Heute im Bio-Markt (2) – Plaste und Elaste

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Wer alt genug ist, erinnert sich – an die erste Generation von Bioläden. Meist paarweise auftretende Inhaber in grob gestrickten Pullovern und mit ebensolchem Haupthaar standen hinter grob gezimmerten Verkaufstischen und ebensolchen Regalen. Die angebotenen Lebensmittel waren minimalistisch verpackt, meistens tat es eine verklebte oder gefaltete Tüte. Hinter dem Tresen eines Bioladens in meiner damaligen Nachbarschaft standen offene Säcke mit mehreren Sorten Getreide und Hülsenfrüchten, darin jeweils eine Schöpfkelle. Das war noch Bio, meine Herrschaften! Na gut, es war auch eine notorische Quelle für Plodia interpunctella, aber wer mit der Natur leben will, muss auch mit ihr teilen können – trösteten wir uns zumindest.

Das alles ist graue Vorgeschichte. Bio ist heute eine Erscheinungsform von Supermarkt. Einem Betrieb der in Bickenbach in Südhessen ansässigen Alnatura-Kette etwa sieht auf Anhieb niemand an, dass hier alles Bio sein soll. Von Nachhaltigkeit ganz zu schweigen. In meterlangen Stahlregalen rollt genau die Verpackungslawine wie im konventionellen Verbrauchermarkt nebenan. Eine Kostprobe? Hier haben wir das Ergebnis eines völlig normalen Samstagseinkaufs für eine durchschnittliche Familie, bei dem keineswegs auf bestimmte Auswahl geachtet wurde:

  • 3 Einliter-Packungen Milch im Tetrapack.
  • Drei Halbliterbecher Joghurt aus Plastik mit Aluminiumdeckelfolie
  • Einen Viertelliterbecher süße Sahne aus Plastik mit Aluminiumdeckelfolie
  • Einen Viertelliterbecher saure Sahne aus Plastik mit Aluminiumdeckelfolie
  • Eine 250-Gramm-Packung TK-Gemüse in kunststoffbeschichteter Pappe
  • Eine Tüte Sesambrezeln in Plastiktüte
  • Drei 500g Tüten Müsli im Plastikbeutel
  • Eine 200g Packung Schafskäse in Plastikfolie
  • Eine 250g Packung Tofu in Plastikfolie
  • Sechs Müslischnitten in Plastikfolie mit Umkarton
  • Zwei Stücke Hartkäse aus der SB-Kühltheke, je ca. 180g in Klarsicht-Plastikfolie
  • 250 ml Balsamico-Salatcreme, in Plastikflasche
  • Eine Tüte Nudeln, 500g in Plastiktüte
  • Ein 680g Einwegglas Rotkraut
  • Ein 250g Einwegglas Schattenmorellen
  • 500g Meersalz in der Plastiktüte
  • 80g Salami in Plastikfolie verschweißt
  • Paprikamix rot-grün-gelb im Plastikbeutel
  • 1 Kilo frische Möhren im Plastikbeutel
  • Frisches Obst und Gemüse, zum Abwiegen in insgesamt fünf Plastik-Leichttüten verpackt
  • 1 Laib Brot in Papiertüte mit Plastik-Klarsichteinlage
  • 1 kleine Tüte getrockneter Thymian in plastikbeschichteter Papiertüte
  • 400g Tomatenstücke in Weißblechdose

Und bevor Nachfragen auftauchen: es geht gar nicht anders, auch bei sonst typischerweise lose angebotenen Lebensmitteln. Es ist, abgesehen von Obst und Gemüse sowie Backwaren, einfach alles konfektioniert und fertig verpackt. Jedenfalls bei Alnatura gibt es keine Frischfleischabteilung und keine Käsetheke mit loser Ware, nichts also, was man einfach in ein Stück Papier wickeln könnte – jede Scheibe Wurst kommt im Plastikdress. Und selbst loses Obst und Gemüse muss, wenn es mehr als ein Stück ist, in leichte Plastiktütchen verpackt werden, damit nach dem eigenhändigen Abwiegen die Streifencode-Aufkleber für die Scanner an der Kasse appliziert werden können. Ohne Plaste und Elaste aus Bickenbach geht hier nichts.

