Mal wieder Homöopathie

Über den hartnäckigen Blödsinn Homöopathie findet sich seit ein paar Jahren zum Glück auch immer mehr Rationales und Kritisches im Netz. Irgendwie fällt es da schwer sich etwas Originelles und Lesenswertes zum Thema auszudenken. Doch zum Glück gibt es Vince Ebert, der in der Frankfurter Rundschau über Huschi-Fuschi-Medizin herzieht und die ganzheitlichen Köthener Stadtplaner, die endlich zeigen, was sie mit homöopathischer Stadtplanung eigentlich meinen.

Satire:

Huschi-Fuschi-Medizin

Auch der alte Spruch „von nix kommt nix“ gilt bei den sanften Heilern nicht mehr. Homöopathen – die absoluten Popstars der Huschi-Fuschi-Medizin – sehen die Sache ganz anders. Denn die arbeiten mit dem Prinzip der Hochverdünnung: Je dünner die Beweise für die Wirksamkeit der Homöopathie, desto populärer wird sie. Homöopathie ist so, wie wenn man in Frankfurt einen Autoschlüssel in den Main wirft und in Würzburg versucht, mit dem Mainwasser das Fahrzeug zu starten.

fr-online 28. April 2010: Mit aller Härte zur sanften Medizin

Realsatire:

Den Anfang der Therapie machte, wie in der Homöopathie üblich, eine Anamnese. Ein Team aus Stadtplanern und homöopathischen Ärzten führte dazu Gespräche mit den Bewohnern der Ludwigstraße – den „Patienten“. Da diese die Situation in der Straße als gar nicht so schlimm einstuften, griffen die Therapeuten auf das homöopathische Prinzip der „Impulssetzung“ zurück. „Wir klebten an alle Häuser ein Plakat mit der Info: Dieses Haus wird abgerissen“, berichtet Kösters. Die Anwohner der Ludwigstraße sollten erkennen, wie prekär die Lage ist. „Es gab aber kaum eine Reaktion – unser Mittel war falsch gewählt.“
Also habe man einen noch stärkeren Impuls gesetzt und an einem dunklen Dezemberabend für 15 Minuten die Straßenlaternen an der Ludwigstraße ausgeschaltet – getreu dem homöopathischen Prinzip der „Erstverschlimmerung“ durch temporäre Verstärkung der Symptome, um so den Körper des Patienten – hier die Bewohner der Ludwigstraße – dazu zu bringen, selbst für einen Ausgleich zu sorgen. Und siehe da: Diesmal passten Mittel und Dosierung. „Auf der anschließenden Anwohnerversammlung tobte sprichwörtlich der Volkszorn, die Apathie war durchbrochen.“ In den folgenden Wochen seien an die 50 verschiedene Projektvorschläge und Anfragen bei der Stadt eingegangen, wie der Verfall der Ludwigstraße gestoppt und der drohende Abriss vieler Wohnhäuser verhindert werden konnte.

Ärzte Zeitung, 21.04.2010: Stadt auf dem Sterbebett – Köthen setzt auf die Homöopathie

Homöopathische Stadtplanung soll das sein?
Na ja, „Impulssetzung“ als homöopathisches Prinzip haben die Stadtplaner anscheinend mal eben neu erfunden. Beim Herrn Hahnemann findet sich dieses Wort nicht, der schrieb über Potenzierung und simile-Prinzip. Plakate brachten es nicht, da drehte man den Anwohnern einfach mal die Straßenbeleuchtung ab, damit die endlich kapieren, wie beschissen es ihnen gefälligst zu gehen hat. (Man stelle sich mal die „Erstverschlimmerung“ bei Anwendung dieser Methode in Pariser Vororten vor!) Wieso haben die eigentlich die Dosis erhöht und einen „stärkeren Impuls“ gewählt? Weniger und kleinere Plakate wären doch viel homöopathischer gewesen?
Wenn die einfach viele kleine weiße Zettel (mit homöopathischer Tinte bedruckt, denn: Information ist alles!) in der Ludwigstraße aufgehängt hätten, würde doch die Wirkung viel nachhaltiger ausfallen.

