Der Standard, eine österreichische Tageszeitung, ist an und für sich kein schlechtes Blatt. Aber wie es scheint, muss die Gesundheitsredaktion mindestens einmal im Jahr einen Bock schießen. Ist wohl Jagdsaison oder so.
Diesmal berichtet das Blatt über ein Symposium zur wissenschaftlichen Forschung in der Homöopathie: „Nicht Glauben sondern Wissen(schaft)“. Dabei wurde wohl über folgende Themen referiert:
- Kann Homöopathie den Kriterien der evidenzbasierten Medizin standhalten?
- Ist homöopathische Behandlung auf lange Sicht billiger als schulmedizinische?
- Wie können HomöopathInnen in der Praxis ihren Beitrag zur Wissenschaft leisten?
Das Wort Symposium kann hier wohl nur im primitivsten altgriechischen Sinne gebraucht worden sein, andernfalls erschließt sich uns der Gedanke der Veranstaltung nicht, denn die Antworten kann man aus dem Handgelenk geben: „Nein„, „Nein“ und „Ist das eine Fangfrage?“.
Welch Geistes Kind der Artikel (und die Veranstaltung) ist, zeigt sich dann schon im ersten Satz zum Symposium.
Die Abgrenzung zur Schulmedizin dominierte, aber es gab Beispiele, wie sich das Beste zweier Welten vereinbaren ließe
Damit ist ein für alle mal klargestellt, hier geht es um: Die „böse Schulmedizin – die sanfte Homöopathie“. Und da die Homöopathie so lieb ist, geht sie auf die böse Schulmedizin ein. Sie ist ja viel verständnisvoller und sucht den Kompromiss. Wie der Jäger, der 2 Schüsse abgibt: einen vorn vorbei, einen hinten vorbei. Als Kompromiss definiert man: Er hat getroffen.
Die Aufregung in den deutschen Medien war programmiert. Die Homöopathie-Lüge – So gefährlich ist die Lehre von den weißen Kügelchen (Piper-Verlag) heißt ein neuer Buchtitel, verfasst von der Stern-Journalistin Nicole Heißmann und dem Biologen Christian Weymayr, der eine alte Diskussion wieder hochkochen lässt.
Welche Aufregung? Ein längst überfälliges Buch, über das sich allenfalls Homöopathen aufregen, die keine Gegenargumente haben.
„Schulmedizin gegen Homöopathie“ lautet das Match, und es wird auf mehreren Ebenen ausgefochten.
Bei so einem Satz zieht es einem alles zusammen.
Die einzige relevante Ebene ist die Wissenschaft und da ist die Homöopathie vor Ewigkeiten zweistellig nach Hause geschickt worden – um im Bild zu bleiben. Die Homöopathen hätten natürlich gerne andere Ebenen und würden lieber Dalsgor – Das lustige Spiel ganz ohne Regeln – spielen. Aber sogar die Kreisliga wird nicht vom schönsten, dicksten oder blödesten Team gewonnen, sondern von dem, das am besten Fußball spielt.
Am vergangenen Wochenende konnten sich Studierende der Med-Uni Wien am Symposium „Nicht Glauben, sondern Wissen(schaft)“ im Hörsaal 3 des Wiener AKH einen Eindruck über die Vielschichtigkeit der Auseinandersetzung machen.
Die „Vielschichtigkeit“ wurde dabei ausschließlich aus der Sicht der Homöopathen dargestellt. De facto gibt es auch keine Auseinandersetzung, die Homöopathie ist auf den Placeboeffekt reduziert.
Dass hier Weltanschauungen aufeinanderprallen, war den Teilnehmern vom ersten Vortrag an klar. „Ich bin hier, um mir ein Bild über Homöopathie zu machen, man weiß zu wenig davon“, meinte eine junge Studierende, um dann in den Diskurs um wissenschaftliche Methodik, menschliche Wahrnehmungskapazität und die unterschiedlichen Schlussfolgerungen daraus einzutauchen.
