William Burchett/ Jervis alias Medicine Turtle – ein Krimineller sattelt um auf Plastikschamane

Sowohl für Psiram als auch für unsere Freunde bei NAFPS (New Age Frauds and Plastic Shamans) ist Mr Wieheißterdenn ein alter Bekannter. NAFPS hat seit 2006 mit ihm zu tun, als er gerade in Europa angekommen war, frisch mit einer Luxemburgerin verheiratet. Kennengelernt hatte er sie, als er noch wegen bewaffneten Bankraubs im Knast saß. Ja, Mr Burchett war in Haft; er hatte zwei Haftstrafen eingefahren, die sich zusammen auf 15 Jahre beliefen und nacheinander abzusitzen waren. Davon hat er auch 13 oder 14 Jahre abgerissen. Wie es scheint, war gute Führung für Burchett noch nie eine naheliegende Alternative. Und noch während seiner Haftstrafe beschloss Burchett, dass er lieber Cherokee sein wollte. Was durchaus lächerlich ist, zumal er feuerrotes Haar hat, von leuchtendem Weiß ist und sein Wissen über indigene Kulturen offenbar aus Hollywood-Billigstproduktionen stammt.

FirewakerInteressanterweise ist er unter dem Namen „William A. Burchett“ verurteilt worden und eingefahren, stellte aber bereits 2002 aus der Haft heraus einen Antrag auf Namensänderung auf „William A. Jervis“. Dieser wurde von einem Gericht abgelehnt; ob also sein tatsächlicher Name laut Pass immer noch Burchett lautet oder ob er später erfolgreich eine Änderung beantragt hat, ist unbekannt. Jedoch ist festzustellen, dass noch bei seiner Entlassung aus der Bewährungsaufsicht am 30. Juni 2005 die offiziellen Dokumente hierzu von „William Burchett“ sprechen. Jedenfalls, aus dem Bau raus und nun auch die Bewährungsaufsicht losgeworden, heiratete er und ließ sich in Luxemburg nieder. Die Geschichte hat aber kein Happyend. Rasch fand Burchett es nicht mehr prickelnd, sich als DJ bei einem kleinen Radioprojekt in Luxemburg durchzuschlagen und gründete einen „Indianerclub“, den er auf zahllosen Internetseiten und Plattformen bewarb, so z.B auf französischen Nudistenseiten. Als das auch nicht so einschlug, warb er mit auf dem Gelände seines Clubs durchgeführten Schwitzhütten.

Irgendwann scheint ihm aufgegangen zu sein, dass Luxemburg ein kleines Land mit begrenzter Anzahl möglicher Kunden ist, und er verzog sich nach Deutschland, wo er zwei Damen fand, die ihm in der Folgezeit Beihilfe bei seinen Unternehmungen leisteten. Die eine zog sich bald raus, die andere blieb und schaufelte sich immer tiefer in die Grube, z.B mit einem in einer Wohnung betriebenen Massagesalon, in dem Burchett „Cherokee-Massagen“ verkaufte. Ob da alle Steuern gezahlt und alle notwendigen Papiere, Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen eingeholt wurden, überlassen wir der Fantasie unserer Leser. Burchett warf sich sogar auf das Reise-Business und bot Reisen in die USA und – ausgerechnet – nach Thailand an; auch hier entsteht durchaus die Frage nach nötigen Genehmigungen, Versicherungen, Steuernummern etc. Diese Karriere legte Burchett unter dem Namen „William Jervis“ hin, den er wie schon in seiner Haftzeit mit dem mega-echten „Indianernamen“ „Firewalker“ ergänzte; als Firewalkers Ruf später ein paar Flecken abbekommen hatte, benannte er sich in „Turtle Winds“ um. Tolle Namenswahl – eine Furzende Schildkröte. Ob nun am Blähen oder auch nicht, Burchett konnte sogar ein wenig Aufmerksamkeit bei privaten Fernsehsendern erhaschen, die in Regionalprogrammen über ihn berichteten, sowie bei einigen regionalen oder örtlichen kleinen Käseblättchen.