044005-0183-0191-100Und natürlich sind sie auch hier, die netten Luxusverpackungen und Miniaturgebinde, wie sie der bourgeois gezähmte Nachhaltigkeitsfreund noch von der konventionellen Seite der Front kennt und liebgewonnen hat: Kartoffelpüree-Trockenpulver im silbrigen Plastikbeutel, und das Ganze, weil’s hübscher aussieht, besser zu stapeln und einfacher zu bedrucken ist, nochmals im bunten Umkarton. Läppische 100 g Käseaufschnitt in wiederverschließbarer Frischhalte-Plastikschale. Ganze 50 g Inhalt fassende Alu-Näpfchen mit Brotaufstrich-Pasten. Es geht noch doller: eine Plastik-Probepackung mit zwei extra dünnen Reiswaffeln, netto insgesamt 16 Gramm – das ist so viel wie zwei Seiten Schreibmaschinenpapier und auch ungefähr so nahrhaft.

Auf den ungekrönten Verpackungskönig wurde bei obigen Einkauf übrigens verzichtet: 230 ml Caffe Latte Macchiato im Plastikbecher 044005-0183-0191-100mit Umkarton, Alu-Deckelfolie und transparentem Plastiknuckelaufsatz.

Noch nicht genug gelacht? Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. hat genau diesem Hochglanz-Plaste- und Elaste-Höker den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2011 verliehen – auf einer Veranstaltung, bei der es unter anderem solchen Unsinn zu bestaunen gab:

Parallel fand der erste Kinder-Nachhaltigkeitstag mit mehr als 60 Kindern zwischen 8 und 13 Jahren statt. Gemeinsam entwickelten sie Konzepte zu Themen wie „Wie kommt der Hunger in die Welt“. Die Vielzahl der Ideen war beeindruckend: Eine Fast-Food-Steuer wurde ebenso vorgeschlagen wie Pflichtregale in Lebensmittelmärkten für heimische Produkte und Ware, die optisch nicht perfekt ist.

Es hat mit dem Thema vielleicht nicht unmittelbar etwas zu tun; aufschlussreich ist es trotzdem, wie man sich dort die Bekämpfung des Hungers in der Welt vorstellt – mit einer Fast-Food-Steuer und einem obligatorischen Grabbeltisch. Das ist die Früherziehung zu genau der Ersatzhandlungsstrategie, mit der sich das schlechte Gewissen über die Zustände in dieser Welt im Bio-Supermarkt beruhigt. Für den Berg von Verpackungsabfällen steht jedenfalls der nächste Ersatzhandlungskomplex schon bereit: das Müllsortieren.

Nicht weit entfernt steht ein konventioneller Supermarkt der Rewe-Kette. Sähe man nicht die unterschiedlichen Marken der einzelnen Produkte: die Warenkörbe wären vom Verpackungsaufwand her nicht voneinander zu unterscheiden. Wenn es um Verpackungen geht, ist der Biomarkt heutiger Prägung eine Mogelpackung, gerade recht für den angegrünten Alibikäufer. Sollte der angesichts der Verpackungslawine, die dort auf ihn zurollt, Zweifel an der wohltätigen Bio-Ideologie bekommen, kann ihm an der Kasse Trost zuteil werden. Dort liegt nämlich die Hauspostille aus, in der niemals versäumt wird, den einen oder anderen Tropfen sämigen anthroposophischen Öls in das hässliche Knirschen zermalmter Plastikbecher zu träufeln. Kostproben gibt es auch auf der Homepage, aber das müssen Sie nicht wirklich lesen.

32 Gedanken zu „Heute im Bio-Markt (2) – Plaste und Elaste“

  1. Bio ist leider heute nur noch das, was die EU-Bioverordnung vorschreibt. Aber frisches Obst oder Gemüse kann man auch immer ohne Plastiktüte nehmen. Ich wiege das einfach und klebe das Etikett auf ein Teil. Dann lege ich alle aufs Band. Das hat bei mir bis jetzt immer geklappt, auch beim Alnatura.

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  2. Man muss schauen was man will, ob Bio oder nicht, ich möcht keine Hülsenfrüchte mit Mottenbeilage oder gar Mutterkorn, genausowenig möcht ich, das mir sensible Ware wie frischer Fisch unterwegs im Sommer auf dem Heimweg im Bus verdirbt, weil er nicht eingeschweisst war.
    Wir haben, aller Skandale zum trotz, in den Lebensmitteln ziemlich hohe Hygienestandarts, das find ich zum größten teil auch ziemlich gut, Lebensmittelvergiftungen oder Salmonellen kommen hierzulande selten vor, das verdanken wir u. a. Plastik und der Schutzathmosphäre/Vakuumverpackung.
    Ich denk, was man wirklich machen sollte, ist, so Regional wie möglich einkaufen, damit sich zumindest das ganze mit Transport etc in Grenzen hält, bei der Packung gibt es zwar auch einiges, das nicht sein muss, aber Krabben zum Pulen von der Nordsee um die halbe Welt und zurück zu schicken halte ich Persönlich für Umweltschädlicher als das bisschen Plaste drumrum.

