Tag zu Buche.

25 Gedanken zu „Rachel Holzwarth auf Europatournee: White Ego Medicine Woman verkauft Heilung für das eigene Portemonnaie“

  1. Ist der Besitz von Adlerfedern für nicht Indigene in den USA tatsächlich verboten? Das ist mir neu.
    Aber schön, wenn es dadurch gelingt solche PIEP wenigstens in manchen Ländern an der Ausübung ihres Mülls zu hindern.

  2. Die Frau, scheint mir, hat Spaß an ihrer ganz großen Aufführung – und zockt noch ordentlich Geld ab. Das beweist doch mindestens zwei Dinge:
    1. Offenbar haben viele Menschen viel zu viel Geld, und es herrscht im Milieu sozusagen ein permanenter spiritueller Anlagenotstand,
    2. und es ist immer am besten, man glaubt den Mist, den man verzapft, auch selbst, dann finden sich die Trottel, Verzweifelten, Gelangweilten, Verbitterten oder schlicht Kindischen von selbst. Wo ein Guru, da (über kruz oder lang) auch die Schüler*innen.

  3. Scheint ja mächtig Kohle in der Kasse zu landen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Fiskus vorbei, ergo zumindest ein Hinweis beim örtlichen Finanzamt bzw. beim Zoll angebracht. In der Gegend soll es einen recht gut organisierten Skeptikerstammtisch geben 😉 ….., die kritische Bloggerwelt wartet vermutlich. Schon hier nachgehakt – http://www.sektenberatung.at/?

  4. Unsere Bitte für 2013

    Das Friedensfest ist keine auf Gewinn ausgerichtete Veranstaltung, die AkteurInnen verzichten auf ihre Gage. Die ARGE und alle ihre MitarbeiterInnen bringen sich unentgeldlich ein. Einige Beträge sind trotzdem aufzubringen:
    Bühne, Licht- u. Tontechnik
    Verpflegung und Unterbringung der KünstlerInnen
    Werbematerial

    Das alles verlangt bare Mittel. Bitte unterstützen Sie unser Projekt

    Quelle: http://www.attersee-friedensfest.at/index.php/sponsoren

    Wer´s glaubt wird nicht seelig, sondern betrogen. 😀

  5. Der Besitz von Adlern und ihren Bestandteilen ist verboten, weil die Tierarten aussterben.

    Eine Ausnahme hat man nur gemacht für die „Kultur“ der früheren Landbewohner. Wieder ein Beispiel dafür, wie eine Idiotie seelenruhig weitergeführt werden darf, weil sie eine erhaltenswerte „Kultur“ ist. Man sollte das unbedingt für die Kultur der Vivisektion ausweiten und den Senat dem entsprechenden Kulturkreis vollinhaltlich und ausnahmslos zur Verfügung stellen. Für Vampire ist der Senat leider zu blutleer, vor allem im Gehirn.

  6. @ Blubb
    Ich vermute mal, der Besitz von Adlerfedern ist überhaupt verboten und nur ausnahmsweise und mit Rücksicht auf lokales Brauchtum der indigenen Völker erlaubt. Zum einen könnten Verbotsgesetze bestehen, mit denen internationale Artenschutzabkommen umgesetzt werden; zum anderen könnte auch „normales“ Jagdrecht entgegenstehen. Der Besitz von Elefantenstoßzähnen ist an Ort und Stelle auch grundsätzlich verboten, und Seeadler sind mindestens so bedroht wie Elefanten. Und auch nach deutschem Jagdrecht ist es z.B. nicht jedermann erlaubt, sich etwa abgeworfene Geweihe einfach anzueignen.

  7. Die ARGE Attersee-Friedensfest ist eine Arbeitsgemeinschaft, die aus ehrenamtlichen Mitgliedern des Vereins AKULTUM Schörfling besteht. AKULTUM Schörfling ist Mitglied im O.Ö. Volksbildungswerk. Vereinsregisterzahl: 934361252.

    Volksbildung – hört hört!!

