Wohin steuert die GWUP

Mit einer gewissen Besorgnis nehmen wir das aktuelle Zerwürfnis in der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften) wahr. Die Grundlinien des Konflikts dürften mittlerweile vielen skeptischen Lesern bekannt sein. Wir fassen deshalb nur ganz kurz zusammen: Im Mai 2023 wurde überraschend Holm Gero Hümmler zum neuen Vorsitzenden gewählt. Sein erklärtes Programm ist, dass er seine alte, unpolitische GWUP wiederhaben wolle. Die Wahl selbst scheint taktisch geschickt (oder intrigant, je nach Blickwinkel) vorbereitet worden zu sein: es schwirrten diffuse Vorwürfe gegen Ungenannte in der Luft, es wurden Gedächtnisprotokolle zitiert, die vorher unbekannt waren und zu denen Stellungnahmen nicht möglich waren u. dgl. mehr.

Bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass es lediglich um bestimmte Politikfelder geht, die außen vor bleiben sollen. Wir nennen ein Beispiel und stützen uns dabei auf ein Gespräch des neuen Vorsitzenden mit einigen seiner Unterstützer, am 30.10.2023.

Holm Hümmler sagt:

Marie Vollbrecht, ist eine relativ populäre Biologin, die eben mit Vorträgen darüber hausieren geht, dass es in der in der Biologe halt nur 2 Geschlechter gibt. Was, wie gesagt, wenn Du über Fortpflanzungszellen sprichst, eine Trivialaussage ist, dann aber, die gleichzeitig […] gesellschaftspolitisch sehr aktiv ist gegen Rechte von Transmenschen. Und das, wenn man das eben in diesem Zusammenhang präsentiert, dann wird es halt problematisch

Denn das Geschlecht wird „zugewiesen“, so die heutige Sprachregelung. Sie scheint im Grundsatz zurückzugehen auf Judith Butler. Aber nur „[i]n der Kunst hören die Dinge auf zu sein und fangen an zu bedeuten“ (Peter Hacks), nicht in der Wirklichkeit. In letzterer wird das Geschlecht nicht zugewiesen, sondern festgestellt, und zwar in – je nach Review – 99,8 bis 99,98% aller Neugeborenen völlig unproblematisch. Das ist tatsächlich eine Trivialaussage. Problematisch wird sie erst in den Gender Studies und in den von Foucault weichgekochten humanities. Die Zweigeschlechtlichkeit ist übrigens von den Nazis in die Biologie hineingetragen worden – so wird zumindest Heinz-Jürgen Voß in der Wikipedia zitiert (hier). Am Rande sei vermerkt, dass wir den Vorgang, auf den sich die Hümmlersche Passage bezieht, kurz in unserem Blog gestreift hatten (hier).

Letztbegründungen von Ethik werden immer schwierig bleiben. Eine Ethik aber, die materielle Tatsachen verachtet, wird in der Konsequenz mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken. Wenn sich die Gegenseite von schlichten biologischen Schulweisheiten triggern lässt, dann stimmt etwas nicht mit ihr. Herr Dr. Hümmler, ist es möglich, dass in diesem Systemversagen Fragen von Wissenschaft und Pseudowissenschaft berührt sind? Dass die wolkige Rhetorik von Judith Butler nüchtern betrachtet wissenschaftsfeindlich und reaktionär ist? Dass solche Fragen Gegenstand auch für die GWUP sein könnten, vielleicht sogar sollten?

Verbleiben wir noch einen Moment in der Hümmlerschen Biologie.

Weil jemand, der an Fortpflanzung von Schnecken forscht, Landschnecken sind halt Zwitter, dem wird ja niemand kommen und sagen, es gibt nur 2 Geschlechter. Du darfst nicht über Schnecken forschen. Das ist doch Quatsch.

Zweifellos. Man kann den Passus drehen und wenden wie man will, und man kann ihm zugutehalten, dass er das Transkript einer mündlichen Rede ist – aber einen Sinn darin finden, das kann man nicht. Auch bei zwittrigen Tieren gibt es nur zwei Geschlechter. Da sie aber in einem Organismus zusammenfallen, kann man Schneckenpopulationen nicht in zwei Gruppen teilen, und sie brauchen nur eine Sorte Klo.

Wir werfen Hümmler nicht vor, dass er keine Ahnung hat, wovon er redet. Das passiert uns allen gelegentlich. Doch es berührt unangenehm, dass er mit dieser Art von Sachkenntnis ausgerüstet seinen „Gegnern“ Diffamierung vorwirft und von ihren Aktivitäten als „Anti-GWUP“ redet. So spricht man nicht, wenn man mit Vernunft überzeugen will, sondern so spricht man, wenn man mit Krawall einschüchtern will. So spricht kein Integrator, sondern jemand, der um die Einheit und Reinheit der Partei der Organisation kämpft. Die logische Konsequenz ist die Purgierung; vielleicht, dass man ihr mit öffentlicher Selbstkritik entgehen kann.

Ein öffentliches Gespräch oder auch nur eine inhaltliche Auseinandersetzung mit – ja, Mitstreitern – wie dem Vorstandsmitglied André Sebastiani oder Wissenschaftsratsmitgliedern wie Ulrich Berger oder mit anderen prominenten Vertretern im Wissenschaftsrat findet nicht statt, soweit wir das überblicken. Doch mit genügend Sitzfleisch wird sich das Problem für das Team Hümmler von selbst lösen, denn der Wissenschaftsrat wird sich ausdünnen. Dem zweifellos weltweit bekanntesten Kritiker der medizinischen Scharlatanerie, Edzard Ernst, den die GWUP in ihren Reihen zu haben die Ehre hatte, ist der Affenzirkus [1] schon jetzt zu viel geworden, und er ist ausgetreten (hier). Der Vorstand hat ihm keine Träne nachgeweint.

André Sebastiani hat sich um den Vorsitz beworben.

Wir wünschen ihm Erfolg!


  1. : „Personally, I cannot – not even until May – remain a member of an organisation where the man officially put in charge of the Twitter account feels entitled to collectively call his opponents ‘ideological clowns who have been playing culture war’.“ – Edzard Ernst.

60 Gedanken zu „Wohin steuert die GWUP“

  1. Ich kenne die GWUP eigentlich nur dem Namen nach, wenn auch schon lange; habe diesen Blog im Feedreader, seit alles noch ganz anders hieß, ich habe aber nicht alle Neiträge der letzten Jahre ganz gelesen, aber zumindest zur Kenntnis genommen. Heißt: ich kenne die meisten Beteiligten nicht (Edzard Ernst vom Lesen, Marie Vollbrecht aus den Nachrichten vor ein paar Jahren). Und ich stimme zu:

    >So spricht man nicht, wenn man mit Vernunft überzeugen will, sondern so spricht man, wenn man mit Krawall einschüchtern will.

