Man hört häufig als Argument gegen Gentechnik, dass diese ja mit Patenten behaftet und darum einfach grundsätzlich böse sei. In den Horrorvisionen grüner Ideologen streben die Saatgutkonzerne mittels Patenten die Weltherrschaft an, indem sie die Kontrolle über das Saatgut der Welt an sich reißen. Monsanto hat ja angeblich schon jetzt ein Monopol.
Abgesehen davon, dass selbst der Marktführer Monsanto nur 23% des Saatgutes weltweit liefert, also von einem Monopol noch ziemlich weit entfernt, ist der zugegebenermaßen rasant wachsende weltweite Saatgutmarkt nur ca. 20 Milliarden US-Dollar schwer. Zum Vergleich vielleicht: Der Industrie-Riese Apple macht jährlich 180 Milliarden Umsatz, der Automobil-Konzern Daimler 118 Milliarden und der Fast-Food Riese McDonalds immerhin noch 28 Milliarden.
Das sind einzelne Firmen, neben denen sich die ganze Saatgutindustrie irgendwie klein ausnimmt. Und wie das speziell mit den Patenten überhaupt funktionieren soll, bleibt auch völlig unklar.
Es ist ein Unsinns-Argument, das allein schon an folgender Tatsache scheitert: Die Laufzeit von Patenten beträgt in Europa und den USA 20 Jahre, d.h. auf jedem Patent klebt ein Ablaufdatum. Selbst wenn eine Firma tatsächlich DAS Wundersaatgut erfinden würde, könnte die Firma es nur 20 Jahre vermarkten.
Man bleibt bei der ganzen Argumentation eigentlich verständnislos zurück.
Wir wünschten uns natürlich auch, dass schon heute viel mehr Patente durch die öffentliche Hand bzw. von Universitäten gehalten würden. Aber dazu braucht es natürlich Forschung, Professoren, Studenten, aber auch Landwirte, die Wissen um die Möglichkeiten und auch Schwierigkeiten der Gentechnik errungen haben.
Wie aber z.B. HannoverGEN gezeigt hat, ist auch das nicht erwünscht. Bildung und Ausbildung zum Thema sind Firmen wie Greenpeace ein Dorn im Auge. Dann kann man Menschen mit Horrormaiskolben keine Angst mehr einjagen. Ohne die irrationale Furcht vor dem Unbekannten bleibt wenig übrig.
Jedenfalls kommt nun langsam die Zeit, da das ganze Patent-Argument ernsthaft zu bröckeln beginnt. Auch wenn Organisationen wie Greenpeace gerne suggerieren, dass Grüne Gentechnik etwas völlig „Unbekanntes“ ist, gibt es sie doch schon mehr als 20 Jahre. Und die Uhr tickt, Patente laufen ab.
Das letzte US-Patent(*) auf die erste Generation von Monsantos „berühmtem“ Roundup Ready® Saatgut endet mit März 2015. Und es kommt noch besser!
Die Universität von Arkansas hat bereits mit Anfang Dezember eine freie Variante namens UA 5414RR einer glyphosatresistenten Sojabohne freigegeben. Sie wird an Interessenten ohne Extragebühr abgegeben und die können damit im Grunde machen, was sie wollen: z.B. auch Samen aufheben, um in der nächsten Saison Nachbau zu betreiben. (Mögliche Einschränkung: Die genaue Lizenz ist unklar, Biofortified vermutet, dass für die weitere Verwendung in der Pflanzenzucht eine Genehmigung durch die Universität nötig sein wird.)
Eine entsprechende Erklärung der Universität findet man hier: Kurzfassung oder Langfassung (Microsoft Word)
Monsanto (diese Monster!) habe der Universität Saatgut für die Zucht zur Verfügung gestellt und hat weiters zugesichert, den „Papierkram“ bis Ende 2021 zu erledigen. Die EPA (Umweltschutzbehörde der USA) verlangt, dass die Genehmigungen für Saatgut-Technologien, speziell den Export, regelmäßig erneuert werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf 1-2 Millionen Dollar pro Jahr.
Monsanto erlaubt Landwirten außerdem, dass mit ihren Sorten ab 2015 Nachbau betrieben wird, d.h. wenn man RR Soja von Monsanto gekauft hat, darf man die Ernte ohne weitere Gebühren in der nächsten Saison als Saatgut nutzen. Bei ihren eigenen Sorten können Hersteller diverse Restriktion vertraglich weiterhin festlegen. Daher ist es sehr wichtig, dass alternative Sorten durch Universitäten zur Verfügung gestellt werden.
Das macht Monsanto natürlich nicht ganz uneigennützig, sondern auf Druck der Agrarindustrie, die diese Sorten weiter auf dem Markt sehen will – egal, ob Monsanto damit noch viel Geld verdient oder nicht. Ab 2022 wird sich dann z.B. die American Soybean Association um die Genehmigungen kümmern müssen.
Unsere skeptischen Leser werden sich jetzt wahrscheinlich fragen: Wo ist der Haken?
Haken gibt es zwar im Grunde keinen, aber UA 5414RR ist nicht ganz so gut wie aktuelle Sorten. Nach Angaben der Universität ist der Ertrag etwa um 7% niedriger als der von aktuellem Top-Saatgut. Auch sind durch den extremen Einsatz von Glyphosat (Roundup Ready) in den letzten Jahrzehnten Resistenzen bei Unkraut auf dem Vormarsch, was den Wert dieser Eigenschaft natürlich schmälert.
Das ist natürlich nicht toll, aber das Saatgut wird zweifellos wesentlich billiger sein. Und speziell für die zweite Aussaat, die auch mit einem relativ hohen Risiko behaftet ist, dürfte es für viele Farmer eine interessante Alternative darstellen.
Vor allem aber ist es ein gutes Beispiel dafür, wie das mit Patenten läuft. Der Patenthalter hat 20 Jahre Zeit, „die Kuh zu melken“, danach gehört die Kuh der Allgemeinheit. Es ist zwar etwas komplizierter, aber nach und nach werden weitere Patente auf heute geschützte GVO-Sorten ablaufen. Die Firmen, sei es Monsanto, DuPont, Syngenta …, können sich auf ihren Produkten nicht ausruhen, sie stehen unter ständigem Innovationsdruck.
Die neue Sorte muss besser sein als die alte. Sonst kauft sie keiner. Vor allem nicht zu einem höheren Preis. Und die Weltherrschaft? Nun, das wird wohl auf diesem Wege nichts.
* Der Patentschutz auf Roundup Ready ist in anderen Ländern schon früher abgelaufen, z.B. in Kanada im August 2011.