Ein Gastbeitrag aus dem Blog Stattschamanen.
Auch bei Esoulk gibt es etwas dazu. Kurz und knackig und mit schönen Bildern: Who the fuck is Huna?
Befasst man sich mit dem Import – Exportmarkt der Kulturen, wird einem schnell klar, welcher Irrsinn damit einhergeht, was wiederum berechtigte Fragen aufwirft.
Zunächst exportieren wir mal gedanklich eine Vielzahl von Kulturen und ihre gewachsenen Werte, Traditionen, Geschichten und Mythen, Religionen und andere Gewohnheiten auf eine ferne Insel – beispielsweise nach Kauaʻi im Pazifischen Ozean.
Exportieren wir beispielsweise Camprowanje, das sorbische Zampern als einen alten Brauch der Winteraustreibung, alpine Almauf- bzw. -Abtriebszüge und Dornumer Tee mit Kluntje und dem friesischen „Moin“ zur Begrüßung. Als Beigabe dieser Exportschlager liefern wir Eichenlaub gegen Hämorrhoiden, Zwiebelsaft und Quarkwickel gegen Husten, Pflaumen und Sauerkraut gegen Verstopfung. Das gesamte Paket wickeln wir in heidnische Mythen und garnieren das Ganze mit einer Jesusfigur am Kreuz. So liebe Kauaʻianer, das ist das wahre Leben und damit werdet ihr nun glücklich. Hiermit würde die eigene Identität verdrängt werden. Das funktioniert natürlich nicht, wie uns bereits vor einigen Jahrhunderten die christliche Seefahrt mit ihrem missionarischen Eifer bewiesen hat. Entstanden sind dabei lediglich beinahe irreparable kulturelle Schäden.
Eben dieser Transfer geschieht von Kauaʻi aus, und zwar nicht ins nepalesische Kathmandu, sondern direkt nach Mitteleuropa. Kein gesunder Mensch würde auf die nahezu irrsinnige Idee kommen und versuchen eine Orchidee auf einer Eisscholle im Südpolarmeer heimisch werden zu lassen.
Serge Kahili King („Der Stadtschamane“) will uns im Glauben lassen, dass dies nur eine Frage der „Energien“ sei. Kommentarlos bleibt anzuerkennen das sich King, welcher nicht etwa seine geneaologischen Wurzeln auf Hawaii hat, um die bis dato meist mündliche Überlieferung der hawaiianischen Naturreligion (-kultur) bemüht und diese in seinen Büchern beschreibt. Unter den Begrifflichkeiten der alten Hawaiianischen Sprache erklärt King nicht wie behauptet psychologische Muster und komplexe Zusammenhänge in den Strukturen, vielmehr beschreibt er das weltanschauliche Bild einer lokal gebundenen Naturreligion. Prägend hierbei sind für ihn religiöse als auch magisch-mystische Elemente der hawaiianischen Naturreligion.
Gedanklich davon ausgehend das der Mensch aus drei Teilen eines „Selbst“ besteht, beschreibt er die Vorstellung von Realitätszuständen („Aka“), die sich durch eine variierende Hinzugabe von „Mana“ (Fähigkeiten, Macht, Energie – ähnlich spirituell Prana, Qi) verändern lassen.
Unter Lono (Uhane) und Ku (Unihipili) werden Emotionen, Erinnerungsvermögen, Unterbewusstsein, Wachbewusstsein, Prozesse der Entscheidungsfindung, Willensentwicklung, etc. beschrieben – also Begriffe, die in der konzeptionellen westlichen Psychologie ebenso Verwendung finden.
Als drittes „Selbst“ beschreibt Aumakua (Kumupa’a oder ‘ao’ao) das „höhere Selbst“, das Übersinnliche, in einer festen spirituellen Verknüpfung zur „jenseitigen Welt“. Jenseitige Welten, Götterglaube, der Glaube an Übersinnliches haben ihre Wurzeln in Naturreligionen und beschreiben Phänomene, Sinneswahrnehmungen, welche man seinerzeit nicht erklären konnte. Allein durch den Umstand, dass die beschriebenen drei Ebenen des „Selbst“ untrennbar miteinander verbunden sein sollen, wird eine fundamentale Grundlage des „Huna“ propagiert, wodurch eine seriöse Anwendung für therapeutische Zwecke gar nicht möglich ist. „Huna“ mag ein Lebensgefühl, eine Philosophie sein – Einer Anwendung im Rahmen wissenschaftlicher Standards hält das Konzept nicht stand und somit wird die „Lehre“ wohl ihren Platz in den Reihen der irrationalen Glaubenssysteme Esoterik, New Age und Neoschamanismus für immer behalten müssen.
Damit beantwortet sich auch die letzte Frage der Notwendigkeit derartiger Transfers aus Kauaʻi. Kauaʻi ist eine wunderschöne Insel im Pazifischen Ozean und gilt in der Inselkette Hawaii´s als die Garteninsel mit einer wunderschönen Natur und gastfreundlichen Bewohnern – ist also für einen unvergesslichen Urlaub allemal geeignet. Das sollte eigentlich reichen.
Ganz davon abgesehen verurteilen Hawaiianer den Missbrauch ihrer Traditionen und Kultur sehr. Jegliches Entleihen entsprechender Aspekte mit der Folge auf dem Wühltisch von NewAge und Esoterik präsentiert zu werden, ob nun zur Profitmaximierung oder zur banalen Verklärung, wird strikt abgelehnt und das ist auch gut so.
Danke!
Ein Artikel zu Huna war längst überfällig.
Wie kann man nur immer noch glauben, dass die institutionalisierte Wissenschaft das Mass aller Dinge sei… 😉