    Aber, mit Verlaub, ich habe das auch bei diesem Blogeintrag so empfunden. Hier wird vielleicht nicht mit Krawall gearbeitet, sondern mit Geraune und Andeutungen, aber eher nicht mit Vernunft. Es wirkt wie eine Mischung aus persönlichen Animositäten, Beleidigtsein, tiefer Sorge um die Wissenschaft und die Entwicklung der GWUP. Wahrscheinlich fehlen mir einfach wesentliche Hintergründe zur Einordnung, siehe oben, aber die Hintergründe kriege ich hier auch nicht im Text. Also bin ich einfach nicht als Adressat gemeint?

    Antworten
  2. Ich bin seit langem überzeugte Gegnerin von Homöopathie und sogenannter alternativer Medizin und glaube auch nicht daran, dass man mit Einläufen Krebs (L. Hirneise) heilen kann. Sollte sich aber herausstellen, dass sich die GWUP, oder Teile davon als transfeindlich gerieren oder gar PSIRAM (?) hätten sich diese Institutionen für mich erledigt. Das wäre für mich allerdings eine große Enttäuschung.
    Wie auch immer man die Frage nach den Geschlechtern beantwortet, so ist abweichende Geschlechtsidentität eine Tatsache, die sich wissenschaftlich wohl kaum widerlegen lässt. Und Genderstudies, sollte ich das richtig verstanden haben, mal eben so zur Pseudowissenschaft zu erklären, ist zumindest mutig.
    Aus welchem politischen Spektrum stammen denn die größten transfeindlichen Einstellungen? Es sind jene Personen und Kreise, in denen man die Coronapandemie leugnet, teils Aids/HIV für eine Lüge hält oder anderen Verschwörungstheorien anhängt, bis hin zur Anzweiflung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Wirksamkeit von mRNA-Impfungen oder die Ursachen für den Krieg in der Ukraine.
    Das ist zunächst mal eine Anti-Establishment-Haltung.
    Eine Positionierung der GWUP auf die Seite transfeindlicher Überzeugungen hätte zudem Folgen nicht nur für die medizinische Versorgung von Transmenschen sondern auch auf deren Akzeptanz in der Gesellschaft.
    Das käme Personen wie A. Schwarzer, S. Wagenknecht, B. v. Storch u. a. vermutlich sehr gelegen, aber ob es der Wissenschaft weiterhelfen würde, wage ich doch eher zu bezweifeln.
    Letztendlich ist Transfeindlichkeit Menschenfeindlichkeit und somit auch wissenschaftsfeindlich.

    Antworten
    • Und Genderstudies, sollte ich das richtig verstanden haben, mal eben so zur Pseudowissenschaft zu erklären, ist zumindest mutig.

      Du hast es richtig verstanden. Aber mutig ist es nicht, nur folgerichtig.
      https://blog.psiram.com/2016/10/gender-studies-und-die-wissenschaft/
      Wenn Du damit durch bist und noch Fragen offen sind, melde Dich. Je spezifischer allerdings, um so besser, denn auf allgemeine Anmutungen passen nur weitere lange Diskussionen des Themas, an denen bei uns kein Mangel ist.

      Eine Positionierung der GWUP auf die Seite transfeindlicher Überzeugungen hätte zudem Folgen nicht nur für die medizinische Versorgung von Transmenschen sondern auch auf deren Akzeptanz in der Gesellschaft.

      Es ist unklar, warum überhaupt eine medizinische Versorgung eingefordert wird, wenn es sich nicht um eine Störung/Krankheit handelt. Im Übrigen ist die Dichotomie der Alternativen so falsch wie bei der Pascalschen Wette.

      Die verbreitetste Auffassung darüber, was Transfeindlichkeit ist, scheint mir am besten mit dieser Definition beschrieben:
      Transfeindlichkeit =df Gesamtheit aller Aussagen über Sex und Gender, die etwas anderes sind als a) evidenzfreies und b) affirmatives Geschwafel.

      Damit ist manches wirklich Menschenfeindliche erfasst, aber doch auch viel mehr, so wie es der Brauch ist.

      Für den Rest Deiner gutgemeinten Phrasen steht die Antwort schon im Text:

      Letztbegründungen von Ethik werden immer schwierig bleiben. Eine Ethik aber, die materielle Tatsachen verachtet, wird in der Konsequenz mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken.

      Antworten
    • Was ist denn jetzt genau „transfeindlich“? Schon auf den Unterschied zwischen biologischem Geschlecht (Sex) und Geschlechtsidentität- / Rolle (Gender) hinzuweisen? Das machst du alleine schon, wenn du von „abweichender“ Identität redest.

      Identität ist etwas subjektives; ob es eine angeborene Geschlechtsidentität gibt, ist mehr als zweifelhaft (Identitäten sind nichts Angeborenes, man erwirbt sie). Und weil man etwas „wissenschaftlich nicht widerlegen kann“, heißt das nicht, dass es auch tatsächlich existiert. Das ist ein üblicher Fehlschluss.

      Wenn du im Forum ein wenig im Genderfaden lesen würdest, dann wäre dir schnell klar, dass du schlecht informiert bist, worum es bei der Debatte im skeptischen Rahmen geht. Niemand ist gegen Transpersonen bzw. leugnet eine Inkongruenz / Dysphorie. Ob man dafür aber unendlich viele Geschlechter (im biologischen Sinne) braucht, ist ein andere Frage. Oder denkst du, man darf und sollte als Transfrau auch gegen (biologische) Frauen in den sportlichen Wettbewerb gehen, weil die Biologie ja keine Rolle spielt?

      Antworten
      • Oder denkst du, man darf und sollte als Transfrau auch gegen (biologische) Frauen in den sportlichen Wettbewerb gehen, weil die Biologie ja keine Rolle spielt?

        In dem oben verlinkten Video von Hümmler und seinen Freunden sagt übrigens Frau Wismeg-Kammerlander auf eine ganz analoge Frage von Bartoschek (Transfrauen in Frauenhäusern?) hin mit vielen vielen Worten, meine Kurzfassung, er solle sich nicht so anstellen, und auf Nachfrage, dass müsse man individuell klären. Und Bartoschek, fußlahmer advocatus diaboli, lässt ihr das durchgehen. Was soll er auch sonst tun.