Schöne Ideen für neue und starke Impulse gibt es schon viel länger. Man könnte zum Beispiel versuchen, mit Säcken Licht ins fensterlose Rathaus zu tragen:

»Daß ich aber«, sprach der gemeldete Schildbürger, »diese Geschichte auf unser Vorhaben anwende: Wer weiß, ob die Luft und der Tag sich nicht in einem Sack tragen ließe, gleichwie das Wasser in einem Eimer getragen wird. Unser Keiner hat es jemals versucht, darum, wenn es euch gefällt, so wollen wir dran gehen. Geräth es, so haben wir allzeit Vortheil davon und werden als Erfinder dieser Kunst großes Lob erwerben. Gelingt es aber nicht, so ist es doch zu unserm Vorhaben, der Narrheit wegen, ganz dienstlich und bequem.«
Dieser Rath gefiel allen Schildbürgern solchermaßen, daß sie beschlossen, ihm eilends nachzuleben. Sie kamen also nach Mittag, als die Sonne am heißesten schien, unfehlbar Alle vor das neue Rathhaus, Jeder mit einem Geschirre, damit er den Tag zu fassen und hineinzutragen vermeinte. Etliche brachten auch Picken, Schaufeln, Karsten, Gabeln und anderes Geräthe mit, zur Fürsorge, damit ja kein Fehler begangen würde.

Zehntes Kapitel
Wie die Schildbürger Rath schlugen, das Licht in ihr Rathhaus zu tragen.

19 Gedanken zu „Mal wieder Homöopathie“

  1. Wenn man also dem Beispiel der Köthener Stadtplanung folgt, könnte eine ausgebliebene Erstverschlimmerung bei homöopathischer Behandlung auch durch einen gepflegten Schlag in die Kauleiste oder Magengrube des Kunden ersetzt werden.

    Das Argument überzeugt. Ab morgen werde ich Homöopath.

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  2. Homöopathische Stadtplanung zur Verhinderung des Bevölkerungsrückganges wäre doch eigentlich, dass man den Leuten das Kinderkriegen verbietet, öffentliche Einrichtungen dichtmacht, die Einwohner zwangsumsiedelt und die Stadt bis auf eine homöopathische Bevölkerungs- und Bebauungsdichte plattmacht.

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  3. Man entschuldige bitte meine Ahnungslosigkeit: ist das mit der Stadtplanung nun Satire oder real?? Der Inhalt klingt nach Satire, der Ton nach Realität.

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  4. SPON zitiert esowatch:

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,691857,00.html

    „Der 83-jährige Yogi Prahlad Jani aus Indien behauptet, seit über 70 Jahren nichts mehr gegessen und getrunken zu haben

    Damals hieß es, Jani ernähre sich seit seinem achten Lebensjahr von aus einem Loch im Gaumen strömender Flüssigkeit, die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ersetze. Die Ärzte hätten den Austritt von Flüssigkeit aus einem Gaumenloch bestätigt, diese aber nicht analysieren können, hieß es. Die genauen Ergebnisse des Versuchs von 2003 wurden offenbar nicht bekannt, wie Esowatch berichtet.“

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  5. cohen :
    Köthen oder Schilda?

    Homöopathie ist wirklich Köthens Konzept für eine goldene Zukunft.
    http://www.koethen-anhalt.de/index.php?id=104003000043

    Mmmmhhh … dort heisst es: „In Zeiten sinkender Einwohnerzahlen, also schrumpfender Städte, …“. Nach Hahnemann hiesse dies nun „Gleiches mit Gleichen“: Wenn man also ca. 1/10000000 Viagra Pille in die staedt. Trinkwassersorgung geabe, wuerden nun Kinder ohne Ende geboren.

    Oder habe ich dabei etwas falsch verstanden?

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  6. Achso … schon: Etwas gegenlaeufiges – also z.B. 1 µg Methamphetamin (sicherer Potenzschwaecher – siehe „Tina Dick“) in die Trinkwasserversorgung …

    Entschuldigung fuer das Doppelposting: Aber die Hoemopathen-„Logik“ ist so verquer, dass man da schon mal in die falsche Richtung schiesst.

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  7. Pingback: Tweets that mention EsoWatch » Mal wieder Homöopathie -- Topsy.com
  8. Ausgehend von der Richtigkeit der im Artikel genannten Informationen, muss man zugeben, dass der gewünschte Effekt erzielt wurde. Ob die Methoden jetzt diesen oder jenen Namen tragen ändert scheinbar nur in den Köpfen der Kommentatoren etwas. Lässt man mal den Kontext der Homöopathie beiseite, reden wir hier schlicht weg von zweckdienlich eingesetzter, subtiler Manipulation.

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  9. Pingback: Derangierte Einsichten - Homöopathie in der Städteplanung
  10. …und wer den Initiationsimpuls aus seiner Analyse ausklammert verschließt die Augen vor einem fundamentalen Element des Prozesses. Das nennt man dann auch Cherry Picking.

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  11. Vielleicht sind/waren die Anwohner seelischen blockiert! Da hätte rein theoretisch „murus berlinensis C 30“ Abhilfe schaffen können. Ein paar Globuli in Tütchen ….und diese gratis (z.B. als Beilage im örtlichen Käseblatt) an alle Haushalte verteilt…. Das hätte bestimmt auch geholfen!

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