    Quelle: http://www.attersee-friedensfest.at/index.php/impressum

    Durch eine Begehung wird die Venusblume aktiviert. Die Bewegung, die dadurch entsteht, vereinigt sowohl die Drehung im Uhrzeigersinn, als auch jene gegen den Uhrzeigersinn. So gehen die beiden Pole, der männliche und der weibliche, zueinander in Resonanz. Du beginnst an der äußeren Spitze eines Blütenblattes und gehst dann, dem Uhrzeiger folgend, zum inneren Stern und von dort wieder nach außen, zum nächsten Blütenblatt (siehe Grafik). So gehst du von Blütenblatt zu Blütenblatt, bis du wieder beim Start ankommst. Es empfiehlt sich, ganz bewusst 5 Umgänge zu machen.

    wieder was gelernt

    Quelle: http://www.attersee-friedensfest.at/index.php/venusblume

  8. ama :Eine Ausnahme hat man nur gemacht für die “Kultur” der früheren Landbewohner. Wieder ein Beispiel dafür, wie eine Idiotie seelenruhig weitergeführt werden darf, weil sie eine erhaltenswerte “Kultur” ist.

    @ama,
    es ist ja mitunter bewundernswert, mit welcher Verve Unfug als der Weisheit mindestens vorletzter Schluss präsentiert werden kann.

    Es handelt sich nicht um die Kultur, sondern um Kulturen im Plural, und diese herabsetzend in Anführungszeichen zu setzen, ist – sagen wir: deutlich. Ebenso wenig handelt es sich um „frühere“ Landesbewohner: die leben tatsächlich heute noch. Außerdem geht es um Religionsausübung – und diese war zum Teil bis in die 1980er Jahre gesetzlich verboten; so lange existiert die Freiheit der Religionsausübung für indigene US-Bürger also noch gar nicht. Außer der „Freiheit“, eine christliche Religion zu praktizieren, versteht sich.

    Im übrigen empfehle ich eine andere „Fach“lektüre als Karl May und Konsorten: um eine Adlerfeder zu erhalten, braucht man keinen einzigen Adler jagen und töten. Aufsammeln reicht. Vererben geht z.B. auch. Traditionell wurde auch kein Adler für eine Feder getötet, sondern ein Adler lebend gefangen und ein paar Federn aus dem Bürzel gezupft, danach durfte der Adler wieder den Abflug machen.

    Da allein der Besitz der Federn aber aufgrund der CITES-Abkommen illegal ist, gibt es für indigene Amerikaner diese Ausnahme. Dafür muß man allerdings eingetragenes Mitglied einer bundesstaatlich anerkannten indigenen Ethnie sein – es reicht nicht hin zu behaupten: ich bin Indianer, also darf ich die Federn haben.

    Und ja: die indigenen Kulturen sind für die Betroffenen durchaus erhaltenswert, und den gegenteiligen Standpunkt der Europäer erleben sie bereits seit 500 Jahren. Das Gleichsetzen mit Vivisektion ist so fehl am Platze wie obendrein geschmacklos und hirnrissig.

    Zum ersten Belesen empfehle ich: http://en.wikipedia.org/wiki/White_privilege

  9. >die indigenen Kulturen sind für die Betroffenen durchaus erhaltenswert,

    Die Inkas und Mays mit ihren Menschenopfer natürlich ebenso wie die mittelalterlichen Europäer mit ihrer Inquisition und Hexenverbrennungen.

    >und den gegenteiligen Standpunkt der Europäer erleben sie bereits seit 500 Jahren.
    Wie wahr.

    >Das Gleichsetzen mit Vivisektion ist so fehl am Platze wie
    >obendrein geschmacklos und hirnrissig.

    Weder noch. Es geht darum, daß Kultur an sich etwas Erhaltenswertes ist. Eben das ist nicht der Fall.