        Antworten
    • Vorsicht! Der Vorwurf der Menschenfeindlichkeit geht gerade beim Thema Trans extrem schnell in die eigene Richtung, denn es bleibt eine Tatsache, dass sich die Geschlechtsidentität lediglich auf das Geschlecht beziehen kann und da außerhalb des eigenen Körpers keine Identität gebildet werden kann, ist die eigene Geschlechtsidentität immer mit dem eigenen Geschlecht verbunden. Männer, die behaupten, sich als Frau zu identifizieren, sind genau das: Männer, die sich als Frau identifizieren und daher lediglich auf kulturelle, teilweise sexistische Stereotype zurückgreifen können, denn wirklich als Frau können sich lediglich Frauen identifizieren. Das bedeutet, Geschlecht lässt sich weder als biologische Tatsache noch als gesellschaftlicher Faktor leugnen. Das wiederum heißt: Transfrauen brauchen eben gerade nicht wie Frauen behandelt zu werden. Sie sind keine Frauen und werden nie Frauen sein. Was heißt: Transfrauen haben weder was in Frauenräumen, noch auf Frauenplätzen, noch im Frauensport oder unter Lesben irgendwas zu suchen. Es ist menschenfeindlich, Frauen auf diese Weise ihr Frausein zu nehmen und Frauen auf irgendwelche kulturellen Rollenbilder zu reduzieren, nur damit Männer in das Frausein integriert werden können. Frauen sind keine Kostüme! Es ist ebenso menschenfeindlich, von Frauen zu erwarten, Transfrauen als Frauen zu validieren, indem auf geschlechtsbasierte Grundrechte verzichtet wird und erst Recht ist es menschenfeindlich, von Lesben unter dauerndem „Du transphobes Nazischwein“-Rufen zu erwarten, dass sie sich quasi als Sexspielzeug Transfrauen als Partnerin zur Verfügung stellen und auf ihre eigene Sexualität verzichten.

      Antworten
      • Ja, Identität ist kein Kostüm, aber ebensowenig ist sie eine von den Gameten aufgezwungene Zwangsjacke. „Wirklich als X können sich nur X fühlen“ ist in der Form Unfug, du findest auf der Welt genug nicht-originär-X-enschen die mit dem sich-als-X-fühlen keinerlei Probleme haben. (Fast) egal welches X man einsetzt. Mit welcher Berechtigung sprichst du ausgerechnet Trans-Menschen das ab?

        Ein bisschen Differenzierung kann nicht schaden. Und die fehlt in dieser Debatte, so grundsätzlich-gesellschaftlich, auf beiden Seiten.

        Antworten
        • Das war zu erwarten, aber ich weise nochmals darauf hin, dass diese Diskussion hier leicht off-topic ist. Unser Anliegen war nur, darauf hinzuweisen, dass es eine Diskussion ist, die nicht mit dem Wutschrei „Rechtsextremismus!“ beendet werden kann.

          Ein bisschen Differenzierung kann nicht schaden. Und die fehlt in dieser Debatte, so grundsätzlich-gesellschaftlich, auf beiden Seiten.

          Zu Satz 1) richtig, zu Satz 2) zu 50% falsch. 😉
          Vgl. https://cass.independent-review.uk/

          Antworten
  3. Schöner selbstentlarvender Text. „Schlichte biologische Schulweisheiten“ sind eben das: Weisheiten runterverdummt auf das Niveau für die Schule. Deswegen gibt es Menschen die Thematiken sehr viel tiefer erforschen und dann wissen, dass es alles halt eben doch nicht nur schwarz oder weiss ist. Es gibt auch viele „Schlichte mathematische Schulweisheiten“ zu denen Mathematiker dann weiterführendes Wissen haben, wie z.B. ob man die Wurzel aus Minus 1 ziehen kann.

    Vielleicht sollte Psiram sich einfach auch raushalten statt selber vollkommen unnötig spalterische Meinungen zum Besten zu geben die auch kaum auf dem Niveau von Schulweisheiten sind. Ich kann Herrn Rau nur recht geben in seiner Bewertung des Beitrags.

    Antworten
    • Klingt so esoterisch (es gibt mehr Ding…). Ist der Energieerhaltungssatz auch nur eine „einfache Schulweisheit“? Und funktionieren die Wundermaschinen dann, und unser Wiki lügt? Raushalten, damit die Schwurbler freier leben können?

      Der Rückgriff auf imaginäre Zustände passt aber gut zu der Vorstellung.

      Antworten
  4. Danke für die Ergänzungen, die SZ hilft mir beim Verständnis, ist auch neutraler, muss es auch eher sein als ihr, klar.

    Geraune und Andeutungen: Ohne Bitte um weitere Aufklärung (mir reicht die SZ) sind mir ein paar Formulierungen als solche aufgefallen. Gleich im ersten großen Absatz stehen „scheint“, „oder intrigant“ als Alternative, „schwirren“,“diffuse“, „u. dgl. mehr“ – diese Wörter sind unpräzise oder vom Sinn her andeutend, ich empfinde sie eben auch als Geraune und Andeutungen. Das kommt bei mir an als „wir haben die Wahl verloren, deshalb stimmt etwas mit der Wahl nicht.“

    „Sprachregelung“, „scheint“. Das Peter-Hacks-Zitat, das impliziert (ich mag es lieber, wenn man mir Zitate erklärt), dass in der Wissenschaft Dinge einfach „sind“ statt „zu bedeuten“, als wäre das tatsächlich so oder könnte man das trennen. Danach wird das aber eh gleich als Trivialaussage relativiert, also wieso? Dann kommen die Nazis, wenn auch von der anderen Seite; guilty by association oder Brunnenvergiften, schlecht; aber ist das denn falsch? Dann würde ich das gerne explizit als Widerspruch lesen statt dass mit diese Entscheidung überlassen bleibt. Ist das außerdem wirklich so, dass diese Ethik „materielle Tatsachen verachtet“, oder ist das eine unsachliche Übertreibung? Es klingt nach letzterer. Selbst „leugnet“ oder „ignoriert“ wäre besser.

    Dann die „Einheit und Reinheit der Partei der Organisation“ – das ist uneigentliches Sprechen, und damit Poesie oder Andeutung. Allein das Stilmittel der Durchstreichung, mit dem man etwas sagt, aber dann noch nicht sagt, das meine ich mit Geraune. Es gibt noch mehr Stellen.