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  3. Ach herrlich. Ungespritztes Gemüse – da pinkelt der Bauer noch selbst.
    Machen wir uns nichts vor: BIO ist zu reinem Marketing verkommen. Es geht nur noch ums Geld. Bin gespannt wann das auch die Sandalentragenden Strickpullover mit „Atome, nein Danke“ (oder so ähnlich) am rußigen Dieselfahrzeug aus den frühen 90ern begreifen.

    Also ich esse ja selber immer die Biokartoffeln ausm Kaufland – aber auch nur, weil die meistens besser geputzt sind (=kein Schälen nötig) und in 1.5 kg für den Single Haushalt kommen. Viel Romantik ist da jedenfalls nicht mehr dabei.

    Und der gute Bio Honig ausm Bioladen: Seit ich gelesen habe, was es für Schadstoffe in Honig gibt, und dass da Bio oder Honig keine Rolle spielt was die Belastung angeht schenke ich mir diesen Weg auch.

    Etwas Erhlichkeit der Verbraucher sich selbst gegenüber wäre gut: Wo gehobelt wird flalen Späne und wo 80 Mio. Menschen in Dtl. nicht auf Komfort verzichten wollen, da ist Naturromantik und Bioromantik schlicht nicht angebracht und reine Augenwischerei. Wer’s richtig machen will, muss schon konsequent sein, ich sach nur „Gottfried der Selbstversorger“ (siehe Youtube).

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  4. @Knorke

    die damaligen Sandalentragenden Strickpullover fahren heute größere Autos mit Aufklebern wie (oder meistens wie) „Baby am Board“ „Ich bremse auch für Tiere, vor allem für meinesgleichen“, tragen Sakkos oder Anzüge und wohnen in Berlin Prenzelberg 😉

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  5. @Icke:
    Ich rede hier nicht von Ausnahmen und Leuchttürmen (sonst könnte ich dir auch ein Youtube Viedo glücklicher Wiesenhof-Hühner herzaubern). Es geht ums Große und Ganze. Und solange es einen Massenmarkt für Bio gibt wird es irgendwo mit den Standards nicht so genau genommen werden und das Marketing den grünen Pinsel schwingen um alle mit grüner Ader an den reich gedeckten und umsatzträchtigen Tisch zu locken.
    Ich habe rein gar nichts gegen ökologischen oder nachhaltigen Landbau, allerdings wird mit dem ganzen BIO-Budenzauber eine Traumwelt geschaffen, die dem bisschen, was tatsächlich geboten werden kann nicht gerecht wird. Und die Konsumenten rennen dem hinterher – der kleine Ablass aus Gewissensgründen. Ich habe zum Glück kein Gewissen 🙂

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  6. @ knorke

    ich fahre in der Regel an den Leuchtturm, weil die angeblichen Ausnahmen gibt es schon flächendeckend, man muss sich halt nur ein wenig bemühen, sie aufzusuchen.

    Ein anderes Thema ist natürlich die Finanzierbarkeit. Ich sehe nicht, wie sich z.B. ein Arbeitslosengeld II- Empfänger ausschließlich demeter- oder biolandmäßig ernährem soll. Da gehts dann ab zum Aldi und bestenfallls zu dem Discountbiotomaten. Sicherlich liegst du da richtig: die Standarts sind natürlich nicht so hoch.

    Na dann mal ein schönes gewissenfreies Wochende, wenn du daran glaubst.

    „Ich hab’ Mein’ Sach’ auf Nichts gestellt1
    Was soll nicht alles Meine Sache sein! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die Sache der Menschheit, der Wahrheit, der Frei- heit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache Meines Vol- kes, Meines Fürsten, Meines Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend andere Sachen. Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein…..“
    Max Stirner

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  7. Die Weltverbesserer sind eben auch nur Geldverdiener!

    Wir brauchen die tollen Verpackungen – es wird sich schon ein Grund finden!

