Wer kennt sie nicht, die Skandale in südlichen Ländern, ob aus Büchern, Filmen oder aus dem echten Leben.
Man meint zu wissen, wie gefährlich es sein kann, sich gegen vorherrschende Strukturen von Korruption, Geldgier und Betrug stark zu machen, solange sie sich nicht vor der eigenen Haustüre abspielen.
Ob in Neapel die Müllberge zum Himmel stinken, der Drogenhandel und die Prostitution florieren, oder gar Staatspräsidenten in Bunga-Bunga-Skandale mit zwielichtigen Gestalten einschlägig bekannter Organisationen verwickelt sind – eines ist ihnen allen gemein, es geht ums große Geld.
Mitverdienen will jeder, und wo es was zu holen gibt, da ist die Käuflichkeit der eigenen Meinung nicht weit entfernt.
Die Wenigen, die sich trauen, dem Treiben zu widerstehen, gar noch riskieren den Mund aufzumachen, leben gefährlich und die Methoden, eben diese Leute mundtot zu machen, sind nicht gerade zimperlich. Wer sich nicht dem allgegenwärtigen „Gesetz des Schweigens“ unterwerfen will, sondern seine Energie, sein Geld und sein Wissen dafür einsetzen möchte, über die Machenschaften besagter Organisationen aufzuklären, sieht sich plötzlich und ohne öffentliche Rückendeckung möglicherweise in der Position des David, der gegen eine ganze Horde Goliaths antreten darf.
Wie schon im Fall des Camorra-Kritikers Roberto Savanio, der jahrelang im sizilianischen Untergrund verdeckt recherchierte, zeigt auch die Vorgehensweise gegen Herrn Loipfinger erschreckende Parallelen.
Sind denn nun alle Südländer kriminell, alle italienischen Staatsoberhäupter Schürzenjäger und alle Spendensammler Betrüger?
Wer nicht in klassischen Vorurteilen stecken bleiben will, muss differenzierte Recherche und Darstellung betreiben und dass alle Südländer der Mafia angehören, ist ebenso ein Fehltritt wie die Unredlichkeit sämtlicher Hilfsorganisationen anzunehmen. Und genau diese Herkulesaufgabe, die Spreu vom Weizen im Spendengeschäft zu trennen, hat sich Stefan Loipfinger mit seinem Portal CharityWatch auferlegt, um unter dem Wust an Hilfsorganisationen und Spendensammlern die Blender und Betrüger von den Seriösen zu trennen und darüber zu informieren, einschließlich aller Konsequenzen.
Im Kampf gegen die Windmühlen der Spendenmafia hat die von dem Journalisten Stefan Loipfinger betriebene Plattform CharityWatch ihre Arbeit nun eingestellt.
Zum Verhängnis wurde ihm u.a. seine Bereitschaft, unter seinem richtigen Namen und als Einzelperson gegen einen Wald von Betrügern, die im großen Stil weltweit gutgläubige Spender abschöpfen, anzutreten.
Transparenz ist für eine wohltätige Organisation doch selbstverständlich, sollte man meinen, und müsste dies nicht von einer breiten Mehrheit öffentlich unterstützt und gutgeheißen werden? Ein paar Abzocker zu entlarven, kann doch eigentlich nicht so gefährlich sein. Offenbar sieht die Realität leider anders aus. Die Umstände der Einstellung von CharityWatch sowie die Vehemenz und Methodik der Gegenwehr zeigen klar und deutlich auf, dass man es hier nicht mit einem unorganisierten Haufen von Sandkastenbetrügern zu tun hat, sondern mit gut aufgestellten Organisationen mit einer klaren Zielsetzung, die vor allem die eigenen Brieftaschen im Fadenkreuz haben.
Da werden, wie im Fall Hatun und Can, opulente Urlaube finanziert, teure Luxuswagen unterhalten oder Bordellbesuche bezahlt. In anderen Fällen werden Nobelvillen als Organisationssitze angegeben und zur Hebung des eigenen Wohnambientes genutzt oder Gelder, die eigentlich für einen guten Zweck bestimmt waren, zur Deckung von Verwaltungsaufwendungen und privaten Gehältern missbraucht und zwischen den Vereinen zur Schönung der Bilanzen hin und her geschoben.
In Einzelfällen erreichen nur noch klägliche 3% der Spenden die Hilfesuchenden und Bedürftigen.
Von den rund 4,5 Milliarden Euro jährlichen Spendenaufkommens deutscher Organisationen landet so ein nicht unerheblicher Teil in dunklen Kanälen.
Nicht zuletzt werden über die gutgläubigen Spender mit einem nicht mehr zu übertreffenden Maß an Zynismus auch noch genau jene teuren Anwälte finanziert, die unter Einsatz schmieriger Methoden und Machenschaften versuchen, eine der wenigen Initiativen, die sich der Aufklärung ebensolcher Praktiken verschrieben haben, zu Fall zu bringen.
Hut ab vor Herrn Loipfinger, der in seinem Buch zu Recht eine Verbindung mit der „ehrenwerten süditalienischen Firma“ herstellt.
„Die Spendenmafia“ ist dabei nicht nur ein blumiger Begriff, sondern entspricht im Sinne des Wortes der Vorgehensweise gegen CharityWatch.de bzw. die Person Stefan Loipfinger.
Ganz im Stile dieser Organisation wurden der Journalist und auch seine Familie mit breit gestreuten und zum Teil anonymen Briefen und E-Mail-Angriffen direkt bedroht, der Korruption verdächtigt oder gar von einschlägig vorbestraften Personen pädophiler Neigungen bezichtigt.