Während dieser Zeit wurde allmählich klar, dass Burchett auf keinen Fall einen Finger bei ehrlicher Arbeit krumm zu machen gedenkt, solange er auch nur einen Euro einstreichen kann, indem er andere beschubst. Außerdem entwickelte er sich zum Alptraum vieler Betreiber von Internetseiten und Foren, weil er in rascher Schlagzahl immer neue Werbeeinträge und -Mails abwarf, um seine imitierten Zeremonien und lächerlichen „Teachings“ zu bewerben. Möglicherweise um nicht zu schnell bei den Empfängern der Spammails aufzufallen, verschickte er diese unter etlichen Namen. Er hat zudem mehrere YouTube-Kanäle, so z.B als „medicine turtle“, medicineturtle1“, „firewalker“, „turtle winds“, „Lakota nation“, „Iron Horseman“, und postet nach wie vor unter mehreren E-Mail-Adressen, obwohl einige seiner älteren Adressen aufgrund von Beschwerden gelöscht wurden. Auch auf Facebook unterhält Burchett mehrere Profile, nicht nur als „Medicine Turtle“ oder „William Jervis“, sondern auch unter den Aliasnamen „Paul Cherokee Slone“ und „Sam Smith“, daneben auch noch Profile bei LinkedIn und Boards bei Pinterest. Die Zahl der Blogs, die Burchett unter den verschiedensten Namen (Personennamen, Namen von angeblichen und tatsächlichen Vereinen und Organisationen) bei mehreren Anbietern unterhält, mag sich leicht auf 100 oder noch mehr belaufen.

jervisEine weitere Eigenheit von Burchett ist, dass er auch Blogs bzw. Webseiten einrichtet, die er nach etablierten Plastikschamanen wie John Pope alias Rolling Thunder oder Vincent LaDuke alias Sun Bear benennt, aber auch nach Esoterikanbietern wie der Federation of Shamanic Studies. Schlimmer ist jedoch, dass er auch Blogs und Webseiten anlegt, für die er die Namen seriöser und ehrlicher Personen benutzt, um bei seiner potentiellen Kundschaft vom guten Ruf dieser Personen zu partizipieren. Er schreckt auch nicht davor zurück, Videos mit dem US-Präsidenten Obama zu „bearbeiten“, in denen dieser angeblich den „großen Medizinmann“ über den grünen Klee lobt – zu sehen gibt es das hier, aber es gilt eine verschärfte Kaffeewarnung! Das Video wirft außerdem ein bezeichnendes Licht auf Burchetts Gedankenwelt – so z.B die Sichtweise, die er als Südstaaten-Redneck von afro-amerikanischen Präsidenten hat. Auch auf Copyright pfeift Burchett, daher enthält ein Teil der von ihm eingestellten Videos Filmmaterial bzw. Fotos, die er von anderen Seiten kopiert hat.

Um 2011/2012 herum machte sich Burchett in Deutschland ungewohnt rar. Vielleicht sah es gerade etwas finster aus, vielleicht waren gewisse Fragen bezüglich Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen, Steuerzahlungen, Genehmigungen zum Ausüben bzw. Lehren von Massagen etc doch zu häufig geworden. Jedenfalls sah es offenbar finster genug aus, dass Burchett es vorzog, sich mindestens zweimal für tot zu erklären: einmal am 1. März 2012 und schon zuvor am 19. Mai 2011 war er wohl so verzweifelt, dass er sogar acht Jahre zuvor gestorben sein wollte. Unter anderem schrieb er: „But in all authenticity he was the greatest cherokee medicine men [sic!] of all time. Turtle Winds Firewalker is pain in our hearts.“ Das mit dem „pain“ stimmt wohl, er ist nur mit der Anatomie durcheinander geraten. (Anmerkung: „A pain“ bzw. Volltext: „A pain in the arse“ bezeichnet einen Mitmenschen, der allen anderen ausgesprochen intensiv auf, ähm, die Senkel geht.)

Schließlich tauchte Burchett in Österreich wieder auf. Wiederum mit zwei Helferinnen, von denen die eine „Energethikerin“ ist und seine „Schamanenschülerin“ wurde, die andere betrieb eine psychologische Praxis. Seinen „Indianernamen“ hatte er erneut in ein vorerst unauffälliges „Medicine Turtle“ geändert, verkaufte aber denselben Schwurbelmumpitz wie schon in Deutschland. Inzwischen (Geschichte wiederholt sich ja gerne) ist eine der Damen achterraus gesegelt, die andere aber blieb ihm erhalten und leistet ihm weiter Beihilfe.