    Zugegeben, ich bin Deutschlehrer, und im Lehrplan steht eben mehr erörterndes und informierendes Schreiben als Glosse oder Essay oder Blogeintrag, die natürlich ihre Berechtigung haben. Aber ihr habt gefragt. Es geht mich allerdings an sich nichts an, mein erster Kommentar war unverlangt eingesendet. Und natürlich bin ich biased, großer Skeptiker an sich, aber bei Trans- und Geschlechterfragen bin ich woke. Was ich hier und bei SZ über die GWUP lese, ist aber auf jeden Fall und in vielerlei Hinsicht unschön.

    Antworten
    • Ist das außerdem wirklich so, dass diese Ethik „materielle Tatsachen verachtet“, oder ist das eine unsachliche Übertreibung? Es klingt nach letzterer. Selbst „leugnet“ oder „ignoriert“ wäre besser.

      Nein, wäre es nicht. „Verachtet“ ist schon genau richtig. Vergl. #2304

      Antworten
  5. @Herr Rau

    „schwirren“,“diffuse“, „u. dgl. mehr“ – diese Wörter sind unpräzise

    ok., Korrigenda.

    • statt „schwirren“ lies „wurden verlesen“
    • statt „diffuse“ lies „die Vorwürfe wurden nicht klar artikuliert“
    • statt „u. dgl. mehr“ lies „es gab auch noch andere taktisch geschickte Maßnahmen, die aufzuzählen jetzt zuviel wäre“.
    • ’scheint‘, ‚oder intrigant‘ als Alternative – nihil obstat

    dass in der Wissenschaft Dinge einfach „sind“ statt „zu bedeuten“, als wäre das tatsächlich so oder könnte man das trennen.

    Das könnte man nicht nur, sondern das muss man trennen. Es geht hier um eine Kurzkritik des Konstruktivismus. „Bedeutung“ können Dinge nur für den Menschen haben. Der Mensch braucht die Dinge, aber die Dinge brauchen nicht den Menschen. Sie existieren auch ohne ihn, die Krone der Schöpfung, die in der Wirklichkeit weniger als ein Staubkorn im All ist. Bruno Latour dagegen sagt: „Wie konnte er [Ramses II] an einem Bazillus sterben, der 1882 von Robert Koch entdeckt wurde?“ (zit. n. Sokal).
    Mehr Details hier:
    https://blog.psiram.com/2017/06/rechts-oder-links-wo-steht-die-wissenschaft/
    https://blog.psiram.com/2019/03/die-wahrheit-in-der-wissenschaft-oder-die-wahrheit-in-bild-der-wissenschaft/
    https://blog.psiram.com/2018/12/lesereise-4-wahrheit-semantik-erkenntnistheorie/

    Danach wird das aber eh gleich als Trivialaussage relativiert, also wieso?

    Weil die Tatsache, dass es zwei Geschlechter beim Menschen gibt, trivial ist, genauso wie die, dass er zehn Finger hat. Es gibt auch kein „Kontinuum“ zwischen ihnen, sondern es gibt objektiv nur Störungen der Geschlechtsdifferenzierung, zwischen denen es wiederum nur innerhalb weniger Varianten von ihnen Übergänge gibt. Aus diesen Störungen resultieren Krankheiten.
    Mehr Details hier (einschließlich der epischen Diskussionen):
    https://forum.psiram.com/index.php?topic=17585.msg248297#msg248297
    https://blog.psiram.com/2016/10/gender-studies-und-die-wissenschaft/
    u. dgl. mehr 😉

    Dann kommen die Nazis, wenn auch von der anderen Seite; guilty by association oder Brunnenvergiften, schlecht; aber ist das denn falsch?

    „guilty by association“? Verstehe ich nicht, darf er nicht zitiert werden? Von „Schuld“ ist doch mit keiner Silbe die Rede. Gut, wenn das missverständlich war, dann liefere ich eine Interpretation nach. Klartext: es ist einfach Schwachsinn zu behaupten, die Zweigeschlechtlichkeit wäre von den Nazis erfunden. Das ist nicht besser als Latours Tuberkelbazillen – nur politischer. Wer auf den schlichten Tatsachen (s. o.) beharrt, ist ein Rechtsextremer.

    Poesie oder Andeutung.

    What’s wrong with it? Und wenn Dir die Formel Einheit und Reinheit der Partei nichts sagt (sei froh), dann nehme ich ein anderes Beispiel, auch wenn es etwas abgelegener ist. Die Feststellung, dass der Antigalenismus von Andreas Vesalius für den Körper die gleiche Gefahr darstelle wie die Lutherische Ketzerei für die Seele, kann in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden – sie hatte etwas Bedrohliches.

    Aber ihr habt gefragt.

    Kein Problem! 🙂

    Antworten
    • Biologisch trivial ist maximal, dass ex beim Menschen zwei „sexes“ (engl.) gibt. Das sagt aber nur aus, welche Gameten (also Geschlechtszellen) ein Körper bildet. ALLES ANDERE ist völlig unbinär (also auch, ob so jemand einen Penis hat oder nicht, um mal ein brachiales Beispiel zu wählen).

      Da sich die Diskussion aber so gut wie nie um um die Gameten dreht, ist das als Kriterium für die Debatte ziemlich irrelevant (weil „Frau“ im kulturellen, sozialen und zwischenmenschlichen Kontext halt mehr ist als nur ein Körper, der Eizellen produziert) und wird nur von der transphoben, zumeist wissenschaftsfeindlichen Seite als Argument herangezogen.

      Das Blogposting ist auf jeden Fall keine Glanzleistung. Bedauerlich, dass das auch zu Psiram schwappt, aber Dunning-Kruger erwischt wohl alle mal.

      Antworten
      • völlig unbinär (also auch, ob so jemand einen Penis hat oder nicht

        Was soll das. Auf dieses Niveau lasse ich die Diskussion nicht herabdrücken. Der nächste Trollpost gleicher Preislage landet im SPAM.

        Antworten
      • Das Blogposting ist auf jeden Fall keine Glanzleistung

        Komisch, das gleiche habe ich bei dem Kommentar gedacht. Ich würde ja darauf antworten, aber das ist zu gaga, um da einen Ansatz zu finden.

        Vll. hilft ja das: wenn man einem Mann den Penis abschneidet, ist er immer noch ein Mann. Aber keine Frau. Ich hoffe, ich habe das Niveau getroffen.

        Antworten
      • „ALLES ANDERE“
        …folgt der Rolle, die der Organismus in der Fortpflanzung spielt. Und Dreh-und Angelpunkt dieser Rolle sind die Gameten. Geschlechtsmerkmale wie der Penis entwickeln sich aufgrund der Wirkung der von den Gonaden produzierten Hormone, sie entwickeln sich nicht unabhängig von dem Fakt, welche Gameten produziert werden und können nicht beliebig kombiniert werden. In seltenen Fällen können aufgrund von Störungen Merkmale wie die äußeren Geschlechtsorgane abweichen, das ändert nichts an der Binarität des biologischen Geschlechts. Die Definition von männlich und weiblich erfolgt in der gesamten Biologie einheitlich über die Gameten, die ist universell. Warum sollte das beim Menschen anders sein?
        Die entscheidende Frage lautet: Wie definierst du „Mann“ und „Frau“?