Wir bezweifeln stark, dass da irgendwas gegen irgendwas anderes geprallt ist. Es war eine Homöopathie-Lobhudeleiveranstaltung – fertig. Es ging nur darum, wie das religiöse Konzept der Homöopathie der Wissenschaft gleichsetzbar gemacht werden kann. Für die „junge Studierende“ ist es löblich zu lernen, aber dazu geht man besser auf seriöse Veranstaltungen.
Darüber, dass Homöopathen forschen, ihre Beobachtungen systematisieren und an andere weitergeben, besteht kein Zweifel.
Doch, immense. Nur die qualitativ minderwertigen Homöopathiestudien finden eine Wirksamkeit. Dabei wird mit allen Mitteln am Design gefeilt, damit es auf jeden Fall positiv ist.
In seinem Einführungsvortrag präsentierte der Allgemeinmediziner und Homöopath Fritz Dellmour die Datenlage. 705 Studien an Menschen, 302 Studien der Veterinärmedizin und 1750 experimentelle Studien sind in den Datenbanken erfasst.
Glückwunsch! Was hilft es, wenn die hochwertigen Studien klar zeigen, dass es sich um eine Placebomedizin handelt und die allgemeine Tendenz gilt: je schlechter das Studiendesign, desto besser der Beleg für die Homöopathie.
Homöopathen organisieren Weiterbildungsveranstaltungen, publizieren. Zu den großen Handicaps zählt der Mangel an finanziellen Ressourcen, die ihnen dabei zur Verfügung stehen.
Die armen, armen Homöopathen. Vielleicht sollten die sich mal an die großen Homöopathiehersteller mit ihren dreistelligen Millionenumsätzen wenden, die gerne Geld dafür ausgeben, dass minderbegabte Werbefuzzis Hasstiraden im Internet über Kritiker ausschütten, aber offenbar kein Interesse an einer seriösen Überprüfung ihrer Produkte haben.
Warum sich Homöopathen und Schulmediziner so gar nicht verstehen, liegt in der unterschiedlichen wissenschaftlichen Methodik begründet.
Es gibt nur eine wissenschaftliche Methodik.
Für die Schulmedizin gelten allein statistische Mittelwerte, die in aufwändigen, placebokontrollierten Studien gewonnen werden. Evidenzbasierte Medizin ist der Schlüsselbegriff. Untersucht werden – im Hinblick auf Eindeutigkeit – monokausale Zusammenhänge: Ein Wirkstoff führt zu einer erwünschten Wirkung, das ist das Ziel.
Ist zwar falsch dargestellt, klingt aber fast vernünftig. Im Umkehrschluss heißt das wohl, dass Homöopathen das alles nicht tun – keine Placebokontrollen, keine Statistik, kein Aufwand, keine Evidenz…
Von den kleinen spitzfindigen Gemeinheiten, die typisch für diesen Artikel sind, ganz zu schweigen: es gelten „allein“ statistische Mittelwerte, „erwünschte“ Wirkung, „monokausale Zusammenhänge“…
Allein schon, dass die Homöopathen Wirkstoffe in so stark verdünnter Form einsetzen, dass sie nicht mehr nachweisbar sind, bringt die Skeptiker in Rage, abgesehen davon lassen Schulmediziner aber auch die vielen Einzelbeobachtungen in der Homöopathie nicht als Beweis für eine Wirksamkeit gelten.
Das bringt niemanden in „Rage“ sondern löst höchstens Heiterkeit aus. Es muss auch niemand emotional reagieren, weil man diese Behauptungen mit Mittelstufenchemie und gesundem Menschenverstand ganz rational widerlegen kann. Die Wirksamkeit der Homöopathie wird allgemein anerkannt, sie wird aber mit dem Placeboeffekt begründet und nicht mit einem in sich völlig unlogischen, unsinnigen System aus widerlegten Behauptungen, die auf Vorstellungen beruhen, die gegen sämtliche Naturgesetze verstoßen.
