Die österreichische Kronenzeitung und die Hellseher

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Weiterführende Literatur gibt es in der Buchhandlung

Nach dem Jubelbeitrag über Am Anfang war das Licht in der Sonntagsbeilage(?) der österreichischen Kronenzeitung vor 2 Wochen geht es auch diese Woche munter weiter.

Eine neue Serie „Übersinnliche Phänomene“ wird mit einem Modell, das sich als Engel präsentiert, auf der Titelseite angepriesen.

Nun, die Erwartungshaltung an die Kronenzeitung ist zugegebenermaßen nicht besonders groß; ein Artikel über „Engel, Hellsehen und Kontakt zum Jenseits“ – was wird das schon werden? Aber vielleicht wird man ja positiv überrascht? (Nein, nicht wirklich, aber man wird ja noch hoffen dürfen)

So geht es dann zum Artikel: auf einer Doppelseite – eine malerische Landschaft, auf der die Sonne wie ein leuchtender Stern über einer Hügelkette strahlt – bekommt man gleich ein „Shakespeare-Zitat“ präsentiert:

„Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit sich erträumen lässt“

William Shakespeare (Hamlet)

Dieses „Zitat“ ist an sich schon so ärgerlich, dass man darüber bloggen müsste, hätten es nicht schon andere getan: hier und hier (Falsch übersetzt, Romanfigur spricht zu Romanfigur, Autoritätsargument)

Auch eine Methode, einen Artikel auf vier Seiten aufzublasen.

Aber das sind nur Randnotizen: im eigentlichen Artikel wird dann die österreichische Hellseherin Rosalinde Haller von ihrer unkritischsten Seite gezeigt. Es kommt nicht einmal der Hauch eines Zweifels auf, jede Behauptung der Dame wird offenbar ohne weitere Recherche in den Artikel übernommen.

Sie selbst spricht von ihren unglaublichen Erfolgen, von ihrer 80-90% Trefferquote, dass sie den Tsunami in Thailand 5 Jahre später bereits 1999 vorausgesagt habe: „Es kommt eine große Welle im Südosten der Welt mit Zigtausend Toten“.

Unglaublich. Wir probieren das auch mal: „Es kommt eine große Welle im Südosten der Welt mit Zigtausend Toten“. Wenn jetzt in den nächsten Jahren irgendwo in Asien ein schwerer Tsunami zuschlägt, gilt das dann?

Es ist eine übliche Strategie von Hellsehern, einfach wild vage Behauptungen in die Welt zu setzen und wenn dann später so ungefähr etwas ähnliches passiert, das als Gewinn zu reklamieren. Über die 100 Behauptungen, bei denen man falsch lag, wird einfach nicht mehr geredet.

Frau Haller erklärt im Artikel auch, Fragen zu Spielen wie Fußball beantworte sie grundsätzlich nicht, nur einmal, 1998, habe sie widerwillig die Zukunft der Fussball-WM vorausgesagt. Österreich spielt 1:1 und Frankreich wird Weltmeister.

Einmal, ein einziges Mal, hat sie also die Zukunft eines Sportereignisses vorausgesagt und gleich voll ins Schwarze. Unglaublich.

Blöderweise gibt es aber so ungute Leute im Internet, die versuchen, solche Behauptungen zu sammeln. Und mit einer Internetsuche findet man innerhalb von 30 Sekunden so einige Prophezeiungen der Dame, die man als Journalist leicht überprüfen könnte. Wenn man will.

So findet man z.B. den Prognosencheck der GWUP von 2008, bei dem die Dame behauptet hatte:

„Deutschland: Stürme, Hochwasser; Indonesien: Erd/Seebeben; Japan, Chile, Los Angeles, San Francisco: Erdbeben; Südchinesischer Bereich, Indien, Bangladesch, Tansania: Hochwasser; Thailand, Malaysia/Sumatra: Tsunamigefahr.“

Na, wir sind aber fleißig mit Katastrophenvorhersagen. Auch 2009 sagte Frau Haller Erdbeben für Japan voraus, blöderweise hat sie wohl 2011 darauf vergessen.

Aber auch beim Sport muss man mit Verwunderung feststellen, dass Frau Haller doch tatsächlich nicht nur ein einziges Mal ein Sportereignis vorhergesagt hat. Sie hat es z.B. auch bei der EM 2008 probiert und erstmal auf Italien getippt, aber dann ihre Vorhersage auf Frankreich geändert. Komisch, dass dann doch Spanien gewann.

Frau Haller ist sehr fleißig und man findet so manches Kleinod unter ihren Vorhersagen: die Anschläge auf Präsident Bush in den USA, den totalen Konkurs von Kanzlerin Merkel im März 2012 und das Ende von Euro und EU Ende 2012. Und wer erinnert sich nicht an die Bürgerkriegsereignisse und Unruhen 2010 in Europa?