        Antworten
  6. >Und wenn Dir die Formel Einheit und Reinheit der Partei nichts sagt
    Doch doch, die Andeutung habe ich verstanden. Genau deshalb sprach ich ja von Andeutungen.

    Ansonsten: Bin wahrlich kein Freund des Konstruktivismus, aber dennoch greift mir das „die Dinge sind einfach“ zu kurz. Den Sokal habe ich auch gelesen, deine Meinung verstehe ich, aber bei meinen ursprünglichen Aussagen bleibe ich, das werden wir schon aushalten.

    Antworten
  7. Bin wahrlich kein Freund des Konstruktivismus, aber dennoch greift mir das „die Dinge sind einfach“ zu kurz.

    Ja, klar, dafür muss man kein Konstruktivist sein, das kann man auch als Platonist meinen. Nur eben nicht als Naturalist. Der Naturalismus ist aber ausgesprochen oder implizit die Grundlage jeder empirischen Wissenschaft; ganz unabhängig davon, was der jeweilige Forscher in seiner Freizeit so für Ansichten hat. Wie ist denn das nun, waren vor der Existenz des Menschen die Dinge einfach da oder nicht? Wenn das „zu kurz greift“, wie könnte eine widerspruchsfreie Mittelposition aussehen (ausführlicher dazu, ich erwähnte es, hier)?

    das werden wir schon aushalten.

    Was bleibt uns übrig. 😉
    Aber Holm Gero Hümmler ist seinen jüngsten Äußerungen zufolge fest entschlossen, genau das nicht zu tun.

    PS. Ich habe die Stelle über Vesal wiedergefunden, die ich aus dem Gedächtnis referiert hatte. Hier ist sie:

    „Bei einer öffentlichen Disputation (ob bei jener Anatomie?) hatte Vesal die moderne Ansicht vom Aderlasse vertheidigt und war dabei etwas hitzig geworden gegen den Professor Thriverius, einen verkappten Arabisten, worauf dieser die Anhänger der klassischen Medizin, einen Manardus, Leonhard Fuchs, Matthaeus Curtius und Brissot auf jede Weise verhöhnte und als Lutheraner der Aerzte bezeichnete. Es war ein boshaftes und für Vesal gefährliches Wortspiel“

    – Moritz Roth: Andreas Vesalius Bruxellensis, Reimer, Berlin 1892, Seite 75.

    Antworten
  8. Woke or not woke – wie lächerlich ist allein die Diskussion!
    Die GWUP steht für die Untersuchung von Parawissenschaften!
    DIe GWUP sollte niemals ein politisches oder ideologisches Kleid tragen. Das wäre in jeglicher hinsicht problematisch.
    Die wissenschaftliche Untersuchung bedarf immer einer neutralen, besonders wertneutralen Untersuchung von Parawissenschaften. Nicht einer Stellungnahme gegenüber einer politische oder gesellschaftlichen Haltung.
    Bin ich, persönlich, dafür oder dagegen, das sind Dinge, die ich für mich persönlich klären muss, aber niemals zum Bestandteil einer Diskussion um das Thema neutrale Betrachtung von wissenschaftlichen Themen werde dürfen!
    Hat sich Edzard Ernst auf Glatteis begeben, als er sehr fragwürdige Posts geteilt hat? Ja, hat er! Das muss und sollte diskutiert werden!
    Aber immer unter dem Gesichtspunkt, was wollte er damit sagen, welche Intention hatten seine Aussagen und wie kann er sie, und das ist das wichtigste, möglicherweise wissenschaftlich und ethisch begründen.
    Noch fehlt dazu eine ordentliche Aussage, das mag so sein.
    Sein Ausscheiden aus der GWUP, wenn ich das richtig verstanden habe, ist natürlich ein Verlust, aber nur dann, wenn er sich auch erklären kann oder will. Ansonsten ist er nicht ganz so wichtig, wie man manchmal denken mag!
    So meine Meinung.

    Antworten
    • Dein Post bietet die dankbare Gelegenheit, noch ein paar weitere Phrasen abzuräumen. Nie war die GWUP unpolitisch, und das ist auch gar nicht vorgesehen; vgl. auch #1299.

      Hat sich Edzard Ernst auf Glatteis begeben, als er sehr fragwürdige Posts geteilt hat?

      Das erinnert mich, lebhaft. In dem verlinkten Video oben ist kurz der Text von Martin Mahner Thema. Der „ideologische Clown“ [1] Sebastian Hirsch verbringt geschlagene 5 Minuten damit, voller Emphase zu erklären, was Lindsay für ein Rechtsextremer ist (ist er; ob er es war, als er zu dem Buch Cynical Theories beigetragen hat, ist unklar), aber mit keiner Silbe nimmt er Stellung zum Inhalt von dem, was Mahner geschrieben hat. Mag sein, dass ich mich in den Details irre, ich lass‘ mich gerne korrigieren. Ich werde mir das Ding nicht nochmal reinziehen.

      Zu Ernst #1279, #1298; im zweiten Post auch noch eine kurze Bemerkung zum Thema „Politikfreiheit der GWUP“.
      Zu Bartoschek, der ihn im Wissenschaftsrat beerben will, ein wenig oppo research. #1403

      Antworten
    • Es geht bei der Gwup nicht nur um Parawissenschaften, auch wenn das im Vereinsnamen steht (das hat eher historische Gründe). Verschwörungsideologien sind keine Parawissenschaft, wissenschaftsfeindliche Positionen auch nicht, und Glaubenssysteme wie Anthroposophie ebenfalls nicht (die Religionen im Allgemeinen hat man ausgeklammert, sie gehören aber auch zum Kanon des skeptischen Denkens).

      Dass es nie um Politik geht, stimmt natürlich ebenso wenig. Es gibt sogar Briefe an die Politik, etwa, wenn es um Gesundheitspolitik geht (Homöopathie z.B.). Im Prinzip ist jedes Thema auch politisch relevant, „unpolitisch“ kann man gar nicht sein. Hier wird allenfalls unterstellt, es ginge manchen um eine politische Position, die man vertreten sehen will.