  10. Ama, es hätte Ihnen durchaus auffallen dürfen, dass es gar nicht um Inka und Maya geht. Und belesen Sie sich doch bitte mal ansatzweise – die mit den Menschenopfern waren die Azteken. Allerdings lebten und leben diese wie auch Inka und Maya nicht in Nordamerika. Wenn Sie also mit dem Belesen anfangen, gönnen Sie sich auch ein paar Minuten Geografie. Soviel Achtelwissen verursacht ja den Lesern schon Zahnschmerzen.

    Wie Sie auf den Gedanken kommen, indianische Kulturen seien auf einem Stand wie vor tausenden von Jahren kann man sich schon vorstellen. Auch da irren Sie, nichteuropäische Kulturen entwickeln sich, wie jede andere menschliche Kultur. Dass Sie Vivisektion damit gleichsetzen, dass mal einem Adler eine Feder vom Hintern gezupft wird, ist heftig genug. Nun versteigen Sie sich dazu, die Kulturen der indigenen Bewohner eines Doppelkontinents in Bausch und Bogen als minderwertig und nicht erhaltenswert abzubügeln. Merken Sie noch, was Sie da sagen oder ist die seelische Hornhaut für das Entwickeln von Schamhaftigkeit schon viel zu ausgeprägt?

    Es steht Ihnen selbstverständlich frei, sich als verbohrter, hirnloser und rassistischer Mensch aufzuführen, aber Sie müssen diese geistige Umweltverschmutzung doch nicht ausgerechnet hier verbreiten. Ich würde Ihnen ja gerne vorschlagen, dass Sie Ihre unsäglichen Einstellungen mit den Usern im Forum bei newagefraud.org diskutieren, aber Englisch können Sie vermutlich auch nicht.

  11. @ ama: Weder noch. Es geht darum, daß Kultur an sich etwas Erhaltenswertes ist. Eben das ist nicht der Fall.

    Sie gehen da bemerkenswert leichtfertig und verächtlich mit dem Leben anderer Menschen um. Wie können Sie sich anmaßen, einfach so zu befinden, jemandes Kultur sei nicht erhaltenswert? Was geht es sie an, wie andere Leute wer leben, welche Kultur andere Leute haben? Sie machen es sich arg leicht mit Ihrem Federstrich. Ihre eigene Kultur ist ja nicht betroffen, nicht wahr? Da lässt sich bequem urteilen.

    Natürlich muss man nicht jedes Element jeder Kultur unbedingt für immer erhalten wollen. Aber eine Kultur (oder hier einen ganzen Kulturkreis) einfach so pauschal in den Papierkorb werfen zu wollen, bloß weil man selbst ein bestimmtes (ohne Sachkenntnis unterstelltes) Detail nicht gut findet, ist völlig inakzeptabel.

    Und wenn man einer bestimmten Kultur als nichts Schlimmeres anlasten kann, als dass sie möglicherweise den Bestand einer Sorte Adler gefährdet (was sie anscheinend gar nicht tut, s. Kommentar von Flugfähig), kann es so schlimm ja nicht sein. Da gäbe es gewichtigere Argumente, andere, verbreitetere Kulturen abschaffen zu wollen. Die westliche und diverse asiatische Kulturen bringen auch jede Menge Tierarten an den Rand des Aussterbens (Leerfischen der Ozeane, Medikamente aus Tiger- oder Elefantenhoden usw.). Da sollten Sie konsequent sein.

  12. ok… man kann wirklich niemanden vorschreiben wie er lebt. man sollte sich auch nicht anmaßen anderer Menschen Kultur als nicht erhaltenswert zu wissen. dennoch habe ich persönlich da doch einige Kritikpunkte was Kultur angeht. denn in vielen fällen dient Kultur, mit all ihren Ausprägungen wie Rituelle, Sitten, Bräuche usw. der Abgrenzung zu anderen Kulturen. und manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass um so abgedrehter und schräger die Bestandteile einer Kultur sind, um so wirksamer wird die Abgrenzung. es gibt da zahlreiche Beispiele dafür… z.B. die Himba Frauen besitzen eine künstlich geschaffene Zahllücke. In Bayern gibt es einen Tanz in dem Männer um Kreis stehen, sich auf die Oberschenkel schlagen und gegenseitig in den Arsch treten. Religiöse Beschneidungen von Genitalien usw usw usw. All diese Dinge schaffen ziemlich deutliche und einmalige Erkennungszeichen oder Erkennungs-Tätigkeiten die Menschen zu bestimmten Kulturkreisen zuordnet und anderen gegenüber abgrenzt. das kann schon von Dorf zu Dorf unterschiedlich sein, welche sich sogar in unmittelbarer Nachbarschaft befinden.