    Denkt doch bitte mal an die vielen Umweltverbände, Umweltbehörden usw. denen langsam die Arbeit ausgeht. Die armen kämpfen alle ums Überleben!

    Da müssen dann schon solche Aktionen her wie: „Verpackung nein danke“, „Kommt nicht in die Tüte“, Abgabe auf Plastiktüten, Fast-Food-Steuer usw.

    Es geht um’s Geld und Überleben! Da werden notfalls auch die Strategien der ehemaligen Feinde übernommen. Wenn’s denn dem Überleben dient wird sich doch eine Begründung finden lassen.

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  8. Im Biomarkt ist alles doof, Strickpullover, Anti-68er-Ressentiments, auf was für einem Trip ist Psiram denn jetzt? Es gibt durchaus Alternativen zu großen Bio-„Ketten“ und „Marken“, dafür muss man natürlich mehr Laufarbeit auf sich nehmen und Kontakt zu lokalen Erzeugern herstellen. Aber man ist hier wohl mittlerweile am ideologischen Punkt „Alles, was die Müslis machen, ist doof“ angekommen und blendet geschickt alle Alternativen, die nicht ins eigene Weltbild passen, aus. Natürlich sind Convenience-Elemente zu kritisieren, das hat aber nichts damit zu tun, dass Bio nur (Selbst)Betrug ist, sondern dass die Vebraucher selbst zu faul sind, einen Beitrag zu leisten der über höher Geldkosten hinaus geht. Man kann sie ja schlecht an den Haaren zum lokal arbeitenden Ultra-Bio-Markt schleifen..

    Hat sich mal jemand die Mühe gemacht, die Kriterien zu recherchieren, nach denen der Nachhaltigkeitspreis vergeben wird? Und vom wem? Wie ernst ist der überhaupt zu nehmen? Es gibt hier zwei Möglichkeiten: Entweder ist Alnatura tatsächlich Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen (und dann muss in der Richtung noch VIEL unternommen werden, oder wollt ihr proklamieren, dass Nachhaltigkeit per se ein dummes Ziel ist, weil halt?) oder aber der Preis ist ein schlechter Witz (was mich auch nicht überraschen würde, immerhin vergibt auch der Springer-Verlag Journalismus-Preise). Die ganze Schuld aber auf der Bio-Idee abzuwälzen, ist doch billig und verfehlt.

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  9. Dolge :
    […] Aber man ist hier wohl mittlerweile am ideologischen Punkt “Alles, was die Müslis machen, ist doof” angekommen und blendet geschickt alle Alternativen, die nicht ins eigene Weltbild passen, aus. […]

    Also ich denke man kann Sätze wie „Bio ist heute eine Erscheinungsform von Supermarkt.“ kritisieren, aber eine pauschale Anti-Bio-Hetze zu unterstellen, wie Du es hier tust, hat im Artikel keine Grundlage.

    Der Hinweis auf die Alternativen fehlt, das ist wahr. Aber die Kritik am „Supermarkt-Bio“ ist dennoch gerechtfertigt und geht für mich auch in dieser absoluten Form in Ordnung, weil die Mehrheit der Menschen eben dort einkauft und das durchaus auch nicht (ausschließlich) aus Faulheit: zwischen einem stressigen Arbeitstag und einem Abend der auch noch Aufgaben für bereithält, finde ich es verständlich, dass man nicht erst nach Hintertupfing fährt, um ein paar Bio-Eier zu kaufen und einen Bio-Laden hat auch nicht jeder direkt vor der Tür und dass man sich dessen Produkte dann auch noch leisten können muss, wurde ja bereits erwähnt.