      Das sind alles Strohmänner, die leicht abfackeln, wenn man sie mal bei (Kerzen-)Licht betrachtet. Es geht um Fakten, Tatsachen, oder um die Validität von Behauptungen. Die sind schließlich die Basis für die Entscheidungsfindung auch auf politischer Ebene. Daher gibt es auch den Begriff „vorpolitisch“, der genau das meint: eine Beurteilung von Positionen, bevor diese überhaupt „politisiert“ werden.

      Sollte man Mythen etwa um die Gentechnik nicht auf ihre Validität prüfen, nur weil politisch über das Thema gestritten wird?

      Antworten
  9. Die Prominenz hält sich bedeckt, minima non curat praetor. Ich kann das nachvollziehen. Aber es ist doch nicht so, dass es nun gar keine Reaktion gibt. Ich lese mal frecherweise von auswärts auf. Hoaxmaster schreibt auf mastodon:

    Es ist bedauerlich, wie sich Psiram entwickelt hat.
    Inzwischen wird mit antiquierten, damit falschen und transphoben Narrativen aufgetrumpft.
    https://mastodon.social/@Hoaxmaster/112257988334537625

    Ja, Frau Dr. Dana Mahr hat Nüsslein-Volhard antiquiert aussehen lassen!
    https://blog.psiram.com/2022/09/befleckte-medizinsoziologie-1/
    LOL.

    Antworten
    • Zu dem Mastodon-Link:

      transphob (Sprache: Deutsch)
      Wortart: Adjektiv
      Bedeutung/Definition

      alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist [Gebrauch: wertend]

      Antworten
    • Es ist bedauerlich, dass der Hoaxmaster nicht die Eier in der Hose hat, seine Meinung unter diesem Post oder auch im Forum zu vertreten und so direkt mit den Leuten zu kommunizieren. Stattdessen tut er seine Meinung über die sozialen Medien kund, wo ihm seine Claqueure sicherlich huldigen werden.

      Andererseits ist diese Einstellung nicht neu, denn erst vor kurzer Zeit war seine Reaktion auf eine kritischen Beitrag über ihn im Forum, dass er seine Fans per X hämisch darauf hinwies (der Herr benötigt die Aufmerksamkeit, gell?), und das Forum so nebenbei mal als „Schmutz“ tituliert hat.

      https://forum.psiram.com/index.php?msg=276956

      Wie lautet noch das Sprichwort? „Wenn du mit 1 Finger auf jemand anderen zeigst, zeigen 3 auf Dich selbst.“

      Antworten
      • nicht die Eier in der Hose

        Naa, das kannst Du so nicht sagen. Immerhin hatte er ein kurzes Gastspiel im Forum, beginnend #139. Natürlich wird er sich hinterher gefragt haben, ob es klug gewesen ist, seine hoheitsvolle ABA-Aufregung bei uns auszuleben, hihi.

        Inzwischen aber hat er sich einer 300 Jahre alten Erkenntnis genähert:

        … the perplexed author made the best choice he could in humane prudence; which was to be silent

        Antworten
        • Das Gastspiel ist ein Jahr her. Danach hat sich Hoaxmaster nicht wieder blicken lassen, obwohl er meines Wissens nach keine Kommentarsperre hat. Denn das Trollen hat er sich damals wohlweislich verkniffen.

          Antworten
  10. Ich hatte bei Psiram häufiger den Eindruck, dass Gesellschaftswissenschaften generell unter dem Verdacht stehen, nicht „eigentlich“ Wissenschaften zu sein (ausgenommen Wirtschaftswissenschaften, interessanterweise – aber das mag daran liegen, dass über sie – leider – wenig gesprochen wird).
    Was ich mich hier also frage: Wenn Gender Studies als pseudowissenschaftlich beurteilt werden, können sich die Autoren auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschlecht als sozialem Faktum vorstellen? Oder anders ausgedrückt: Sind Gender Studies Pseudowissenschaften wegen ihrer Herangehensweise und/oder Annahmen rund um den Untersuchungsgegenstand, oder seht „ihr“ die Untersuchung von Geschlecht im sozialen Kontext bereits per se als unwissenschaftlich?

    Antworten
    • Vorab: ich spreche hier nur für mich.

      Wenn Gender Studies als pseudowissenschaftlich beurteilt werden, können sich die Autoren auch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschlecht als sozialem Faktum vorstellen?

      Selbstverständlich. Soweit sie empirisch orientiert sind, und solange sie Foucault, Butler and the like außen vor lassen. Man kann darüber diskutieren, von mir aus, aber diese Diskussion muss man dann zulassen – etwas, das Hümmler und Co. erklärtermaßen nicht wollen. Sie wollen die Kritiker rauswerfen.

      Sind Gender Studies Pseudowissenschaften wegen ihrer Herangehensweise und/oder Annahmen rund um den Untersuchungsgegenstand

      Wir haben das in extenso und in vielen Schattierungen diskutiert, deshalb verweise ich nur noch einmal erneut auf den Blog zum Einstieg,
      https://blog.psiram.com/2016/10/gender-studies-und-die-wissenschaft/
      Eine kurze Zusammenfassung auch hier
      https://blog.psiram.com/2017/06/rechts-oder-links-wo-steht-die-wissenschaft/

      Für meine Begriffe: klares Ja zu beiden Punkten (vgl. hier). Der Begriff ist ein wenig diffus weil sich die Vertreter nicht einig sind, was dazugehören sollte, vgl. z.B. hier.
      Man beachte auch das quasi-Summary, was praktische Aspekte angeht; hier.

      Antworten
    • Es gab in der Gwup sogar mal eine Diskussion darüber, ob die Volkswirtschaftslehre nicht auch esoterisch sei (berichtet Ulrich Berger). Von daher: nichts ist heilig 😉

      Ansonsten sind das auch wieder nur Strohmänner. Wenn der Eindruck entsteht, Psiram wäre gegen die „Gesellschaftswissenschaften“, dann würde ich eher mal den Erfinder dieses Gedankens fragen, wie er dazu kommt. Es ist auch egal, wer unbelegbare Dinge als Tatsachen hinstellt, das passiert in den Naturwissenschaften und der Medizin auch (möglicherweise in einem anderen Verhältnis). Das sind auch eher die Wissensgebiete, die das Wiki füllen. Es gibt sogar Überschneidungen: man sehe sich mal an, was Wilhelm Reich zu rausposaunt hat…

      Und natürlich gibt es das soziale Geschlecht, an dem man auch Forschungsfragen festmachen kann. Da soll es aber enge Korrelationen mit dem biologischen Geschlecht geben.

      Antworten
      • Auch dir: Danke für die Stellungname!