    ob das ganze nun positiv ist oder negativ zu betrachten ist, will ich an der Stelle jetzt gar nicht ausdiskutieren. das würde einfach zu lange dauern. außer dem habe ich nicht mal den Bedarf es ausdiskutieren zu müssen… dennoch finde ist die meisten kulturellen Bestandteile zum schreien komisch und irrwitzig. das mag für die Kulturtreibenden vielleicht beleidigend sein aber ich muss auch nicht alles akzeptieren nur, weil es jemanden Kultur ist…

  13. Es ist schon ein wenig erstaunlich, daß auf einer Seite, die zumindest im ideellen Durchschnitt ihrer Benutzer die Aufklärung als ‚historischen Fortschritt‘ vor sich herträgt und sich der Kritik der Esoterik verschrieben hat, eine so richtige wie harmlose Aussage über die Kultur reflexartig als menschenverachtend stigmatisiert wird.

    Das Gegenteil ist m.E. der Fall, wenn Individuen, also individuelle Subjekte wie sie gehen und stehen, in das enge Korsett ihrer ‚Kultur‘ gepresst werden (also unter ein Kollektivsubjekt subsumiert), ist das genauso verachtenswert wie Resultat des oben verlinkten „white privilege“.

    Die indigene Bevölkerungen darben dann halt in Reservaten vor sich hin, weil das nunmal ihre kulturelle (=’natürliche‘) Form der Existenz sei. Aufgrund dieser Auffassung werden die Menschen doch gerade erst ethnifiziert bzw. müssen sich selbst ethnifizieren, denn dieses Brimborium sichert ihre ökonomische Existenz (Sonderrechtsgesetzgebungen in den Reservaten = legales Glücksspiel etc., Touristeneinnahmen durch ‚freiwillige‘ moderne Menschenzoos…). Was natürlich nicht heißt, daß die indigene Bevölkerung der USA für ihre benachteiligte Existenz, die Resultat der Geschichte der Staatsgründung der USA ist, nicht rechtlich kompensiert werden sollte. Das amerik. ‚Jugendamt‘ zahlt – in Wyoming zumindest – Eltern mehr Unterstützung, wenn sie ein indigenes Waisenkind adoptieren – was ich für eine sinnvolle Maßnahme halte, weil es dadurch gerade dem Sog seiner ‚Kultur‘ entkommt.

    D.h. die Kritik an der durchgeknallten Indianerin mit ihrer Monstertrommel sollte an den Vorstellungen von ‚authenthischer Kultur‘ ansetzen, aus der sie nämlich ihre Verkaufskraft bezieht. Die Vorstellung, eine irgendwie ursprünglichere Kultur, die noch nicht durch den dünne Firnis der Zivilisation verschüttet sei, enthalte mehr ‚Spiritualität‘ etc., weil man noch nicht so entfremdet sei von Natur und Herkunft, das sind alles Merkmale, mit denen man auch indigene Bevölkerung rassifiziert. Was gerade nicht Gegenstand der Kritik sein sollte, ist das Argument, sie sei ja gar keine ‚echte Indianerin‘ – das ist schon dem Kitsch der Kulturen auf den Leim gegangen.

  14. >gnaddrig
    > 3. Juli 2013, 11:06 | #13
    >>@ ama: Weder noch. Es geht darum, daß Kultur an sich
    >> etwas Erhaltenswertes ist. Eben das ist nicht der Fall.