Was die Skeptiker in Rage bringt, ist folgendes Verhalten:
H: „Mein Schwein hat Superkräfte“
S: „Zeig her“
H: „Um, es geht gerade nicht. Da muss wohl Kryptonit in der Nähe sein.“
Seien wir ehrlich, wer möchte mit Herrn H. zusammenarbeiten? Er behauptet etwas Abstruses und als Erklärung dafür, dass es doch nicht funktioniert, erfindet er etwas noch Irrsinnigeres. Und um nichts in der Welt wird er zugeben, dass sein Schwein nicht fliegen kann. Es schaut nur gerade nie ein Skeptiker hin…
Jagd auf Evidenz
„Eine gewisse klinische Wirksamkeit der Homöopathie ist unumstritten“, stellte Klaus Linde von der Technischen Universität München klar.
Ja. Placebo. Wissen wir. Ist allen klar. Danke.
Der Mediziner und Epidemiologe befasst sich seit vielen Jahren mit der Effektivität von naturheilkundlichen Methoden und ihrer Nachweisbarkeit. Mit dem Placeboeffekt hat er sich ausführlich auseinandergesetzt. Genau darin – nämlich in der ausführlichen Anamnese und Betreuung durch einen homöopathischen Arzt – vermutet die Schulmedizin nämlich auch die Wirkung, und nicht in den weißen Kügelchen.
Er vermutet nicht nur – er hat Belege. z.B. wurde das in einer Rheumatologie-Studie nachgewiesen.
Im etablierten System der Schulmedizin wird Ärzten die Zeit für Patienten nicht mehr gezahlt.
Ja, genau. Man kann in jedem beliebigen System Optimierungen anbringen. Die Anamnese bzw. die Regelungen dazu zu verbessern, gehört sicherlich dazu, aber deswegen muss man kein Voodoo ins System einführen.
Jedenfalls ortet Linde vier große Gruppen von Akteuren in der Diskussion: Neben den orthodoxen Befürwortern beider Lager gebe es zunehmend auch solche mit einer Restunsicherheit, die sich der jeweilige Gegenseite nicht vollkommen verschließen.
Nochmal. Es gibt keine zwei Lager. Es gibt keine Diskussion. Es gibt nur
[ ] Ich verstehe etwas von Wissenschaft
[ ] Ich verstehe nichts von Wissenschaft
Michael Frass, Intensivmediziner an der Med-Uni Wien, ist einer von ihnen. Er präsentierte eine Studie, in der er zeigen konnte, dass eine zusätzliche Behandlung mit homöopathischen Medikamenten die Überlebenschancen von Patienten mit schwerer Sepsis um 25 Prozent erhöhte. Die Patienten waren bewusstlos, was den Placebo-Effekt relativiert, präzisierte er, doch „die Grenzen zwischen konventioneller und homöopathischer Medizin sind zu beachten“, betonte er und plädierte für eine ausgewogene, keinesfalls fanatische Homöopathie.
25% bei Sepsis? Wow. Wow. Das ist ja unglaublich. Das ist so gut, dass man es wirklich nicht glauben kann. Herr Frass war ja schon einmal beim Standard zu Gast und hat sich auch damals nicht so sehr um Fakten gekümmert.
Eine differenzierte Betrachtung ist auch das Credo am Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Berliner Universitätsklinik Charité, wo man Wert auf Methodenpluralität legt und neben placebokontrollierten Studien auch Outcome- und Versorgungsforschung anwendet, die die Wirklichkeit in der alltäglichen Versorgung in Arztpraxen widerspiegelt.
Charité, Charité. Woher kennen wir das nur? Ach ja, aus unserem Wiki: Charité, mit freundlicher Finanzierung durch die Karl und Veronica Carstens-Stiftung zur Förderung der Homöopathie und Alternativmedizin.