        2 Anmerkungen (anbei: ist irgendwo die Syntax des Kommentarfelds veröffentlicht? Es würde das Zitieren doch erleichtern);

        >> Ansonsten sind das auch wieder nur Strohmänner. Wenn der Eindruck entsteht, Psiram wäre gegen >> die „Gesellschaftswissenschaften“, dann würde ich eher mal den Erfinder dieses Gedankens fragen, >> wie er dazu kommt.
        Deshalb ein sehr explizites „ich habe den Eindruck“. Ich bin nicht auf Krawall gebürstet.

        >>Und natürlich gibt es das soziale Geschlecht, an dem man auch Forschungsfragen festmachen kann. >> Da soll es aber enge Korrelationen mit dem biologischen Geschlecht geben.
        Jo. Inwieweit selbige Korrelation allerdings relevant ist, hängt, würde ich behaupten, stark vom betrachteten Aspekt ab. Für geschlechtsspezifische Erwartungen an das Gegenüber ist es z. B. völlig egal, was das Gegenüber unterm Kittel hat – relevant sind nur meine Annahmen zum Kittelinhalt.

        Antworten
  11. Hochachtung vor pelacani für diesen Beitrag und für seine Antworten!
    Mir scheint, wir befinden uns in einem globalen Orkan des Irrsinns. Viele ehemals kritikkompetente Institutionen sind von der neuen, sich „progressiv“ nur wähnenden Linken gekapert worden und verbreiten identitätspolitischen Unfug – mit noch gar nicht absehbaren Folgen: So werden Täter zu Opfern erklärt und viele Errungenschaften der Aufklärung zerstört.
    Ich freue mich über jede Oase der Vernunft, die es noch gibt – wie z.B. Psiram.

    Antworten
  12. „operationale Definition of Sex“

    = bullshit Definiton von Geschlecht?

    Ich bin dem ersten link bei Joseph Kuhn gefolgt und denke mir, es kann sich nur um einen schlechten Scherz handeln:

    Nominal definition of sex

    The term ‘sex’ refers to a person’s biological characteristics. A person’s sex is usually described as being either male or female. Some people may have both male and female characteristics, or neither male nor female characteristics, or other sexual characteristics.

    Sex is assigned at birth and is relatively fixed. However, a person’s sex may change during their lifetime as a result of procedures commonly referred to as sex change, gender reassignment, gender affirmation, transsexual surgery, transgender reassignment or sexual reassignment. Throughout this process, which may be over a considerable period of time, sex may be recorded as either male, female or other.

    —-
    Die operationale Definition geht auf Percy Williams Bridgman zurück, der mit ihrer Hilfe 1927 unter anderem psychische Störungen definieren wollte,[2] was in hohem Maße klärungsbedürftig war.[3] Nach Bridgeman ist der Begriff der Länge festgestellt, „wenn die Operationen, durch die Länge gemessen wird, festgestellt sind“, also ein Maßband angelegt werde,[4] wobei er die Phänomenologie verkannte.

    Es verwundert nicht, dass die operationale Definition dem Operationalismus zugerechnet wird, einer von Bridgman entwickelten Richtung, wonach die Bedeutung eines Begriffs aus nichts weiter bestehe als einer Reihe von Operationen.[5]

    (Wiki)

    Antworten
  13. Wo ist denn jetzt mein voriger Kommentar? Ich hoffe, nur vorübergehend trans’parent.

    Wir scheinen uns im Zeitalter der ideologischen Spaltungen zu befinden.
    Kaum entsteht etwas neues, schon spalten sich Teile ab, weil sie unzufrieden mit der Gesamtsituation sind.
    Noch bevor die Menschheit rausgefunden hat, worum es bei der Neuheit überhaupt geht.
    Gerade rede ich von „Genspect“, bei denen sich so eine Spaltungslage abzeichnet. Auch wenn ich das noch nicht so ganz durchschaue, hab ich erkannt, dass es um mehr / oder weniger Akzeptanz der Massenillusion „Trans“ handelt.

    Auslöser dafür wurde ja in der Gast-Figur des Phils im blauen Kleid schon angeschnitten. Der war aber -wie gesagt- nur der injizierte Spaltpilz. Absichtlich oder unabsichtlich, wer weiß.

    Antworten
  14. @ Pelacani:

    Bei der australischen Statistikbehörde sollte man eigentlich annehmen, dass sie Definitionen verwendet, mit denen sie bei empirischen Erhebungen auch arbeiten kann. Wie es scheint, war die ältere Version so operationalisiert, dass sich damit nicht alle auftretenden Antworten kategorisieren ließen. In der neueren Version haben sie in Table 4 dann wohl versucht, das zu beheben und sogar noch eine Kategorie für Menschen hinzugefügt, die für sich explizit gar keine Zuordnung als passend akzeptieren.

    Gibt es denn weitere Konstellationen, die sich auch damit noch nicht erfassen lassen? Wobei das für die Frage, ob es operationale Definitionen gibt oder nicht, eigentlich egal ist, auch die ältere war ja rein technisch gesehen eine Operationalisierung.

    Die Frage nach einer für die empirische Sozialforschung geeigneten Operationalisierung der Kategorie „Gender“ ist außerdem Teil eines größeren Problems: Wie damit umgehen, dass sich das subjektive Verständnis von Geschlechtsidentitäten im Lauf der Zeit verändert? Was lässt sich dann über verschiedene Erhebungswellen wirklich vergleichen, selbst da, wo Antwortkategorien gleich geblieben sind? Siehe ähnlich auch das Problem der Kulturneutralität von Befragungen.

    Aber das geht immer weiter weg von der Frage des Blogbeitrags „Wohin steuert die GWUP?“ Und warum versinkt sie gerade derart im Sumpf persönlicher Anwürfe, obwohl man dort doch immer betont hat, dass nur das Argument zählt?

    Antworten
    • Es ist mir vollkommen unmöglich zu erkennen, wie mittels der in Tabelle 4 angegebenen Items (m/w/nonbinär/andere/nicht beantwortet) Sex von Gender zu unterscheiden sein soll. Um auch meinerseits wieder zum Thema zurückzufinden: Ich bin ebenso vollkommen der Ansicht, dass diese Frage unterm Dach der GWUP ausdiskutiert gehört, nicht nur in einem kleinen Blog am Rand der Internet-Galaxis. Das wird nur unter einem der beiden Kandidaten möglich sein, ceterum censeo. 😉

      Antworten
      • @ pelacani:

        Table 4 kategorisiert, welche Geschlechtsidentität die Menschen für sich angeben (gender). Table 1 kategorisiert, welches Geschlecht bei der Geburt eingetragen wurde (sex).