    >Sie gehen da bemerkenswert leichtfertig und verächtlich
    >mit dem Leben anderer Menschen um.

    Eben gerade DAS nicht! Das Leben und die Kultur sind nicht dasselbe!

    >Wie können Sie sich anmaßen, einfach so zu befinden,
    >jemandes Kultur sei nicht erhaltenswert?
    >Was geht es sie an, wie andere Leute wer leben,
    >welche Kultur andere Leute haben?

    Ja, die Ohnemichels und ihre Zwillinge Ichhabnichtsgesehen…

    http://www.martin-niemoeller-stiftung.de/4/daszitat/a31

    [*QUOTE*]
    ——————————————-
    Artikel vom 22. 9. 2005
    „Als die Nazis die Kommunisten holten…..“

    Das Zitat

    Viel zitiert, oft abgewandelt, manchmal missbraucht, immer noch aktuell: das berühmte Zitat Martin Niemöllers

    „Als die Nazis die Kommunisten holten,
    habe ich geschwiegen,
    ich war ja kein Kommunist.

    Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
    habe ich geschwiegen,
    ich war ja kein Sozialdemokrat.

    Als sie die Gewerkschafter holten,
    habe ich geschwiegen,
    ich war ja kein Gewerkschafter.

    Als sie mich holten,
    gab es keinen mehr,
    der protestieren konnte.“
    ——————————————-
    [*/QUOTE*]

    Sich zu echauffieren, weil die Kultur fordert, Kindern die Geschlechtszeile zu zerstören, UND GLEICHZEITIG das Eingreifen in Kulturen zu verdammen, das ist die wahre Kunst.

  15. Ich möchte freundlich anregen, sowohl die sich abzeichnende erneute Beschneidungsdebatte als auch die Diskussion der Fragestellung, ob und unter welchen Bedingungen Kultur erhaltenswert ist, nicht hier, sondern, falls in der Hinsicht Diskussionsbedarf besteht, im Forum zu führen.

    Die Anmeldung da ist unbürokratisch, kostenfrei und benötigt nur eine E-Mail-Adresse.

    Der Kommentarbereich hier im Blog ist für derartige Diskussionen nur sehr bedingt geeignet, und sollte daher möglichst der Diskussion des eigentlichen Themas des Artikels (hier die Tätigkeit der Frau Holzwarth) vorbehalten bleiben.

  16. Danke für den Service, bayle. Ich für meinen Teil würde lieber hier im Kommentarbereich weiter diskutieren, gelobe aber auch die Kulturdiskussion im weitesten Sinne auf Indianer-Imitation zu beschränken, also auf die schlechte Voraussetzung, diese Karl-May-Kostümträgerin unter den Vorzeichen des „richtige versus falsche Indianer“ zu kritisieren.

    Bevor hier wieder Beschneidungsgedöns breitgetreten wird, wäre ich auch dafür, diese Debatte lieber zu beschneiden.

    Falls sich das dann gar nicht verhindern lässt, würde ich mich im – mir zu zeitraubenden – Forum zu Wort melden.

  17. Liebe Leute von Psiram; was haltet ihr eigentlich davon, wenn man euren vorzüglichen Artikel über diese Plastikschamanin druckt und kopiert und auf einige ihrer Veranstaltungsplakate klebt?
    Damit einige Passanten auch mal die andere Seite dieser Schwurbeltante kennenlernen.
    Oder gäbe es da rechtliche Bedenken?

  18. @ ama: Leben und Kultur sind natürlich nicht dasselbe, aber sie sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn Sie Leuten ihre Kultur nehmen oder zusammenschneiden wollen, greifen Sie damit unweigerlich tief in ihr Leben ein. Das kann auf manche Leute anmaßend wirken.

