Denn wenn es einen Anlass zum Scherzen gibt …

    Heverts Rezept für gesunde Geschäfte

 

Skeptikern wirft man ja gerne vor, sie seien humorlos. Und da wir unter Atheismus-Generalverdacht stehen, unterstellt man uns auch, dass wir so gar kein Verständnis für Rituale, Zeremonien und Feiertage, den Kitt zwischen den Ziegeln des menschlichen Zusammenlebens, hätten.

Das empfinden wir als sehr ungerecht.

Denn wenn es einen Anlass zum Scherzen gibt, schmunzeln wir gerne einmal. Echte Fröhlichkeit kommt aus dem Herzen. Wir sind heitere … Menschen und freuen uns gemeinsam.

Und genau so begehen wir auch unsere Feiertage! Gemeinsam. Mit echter Fröhlichkeit. Aus. Dem. Herzen.

Jedes Jahr im September zum Beispiel mieten wir uns alle Mann in ein Tagungshotel irgendwo auf dem platten, planierten Land in Norddeutschland ein und begehen den „Massenrausch von Handeloh“, indem wir uns auf ein vereinbartes Zeichen die Klamotten vom Körper reißen, rausrennen und im Gras wälzen. Wir erfreuen uns an all‘ den bunten Farben, von denen die meisten die Lampen oben auf den Tatütatatas sind und danken den Heilpraktikern dieser Welt, dass sie uns diesen Tag geschenkt haben.

Unser höchster, unser allerhöchster Feiertag ist aber die Verleihung des Goldenen Aluhuts! Schon Wochen vorher werden Wiki-Artikel auf Hochglanz gebracht. Im inoffiziellen Wettbüro des Psiram-Bergwerks herrscht Hochbetrieb, denn natürlich möchte jeder von uns „seinen“ Aluhut auf der Ziellinie sehen. Sagt’s nicht weiter, denn unseren Wiki-Bewohnern erzählen wir immer, dass wir sie alle gleich lieb haben, aber auch wir sind nur … menschenähnlich. Da passiert es schon mal, dass einem der eine oder andere Wiki-Bewohner ganz besonders an’s Herz wächst und dann möchte man natürlich miterleben, dass seine Lebensleistung angemessen gewürdigt wird! Das ist doch nur … menschenähnlich.

Dabei fällt mir auf: Warum wird eigentlich nie einer von uns eingeladen, die Laudatio zu halten, hä? Immerhin sind wir gut zu erreichen, die Einladung könnten die Organisatoren ja wohl auch einfach an unsere Geschäftsadresse in …

… Moment, der Wikisysop fuchtelt wild mit den Armen und versucht mir irgendwas zu sagen. Er steht hinter einer dicken Glasscheibe, deswegen kann ich ihn nicht hören. Aber aufgrund seiner Lippenbewegungen vermute ich, dass er mir etwas mit „A“ am Anfang zubrüllt. Das ist ein „Aaaah“, gefolgt von einem „Ennnn“, dann ein „Ooooh“, dann wieder ein „Ennn“, dann ein … ist das ein „Iiiiieh“???

Oh.

Nun gut.

Wir müssen ja nicht die Laudatio halten, sondern können uns darauf beschränken an den Tabletgeräten mitzufiebern.

Am Tag der Tage werden morgens schon die langen Fußketten rausgeholt, so dass wir unsere Schreibtische verlassen können und im Laufe des Tages versammeln wir uns, aufgeregt wie kleine … wie menschenähnlicher Nachwuchs unterdurchschnittlicher Größe, um den Schreibtisch unseres Wikisysop und warten auf die Verkündigung. Es wird Google News aufgerufen, „Preisverleihung“ eingegeben und dann immer und immer wieder „F5“ gedrückt, in der bangen Hoffnung, dass wir nach dem nächsten Refresh endlich mehr wissen.

Apropos, am Montag war da wohl noch was mit einer Preisverleihung. Irgendwas mit Skandinavien, Dynamit und der Bekämpfung der weltweiten Armut, oder so. Aber wie wichtig wird das schon gewesen sein?

Gegen Nachmittag endlich die frohe Kunde. Als die diesjährigen Preisträger bekanntgegeben werden, bricht im sonst so stillen Bergwerk spontaner Jubel aus. Ein verdienter erster Platz in der Kategorie „Medizin und Wissenschaft“, die dieses Jahr umbenannt werden kann in „Medizin und Wissenschaft und BWL“! Denn Hevert gewinnt die Herzen der … Menschenähnlichen nicht nur in der Pflicht, sondern ganz klar auch in der Kür.

Wir waren schon sehr beindruckt, als Hevert die Unterlassungserklärungen rausschickte, um sein ganz eigenes Verständnis von Wissenschaft durchzudrücken. Und noch beindruckter waren wir, als wir erfahren haben, dass es unserem tapferen, kleinen Süßwarenhersteller gelungen ist, einen alternativen Zugang zu einer Disziplin zu finden, die wir immer für immun gegen Geschwurbel gehalten haben: Das Marketing! Denn Hevert erbat sich von den Angeschriebenen einen Gefallen: Sie sollten doch bitte so freundlich sein und im Rahmen ihrer absolut ungerechtfertigten Kritik den Namen des Unternehmens erwähnen – immerhin sei auch schlechte Publicity Publicity.

Well, mission accomplished, würden wir sagen.

Seit dem 5. Juli ruht übrigens der Hevert-Twitter-Account still wie der See.

Ein Zufall?

Wir denken nicht.

Wir tippen eher auf einen Social-Media-Manager, der seitdem in Embryonal-Stellung verharrt und den Tag verflucht, als er bei der örtlichen VHS einen Kurs in „StudiVZ, MySpace und Monster – sich in sozialen Netzwerken modern und ansprechend präsentieren“ belegte.

Da wir bekanntermaßen edel sind, hilfreich und gut, wollten wir eine Empfehlung für die vakante Stelle aussprechen.

Und unsere Nominierung für’s nächste Jahr abgeben.

Read on: Healthwatch Newsletter #110 (PDF)

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