        Wenn bei der Geburt „male“ eingetragen wurde (table 1), kann das, muss aber nicht der subjektiv wahrgenommenen Geschlechtsidentität (table 4) entsprechen. Mehr steckt nicht dahinter. Table 4 soll keine Aussagen über „Sex“ machen.

        Aber vielleicht verstehe ich deine Frage nicht?

        GWUP: Das beobachte ich vom Spielfeldrand, bin aber doch reichlich irritiert, was den Ersatz von Argumenten durch Vorwürfe und Denkschablonen angeht. Wenn es Streit in einem Karnickelzüchterverein gibt – oder bei den Querdenkern ;-), geht es vermutlich auch nicht schlimmer zu.

        Antworten
  15. Unser Text fragt:

    Herr Dr. Hümmler, ist es möglich, dass in diesem Systemversagen Fragen von Wissenschaft und Pseudowissenschaft berührt sind?

    Ein Update:

    Selbst die Fachzeitschrift British Medical Journal schlägt einen Bogen von der Falschbehandlung in Genderpraxen zu Fehlleistungen in der Demokratie: „In einem breiteren Sinne weist dieses Versagen auf ein gesellschaftliches Versagen hin.“ (DIE ZEIT online, 18. April 2024, 17:03 Uhr)

    Der betreffende BMJ-Artikel ist:

    The Cass review: an opportunity to unite behind evidence informed care in gender medicine
    BMJ 2024; 385 doi: https://doi.org/10.1136/bmj.q837 (Published 11 April 2024)

    Antworten
    • Nebenbei: Der Artikel der Zeit kann unter https://archive.ph/kmVGC aufgerufen werden. Sehr interessant, gleichzeitig beunruhigend, wie angesichts eines solch sensiblen Themas ideologische Holzhammermethoden die Evidenz verdrängen. Ich glaube ja, daß wir alle erst in einiger Zeit richtig ermessen werden, welchen Schaden die mit Pseudowissenschaft verbrämte Identitäspolitik nicht nur in den Gesellschaftswissenschaften, sondern auch in Medizin und Biologie anrichtet.

      Was mich dann auf die GWUP bringt: Wenn es nicht möglich sein sollte, eine sachliche Diskussion über die Wissenschaftlichkeit oder Unwissenschaftlichkeit zu führen, weil man Sorgen hat, daß die Resultate dieser Diskussion der politischen Agitation irgendwelcher A***löcher in die Hände spielen und mißverstanden werden könnten, dann ist dies ein Armutszeugnis. Die fehlende Akzeptanz eines „abweichenden“ Lebensentwurfes hat damit doch nichts zu tun! Im Gegenteil, wenn zur Rechtfertigung dieses Lebensentwurfes eine wirre pseudowissenschftliche Ideologie herhalten muß, dann erweist dies einem respektvollen Umgang mit (sexuellen) Minderheiten und dem Ziel, daß diese ein selbstverständlicher Bestandteil der (Mehrheits-) Gesellschaft werden, einen Bärendienst.

      Antworten
      • Wenn es nicht möglich sein sollte, eine sachliche Diskussion über die Wissenschaftlichkeit oder Unwissenschaftlichkeit zu führen, weil man Sorgen hat, daß die Resultate dieser Diskussion der politischen Agitation irgendwelcher A***löcher in die Hände spielen und mißverstanden werden könnten, dann ist dies ein Armutszeugnis.

        Das ist eine der Gründe, warum es zu den aktuellen Zuständen in der Gwup gekommen ist. Aber ich fürchte, es gibt da auch noch viele, die tatsächlich an eine „pseudowissenschaftliche Ideologie“ glauben. Entweder im Sinne einer echten Überzeugung (es soll ja auch religiöse „Skeptiker“ geben), oder in dem Sinne, dass das als eine Art Religion nicht Ziel skeptischer Analyse sein kann / darf. Das hat der aktuelle Vorsitzende gerade so verkündet.

        Antworten
  16. @ Elender
    Da sind sie ziemlich eindeutig, dass es unwissenschaftlich ist.

    Was mir Hoffnung macht: In den Kommentarspalten des GWUP-Blogs ist eine kritische Diskussion weiterhin möglich (s. die aktuellen Beiträge dazu) – Dank auch von hier an Bernd Harder dafür!

    Antworten
    • M. Mahner hat ja den begründeten Verdacht geäußert, es handelt sich hier um Anti-Wissenschaft. Das wurde dann in einer Runde mit Hümmler/ Barto als „unwissenschaftlicher BS“ bezeichnet. Autsch.

      Antworten
    • „Streitbares Thema“? Das war mehr so eine Streitvermeidungsparty. Schon die Platzdeckchen um die Porträts lassen das ahnen. Hinterher haben sich bestimmt alle wohlgefühlt. Vgl. #1532.

      Antworten
  17. Der Volksverpetzer macht ganz unverhohlen Wahlwerbung für „Team Hümmler“ und seinen identitätspolitischen Aktivismus, indem er eine anonyme (!) Analyse veröffentlicht, die Martin Mahners Thesenpapier von 2022 zu den Critical Studies zu widerlegen sucht. Vereinfacht gesagt wird Martin Mahner Unfähigkeit unterstellt und seine jahrzehntelange wissenschaftliche Expertise diskreditiert, indem man ihm unterstellt, eine Moral Panic initiiert zu haben.

    In der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), der wohl bedeutendsten deutschen Vereinigung von Skeptiker_innen, schwelt seit über einem Jahr ein Richtungsstreit: Ein Teil der Mitglieder versucht wiederholt, den Verein und seine Strukturen für die eigene politische, anti-progressive Agenda zu nutzen und ihn zu einem Propagandawerkzeug gegen „Wokeness“ und „Critical Studies“ zu machen. Ein anderer Teil versucht, die GWUP vor diesen Entwicklungen schützen.

    Eine genauere Betrachtung der Ereignisse in den vergangenen Monaten zeigt, dass eine Moral Panic, die den politischen Diskurs schon lange bestimmt und der sich um die Grenzen progressiver Politik dreht, nun auch die GWUP zu zerreißen droht. Der wohl bedeutendste Streitfall in der Debatte ist die Forderung, die „Critical Studies“ unter den Generalverdacht der Pseudowissenschaftlichkeit zu stellen und die GWUP zur Bekämpfung dieser zu instrumentalisieren. Dass diese Forderung Produkt einer Moral Panic sowie mangelnder Recherche und Expertise ist, werden wir im Folgenden exemplarisch deutlich machen.

    https://www.volksverpetzer.de/analyse/moral-panic-critical-studies/

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

css.php