    Dass nicht jedes Element einer Kultur unbedingt gut und erhaltenswert sein muss, schrieb ich bereits. Schwierig ist es aber, die Grenze zu ziehen, ab der man von außen eingreift (eingreifen darf, kann, sollte, muss, wie auch immer). Ich habe da keine Patentrezepte, aber ich tue mich schwer damit, eine Kultur (oder Elemente davon) einfach so als „nicht erhaltenswert“ abzutun. Umsomehr, wenn Angehörige einer privilegierten Gruppe (hier – unterstelle ich mal, ich kenne Sie ja nicht – Weiße/Europäer) einer seit Jahrhunderten verfolgten und systematisch übervorteilten Gruppe (amerikanische Ureinwohner) weismachen wollen, ihre Kultur sei – im Gegensatz zu unserer – eben unsinnig und gehöre entsorgt.

    Was den Widerspruch zwischen dem sich Echauffieren über Genitalverstümmelung und der Forderung, nicht in Kulturen einzugreifen angeht: Da kommt es auf die Verhältnismäßigkeit an. Die Verstümmelung von Menschen, noch dazu unter meist katastrophalen hygienischen Bedingungen, ist nicht tolerabel, das Sammeln von Federn, gerade wenn dabei keine Vögel getötet werden, ist egal, das ist kaum vergleichbar.

    Vielleicht habe ich Ihren Satz „Es geht darum, daß Kultur an sich etwas Erhaltenswertes ist. Eben das ist nicht der Fall.“ aber auch missverstanden und sie meinen mit „nicht erhaltenswert“ tatsächlich nur, dass nicht jede Kultur vollumfänglich und unter allen Umständen erhalten werden muss, anstatt, wie ich es verstanden hatte, dass bestimmte Kulturen (hier eben die betreffende indianische) unnütz sind und entsorgt gehören. Dann hätten wir grandios aneinander vorbeigeredet.

    Um nochmal auf das Thema des Artikels zurückzukommen: Das Verhalten von Frau Holzwarth ist, ganz gleich was man von egalwelcher Kultur hält, eine Sauerei. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie dreist manche Leute sind.

  19. @ Oliver

    Wer so aufklebt, dass es nicht mehr beschädigungsfrei ablösbar ist, begeht eine einfache Sachbeschädigung. Die wird aber nur auf Antrag hin verfolgt. Antragsberechtigt ist der, dem das Plakat gehört. Und da wird es völlig irr: Plakate werden „wesentliche Bestandteile“ zum Beispiel der Plakatwand oder des Trafokastens oder von allem sonstigen, worauf sie aufgeklebt sind. Das heißt: meistens der Gemeinde. Höchstens die könnte Strafantrag stellen. Verwenden die Veranstalter eigene Plakatständer, könnten sie selbst.

    Eigentlich kann man nur sagen: nehmt Tesa, dann ist es insoweit ok. Formalbeleidigungen oder falsche Tatsachenbehauptungen sollten bei so etwas natürlich nicht drinstehen, sonst wäre es Beleidigung oder üble Nachrede.

  20. „dass bestimmte Kulturen (hier eben die betreffende indianische) unnütz sind und entsorgt gehören.“

    Die Aussage würde ich so unterschreiben. Maßstab der Kritik ist dabei nicht das Ausspielen einer vermeintlich überlegeneren gegen eine vermeintlich minderwertige Kultur (oder Hoch- vs Subkultur), sondern das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft. Individuell darf sich jeder gerne Adlerfedern umhängen und daran glauben, dadurch mit Ahnen/Geistern/Göttern oder was auch immer in Verbindung zu stehen, aber im Namen der Kultur darf keine Einschränkung des Individuums geschehen. Funktionieren kann das natürlich nicht mit einem autoritären Eingriff, sondern indem die gesellschaftlichen Bedingungen dafür geschaffen werden. Aber diese Frage der Umsetzung/Praxis berührt ja erstmal nicht die Analyse der Notwendigkeit einer ‚Entsorgung‘ von Kulturen.

  21. Nachdem das alles völlig entgleist, sind die Kommentare jetzt hier dicht. Wer weiter diskutieren mag, soll das im Forum tun, siehe Link von bayle oben.

Kommentare sind geschlossen.

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