Eine Grippe-Erinnerung

Wenn das Jahr so vergeht, schiebt man Dinge schon mal vor sich her. Grippeimpfung? Ja, sollte ich wieder machen. Stimmt. Morgen vielleicht. Oder spätestens nächste Woche. Solche diffusen Absichten schwirren zwar prinzipiell durchs Hirn, aber zu wirklicher Konsequenz ringen sie sich nicht immer durch. Wenn man ein paar Jahre keine Grippe mehr hatte, denkt man auch nicht mehr so oft daran. Man will sich ja durchaus impfen lassen, aber aus Bequemlichkeit vergehen die Wochen und am Ende ist man durchs Jahr oder auch nicht.

So kam es eines Tages, es war ein Freitag, 4 Uhr Nachmittags, dass ich mich von meinem Sessel erhob. Ein leichtes Frösteln überkam mich. Das zweite heute. Naja, nicht so schlimm, wird wohl nur eine Verkühlung sein. Ein quasi fast junger Mann in den 30ern, in der Blüte seiner vergilbten, etwas verbrauchten Jugend, was soll sein? Den Kollegen ein gutes Wochenende, und ab ins erhoffte selbige. Im Auto war es dann kühl, kalt, nicht angenehm. Der Weg zum Elternhaus weniger angenehm als erhofft, von Frösteln begleitet.

Die letzten Kilometer schüttelte es mich. Erwägend, stehen zu bleiben, weiter zu fahren? Aber es waren nur mehr wenige Kilometer. Es war eiskalt im Auto, gefühlt zumindest, in Wirklichkeit war es wohl angenehm warm. Hätte vielleicht zu Hause bleiben sollen, nicht meine Eltern besuchen. Ich fluchte und biss die Zähne zusammen, konzentrierte mich auf den letzten Meter keinen Unfall zu bauen.

Angekommen, sofort ab ins Bett, die Anspannung lies nach, sofort schlugen die Zähne schnell klappernd aufeinander, ernster Schüttelfrost. Grippe? Vermutlich nicht. Sicher nichts ernstes, höchstens ein grippaler Infekt. Ich wurde ja normalerweise nicht krank, durchtrainierte, nach bayrischem Brauch gestählte Muskeln, wanden sich um meinen Körper und verliehen mir eine Figur wie ein Obelisk (nur mit dem dicken Ende in der Mitte) – so ein kleiner Erreger, bah, was soll der mir anhaben?!

Die liebe Frau Mama brachte einen Kamillentee ans Bett, ich grunzte, die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Tee ist nur für Kranke. Und Kamille erst… Danke & Gute Nacht.

Ich erlebte eine kalte, unangenehme Nacht, die Decke eng um mich geschlungen, dabei schwitzend wie ein Pferd.

Der nächste Morgen war hell und fröhlich, ach es ging mir wohl schon besser. Frohgemut sprang ich aus dem Bett, bereit mich von der Last des abendlichen Tees zu entledigen. Zwei Schritte, dann setzte erneut Schüttelfrost und Taumeln ein, die nächsten Meter waren erbärmliches Wanken. Der Wunsch, weniger Tee getrunken zu haben, stand mir in den nächsten Sekunden wohl ins Gesicht geschrieben, ich sehnte mich nach der Dschungelatmosphäre des Bettes.

Etwas später – mein fiebriger Geist war sich der Stunden und Minuten nicht klar, heute, gestern, morgen? – wurde im Familienkreis diskutiert, was man denn tun könne, um mir zu helfen. Propolis! Ja, Propolis muss helfen. Mein wolkenverhangener Geist versuchte sich der Wirksamkeit (bzw. der Evidenz) von Propolis zu erinnern, aber finster war’s, kein Mond schien helle.

Na gut, hilft es nichts, schadet es nichts. Alkohol und Bienenzeugs, im Schlimmsten Fall ein Placebo. Gehorsam nahm ich die Tropfen zu mir. Wenigstens meine Mutter war etwas zufriedener.

Irgendwann zwischendurch erwachte ich wieder kurz aus fiebrigen Deliriumsphantasien, meine Mutter meinte zur Tante (oder umgekehrt) „Milch verschleimt doch nur!“ Reflexartig krächzte ich: „Blödsinn“, bevor mein Hirn reagieren konnte. Ich erntete verständnislose Blicke, keine Ahnung ob sie mich verstanden hatten. Ich überdachte die Situation. Würde ich die Diskussion führen und auf den Milchlüge-Blödsinn hinweisen, würde das nicht nur zu einer anstrengenden Diskussion führen, sonder auch dazu, dass ich warme Milch vorgesetzt bekäme. Meine Argumentation würde als durch Wunsch getrieben ausgelegt werden. Ich versteckte mich unter der Decke. Da trinke ich dann doch lieber Tee.

Wieder später trat meine Großmutter dann ans Bett und ich versuchte nicht mehr zu atmen. War sie geimpft? Was, wenn ich sie anstecke? Ich halte das schon aus, ein wenig Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Fieber und Unwohlsein, Husten und nicht Schlafen können, aber für sie könnte das tödlich enden. Für über 80-jährige war Grippe eine echte Gefahr. Ich war froh, als sie wieder ging und auch später noch sehr froh als nichts passiert war, ich sie nicht angesteckt hatte.