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  10. Dolge :Im Biomarkt ist alles doof, Strickpullover, Anti-68er-Ressentiments, auf was für einem Trip ist Psiram denn jetzt? Es gibt durchaus Alternativen zu großen Bio-”Ketten” und “Marken”, dafür muss man natürlich mehr Laufarbeit auf sich nehmen und Kontakt zu lokalen Erzeugern herstellen. Aber man ist hier wohl mittlerweile am ideologischen Punkt “Alles, was die Müslis machen, ist doof” angekommen und blendet geschickt alle Alternativen, die nicht ins eigene Weltbild passen, aus. Natürlich sind Convenience-Elemente zu kritisieren, das hat aber nichts damit zu tun, dass Bio nur (Selbst)Betrug ist, sondern dass die Vebraucher selbst zu faul sind, einen Beitrag zu leisten der über höher Geldkosten hinaus geht. Man kann sie ja schlecht an den Haaren zum lokal arbeitenden Ultra-Bio-Markt schleifen..
    Hat sich mal jemand die Mühe gemacht, die Kriterien zu recherchieren, nach denen der Nachhaltigkeitspreis vergeben wird? Und vom wem? Wie ernst ist der überhaupt zu nehmen? Es gibt hier zwei Möglichkeiten: Entweder ist Alnatura tatsächlich Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen (und dann muss in der Richtung noch VIEL unternommen werden, oder wollt ihr proklamieren, dass Nachhaltigkeit per se ein dummes Ziel ist, weil halt?) oder aber der Preis ist ein schlechter Witz (was mich auch nicht überraschen würde, immerhin vergibt auch der Springer-Verlag Journalismus-Preise). Die ganze Schuld aber auf der Bio-Idee abzuwälzen, ist doch billig und verfehlt.

    Also bestimmt immerhin schonmal Einigkeit, dass das Etikett „BIO“ in seiner Massenmarkttauglichen Erscheinungsform so nicht direkt noch dem Prinzip der Nachhaltigkeit entsprechen muss bzw. es auch viel zu oft nicht tut.
    Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Erkenntnis, dass auch Abseits des Massenmarktes BIO nicht automatisch „besser“ bedeutet. Das mag ja für die Milch vom Biobauern zwei Straßen weiter noch funktionieren, zumindest hinsichtlich einiger Kriterien, aber spätestens wenn mit BIO gleichzeitig auch „gesünder“, „leckerer“, „besser“ oder sogar ethisch + moralisch unbedenklich pauschal verknüpft wird (und das tut es – die meisten dürften BIO aus irgendwelchen Gewissensgründen konsumieren), dann wird es heikel. Denn das alles kann BIO gar nicht in dem Umfang leisten, wie es die Zivilsationsschädel des Ottonormalkonsumenten unterschwellig erwarten.

    Und diese Sache von wegen „keine Genmanipulation“ aus dem Beitrag vor diesem zeigt für mich an einem schön einfach Beispiel, wie leicht sich Ottonormalverbraucher und Branche sich es damit machen und wie wenig Vernunft und Sachdebatte dabei eine Rolle spielen.

    Übrigens sind Geflügelteile mit Bio-Siegel oftmals stärker bakteriologisch belastet als nicht BIO habe ich neulich im Radio gehört. Das ist zwar irgendwie klar, wenn man Biohühner mit marginal größerem Auslauf züchtet – und dann auch noch teils draußen, wo bekanntermaßen die Infektionsgefahr durch externe Einflüsse nochmal höher ist – aber das zeigt eben auch dass man BIO nicht einfach wie Massentierhaltung mit Fenster konzipieren kann. Und wenn man sieht, wie sich dann Tierhaltung konventionell und BIO unterscheiden (nach rechtlichen Vorgaben) und wie das umgesetzt wird um weiterhin ordentliche Renditen zu erzielen, dann merkt man schnell, dass das so nicht funktionieren kann.

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  11. Ich kann in weiten Teilen zustimmen. BIO ist bei weitem nicht so gut wie sein Ruf.

    Eine Frage allerdings: Wenn BIO nicht aus Gewissensgründen – aus welchen denn dann? Welcher Macht sollen wir denn mehr verpflichtet sein als dem eigenen Gewissen? Und ist es dann nicht geboten, alles dafür zu tun, dass BIO genau das leistet, was es verspricht und was die Leute erwarten? Anderwo wird doch auch gegen unlautere Werbung vorgegangen, wieso nicht hier. Die Leute als Heuchler anklagen und mit dem Finger zeigen ist eine leichte Übung, Druck aufbauen und echte Verbesserungen einfordern aber wäre weit nachhaltiger.

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  12. Hallo,

    knorke :Ach herrlich. Ungespritztes Gemüse – da pinkelt der Bauer noch selbst. Machen wir uns nichts vor: BIO ist zu reinem Marketing verkommen. Es geht nur noch ums Geld. Bin gespannt wann das auch die Sandalentragenden Strickpullover mit “Atome, nein Danke” (oder so ähnlich) am rußigen Dieselfahrzeug aus den frühen 90ern begreifen.

