Akupunktur voll im Trend

Yin-Yang, die Nadeln und der Thai-Wahn

Akupunktur liegt voll im Trend. Fernost-Medizin ist ganz einfach hip. Dieser Entwicklung wollen sich viele moderne Krankenhäuser nicht verschließen.

Von Ronny Teutscher

Alles, was irgendwie traditionell aussieht, findet sich im hiesigen Gesundheitsbereich wieder. Fernost ist Fernost und China, Tibet oder Japan sind ja nahezu identisch. Irgendwie. Diesem Trend wollen sich natürlich viele moderne Krankenanstalten nicht ganz verschließen. Auch wenn man keine Ahnung von der Materie hat. Es genügt schon, ein paar Gegenstände anzuschaffen, ein paar Sachen umbenennen.

So wird man von der Spitalsküche ein „Traditionell Chinesisches Mittagsmenü“, inklusive Pflaumenwein aufgetischt bekommen, auf der Psychiatrie kann man sich seinen „Thai-Wahn“ behandeln lassen und am Eingang zur Pathologie steht „Platz des Himmlischen Friedens“. Die „5 Elemente der Oberschwester“ bestehen aus Blasentee, Badewasser, Seifenlauge, Kaffee für die Patienten und Kaffee für die Schwestern.

Das Schweigen des Oberarztes bei der Morgenvisite wird ab sofort als „Meditation“ verstanden und im Labor kommt das Blut in die „Zen“-trifuge. Fernost trifft auf hiesige Krankenhauskultur – das ist Brutalität.

Ärzte Zeitung, 02.11.2009

Das, was in dieser lustigen Glosse aus der Ärztezeitung steht, stimmt. Alternativmedizin (Doktorspiel ohne nachgewiesene Wirksamkeit) liegt im Trend und die Angebote werden als Marketinginstrument und zusätzliche Einnahmequelle gebraucht. Die Akupunktur ist eine der prominenteren Vertreterinnen mit fernöstlichem Mystikbonus. In der „Nature neuroscience“ erschien vor kurzem der Artikel: „Adenosine A1 receptors mediate local anti-nociceptive effects of acupuncture“, der zeigt, wodurch die schmerzhemmende Wirkung zustandekommen kann. Am Mausmodell konnten die Forscher zeigen, dass die Verletzungen durch die Nadeln einen schmerzhemmenden körpereigenen Soff freisetzen. Das Brimborium um die Meridiane und die mysteriöse Lebenskraft Chi wird dadurch nicht gerade plausibler. Warum diese Akupunkturstudie keine richtige Akupunkturstudie, sondern tierexperimentelle Grundlagenforschung war, steht auf deutsch im Blog Plazeboalarm.
Wie sich diese neuen Ergebnisse in das Gesamtbild einfügen, werden wir sehen.
Heiß diskutiert wird das Thema in den amerikanischen Blogs:
http://www.theness.com/neurologicablog/?p=2015
http://scienceblogs.com/insolence/2010/06/when_what_an_acupuncture_study_shows_is.php
http://blogs.discovermagazine.com/notrocketscience/2010/05/30/a-biological-basis-for-acupuncture-or-more-evidence-for-a-placebo-effect/

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