Jedenfalls jagt eine abstruse Behauptung die nächste, dazwischen gelegentliche Treffer, die einfach durch die Masse an Behauptungen bedingt sind. Schrotflintentechnik sozusagen. Man schießt ein paar Mal und am Schluss zählt man nur die Körner, die ins Schwarze gingen.

Jedenfalls ist dieser Artikel wirklich peinlich. Man kann der Autorin ja nicht einmal Unfähigkeit vorwerfen, denn selbst der schlechteste Journalist sollte in der Lage sein, den Namen der Person, die man interviewt, in eine Suchmaschine einzutippen. Während man liest, wandert der Blick unwillkürlich zum Seitenrand, ob der Text nicht vielleicht mit „Anzeige“ markiert ist?

Auch wenn es „nur die Krone“ ist: vielleicht sollte sich Österreichs meistverkauftes Blatt doch bemühen, zumindest minimale Standards einzuhalten. So eine kurze Serie über die lustigsten Versager von Wahrsagern wäre sicher auch unterhaltsam. Und näher an der Wahrheit.

Falls sich jemand für die Prophezeiungen von Frau Haller 2013 interessiert, der sei an eine lustige Zusammenfassung beim Wahrsagercheck verwiesen. Wir sind auf jeden Fall schon gespannt auf den Vulkan, der in den USA ausbricht und auch darauf, was diese Prophezeiung bedeutet: „Im Lauf des Jahres entsteht eine Gelb Schwingung.“

Der Wahrsagercheck vermutet ja eher eine „blaue Phase“ hinter manchen der Vorhersagen.

Und falls sich jemand für die österreichische Medienlandschaft und ihre Blüten interessiert, verweisen wir gerne auf Kobuk, ein Projekt, das schon seit einigen Jahren Zeitungen und Fernsehen beobachtet und mit trockenem Humor und einer gehörigen Portion Fassungslosigkeit kommentiert.

32 Gedanken zu „Die österreichische Kronenzeitung und die Hellseher“

  1. Das wirklich Übersinnliche steht in der „Krone“ by the way auf der Leserbriefseite. Übersinnlich im Sinne von… nicht mehr von dieser Welt.

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  2. Dieses “Zitat” ist an sich schon so ärgerlich, dass man darüber bloggen müsste, hätten es nicht schon andere getan

    Nun,auch die anderen,die darüber gebloggt haben,haben noch nicht bemerkt,dass dieses Zitat,auch Hamlet-Argument genannt,wunderbar als Eigentor betrachtet werden kann.
    Wie die meisten haben sie nicht weiter gelesen im Hamlet,denn später,2.Akt 2.Szene,erweist sich Hamlet als echter Skeptiker,der sagt:

    „Ich will Grund ,der sichrer ist“

    .
    Hier nachzulesen:
    http://www.patientenfragen.net/alternativmedizin-kritisch-betrachtet/argumente-homoeopathie-hp-deren-betrachtung-t25859-s4.html

    P.S.Wie kann ich einen Hyperlink in z.B.das Wort

    hier

    unterlegen?

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  3. @ segeln141
    Nur selbst wenn man das Zitat so stehen ließe: “Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit sich erträumen lässt”,
    auch dann wäre es kein Argument für die eigene Behauptung. (Schul-, Allgemein-)Wissen ist logischerweise begrenzt, ebenso Erkenntnis und Weisheit.
    Allein den Leuten, die das Hamlet-Argument bringen fehlt scheinbar die Weisheit zu erkennen, dass diese halbfertige Zitat eben kein Argument für jeden Schwachsinn ist, sondern ganz im Gegenteil ein Aufruf zum Wissenserwerb.

    Um das mal an einem anderen Zitat zu demonstrieren:
    Auch aus dem Spiel Assassin’s Creed gibt es den mitlerweile berühmten Satz: „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt.“ Auch dieses Zitat ist keine Rechtfertigung dafür zu tun was mit beliebt, sondern es bedarf einer gewissen „Weisheit“ diese Worte richtig zu interpretieren.

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  4. Die Aussage „aber man wird ja noch hoffen dürfen“ wird wohl genährt aus einem anderen Sprichwort: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Aus Erfahrung darf ich kontern: „Die ihr eintretet in die Eso-Hölle, lasset alle Hoffnung fahren.“

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  5. Dieses, immer wieder falsch zitierte angebliche Schäcksbier-Zitat pflege ich mit dem Hinweis zu kontern, dann seien Edgar Wallace und Hitchcock doch wohl Massenmörder gewesen, man schaue sich nur an, wieviele menschen in deren Büchern und Filmen umgebracht werden….*ärgs*

    Die Halbwertzeit von Argumenten beträgt bei Esoterikern jedoch weniger, als es uns die Zeitmessung erlaubt. Da ist das Wassergedächtnis noch besser…..