    In dem Laden bedienen die Jutepulliträger vielleicht, einkaufen geht dort die ansässige Mittel/Oberschicht die den durchschnittlich 1-4km langen Anfahrtsweg niemals mit etwas anderem als dem Automobil tun würden. Etwas worüber ich mich jedes mal beömmeln könnt wenn ich dort vorbei komme. 😉

    @Dolge
    Der Preis wird von einer Stiftung selbigen Namens im Verbund mit der Bundesregierung, kommunalen Verbänden, NGOs u.ä. für Nachhaltigkeitsengagement verliehen.
    Man sendet seine Mappe ein und belegt das was man in der Mappe schreibt, das wird dann von einigen Partnern ausgewertet.

    Link zur Selbstdarstellung: http://www.nachhaltigkeitspreis.de/files/deutscher_nachhaltigkeitspreis.pdf

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  13. @ grober_unfug

    “In dem Laden bedienen die Jutepulliträger vielleicht, einkaufen geht dort die ansässige Mittel/Oberschicht die den durchschnittlich 1-4km langen Anfahrtsweg niemals mit etwas anderem als dem Automobil tun würden.“

    Ich könnt mich jedesmal beömmeln, woher manche Leute ihre Wahrsagerkugeln beziehen. Damit sollte man sich nicht die Mühe sparen, zum Fachhandel zu gehen – dann klappts auch mit den „Prophezeiungen und den Aussagen darüber, was andere Leute angeblich so machen würden. 😉
    http://www.ebay.de/itm/Glaskugel-Glassockel-Geschenkbox-10cm-/290972259533?clk_rvr_id=526920362949

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  14. Fand ich eben unter „Methodik“ auf der Webseite des Nachhaltigkeitspreises. Das liest sich schlimm. Es geht um REPUTATION!!! Kein Wort von echter Nachhaltigkeit, Umweltmanagement, ökologischem Fußabdruck, Ressourcenkreisläufen etc. – reine Imagefrage. Bitte bitte bitte korrigiert mich. So dumm kann man doch gar nicht sein.

    „Zur Bewertung der „nachhaltigsten Marken“ wertet die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Markenführung (Positionierung/Vision/Führung, Unternehmenskultur, Verhalten und Markenkommunikation) und Markenwirkung

    (Markenbekanntheit, Nachhaltigkeitsimage, Glaubwürdigkeit und der Authentizität, Preispremium/Loyalität) aus. Bewertungsgrundlage sind Selbstauskünfte innerhalb von vier Exzellenzstufen sowie die Ergebnisse der von facit eigens für den DNP durchgeführten Kundenevaluierung. Im Rahmen dieser Evaluierung wurden Kunden der jeweiligen Unternehmen zu ihrer Einschätzung des Nachhaltigkeitsengagements (=Nachhaltigkeitsimage) der Unternehmen befragt. Die Basis der Befragung bildet der Sustainability Image Score (SIS), ein wissenschaftlich validiertes Modell zur ganzheitlichen Analyse von Nachhaltigkeitsreputation. Dieser Score bildet eine weitere Grundlage für das Juryurteil.“ „

    Antworten
  15. @Dolge

    es gibt natürlich keine Korrektur! Es geht um Reputation und nichts anderes!

    Habe mal verwundert einen Insider wegen einer Umweltpreisvergabe angehauen. Zitat:
    „Stell dich nicht so an! Du weißt doch wie das läuft. Jedes Jahr müssen die Preise vergeben werden und dann geht es eben reihum. Wer im Vorjahr einen ersten Preis – wo auch immer – bekommen hat, der bekommt dann eben einen zweiten oder dritten Preis. Hauptsache, die Preise können im großen Event verteilt werden!“

    Machen wir uns klar, dass dies alles längst eine Selbstläufermaschine ist. Den Wahlkampf bitte nicht dabei vergessen!

    Antworten
  16. Icke :

    ich vergaß: eure Freunde von Monsanto sind mal wieder ganz uneigennützig unterwegs *lol*

    Vielleicht sollten wir hier den Schwierigkeitsgrad des Chaptchas um eine Stufe höher setzen.

    Antworten
  17. Groucho :

    Icke :ich vergaß: eure Freunde von Monsanto sind mal wieder ganz uneigennützig unterwegs *lol*

    Vielleicht sollten wir hier den Schwierigkeitsgrad des Chaptchas um eine Stufe höher setzen.

    nur zu, ich bin da ganz optimitisch.
    treffe am Wochenende einen Prof. aus Gatersleben – bin ich wirklich gespannt drauf.
    http://www.ipk-gatersleben.de/

    leider sind die guten Wissenschaftler heutzutage oftmals politisch ohne Interesse …. wenns nicht um die Sicherung der Pfründe geht, ist der Horizont nicht sehr weit

    Das kennst du doch Groucho, oder?

