Genschere im Kopf
In verschiedenen Blättern der Lokalpresse liest man heute:
Schulze sagt Genschere den Kampf an
Sollten mit Crispr/Cas veränderte Pflanzen so streng behandelt werden wie klassisch genmanipulierte? Das Umweltministerium positioniert sich gegen Empfehlungen vieler Experten.
„Ich sehe aktuell mit Befremden, dass es Bestrebungen gibt, neue Gentechnik umzudefinieren“, sagte Ministerin Svenja Schulze (SPD). […]
Mit dieser Haltung erntet Schulze viel Zuspruch aus dem Ökolandbau, Kirchen und Naturschützern, die jüngst in einem von 94 Organisationen unterzeichneten Papier vor einer lascheren Regulierung neuer Gentechnik warnten. Von wissenschaftlicher Seite jedoch kommt vor allem Gegenwind.
So empfiehlt die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina […] Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, […] „Wir sollten hier stärker auf die Wissenschaft hören und weniger idiologisch argumentieren“, so Krüsken. Ein internationales Forscherteam der Unis Bayreuth und Göttingen stellte sich jüngst mit einer Studie auf seine Seite […]
tagblatt.de
Was sagt die Frau Minister dazu?
Schulze ließen die Einwände unbeeindruckt. Sie verweist darauf, dass es sich um eine junge und nicht ausgeforschte Technik handele, wie Genscherenversuche an Rindern in den USA zeigten. Die seien unbeabsichtigt antibiotikaresistent geworden.
Noch einmal langsam: Rinder werden aus Versehen antibiotikaresistent. … Soeben erreicht uns die Kopie eines Schreibens aus den Psiram-Labs:
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Sehr geehrte Frau Ministerin,
wir haben Ihnen mitzuteilen, dass Sie seit vier Jahren Teil einer experimentellen Ernährungsgruppe mit genmanipulierten Nahrungsmitteln sind. Bei der Zwischenauswertung der Studie mussten wir feststellen, dass es bei den Probanden unbeabsichtigt zu eklatanten Defiziten im schlussfolgernden Denken und der Kritikfähigkeit sowie zur Beratungsresistenz gekommen ist. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass deshalb Ihren Beiträgen kein Gewicht mehr beigemessen werden kann.
Grund zur Sorge besteht jedoch nicht. Unsere Haftpflichtversicherung kommt für die entstandenen Schäden auf und trägt die Kosten einer Betreuung.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Kränk,
Psiram Labs
Die Wahrheit in der Wissenschaft – oder die Wahrheit in Bild der Wissenschaft?
Die Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, die im Untertitel den stolzen Anspruch erhebt, „Deutschlands erstes Wissenschaftsmagazin“ zu sein, hat einen Sonderband 2018 herausgegeben. Darin werden in kurzen und allgemeinverständlichen Beiträgen „50 Sternstunden der Wissenschaft“ vorgestellt.
Der Leser wird gewiss nicht überfordert, sondern dort abgeholt, wo ihn die Redaktion vermutet. Wie stets bei solchen Anthologien mag man die eine Sternstunde vermissen oder die andere für weniger stellar halten; damit wollen wir uns jetzt aber nicht weiter aufhalten. Ein kurzer Abschnitt aus der Einleitung ist es, der unsere Aufmerksamkeit fesselte:
Doch wie definiert man Wahrheit?
Wahr bedeutet, dass sich eine wissenschaftliche Erkenntnis auf eine logisch einwandfreie Aussage beziehen muss. Dazu ist eine Basis für die Erkenntnis von Wahrheit erforderlich.Doch wie kann man die finden? Auch hier gibt uns die Wissenschaft eine klare Antwort: Die Basis für die Erkenntnis von Wahrheit im Sinne von Wissen kann nur im Konsens gewonnen werden. Denn eine Realität – und damit Wahrheit – im absoluten Sinne gibt es nicht. Deshalb ist eine Trennung von Wissen und Meinung auch in der Wissenschaft letztlich unmöglich.
Erst der kommunikative Austausch unter Forschern ermöglicht die Bildung von Wissenschaft im Prozess des Erkennens, Prüfens, Modifizierens oder Verwerfens von Erkenntnissen. Am Schluss bleibt der ernüchternde und gleichzeitig tröstliche Satz: Wahr ist, was die Scientific Community kommuniziert – und als wahr annimmt.
Brauchen wir Trost, und finden wir das „tröstlich“? Versuchen wir, uns klarer zu machen, was uns da eben mitgeteilt worden ist.
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Lesereise 5: Religion
Teil 5 unserer Serie zur Philosophie Bunges
„Verbindung von Religion und Ethik“
Nach dem Vorgesagten wird man von Bunge keine Verteidigung der Religion erwarten, und darin wird man nicht enttäuscht. Manche Gedanken sind natürlich mehr oder weniger atheistisches Gemeingut, aber dennoch hat er Bleibendes zu sagen. Ein kurzer Abriss findet sich bereits in Treatise (Vol. 6, eingeordnet ins Kapitel 14, „Kinds of Knowledge“, Abschnitt 4, „Illusionary Knowledge“, Unterabschnitt 4.2., „Ideology“). Ausführlicher ist das Kapitel 6, „Materialismus, Wissenschaft und Religion“ in der Natur der Dinge. Der „populäre Irrtum“ einer Verbindung zwischen Religion und Ethik, dieser zentrale Punkt der heutigen Gottesbeweise, wird in Abschnitt 5.5 regelrecht zertrümmert. Auf gedrängtem Raum kommen Bunge/Mahner fast ohne Beispiele aus; sie argumentieren nahezu ausschließlich aus der inneren Widersprüchlichkeit der „gottgegebenen“ Ethik heraus. Sie scheitert als Gottesgebot:
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Anhang: What it is like to be a bat to read the Treatise
Anhang unserer Serie zur Philosophie Bunges
Magisches Theater
Eintritt nicht für jedermann
[…]
Nur – – für – – Ver – – rückte!
Hermann Hesse, Der Steppenwolf
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