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  6. Man merkt halt manchmal ganz deutlich, daß Jounalist (zumindest in D) keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Das heißt, man muß noch nicht mal eine Packung Buchstabensuppe zubereiten können, um sich Journalist nennen zu dürfen.

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  7. Pingback: Esoterik – macht Spaß @ gwup | die skeptiker
  8. (…) erstmal auf Italien getippt, aber dann ihre Vorhersage auf Frankreich geändert. Komisch, dass dann doch Spanien gewann.

    Nein, das ist gar nicht komisch, sondern völlig folgerichtig, geradezu zwangsläufig. Erst hat sie Italien vorhergesagt, dann hat sie die Vorhersage nach Frankreich verlegt. Sie (oder die Sterne, oder die Eingeweide, oder wo sie ihre Vorhersagen sonst herkriegt) hat sich dem tatsächlichen Sieger damit kontinuierlich angenähert. Die Länder stehen in einer Reihe – Italien, Frankreich, Spanien. Das würde ich unbedingt als hundertprozentigen Treffer verbuchen 😀

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  9. @MagicGuitar,
    klar,das halbfertige Zitat als solches ist schon Unfug.Das wird ja im verlinkten Artikel auch beschrieben.
    Nur finde ich es immer schön wenn die Leute darauf hingewiesen werden,dass dieses Zitat letztendlich (eben mit:“ich will sich`ren Grund“)genau das Gegenteil besagt.Und die betretenen Mienen,dass sie nicht weiter Shakespeare gelesen haben.

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  10. @ Mephisto
    Ich fasse also zusammen: Haller und Möller spielen in der Nationalmannschaft, wegen ihrer Treffsicherheit. Scholl wird Bundestrainer, weil er den Überblick hat. Herberger („Das Runde muss in das Eckige“) wird strategischer Berater. Frau Haller kennt sicher wen, der sich mit ihm verständigen kann. Dann müssten „wir“ doch ab jetzt eigentlich immer Welt- und Europameister werden. Win-Win 🙂

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  11. “Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als eure Schulweisheit sich erträumen lässt”
    Ach, das hat Hamlet gesagt, nicht Shakesbeard? Mensch, dass muss einem doch gesagt werden! Ich habe immer gedacht der S. hat sich das ausgedacht… :>
    Klar, wenn eine fiktive Person das zu einer anderen fiktiv sagt, dann ändert das natürlich fiktiv alles… was wenn er gesagt hätte: eins und eins macht zwei, nicht drei 😛
    Leider wird dann noch von Schlaumeyer (Name geändert, die Red.) behauptet das es sich hier um ein Argument handelt. Ein ‚Argument‘ ähnlich wie: „Es gibt mehr Schaben in meiner Küche als es sich ein New Yorker Pizzabäcker ausmalen mag.“ – das ist *das* Totschlagargument im Disput mit New Yorker Köchen, wer denn die härteste Küche hat…
    Was soll man mit Leuten diskutieren die noch nicht einmal den Unterschied zwischen einem Argument und einer Meinung (Urteil) erkennen? Also, wenn eure Offenbarungen auf PSIramdösig alle von dieser Qualität sind, dann können sich die EsoMutanten ja beruhigt zurück lehnen, denn relevant wird solches emotionales Geschwurbel garantiert nicht! Das affektiert nur Mitglieder in eurem Masturbationsclub – womit ihr nicht viel besser seit als die kritisierten EsoMutanten, deren Gruppendynamik funktioniert ähnlich. Schönen Tach auch…

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  12. @ gesine:

    Nee, der hiess einfach Roman Hamlet, Prinz von Dänemark. Oder vielleicht doch Hamlet Dänan, Prinz von Rumänien? Rodän Hamman, Prinz von Lettland? Letro Mandä, Prinz von Hameln?

    Schietegol. Hauptsache, nicht Hamlet von Dänicken.

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  13. derPhilosoph :
    Ach, das hat Hamlet gesagt, nicht Shakesbeard?

    Ja, in der Tat.
    a) Der Autor hat es geschrieben, ob er es gesagt hat, weiß niemand.
    b) Die Figur Hamlet sagt es im Stück.
    c) Das Stück aus dem hier zitiert wird, wurde nicht von einem Herrn Shakesbeard geschrieben.

    Fazit: Wenn Du hier schon den Haarspalter spielst, dann mach‘ es gefälligst richtig.

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  14. „Though this be madness, yet there is method in ‚t.“

    „Ist es schon Tollheit, so hat es doch Methode“

    Polonius in Hamlet

    (ich versteh nicht, wieso sich die Eso-Freaks immer auf William Shakespeare berufen)

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