So vergingen die Stunden, quälend langsam, öde, nervig, beunruhigt. Zu Schwach um irgendetwas vernünftiges zu tun, eine bleierne Müdigkeit die über dem Geist liegt. Nicht einmal passives Rezipieren wie Fernsehen funktioniert besonders gut. Am Montag kehrte langsam wieder etwas Freude ein, der Schüttelfrost war weg, Dienstag war schon ganz ok, von gesund allerdings noch keine Rede.

Zwei Tage komplett im Eimer, 2 Tage mehr oder weniger marode, danach langsamer Ausklang, fein, fein. Eins war mir klar: Nie wieder.

Wenn man eine Grippe mitgemacht hat, dann ist einem (mit Verlaub gesagt) scheißegal, ob das Ding lebensgefährlich ist oder nicht. Oder wie hoch die statistischen Chancen sind. Sowas will man nicht mehr mitmachen. Man hat zwar trotz Impfung noch keine Garantie, man impft ja nur gegen drei Stämme, wenn man einen anderen erwischt … Trotzdem nimmt man, wenn man einmal eine echte Grippe mitgemacht hat, gerne jede Chance war!

23 Gedanken zu „Eine Grippe-Erinnerung“

  1. Wenn es dich nur zwei, drei Tage zersägt hat, dann war das höchstens ein Grippchen. Wirklich penibel mit Impfterminen ist man in den ersten Jahren nach einer Grippe, die zwei bis drei Wochen für Freude sorgt.

    Wahrscheinlich hat das Propolis bei dir für die schnelle Genesung inklusive Erstverschlimmerung gesorgt. Und zum Glück hast du keine verschleimende Milch getrunken! q.e.d. 🙂

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  2. „… shall not be fed“ muss das heißen. Das Passiv wird mit dem past participle gebildet, nicht mit dem Infinitiv.

    Und ich bin ganz Minervas Meinung: selbstredend lag der milde Verlauf der Grippe am Propolis. Daran wird doch niemand ernsthaft zweifeln?!

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  3. Genau das Propolis verpickt die Viren- muß ja so sein.

    Im übrigen ist Influenza nicht so rasend ansteckend . Ein Masernkranker steckt bis zu 15 andere an, ein Influenza Infektiöser nur ca 1,4- dennoch rasche Ausbreitung weil die 1,4 in 2 Tagen weitere 1,4 anstecken etc pp.

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  4. Also , vier Tage Rotznäschen im Bett bei Muddi mit Kamillentee und Propolis, bei einem „Mann in den 30ern“ als Erklärung für die Notwendigkeit der Grippe-Impfung. Interessant!

    Fangen wir mal damit an, dass es für einen „quasi fast junger Mann in den 30ern“ weder in D/A/CH von den Gesundheitsbehörden überhaupt eine Grippeimpfempfehlung gibt. Es sei denn es bestehen Vorerkrankungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen.

    Was aus dem umfangreichen Erfahrungsbericht des Psiram-Autors überhaupt nicht hervor geht, sind drei Punkte.

    1. Der Psiram-Autor behauptet er hätte „fiebrige Deliriumsphantasien“ gehabt. Ob überhaupt Fieber gemessen wurde und wie hoch dieses tatsächlich war lässt der Autor offen.

    2. Der Psiram-Autor behauptet er hätte „Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber“ gehabt. Ob neben Propolis und Kamillentee auch fiebersenkenden Schmerzmittel eingenommen wurden, erfährt der Leser nicht?

    3. Der Psiram-Autor spricht von einem schweren Krankheitsgefühl. Warum der ärztliche Bereitschaftsdienst nicht gerufen wurde bleicht auch hier eine ungeklärte Frage?

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  5. Ja, lieber Marcel, lauter ungeklärte Fragen. Wir hätten tatsächlich vorher den Beitrag an Nature einschicken sollen, um ein seriöses peer review zu bekommen. Sorry, dass wir das versäumt haben.

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  6. Ich las mich jedes Jahr gegen Grippe impfen. Ich habe einmal eine Sommergrippe mitgemacht und das war mehr las erschreckend, was da abgeht, darauf kann ich echt verzichten.

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  7. Anfang letzten Jahres hat mich auch die (im Abstrich gesicherte) Schweinegrippe erwischt. Im Jahr vorher noch geimpft hat mich rezidivierender Schnupfen und Faulheit davon abgehalten. Habe mich vielleicht sogar direkt auf Station angesteckt. Jedenfalls war ich eine Woche mit Kopfschmerzen, Fieber bis 39° und erbärmlichem Allgemeinzustand im Bett. Habe dann noch meine schwangere Frau angesteckt (auch positiv im Abstrich) – der ging es ohne die volle Dosis Fiebersenker noch dreckiger. Habe dann als es mir wieder ein wenig besser ging Arzt und Krankenpfleger gespielt. Besten Dank an alle, die Schweinegrippe als harmlos und Konstrukt der pharmagsteuerten Impfmafia abtun.