„Wer definiert, was Wissen ist und was als Wirklichkeit betrachtet wird?“ fragte Michael Teut die Studierenden im Auditorium des Wiener AKH. Teut ist Schulmediziner, definiert sich aber als offen für andere Denkkonstrukte.
Offen ist gut! Herr Teut ist offenbar so offen, dass er es schafft, in einer Studie mit 15 Personen (mit einer Kontrollgruppe von 4 (in Worten VIER) Personen) 682 Symptome festzustellen. Respekt. Extrapunkte für den Mut beim Studiendesign.
Konkret stellte er in Wien eine vergleichende Beobachtungsstudie zur Effektivität der Therapie von Atopischer Dermatitis bei Kindern vor: zwischen Homöopathie und Schulmedizin gab es, was die Ergebnisse betrifft, kaum Unterschiede.
Eine typische Homöopathie-Studie. 103 Praxen, keine Placeboüberprüfung. Gleiche Strategie wie hier.
Frage der Kosten
„Homöopathie innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen ist kostengünstiger“, berichtete Homöopath Klaus von Ammon von der Universität Bern. In der Schweiz gibt es Homöopathie auf Krankenschein, zwischen 1999 und 2006, zeigen Studien, hat diese komplementäre Behandlungsform nur 0,5 Promille der Gesundheitskosten ausgemacht. Homöopathische Hausärzte arbeiteten zudem um 15 Prozent kostengünstiger als ihre Kollegen. Ob sich Homöopathie für alle Krankheiten eignet? „Nein, bei Krebs oder operativ zu lösenden Problemen nicht, aber in der Kinderheilkunde, bei Allergien und Hautproblemen erzielen wir gute Ergebnisse“, so Ammon.
Ja, ja, das Märchen vom Kostendämpfer Homöopathie.
Klaus Linde thematisierte auch die weltanschauliche Komponente: „Wer grün wählt, geht lieber zum Homöopathen“, sagt er, das sei Faktum. Die Schulmediziner wiederum treten an, um die hehre Wissenschaft gegen Andersdenkende zu verteidigen. Insofern ist der Disput politisch und wird – vielleicht auch zu Ungunsten von Patienten – weitergehen. (Karin Pollack, DER STANDARD, 26.11.2012)
Ja, die guten, naturverbundenen homöopathischen Underdogs, die die Welt verbessern wollen und die bitterlich politisch verfolgt werden! Ganz klar, die ewig Gestrigen sind nicht diejenigen, die einem seit 200 Jahren unveränderten, religiös-mystischen System anhängen, das vielfach widerlegt ist, sondern die modernen Forscher, die mit neuesten Methoden mehr und mehr Krankheiten den Schrecken nehmen.
Mich würde ja mal interessieren, wie sich Hahnemann in einem solchen Interview verhalten hätte. Hätte er seine Fehlannahmen wohl zugegeben? Oder bis zum Tod auf der Richtigkeit dieser gepocht, wie unser guter Ryke Hamer? Hahnemann muss man ja noch zu Gute halten, dass er gar keine Möglichkeit hatte, seine Thesen ernsthaft durch Studien und labortechnische Untersuchungen zu untermauern und wahrscheinlich kannte er auch keinen Placeboeffekt.
Als pflichtbewusster Arzt, der bemüht war das beste für seine Patienten zu tun, würde er sich wahrscheinlich im Grabe herumdrehen und sich selbst verfluchen einen solchen Floh in die Welt gesetzt zu haben, dass selbst studierte Mediziner nicht mehr der Wissenschaft vertrauen.
