Im Standard startet heute eine zwölfteilige Serie, in der es um Behandlungsmethoden aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) geht. Exklusiv berichten wird Evemarie Wolkenstein, die im Ankündigungstext, den Sie natürlich auch gleich selbst verfasst hat, als „Ärztin für Allgemeinmedizin und Präsidentin des Vereins für komplementäre Präventionsmedizin“ vorgestellt wird. Sie wird anhand von „Patientengeschichten aus Ihrer Praxis“ zeigen, wie TCM funktioniert.
Frau Wolkenstein betreibt das „Institut Wolkenstein“ , zu dem auch direkt auf der Ankündigungsseite der Serie verlinkt wird. Es handelt sich um eine privatwirtschaftliche Praxis, die sich auf die Schwerpunkte Medizin, Ernährung, Bewegung und Entspannung nach Methoden der TCM spezialisiert hat.
Die „Bezahlung erfolgt bar, mittels Bankomat- oder Kreditkarte“, keine Kassen.
Was ist von dieser Serie auf standard.at zu erwarten, außer einer zwölfteiligen Werbung für dieses Institut, wenn nicht direkt, so doch zumindest über ausführliche Beschreibung der Methoden, die dort angewendet werden?
Kein PR-Manager würde es schaffen, sowas in einer selbst so genannten Qualitätszeitung, und sei es auch nur in der Onlinesparte, zu platzieren. Dahinter muss System stecken.
Nun ist es im Standard-online des Öfteren so, dass alternativmedizinische Methoden auffällig kritiklos dargestellt werden. Das führt immer wieder zu Richtigstellungen durch Leserkommentare und –diskussionen. Eigentlich eine Arbeit, die man schon von einer Redaktion erwarten dürfte, die an einer realitätsnahen Darstellung interessiert ist.
Offenbar ist das aber nicht der Fall, wie auch an diesem Beispiel zu erkennen ist. In einem kritischem Kommentar wurde hinterfragt, warum einem privatwirtschaftlichen Institut eine zwölfteilige, mutmaßliche Werbeserie eingeräumt wird. Dieses Posting wurde umgehend gelöscht und die Möglichkeit den Artikel zu kommentieren, wurde gesperrt. So etwas ist bei Standard-online eigentlich völlig unüblich.
Auf eine Nachfrage per E-Mail, warum man denn so gereizt reagiere, antwortet die Ressortleiterin Dr. Regina Philipp wie folgt:
neben schulmedizinischem Wissen auch mit komplementärmedizinischen Methoden
auseinander und wir behalten uns vor angriffslustige und beleidigende
Postings aus dem Forum zu löschen.
Eine weitere Nachfrage, wie denn wohl eine „Auseinandersetzung mit komplementärmedizinischen Methoden“ in einem „seriösen Medium“ aussehen soll, wenn sogar schon die Ankündigung der Serie von der Expertin selbst verfasst wird, blieb unbeantwortet. Es ist nicht zu erkennen, dass es eine „Contra-Position“ geben wird und kritische Worte sind von Frau Wolkenstein selbst wohl kaum zu erwarten. Dabei werden im Institut Wolkenstein durch die Bank Methoden angewendet, die mindestens hoch umstritten sind, in den meisten Fällen sogar wissenschaftlich widerlegt, wie die Homöopathie (wie auch immer die ins traditionelle China gekommen ist) oder die Zungendiagnostik.
Aber glücklicherweise gibt es ja EsoWatch! Und wenn der Standard eine zwölfteilige Serie starten kann, können wir das auch. Wir werden also jeden Teil der Serie mit einem eigenen Beitrag begleiten, in dem wir uns gebührend mit dem auseinandersetzen, was Frau Wolkenstein da so schreibt und dem Standard die lästige Arbeit abnehmen, nachzuprüfen, was sie veröffentlichen. Das ist von Journalisten schließlich auch wirklich nicht zu erwarten. Wo kämen wir denn da hin?