In Österreich hat Burchett nun auch eine „Native American Medicine Academy“ gegründet, die Ausbildungen von acht bis zehn Jahren Dauer anbietet. Eine langfristige Kundenbindung ist offenbar das Paradies für einen Abzocker. Und offensichtlich kann Burchett sich irgendwie damit durchschlagen, obwohl er als „Medizinmann“ ja nun gar nicht überzeugend rüberkommt – vielmehr ist er ein armseliger Abklatsch eines Plastikschamanenimitats. Hinzu kommt, dass er keine Cherokee-Spiritualität ausbeutet, sondern Lakota-Zeremonien und auch Lakota-Begriffe verwendet. Ein solcher Mix ethnischer Hintergründe und spiritueller Traditionen ist jedoch ein mega-sicherer Hinweis auf einen Plastikschamanen.

An seiner überaus ehrgeizig benannten „Akademie“ meint Burchett, seinen SchülerInnen zu vermitteln, wie man Schwitzhütten und Vision Quests auf traditionelle Weise durchführe sowie seine angeblichen Cherokee-Methoden „Hassuny“ und „Hiskoliya“, die ihm zufolge 8.000 Jahre alt sein sollen und deren Erlernen acht bis zehn Jahre erfordere; er lehrt das Medizinrad, Tierkommunikation, die „Sieben Lehren der Cherokee Nation“ etc. Er kündigt auch „ceremonial days“ und „besondere Initiationstage“ sowie vier jährliche Treffen in einem Seminarhaus an. Die Visionssuchen sollen in „mehreren Ländern“ stattfinden, so z.B. in den „heiligen Bergen der Cherokee, den Appalachen Smoky Mountains [sic]“ und in Arizona. Natürlich wäre das ohne Burchetts Angebereien noch nicht komplett: „The Native American Medicine Academy in Europe is the only one of its kind where Medicine People teach in the Indian tradition. It brings students to the Indian tribal leaders and elders. No academy in Europe offers this“ und „Here you will learn to feel the power of the true Indian way of life“. Die stereotypgeladenen Grüße am Ende des Textes („Aho medicine turtle & sunturtle woman“) machen dann den Eimer Müll komplett, der den Lesern der Webseite hingeworfen wird. (Das Wort „Aho“ kommt aus der Sprache der Kiowa Nation und hat weder mit Cherokee noch Lakota auch nur das Geringste zu tun. In der Eso-Szene wird es dennoch als angeblich allgemein gültiger indigener Gruß verwendet, häufig noch kombiniert mit dem der Lakota-Sprache entnommenen: „Mitakuye Oyasin“ [Wir sind alle verwandt].)

Besonders dämlich sind Burchetts Behauptungen, er habe ein Copyright auf seinen Schwurbelkram „Cherokee Bodywork – Hiskoliya – Hassuny©“ unter seinem falschen „Indianernamen“ Medicine Turtle, wobei das Datum „7. Februar 1980“ genannt wird. Im Jahr 1980 wusste Burchett nicht einmal, wie man Medizinmann schreibt – na gut, mit der englischen Rechtschreibung kämpft er ja heute noch. Aber sein Geburtsdatum ist der 15.2.1966; am 7. 2.1980 war er also wie alt? Hat da jemand „13“ gesagt? Jau. Sehr überzeugend. Möglicherweise war Burchett ja ein Hellseher und wusste mit 13 Jahren bereits, dass er später dieses hübsche kleine Ding als Imitat eines Plastikschamanen drehen wird, nachdem er erstmal aus dem Knast raus ist, und dann wäre so ein Copyright ganz brauchbar.

Unser vielnamiger Plastikschamane ist aber bei Angaben zu seinem Alter und zur Dauer der, öhm, „Berufserfahrung“ flexibel. In einem Profil bei LinkedIn behauptet er, er sei seit Februar 1970 Medizinmann und „medicine doctor“ auf der „cherokee indian reservation“. Wir sind zutiefst beeindruckt – was war er doch für eine begabte kleine Göre! Wer jetzt meint, das sei schon das Ende der Fahnenstange mit dem fantasievollen Umgang mit Kalenderjahren etc. – aber nicht doch: auf einer anderen Plattform meint er, sein Geburtstag sei der … 02.02.1970! Na, jetzt kriegt die Sache doch Gesicht – ab Geburt als Plastikschamane tätig, und im zarten Alter von neun Jahren Copyrights gesichert. (Frau Wirtin hatte einen Sohn, der konnte mit fünf Jahren schon … schamanisieren.)