Dieser Artikel ist aber auch ein Musterbeispiel für heutigen Journalismus. Man schreibt keine Artikel mehr, weil man eine best. Erkenntnis verbreiten aka Position gehört wissen will, sondern umschreibt nur noch Phänomene – und das so ‚differenziert‘ aka äquidistant wie möglich. Bequemer- und auch ein wenig paradoxerweise ist für diese ‚Differenzierung‘ weniger Sachkenntnis nötig. Die Journalisten müssen lediglich beide Seiten zu Wort kommen lassen, das schützt Sachkenntnis vor und erspart die nötige Recherche. Das ist dann natürlich für solche Themen wie Homöopathie fatal, da schon gar nicht mehr mit der Autorität des besseren Argumentes, sondern der Autorität einer Person („Mediziner & Homöopath…“) argumentiert wird. Am Ende kommt ein Brei heraus, den auch niemand mehr so richtig angreifen kann, weil alles so halb richtig ist.
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BTW: Auf meinem Smartphone (iOS mit Safari) werden die Zitatkästen nicht angezeigt. Da ist es sehr frickelig, die Zitate aus dem Artikel von denen des Blog-Autors zu unterscheiden. Das ist zum Glück ja inhaltlich trennbar, denn der Blog-Autor hat, im Gegensatz zu der Journalistin, eine Position.
@Abe
Nun die Zeitungen muss ich aber auch etwas in Schutz nehmen! Ich lese zum Beispiel unheimlich gerne „die Welt-Online“ und da wurde beispielsweise auch über eine neue Entwicklung der Grippeimpfung geschrieben. Fachlich einwandfrei. Das wollen die Leute gar nicht hören! „Die werden doch von der Pharmaindustrie bezahlt!“, heißt es da. Oder auch wenn es um Klimawandel geht. Immer wenn Journalisten und Zeitungen versuchen aufzuklären, dann rufen die Spinner die würden doch alle nur bezahlt. Was macht man jetzt als Journalist? Wenn man schon vorher weis, was die Leute eigentlich hören wollen? Darum geht es ja nur noch! Was die Leute hören wollen. Die Artikel dürfen nicht zu anspruchsvoll sein. Ein wirklich riesiges gesellschaftliche Dilemma. Wenn die Leute sich also wirklich informieren wollten, dann würden sie ja bei Wikipedia nachschlagen. Aber wie gesagt das ist wahrscheinlich zu anspruchsvoll und Wikipedia ist eh nur voll mit Lobbyisten und was weis ich…Also die Quintessenz ist: Egal was Sie machen: Das Volk hat schon vorverurteilt. Glaubt ja mitlerweile jeder es besser zu wissen als hunderte Wissenschaflter.
Diese Journaille!
Solche Artikel sind aus meiner Sicht wie die üblichen Talkshow-Diskussionen: EIn Free-for-All hinsichtlich Behauptungen. Wer die meisten kräftigen Behauptungen rauskantet hat gewonnen – und der Moderator (Journalist) sitzt mittendrin und erschöpft seine Rolle indem er ‚fair‘ Redezeit zuteilt.
Als ob Redezeit und deren Verteilung wichtig wäre! Journalist bzw Moderator sollten eher ‚Richterfunktion‘ wahrnehmen und jede Behauptung mit Quellennachweis fordern. Wer das nicht bringen kann, fliegt nach 2-3 Fehlversuchen einfach raus.
Diese Moderatoren und Journalisten verteilen Modetipps, während der Kaiser daneben sitzt und nackig ist. Also immer voll am Thema vorbei – deshalb halte ich solche TV-Diskussionen nie lange aus.
@Abe: Schauen wir uns an. Danke für den Hinweis.
Nur mal so am Rande, was mich als Arzt immer maßlos ärgert, ist der Vorwurf „die Schulmedizin“ wäre ja so böse, weil sie dem Patienten so wenig Zeit widmet. Als ob das eine inhärente Idee „der Schulmedizin“ wäre! Klar weiß jeder gute Arzt, dass mehr Patientenkontakt besser ist. Nur dass das wenig hilft, wenn man am Tag 80 Patienten im Krankenkassensystem durchschleusen muss. Dieser Vorwurf muss an die Politik gehen, um mehr Geld ins System zu bringen, hat aber auch gar nichts mit „schulmedizinischer“ Methodik zu tun. Abgesehen davon, dass man auch beim Schulmediziner viel Zeit bekommt, wenn man ihn dafür entsprechend bezahlt. Typisches Stussargument im Homöopathie-Bullshit-Binge also.