Los geht es mit einem ganz typischen Thema, dem Reizdarm. Da weiß man nicht genau, warum man den hat. Die Beschwerden kommen und gehen, was besonders schön ist, um verschiedene Methoden auszuprobieren. Und die Psyche spielt auch keine unwesentliche Rolle. Allzu gefährlich ist der Reizdarm auch nicht, solange er nicht als Symptom einer schwereren Grunderkrankung auftritt – aber das wird sich mittels Zungendiagnostik sicher leicht ermitteln lassen…
Laut Eigendarstellung ist Frau Dr. Wolkenstein "Verfasserin zahlreicher Studien auf dem Sektor der Komplementärmedizin".
Auf Pubmed finden sich für den Namen Wolkenstein E gerade mal 3 Publikationen, davon nur eine als Erstautorin. Zwei der Veröffentlichungen scheinen im Wesentlichen ident zu sein (es handelt sich um eine Studie, die belegen soll dass "echte" Akupunktur besser wirkt als "sham").
Die dritte kommt laut Abstract zu keinem positiven Resultat (und hat’s auch grade mal in die Wiener klinische Wochenschrift geschafft): "The objective and subjective results of the allergen-provocation in the VCC were not able to verify a protective effect of the acupuncture therapy. … The range of scatter was too great for a statistically significant result."
Also wissenschaftlich so gut wie nichts geliefert – somit müssen wie bei CAM-Jüngern üblich die selbsterzählten Einzelfallstories herhalten. Für’s Business wird’s schon reichen.
Über diese Serie hab ich mich auch schon total aufgeregt! Danke, dass ihr das wenigstens hier richtigstellen wollt, wenn man das beim Standard schon nicht mehr darf!
@Hlodyn
Beim ersten Teil der Serie kann man wieder kommentieren:
http://derstandard.at/12592…
Ah schön, schon erledigt 😉 Danke
"Die Domäne der Akupunktur ist es, im konkreten Fall einen Ausgleich von Herz und Dünndarm zu bewirken und damit das Problem kausal zu beheben. "
Der Dünndarm rückt den TCM/Akupunktur Therapieansatz gleich
an die richtige Position – ist irgendwie alles Sch….-
So schon tausendmal gelesen, super das Ihr euch dranhängt. Bin gespannt.
Energetische Grüße
Euer Einsatz erinnert mich an einen alten Spruch:
"Was kümmert es die stolze deutsche (hier wohl östrerreichische) Eiche wenn sich die Wildsau an ihr wetzt."
Vielleicht fragen Sie mal bei Frau Wolkenstein nach?
Wir besorgen dem Onlinestandard doch gerne ein paar zusätzliche Klicks. Da sind wir Kumpel.
Frage zum "Standard", für unsere deutschen Leser:
Welchen Stellenwert hat diese Journaille in Österreich, mit welchem deutschen Medium wäre das vergleichbar? Werbung für Quacksalbereien gibts auch gelegentlich in der Apothekenumschau, daran hat man sich schon gewöhnt – das lohnt keine 12-teilige Artikelserie. Warum gerade der Standard?
http://derstandard.at/12169…
Im gedruckten Standard haben sie J. Randi interviewt.
Die Onlineversion ist teilweise so schlimm.
@Boris: Der Standard ist eigentlich DAS Vorzeigeblatt Österreichs.
Siehe den Gründer Oscar Bronner:
http://de.wikipedia.org/wik…
Um so schlimmer, das die Online-Ausgabe so furchtbar ins banal-esoterische abgleitet.
Verstehe. Werde mich dort bei Gelegenheit dann auch ein bisschen einbringen 😉
Österreich scheint anders zu sein; die Akkreditierung einer Privatuniversität zu TCM ist nur deshalb abgelaufen, weil die keinen Verlängerungsantrag eingebracht hatten.
Dass sowas überhaupt als Privatuni anerkannt wurde grenzt an institutionalisierten Wahnsinn…
http://www.akkreditierungsr…