    Antworten
  18. Moin,
    @Icke
    Glaskugel brauch ich nicht, wohne da um die Ecke und kenne genug Kunden zumindest flüchtig.

    Im Prinzip finde ich das Gewerbegebiet dort ja gut, weil dann nicht mehr so weit gefahren werden muss. Zu faul 2-3kg Einkauf ohne Auto zu transportieren sind halt trotzdem noch viele. Die Diskussion hatte ich ja auch schon öfters mit Bekannten.

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  19. Hmm.
    „Soja ist eines der Lebensmittel, das am häufigsten Allergien auslöst. Es ist bekannt, dass das Insektengift, das in den transgenen Pflanzen produziert wird, Immunreaktionen noch verstärken kann. “

    Was führt denn Then da als Beweis für den zweiten Teil an?
    „Bei verschiedenen Untersuchungen fanden sich Hinweise auf negative Effekte bis hin zu Schädigungen von Organen bei Versuchstieren (Even & Pusztai, 1999; Malatesta et al.; 2002, 2003; Spiroux et al., 2009; Gallagher, 2010)“

    Was soll das werden? Ein Who-Is-Who der Pseudowissenschaft?
    Pusztai ist bekannt, Malatestas Arbeiten sind erwiesenermaßen fehlerhaft, der Homöopath Spiroux ist Präsident von CRIIGEN, dass wohl besser durch Séralini bekannt ist und Gallagher ist regelmäßiger Co-Autor von den beiden. Prima.

    Jetzt mal abgesehen von dem typischen Greenpeace-Gewäsch, dass Then da ablässt, ist Soja irgendwie auch so ein Bio/Veganer-Problem.

    Soja enthält von Natur aus Enzyminhibitoren und darauf reagieren haufenweise Leute allergisch. In der Tierhaltung macht das Zeug auch große Probleme, eine Sojadiät führt unter Garantie zu Magenproblemen.

    Wäre interessant zu schauen, wie sich Sojaallergie in Bezug auf die Anzahl der Veganer verhält. Ich wette, es gibt da eine Korrelation.

    Ich verstehe überhaupt nicht, warum irgendwer Soja frisst. Wobei, das kommt ja aus Asien (Sojasoße und so). Muss ja gut sein.

    Antworten
  20. nur zu, ich bin da ganz optimitisch.
    treffe am Wochenende einen Prof. aus Gatersleben – bin ich wirklich gespannt drauf.

    Ah, Bogenschütze?

    leider sind die guten Wissenschaftler heutzutage oftmals politisch ohne Interesse …. wenns nicht um die Sicherung der Pfründe geht, ist der Horizont nicht sehr weit

    Das kennst du doch Groucho, oder?

    Jaklar. Meine Yacht hängt grad fest weil ich nicht tanken kann, Monsanto überweist immer erst am 15.

    Antworten
  21. Ich verstehe überhaupt nicht, warum irgendwer Soja frisst. Wobei, das kommt ja aus Asien (Sojasoße und so). Muss ja gut sein.

    Nicht umsonst treibt man so ein Bohei mit Fermentation etc., um das einigermaßen verträglich zu machen.

    Antworten
  22. Den Rummel um Soja, der in der Vollwertgemeinde läuft, habe ich nie verstanden. Kaum ein anderes Lebensmittel muss so massiv und tiefgreifend verarbeitet werden wie Soja. Also nix mit „esst naturbelassen“. Noch höher und gründlicher verarbeitet sind eigentlich nur – Gummibärchen.

    Zum Ausgangspunkt zurück: ich hätte heute auch keine Lust mehr, mir alle naselang Dörrobstmotten einzuhandeln oder angeranzte Milch aus der Kanne schöpfen zu lassen. Aber darum geht es hier auch gar nicht. Es geht darum, dass diese Branche Werte und Ziele propagiert, die sie aus den besten Vernunftsgründen gar nicht einhalten kann. Ich habe selbst keine Schwierigkeiten damit, dort einiges einzukaufen, weil es dort wirklich bestimmte sehr gute Produkte gibt, und die kaufe ich dort, weil sie gut schmecken. Wer aber meint, mit dem Einkauf in einer Bio-Supermarktkette einen Beitrag zur gesellschaftlichen Sinnstiftung zu leisten, der ist auf dem Holzweg.