Interessant auch, dass dieser Michael Frass als Intensivmediziner und als einer derjenigen vorgestellt wird, die „sich der jeweilige Gegenseite nicht vollkommen verschließen„. Es entsteht also der Eindruck, der Mann setze sich kritisch mit der Homöopathie auseinander, dabei ist er Vizepräsident der Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie in Österreich.
Schlecht recherchiert oder bewusste Täuschung der Leser? So oder so: wenn das beim „Standard“ der Standard ist (man verzeihe mir den Kalauer ;)), dann Gute Nacht!
@MagicGuitar
Einen guten Journalisten und eine wirklich gute Zeitung würde es nicht interessieren, was seine Leser für eine vorgefertigte Meinung haben. Er oder sie sind ja diejenigen, die ihre Leser informieren und aufklären sollten, nicht andersrum.
Auf bayern 2 im radiowissen war vor kurzem auch ein beitrag über samuel hahnemann. Obwohl sich bayern 2 generell zu bemühen scheint, meinungsneutral und sachlich zu berichten, vermisste ich doch kritische Denkansätze. Wenn das thema beispielsweise „renaturierung der flüsse“ heißt, kommt auch kein einziger Kraftwerksbetreiber zur sprache, sonden hauptsächlich Schützer aller art. Insofern ist der Bayern 2 Hahnemann Beitrag also zumindest absichtlich einseitig gewesen. Am Rande: Schon interssant, dass die Leute in Österreich bei politik z.B. generalverdrossen und überkritisch rüberkommen und aber andernorts allzeitbereit erscheinen sich dummgläubig anschmieren zu lassen (von esokram bis homöopathie alles dabei)
@Painkiller: B2 als an sich guter Sender hat das gleiche Problem wie z.B. der Standard, die Gesundheitsredaktionen scheinen allesamt durchsetzt von alternaiven Journalisten.
@Groucho: Das liegt imho meistens daran, dass die Journalisten per se nicht zum intelligentesten Menschenschlag gehören. Das Lemming-Studium verbessert es auch nicht…
Insofern sind diese Typen halt selber anfällig auf hippen Tratsch und Trends.
Vorurteile muss man pflegen. 🙂
Kann mal jemand den Blog im Standard-Artikel verlinken. Der User Godesberg darf dort offensichtlich nicht mehr posten…
http://derstandard.at/1353207266411/Homoeopathie-Weltanschauung-in-Kuegelchen
Dies hängt vom Lebensalter ab, in jüngeren Jahren wäre der Mann wahrscheinlich für Kritik offen gewesen, in späterer Zeit vermutlich stur wie ein Esel.
??
Ich bin Österreicher und Leser diese Zeitung seit ihrem erstmaligen Erscheinen. Weniger intensiv konsumiere ich die deutsche sog. Qualitätspresse und bin oft (nicht immer) bitter enttäuscht, ganz speziell von den Online-Ausgaben und damit beziehe ich mich primär auf SPIEGEL, ZEIT aber auch auf die WELT.
Wenn die SÜDDEUTSCHE keine deutsche Zeitung 🙂 wäre, dann allerdings wäre ich ihr Abonnent. Diese Zeitung war ja einmal am STANDARD beteiligt, der – abgesehen von den dortigen Medizintussis – kein schlechtes Blattl ist.
Nun, aber die Zeitungen sind ja wenigstens belehrbar, wenn man sie auf Fehler aufmerksam macht. Was man von den Lesern leider selten behaupten kann…Wirklich erschreckend was selbst seriösen Zeitungen manchmal unterstellt wird.
