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Artikel Tagged ‘Mollath’

Causa Mollath – die Wiederaufnahme

30. Juni 2014 164 Kommentare

Gustl Mollath ist in den Stand der Unschuld zurückversetzt, unter anderem ein Triumph der Volksexpertise. Der Beginn des Wiederaufnahme-Prozesses ist für den 7. Juli geplant. Die Sache ist ganz klar so, wie sie der verdienstvolle Kritiker der Macht Wilhelm Schlötterer in seinem Buch „Wahn und Willkür“ antizipiert hat:

Nachdem wir die mehrfachen Sicherheitsschleusen wieder passiert hatten, stand für uns alle fest: Hier wurde ein völlig normaler Mensch durch einen brutalen Willkürakt in der Psychiatrie gefangen gehalten – allein wegen seines gefährlichen Wissens um die Schwarzgeldverschiebungen. Wir waren erschüttert und sahen uns aufgerufen, alles ins Werk zu setzen, um die Freilassung dieses Mannes zu erreichen.

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Wissenschaft: Oft wird das Ergebnis vorgegeben

8. Februar 2014 13 Kommentare

Unter dem Titel „Gerichtsgutachten: Oft wird die Tendenz vorgegeben“ ist im Deutschen Ärzteblatt das Referat einer aktuellen Dissertation zu lesen. Unter ausdrücklichem Bezug auf den Fall ‚Gustl Mollath‘ heißt es im Untertitel: „Bei einer Befragung von Gutachtern gab etwa ein Viertel an, beim Gutachtenauftrag durch das Gericht eine Tendenz signalisiert bekommen zu haben.“ Und außerdem: bei der Frage nach dem Anteil der Gutachtentätigkeit an den Einnahmen liegt „[d]ie Gruppe der Psychiater … mit 28,0 Prozent (n = 14) über, die Gruppe der Psychologen mit 42,5 Prozent (n = 17) deutlich über dem Durchschnitt“, was den Zwischentitel „Wirtschaftliche Abhängigkeit“ rechtfertigt.

Erschütternd. Hier haben wir es schwarz auf weiß, mit Maß und Zahl belegt, seriös publiziert: die Gutachter sind gekauft. Entsprechend das Echo in der Presse: die Süddeutsche referiert die Meldung unter dem Titel: „Gerichte geben Gutachtern häufig Tendenzen vor“ und spricht, ebenso beiläufig wie selbstverständlich, von einer „Misere des Gutachterwesens“.

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen. Tabelle 2. Auf die Frage „Wurde Ihnen bei einem Gutachtenauftrag schon einmal eine Tendenz signalisiert?“ antworteten von den Psychiatern

0,0% (n=0)

dass dies häufig geschehe, und einer der befragten 40 Psychologen bejahte die Frage. In Tabelle 3 dann das umgekehrte Bild: kein Psychologe und einer von 50 Psychiatern beantwortete die Frage „Haben Sie aus dem Kollegenkreis schon einmal gehört, dass eine Tendenz genannt oder eine Vorgabe gegeben wurde?“ mit „Ja, häufig“.

Die korrekte Version des Untertitels wäre gewesen: „Bei einer Befragung von Gutachtern gab etwa ein Viertel an, beim Gutachtenauftrag in Einzelfällen durch das Gericht eine Tendenz signalisiert bekommen zu haben.“ – Ob es die Meldung dann bis in die Süddeutsche geschafft hätte? Der Kunstgriff besteht einfach darin, die Tabellen-Spalten für „in Einzelfällen“ und für „häufig“ zusammenzufassen. Auf magische Weise übertragen sich dann die Zahlen, und aus Einzelfällen wird eine Tendenz. Wo ist die Misere? Welche Zahlen würde man für ein funktionierendes Gutachterwesen erwarten?

Die Betreuerin der Promotion, die Internistin Frau Prof. Dr. med. Ursula Gresser, ist nach Angaben der WELT in der Causa Mollath „eine der prominentesten Kritiker[innen]“. Sie handelt stets nach ihrem Motto

Die Leitlinien meines Lebens sind Anstand, Geradlinigkeit und Gerechtigkeit … die Menschenrechte verteidigen, Schwachen und Wehrlosen eine Stimme geben, Unrecht und Gewalt erkennbar machen
http://www.ursula-gresser.de/lebenslauf.html

Kleine Zuspitzungen sind da völlig gerechtfertigt. Schließlich geht es um die Gute Sache ™.

Causa Mollath – Ein Zwischenstand

30. Juli 2013 117 Kommentare

Die von vielen erhoffte Klärung der Causa Mollath durch eine Wiederaufnahme des Falls wird es – zumindest vorerst – nicht geben. Das Landgericht Regensburg hat die Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung abgewiesen. Die Wiederaufnahmeanträge wurden daraufhin untersucht, ob sie einen Wiederaufnahmegrund hergeben. Die vorgebrachten Gründe werden nacheinander ausführlichst beleuchtet und zurückgewiesen. Im Kern geht es darum, dass neue und teils abwegige Interpretationen von Umständen, die schon aktenkundig bewertet worden sind, eben keine neuen Tatsachen sind; und ob die neuen Tatsachen das Gericht zu einer wesentlich anderen Entscheidung gebracht hätten. Die Reaktionen reichen von „schockiert und fassungslos“ über „nichts anderes erwartet“ zu „Sophisterei und Rabulistik … völlig unverständlich“. Man habe es mit einem „Schweige-, Lügen- und Verschleierungskartell in Justiz und Politik“ zu tun, heißt es. Die Verteidigung bemüht gar Schiller:

„Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend immer Böses muß gebären!“ Mehr…

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Causa Mollath – Verschwörung oder Wahn

6. Juli 2013 538 Kommentare

Für einen Psychiater gehört es zur täglichen Arbeit, mit anzusehen, wie psychisch Erkrankte ihre bürgerliche Existenz zertrümmern und ihre Angehörigen chronisch in Angst und Schrecken oder zumindest in Daueranspannung versetzen. Bedrückend ist häufig, dass es kein einfaches „Da muss doch …“ gibt, denn die fehlende Krankheitseinsicht und die deshalb fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, gehört zu den konstituierenden Merkmalen bei einigen solcher Erkrankungen. Für den Betroffenen selbst oder für dessen Umwelt sind diese Krankheitszustände nur selten unmittelbar gefährlich, womit sich eine Unterbringung, geschweige denn eine Therapie, ohne Einverständnis verbietet. Mehr…

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