Abmahnanwälte millionenschwerer „seriöser“ Organisationen überzogen ihn mit Unmengen unsinniger Klagen und Gegendarstellungsbegehren, im Internet fanden Rachefeldzüge CharityWatch-„Geschädigter“ statt, die anonym oder mit fingierten Namen massenweise Diffamierungen verbreiteten.
Auch von finanzieller Seite stellte der Betrieb von CW für eine Privatperson eine unüberwindbare Hürde dar. Allein durch die Kosten für unsinnige Rechtsstreitereien ergab sich trotz Rechtshilfe durch den BJV für Loipfinger nach eigenen Angaben ein Defizit von einer Viertelmillion Euro.
Die mangelnde Unterstützung anderer seriöse Hilfsorganisationen und des Deutschen Fundraisingverbandes mahnt Loipfinger an und wenn man bedenkt, dass es in Deutschland mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz keine staatliche Behörde gibt, die den Spendensammlern auf die Finger schaut, der Spendensektor ansonsten aber kaum reglementiert ist, sollte die Forderung nach Transparenz und Information durch die Öffentlichkeit und die Medien um so ernster genommen werden.
Da neben der halbstaatlichen Stiftung DZI nur noch die ADD Rheinland-Pfalz vor den dubiosen Praktiken der Spendenmafia warnt, stellt sich zunehmend die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, einen zuverlässigen und von der öffentlichen Hand finanzierten Mechanismus zu erschaffen, der diese Aufgaben übernimmt.
Bezeichnend für unsere Gesellschaft ist heutzutage leider, dass Betrüger weit besser geschützt sind als Aufklärer, je größer die Schweinerei desto eher kommt man ungestraft davon.
In diesem Zusammenhang sind wohl auch die Auslegungen des Presserechts durch deutsche Gerichte zu betrachten, deren Folgen man in regelrechten Prozessfluten von Unterlassungsbegehren und Gegendarstellungswünschen nicht nur im Falle von CharityWatch beobachten kann. Menschen wie Stefan Loipfinger verdienen unsere Unterstützung in jeder nur möglichen Form.
Trotz alledem, der Erfolg gibt Stefan Loipfinger Recht. Diese schändliche Art der Gegenwehr unterstreicht, dass CharityWatch hier in ein Wespennest übelster Machenschaften gestochen hat. So konnten durch Aufklärung und Information seitens CharityWatch in vielen Fällen die zuständigen Staatsanwaltschaften Ermittlungen aufnehmen und fragwürdige Vereine und Organisationen zu Fall gebracht werden.
So darf beispielsweise der Deutsche Tierhilfe-Verband e. V. aus Duisburg keine Sammlungen mehr in Rheinland-Pfalz durchführen, und gegen den Kinderkrebsvorsorge e.V. aus Saarbrücken wird wegen Spendenbetrugs ermittelt, um nur einige Fälle zu nennen. Leider ist die Liste der fragwürdigen Spendenvereine noch länger.
Neben Warnungen zeichnet CharityWatch aber auch diejenigen Vereine aus, welche vorbildlich und transparent arbeiten.
So erhalten beispielsweise Medical Care Somalia e. V. oder Notdogge e. V. positive Kritiken für ihre lobenswerte Arbeit und Transparenz. Nur ein Bruchteil der Organisationen ist wirklich kriminell, bringt dadurch aber die ganze Branche in Verruf und hinterlässt bei jedem wohlmeinenden Spender große Unsicherheit, die vielleicht sogar einen Willen zur finanziellen Beteiligung an gemeinnützigen und seriösen Projekten gänzlich untergraben könnte.
Trotz der Einstellung von CharityWatch bleibt das Portal glücklicherweise jedoch weiterhin am Netz und weitere Artikel zu Tierschutzorganisationen werden von Karin Burger auf www.doggennetz.de veröffentlicht, die sich bereits über 2 Jahre an CharityWatch beteiligt hat.
Die Warnlisten aber auch die Empfehlungen auf CW bleiben erhalten, sie werden lediglich nicht mehr aktualisiert.
Nicht nur für Stefan Loipfinger ist das folgende Zitat von Berthold Brecht das Gebot der Stunde.
„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
Vielen Dank an dieser Stelle an CharityWatch, für die Arbeit von Stefan Loipfinger und seinen Mitarbeitern und für den Mut, mit offenem Visier angetreten zu sein.
Wut und Trauer überkommt mich. Da hält ein Mann die Fahne hoch und wird niedergerungen. Eigentlich hat er die Aufgabe verschiedenster Behörden auf Bundes, Landes- und Kreisebene übernommen. Zum Dank darf er sich dann vor Gericht rechtfertigen.
Jetzt bleiben nur noch die zahnlosen Verbraucherschutzvereine oder von der Wirtschaft selbst eingerichtete „neutrale Ermittler“ wie die Wettbewerbszentrale (http://www.wettbewerbszentrale.de).
Ich spende jedenfalls auch weiterhin nichts. Ausnahme: Kleinstbeträge an Personen oder Einrichtungen die dies direkt und zeitnah für ein bestimmtes Projekt einsetzen. Voraussetzung ist auch das ich das Ergbnis vor Ort sehen kann.
Ich habe soeben eine Bundestagspetition zu diesem Thema eingekippt.
Viel Hoffnung habe ich nicht, aber steter Tropen … ich halte euch auf dem Laufenden, sobald sie öffentlich zugänglich ist und kommentiert werden kann.
@Matthias: Gut!