Da haben Sie sicherlich völlig recht. Aber für wen schreibe ich dann noch? Also ich bin ehrlich, ich hätte da schon lang keine Böcke mehr gehabt, wenn ich mir solche Vorwürfe anhören müsste. Vielleicht ist mein Fell für sowas nicht dick genug. Außerdem (und das ist ja vielleicht gar nicht ganz aus der Luft gegriffen) sagt der Verlag, was Sie zu schreiben haben, um möglichst viele Leute auf die Seite zu locken. Guter Journalismus hin oder her: Aber Sie müssen davon leben können.
Was genau wird denen denn Deiner Meinung nach unterstellt? Wenn der „Standard“ der Homöopathie unwidersprochen das Wort redet und das hier kritisiert wird, ist das besonders bei einer als seriös geltenden Zeitung mehr als berechtigt und keine Unterstellung.
Dass sich die Zeitungen nach ihren Lesern richten müssen ist eine Binsenweisheit, denen deshalb aber einfach nur nach dem Mund zu reden mag bei Publikationen à la BLÖD-Zeitung noch angehen, aber von einer Qualitätszeitung erwarten die Leser mehr und zwar zu Recht! Dort widerspricht eine unausgewogene Berichterstattung, wie sie hier Thema ist, den Erwartungen und Ansprüchen der Leserschaft.
@Mephisto
Nein, ich wollt darauf hinaus, was die Leser den Zeitungen in der Kommentarfunktion dieser unterstellen, wenn diese zum Beispiel jetzt über den neuen Grippeimpfstoff berichten. Oder überhaupt den Nutzen der jährlichen Grippeimpfung ansprechen. Oder über ein neues Alzheimermittel oder Krebsmittel berichten. Kurz: Sobald positiv über die Pharmaindustrie berichtet wird und nicht nur alles schlechtgeredet, dann wird sofort unterstellt die Zeitung sei von der Pharma gekauft. Und das ist ja nun wirklich eine böswillige Unterstellung. Die Leute wollen hören, dass die Pharmaindustrie sie alle vergifte, ihnen das Geld aus der Tasche ziehen würde, usw.
Und es erregt hoffentlich nicht nur bei mir Sorge, wenn alles „Ofizielle“ sowieso schon per Definition gelogen ist und dennoch nur 30% der Risikogruppe die Grippeimpfung in Anspruch nimmt, vor allem jetzt bei den Anlaufschwierigkeiten mit der Verklumpung. Also was nützt die Aufklärungsarbeit der Zeitungen, wenn ihnen niemand glaubt?
Der Artikel im Standard hat dagegen hohen Zuspruch erfahren und die Anhänger der Alternativmedizin haben da ihr Gebrabbel zum besten gegeben. Was erwarten die Leute also wirklich von den Medien?
@MagicGuitar
Ich würde die Kommentare von ein paar (zumindest potenziellen) VTlern nicht als grundsätzliche Ablehnung der Mehrzahl der Leser interpretieren.
Ich denke wer bewusst mehr Geld ausgibt als es z.B. für eine BLÖD-Zeitung aufgerufen wird, tut dies zumeist in der Erwartung dafür mit höherer journalistischer Qualität bedient zu werden und diese Klientel erwartet auch objektive Aufklärung. Wenn ich eine Zeitung will die nur weitverbreitete Klischees bedient, kann ich auch die BLÖD kaufen.
Wäre Deine Angst begründet, müsste es BLÖD & Co. jeden Tag besser gehen, während die Qualitätszeitungen eine nach der anderen aussterben. Aber so ist es nicht: die Print-Medien stecken insgesamt in der Krise, aber der Leserschaft nach dem Mund zu reden ist offensichtlich nicht der Ausweg
@Magic:
Als erfahrener Forumsschreiberling tendiere ich der Ansicht zu, dass Forumschreiber nicht (per se) die Meinung der Mehrheit widerspiegeln. Ich halte es nicht für ausgemacht, von diesen Gruppierungen auf die Mehrheit der Leser zu schließen.