Da er sich nun zum Besitzer und Manager einer veritablen Akademie aufgeschwungen hatte, wurde Burchett auch dreist genug, sich als „Doktor der Medizin“ zu bezeichnen – so in einem seiner Blogs und sogar in einem Profil bei LinkedIn, das immer noch online ist. Sich zu Unrecht mit einem nicht vorhandenen Doktortitel zu schmücken, ist aber leider sowohl in Österreich wie auch in Deutschland ein Offizialdelikt.

Inzwischen macht Burchett auch Werbung für eine angeblich von ihm betriebene Firma „medicine turtle cherokee travel company“, für die er als Postanschrift Pikeville/Kentucky und die nicht existente „sweatlodge road 9“ angibt. Diese Anschrift benutzt er auch auf weiteren Blogs und auf Portalen, bei denen er Werbung für Seminare veröffentlicht. Womit sich die Reisefirma genau befasst, bleibt unklar; in der Beschreibung heißt es:
„native american travel company is a company owned by cherokee medicine man medicine turtle
our company provides help to the native american indian people.
for more detills contact medturtle@xxx.com“
.
Mit der Ortsangabe Pikeville veröffentlichte Burchett auch etliche Annoncen für ein angeblich von ihm geleitetes Campinggelände, für das er die Kundenrezensionen gleich selbst schrieb und in entsprechenden Foren einstellte. Möglicherweise hat Burchett Beziehungen nach Pikeville, da sich dort sowohl die Namen „Burchett“ wie auch „Jervis“ nachweisen lassen, und auch den bewaffneten Raubüberfall beging Burchett in einer Filiale der First National Bank of Pikeville.

Spendenwillige Personen sollten sich insbesondere im Klaren sein, dass keine von Burchetts Unternehmungen – obwohl um Spenden gebeten wird – einen gemeinnützigen Status hat. Die „Native American Medicine Academy“, als ein Beispiel, ist bei den österreichischen Behörden nicht als gemeinnützig registriert und ein entsprechender Antrag würde wohl auch abgelehnt werden, da die „Akademie“ Ausbildungskurse verkauft, die sich über mehrere Jahre erstrecken. Der nicht-gemeinnützige Status bedeutet aber, dass die eingenommenen Spendengelder versteuert werden müssen und damit nicht mehr in der ursprünglichen Höhe beim Begünstigten eintreffen können – sofern überhaupt irgendein Rubelchen anrollt. Allerdings erwähnt Burchett auf seinen Blogs und Webseiten auch keine Umsatzsteuer-ID und wenn man sich seine Vorgeschichte mal ansieht, den Gebrauch falscher Postanschriften, das Behaupten falscher Titel und Qualifikationen, ist zumindest sehr zweifelhaft, ob diese und gewisse andere Details ihn überhaupt tangieren.

Andererseits gibt es von Burchett auch Werbevideos, die eine Plattform für aller Art esoterischen Schwurbel bieten: von der Pseudomedizin aller Art bis zu Verschwörungstheorien z.B. um 9/11 und bis in die KRR-Szene hinein.

Allmählich kam Burchett auch wieder über die Grenze nach Deutschland zu Seminaren und Veranstaltungen. Auf einem seiner zahlreichen Blogs annoncierte er ein „Vision Quest Seminar“ in der Nähe von Koblenz, das im Mai 2015 stattfand und von ihm und einer Weißen Büffelfrau alias Viola Flambé durchgeführt wurde. Flambé ist eine Zeremonieverkäuferin aus Kelheim, die mit Burchett schon vor seiner Auszeit kooperiert hatte. Dieses Wochenendseminar sollte pro Teilnehmer € 480 kosten.

Zusätzlich wurde Burchett als Teilnehmer am „Trommelevent“ in Bad Gögging im Mai 2015 angekündigt (wir berichteten). Zwar wurde die angepeilte Zahl von 500 Trommlern wohl deutlich verfehlt, aber wie schon das Sprichwort weiß: Die Dummen sterben nicht aus. Daher ist unsere Eso-Crew zuversichtlich, in diesem Jahr eine Wiederholung des Events durchziehen zu können. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema. Was Burchett betrifft, wollen wir nicht verabsäumen, ihm das hübsche Psiram-Gütesiegel zu verpassen.

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