Lesereise 3: Über die Natur der Dinge

Teil 3 unserer Serie zur Philosophie Bunges

Eine kurze Bemerkung auch zu diesem Buch, das er gemeinsam mit Martin Mahner verfasst hat. Es komprimiert die Philosophie Bunges auf 240 Seiten und ist damit streckenweise ein wenig spröde. Es ist eine No-Nonsense-Philosophie. Eine thesenartige Verknappung, unter Hintansetzung von Kontext, Beispielen oder ausführlicherer Herleitung ist unvermeidlich. Dennoch: Nicht abschrecken lassen! Die Mühe wird belohnt. An dieser Stelle eine ausdrückliche Verbeugung auch vor Martin Mahner: Sein Beitrag kann von außen nur schlecht abgeschätzt werden, zu sehr sind die Inhalte aus einem Guss. Wenn hier von „Bunge“ die Rede ist, sei er immer mitgemeint, sofern auf die gemeinsam verfassten Werke Bezug genommen wird.

Was den Titel angeht: Bunge/Mahner stellen sich hier selbstbewusst in die Tradition des Materialismus, die nie die führende gewesen ist, aber seit der Antike besteht. Sie haben das Recht dazu. Schon Lukrez war von christlicher Seite für verrückt erklärt worden (er habe sich in einem durch einen Liebestrank verursachten Wahnsinnsanfall umgebracht, sagt Eusebius). Spinoza war der meistgehasste Philosoph seiner Zeit, und die bloße Nachfrage, ob seine wüsten Kritiker ihn denn auch gelesen hätten, konnte kirchliche Karrieren zerstören [21]. Heinrich Heine sagt:

Merkwürdig ist es, wie die verschiedensten Parteien gegen Spinoza gekämpft. Sie bilden eine Armee, deren bunte Zusammensetzung den spaßhaftesten Anblick gewährt. Neben einem Schwarm schwarzer und weißer Kapuzen, mit Kreuzen und dampfenden Weihrauchfässern, marschiert die Phalanx der Enzyklopädisten, die ebenfalls gegen diesen penseur téméraire [rücksichtslosen Denker] eifern. Neben dem Rabbiner der Amsterdamer Synagoge, der mit dem Bockshorn des Glaubens zum Angriff bläst, wandelt Arouet de Voltaire, der mit der Pickelflöte der Persiflage zum Besten des Deismus musiziert. Dazwischen greint das alte Weib Jacobi, die Marketenderin dieser Glaubensarmee. [22]

Wieso Spinoza?

Folgen wir dem Beispiel, das Bento Spinoza gegeben hat, der kühnste und meistgehasste Philosoph seiner Zeit, und derjenige, der seine eigene Devise Caute! [Vorsicht] nur selten eingehalten hat. [23]

Es folgt Teil 4 unserer Serie zur Philosophie Bunges


  1. : Minois G: The Atheist’s Bible. The Most Dangerous Book, which Never Existed. Chicago 2012, S. 106
  2. : Heinrich Heine: Geschichte der Religion
  3. : Bunge M: Between Two Worlds: Memoirs of a Philosopher-Scientist, Springer International 2016, S. 277.

3 Gedanken zu „Lesereise 3: Über die Natur der Dinge“

  1. Lieber anonymer Autor,

    ich freue mich, dass ich hier offenbar einen neuen Bungeaner finde und dass Ihnen unser Buch „Über die Natur der Dinge‟ (ÜdNdD) trotz seiner Sprödigkeit lesens- und empfehlenswert erscheint.

    Da Sie nach meiner Rolle dabei fragen: Der „eine Guss‟ kommt daher, dass ich das Buch allein geschrieben habe. Bunge steht freilich als Erstautor dabei, weil es *seine* Philosophie ist, die ich kommuniziere, ein bisschen intepretiere und gelegentlich ergänze, wie in den letzten beiden Kapiteln. Ich betätigte mich – um es ironisch zu sagen – als Evangelist. Bunges Deutsch ist zwar ganz ordentlich, aber doch nicht so gut, dass er ein Buch auf Deutsch schreiben könnte.

    Wie Sie an anderer Stelle darstellen, sind die beiden Bände des Treatise über Ontologie nur schwer verdaulich, so dass ich für mich selbst und für die deutschsprachigen Leser unbedingt eine lesbare Version haben wollte. ÜdNdD war das Ergebnis. Die Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie der Bände 5 und 6 habe ich noch nicht als eigenes Buch geschafft. Auf Deutsch gibt es bislang nur meine 70-seitige Kurzversion in Kap. 3 der „Philosophischen Grundlagen der Biologie‟. Immerhin besser als nichts (und für viele eventuell besser als zwei ganze Bücher auf Englisch zu lesen)…

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  2. Verehrter Herr Mahner, seien Sie willkommen! 🙂

    Martin Mahner :

    Lieber anonymer Autor,

    ich freue mich, dass ich hier offenbar einen neuen Bungeaner finde

    Bunge zitiert irgendwo einen Autor, der in etwa gesagt habe: wir werfen unsere Einsichten weit in die Luft und hoffen, dass der Wind sie trage und irgendwo ein Saatkorn angehe. Hier ist ein zartes Pflänzchen.

    Martin Mahner :
    Die Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie der Bände 5 und 6 habe ich noch nicht als eigenes Buch geschafft.

    Aber es ist Ihnen bewusst, dass Sie soeben ein Gelübde abgelegt haben?
    😉

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  3. Nee, nee, ich gelobe nichts. Mein jüngstes Opus ist gerade mal zwei Monate alt, so dass ich erstmal eine Pause brauche. Und wenn ich was Neues beginne, dürfte es wohl eher um das Demarkationsproblem und Pseudowissenchaft gehen…

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