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  23. Im vorindustriellen Zeitalter lebten auch die Menschen in Europa noch nahezu vollkommen „biologisch“: Sie lebten nur von dem, was sie ernteten. Kaum ein Lebensmittel wurde weiter als bis zur nächsten Stadt transportiert, wo es eine winzige Oberschicht gab, die nicht vom Landbau lebte. Alle anderen hatten von dem zu leben, was in der jeweiligen Jahreszeit geerntet wurde. Nur wenige Lebensmittel konnten so haltbar gemacht werden, dass sie bis zur nächsten Ernte reichten.
    Wenn man nun alte Kirchenbücher auswertet, findet man, dass nur jedes zweite Kind das zehnte Lebensjahr erreichte, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei Männern unter 50 Jahren lag, bei Frauen unter 40. Die meisten Menschen starben im Frühjahr, wenn es noch keine frischen Lebensmittel gab.

    Das war alles „BIO“! Wer das wieder will, muss eben auch die Nachteile in Kauf nehmen…

    Übrigens: Knorke in #12: Geflügelteile können nicht „bakteriologisch“ belastet sein. Die Bakteriologie ist die Lehre von den Bakterien. Sie können also lediglich „bakteriell“ belastet sein.

    Antworten
  24. Die meisten Menschen starben im Frühjahr, wenn es noch keine frischen Lebensmittel gab.

    Und was vom Winterlager übrig blieb, war oft mit Aflatoxinen etc. durchseucht. Nach heutigen Maßstäben der Lebensmittelkontrolle hätte man damals vermutlich fast alle Produktionsstätten/Bauernhöfe dicht machen können …

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  25. schade, das dieses thema von vielen derart schwarz/weiss diskutiert wird.

    ich bin ein biokind erster stunde, mitte der siebziger geboren, habe ich jede idee meiner eltern mittragen müssen.
    vom mutterkornfinden (brot backen), über die eigene tofu- sowie sojamilchherstellung, bis hin zum eigenen acker………….

    meine damalige ernährung hat mir wohl ebenso geschadet, wie eine konventionelle es getan hätte.
    nur anders.
    die menge an vollkorngetreide habe ich nicht vertragen.
    die sojaprodukte ( milch+tofu/tempeh) ebenfalls nicht.
    übrigens werden in asien eben diese nur in sehr geringen mengen verzehrt.

    ab 15 habe ich meine ernährung selber bestimmt, seither esse ich vor allem frisches und rohes.
    ich bevorzuge bio aus der region, und zwar vom markt. es ist zumeist unbelasteter, und schmeckt fast immer besser.
    da gibt’s keine tüten, ich habe einen korb dabei.
    fleisch und fisch in maßen, wenn nicht bio, dann aus der region.
    keine milch, kein brot, kein käse, kein zucker.
    ausser, ich habe lust darauf.

    ich hatte nie gewichtsprobleme, meine konventionell essende verwandtschaft schon.
    auch ansonsten bin ich gesund und munter.
    und mein abfalleimer ist meistens kaum gefüllt.
    dafür habe ich einen komposthaufen, und wende das früh erworbene wissen ums gärtnern auch immer noch an.

    bio ist leider tatsächlich zu einer marketingstrategie verkommen.
    aber nicht durch die bank.
    es gibt immer menschen, die die sahne unbedingt abschöpfen wollen.
    um jeden preis.
    und es gibt fanatiker, welche das ganze vollwert/biothema als eine art ersatzreligion betreiben.
    dazwischen gibt es aber auch die bewusst agierenden menschen, kunden wie gewerbetreibende.
    denn es geht bei bio nicht nur um das meistenteils gesündere und wohlschmeckendere produkt.
    es vor allem um den nachhaltigen anbau, um kurze transportwege…

    die im artikel dargestellte kaffemilch von alnatura im plastikbecher ist für mich ein no-go. genau wie die anderen biokunstprodukte.

    essen soll vor allem schmecken und körper+geist befriedigen, da ticken die einzelnen durchaus verschieden.
    leider zeigen viele menschen gerne mit dem finger auf andere, anstatt die eigenen gewohnheiten kritisch zu hinterfragen.
    dadurch entsteht eine starre geisteshaltung, da geht es nicht mehr um vernunft.

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