    Ach ja, und Yuck Fou, Marcel. Grippe fühlt sich sicher nur für Weicheier und Pussies so an als würde man gleich abtreten.

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  8. @ Johannes9126: „Habe dann noch meine schwangere Frau angesteckt“

    Warum war denn deine schwangere Frau nicht geimpft? Für Schwangere gibt es eindeutige die (Schweine-)Grippe-Impfempfehlung. Ist deine bessere Hälfte möglicherweise schlecht beraten?

    Du sagtest du hättest dich möglicherweise auf Station angesteckt. Bist du etwa Arzt? Ich meinte mal sowas gelesen zu haben. Auch für medizinisches Personal gilt die Grippeschutzimpfung. Wenn dem so ist, solltest du mal deine eigene Impfmoral kritisch hinterfragen.

    Für gesunde erwachsene Menschen gilt die Grippe-Impf-Empfehlung erst für Personen über 60 Jahren.

    Für einen gesunden Mann (o. nicht schwangere Frau) – mitte 30 – gibt es keine Grippe-Impf-Empfehlung.

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  9. Eben, solche „hab mich nicht geimpft und hatte dann Grippe“ Berichte sind leider auf einem Niveau mit den „aber mir hilft Homöopathie“ Berichte.
    Und die Impfentpfelungen zum Thema Grippe sind recht eindeutig, nicht?
    Entschuldigung ich werde mich da genauso eher an das RKI halten als an Erfahrungsberichte aus dem Netz, wie bei dem Schwachsinn der Impfkritiker.

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  10. @Dark_Tigger
    Versuch‘ doch bitte erstmal den Text zu verstehen, bevor Du versuchst von oben herab niedriges Niveau zu unterstellen!
    Schon in der Überschrift und erst recht in der Einleitung macht der Autor (mehr als) deutlich dass es Ziel des Textes ist, Leser die sich ohnehin bereits entschlossen haben sich impfen zu lassen, daran zu erinnern es auch zu tun. Bei dieser Zielstellung ist eine Anekdote ein durchaus zulässiges Stilmittel, da – im Gegensatz zu dem was Du versuchst hier zu konstruieren – nicht versucht wird, irgendetwas damit zu beweisen.

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  11. Immer wieder seltsam, dass manche Leute den Unterschied zwischen „diesen Personen wird die Impfung empfohlen, weil sie ein besonderes Risiko für schwerwiegende Komplikationen haben“ und „nur diese Personen sollen geimpft werden“ nicht kennen.

    Natürlich ist die Grippeimpfung für alle Menschen empfehlenswert. Denn niemand weiss, ob es nicht auch bei jemandem, der nicht zu den Risikogruppen gehört, zu schweren Komplikationen kommt. Und ausserdem kann man eine extrem unangenehme Erkrankung vermeiden, die auch schon mal Wochen dauern kann.

    Ich lasse mich seit fast 10 Jahren jeden Herbst impfen. Einmal habe ich leider in eine aufkommende bakterielle Angina hineingeimpft – okay, das war dann Pech und bedeutete ein verlorened Wochenende. Aber sonst: nur gute Erfahrungen.

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  12. Marcel Peter :
    Ich lass mich nie impfen und bin auch nie krank…

    An meinem Balkon ist kein Geländer, und ich bin noch nie heruntergefallen…

    PS:
    Meine Tochter wird jetzt 1 Jahr alt, aber der „Geländermafia“ werf ich kein Geld hinterher!!!

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  13. Eine geile Seite, auf die ich hier gestoßen bin. Von wem werdet ihr bezahlt?
    „Realismus als Chance“…
    … ihr wollt informieren und warnen? Sachlich, auf hohem Niveau und korrekt? (Hier der Aufruf an ALLE das mal zu prüfen).

    Wenn ich die Realität anschauen… dann würde ich für das, was ich sehe, höre und fühle nicht auch noch Werbung machen und dazu aufrufen, ja nicht über den Tellerand zu schauen.

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  14. Ich erzähl mal eine Geschichte von vor ein paar Jahren. Ein Kollege meiner Mutter, keine Risikogruppe erkrankte. Virusgrippe nachgewiesen. Ärztliche Aufsicht durch Hausbesuche, dann RTW, dann der Notarzt, anschließend ITS, dreimal klinisch tot, 6 Wochen Krankenhausaufenthalt.
    Kann sich jemand vorstellen, was das für die Familie bedeutete, dass die Ärzte 1 Woche um sein Leben kämpften und nur wegen einer beschissenen Grippe die durch eine poplige Spritze die schon damals nicht weh tat, hätte verhindert werden können?
    Und dann lese ich so ein Geseiere von Esoterikern, Quacksalbern und Geistheilern über böse Pharmafirmen, die ja nur Geld verdienen wollen.
    Ich könnte ko*, wenn ich das lese.
    Geht, und spielt mit was giftigem.
    Ich hol mir lieber eine Impfung, als sowas zu erleben. Ich bin nicht gern krank.

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