Und was den STANDARD angeht, behaupte ich, dass die „Vernünftigen“ im Forum in der Mehrheit sind. Nicht nur das, trotz dieses Artikels muss man schon den Eindruck haben, dass das intensive Schreiben in den vergangenen Jahren dort durchaus reflektiert wird und auch Erfolge gebracht hat. Eine homöopathische Reiseapotheke kommt so bald nicht mehr vor.
Die Gesundheitsredaktion sperrt unliebsame Besucher nicht, sondern schickt alle Beiträge durch die Zensur und nicht nur ca. jeden dritten Beitrag. Die Folge ist, dass die Beiträge viel spät für eine sinnvolle Diskussion erscheinen, grade bei stark kommentierten Artikeln wie den über Homöopathie (>1000 Beiträge schon).
Das scheint tatsächlich auf dieses Ressort beschränkt zu sein. In den anderen kann ich normal posten.
Mhm. Ja, es geht wieder, hab dich gefunden. Hätte mich doch sehr stark gewundert. Ausgeschlossen werden mW nur Neonazis und Beiträge mit stark beleidigendem Inhalt.
Ich bin bei Impfgegnern immer sehr gereizt, wenn es eine, du kennst sie, ganz toll treibt, melde ich das und wenige Minuten später ist die weg. Das funktioniert zu 100%. Wenn nicht, geh ich in die Redaktion zu Fuß hin, ich hab nicht weit.
Andererseits ist es aber auch so, dass Postings schlicht verschwinden. Gerade beim obigen Thema sind zwei an sich harmlose Antworten auf mein Posting bei mir zwar im Mail gelandet, nicht mehr im Forum. Keine Ahnung, warum das so ist. Außerhalb des Gesundheitsthemas poste ich kaum (mehr).
Oder man wird ohnehin einfach nach bester Michel Friedman Manier niedergebrüllt. Sachliche Diskussionen und Darstellungen, wie im Blog, sind ja leider ohnehin kaum möglich.
Im Homöopathie-Artikel habe ich ein gutes Dutzend Postings geschrieben, von denen kein einziges erschienen ist. Mit einem anderen Nick war das ganz problemlos.
Ich beobachte das seit Wochen, ich glaube nicht, dass ich unter Paranoia leide (und wenn, dann hab ich mir die nach acht Jahren auch verdient ;-))
this
Neulichs war in der taz ein überraschend positiver Bericht über die moderne Forschung zum Thema Aids. Da kam auch in den Kommentaren gleich wieder so ein wiederliches A****loch das meinte erzählen zu müssen das Aids dauernd geheilt würde, und das nur die Lügen der Pharmaindustrie wären usw.
Gott wie ich solchen Leuten was ekliges an den Hals wünsche.
@Dark_Tigger
Ja ich weis, da platzt mir auch fast die Halsschlagader. Aber versuchen Sie echt bloß nicht das zu kritisieren, für jedes entkräftete Argument kommen gefühlte zwei weitere Blendkörper hinterher. Und dann steigt perverserweise sogar (weil Sie versucht haben aufzuklären) die Gefahr, dass diesem Gebell Glauben gechenkt wird. Das ist wirklich so die Taktik Michel Friedman.
Und die Zeitungen lassen sich ja echt einiges Gefallen an Unterstellungen. Und natürlich an Unterstellungen an weiteren Kommentatoren („Scheiß Pharmalobbyist“, usw.). Also das ist schon wirklich nicht mehr witzig und da muss man sich dann schon ernsthaft darüber Gedanken machen, ob das noch unter Meinungsfreiheit fällt oder nicht doch schon beinahe unter fahrlässige Tötung bzw. Anstiftung. Das Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse hat meiner Meinung nach (im Gegensatz zum Bundestag) nichts mit Meinungsfreiheit zu tun.