Frank Plasberg, Regividerm und fairer Journalismus

Oder: wenn Böcke schlechte Gärtner auszeichnen.

Manchmal denkt man, man sitzt im falschen Film (Der Kindersprechstunde-Blog berichtete bereits). Da sind Journalisten einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt in einen Schleichwerbungsskandal – vielleicht den größten der öffentlich-rechtlichen Geschichte – verwickelt, und was werden sie? Ausgezeichnet. Und zwar nicht mit irgendeinem Preis, sondern dem Hans-Joachim-Friedrichs-Preis, benannt nach dessen genialem Stifter, der die bekannteste journalistische Grundregel auf den Punkt brachte: „Mache Dich nie mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer guten.“ So wurde die WDR-Redaktion von „Die Story“ ausgezeichnet, also der Redaktion, die diesen unsäglichen Werbefim für die angebliche Wundersalbe Regividerm  – „Heilung unerwünscht“ – zu verantworten hatte. Sie hatten sich damit gemein gemacht. Und noch nicht mal mit einer guten Sache, sondern einer miesen, abgekarteten. Und wer sitzt mit in der Jury? Frank Plasberg, jener unglaublich Harte aber Faire, der seinem Kollegen Klaus Martens in einer Sendung – weitab vom eigentlichen Thema – einen minutenlangen Werbeauftritt ermöglichte. Bei den Privaten wird sowas wenigstens durch einen eindeutigen Werbehinweis gekennzeichnet.


Das eigentlich Schlimme an Plasberg ist nicht, dass er einen Fehler gemacht hat. Sich von einem Kollegen (Klaus Martens wurde vom WDR inzwischen nach Programmbeschwerden als Bauernopfer gefeuert) eine Werbesendung unterjubeln zu lassen, ist zwar bestimmt keine besondere Auszeichnung für seine Redaktion, kann aber passieren, Fehler macht jeder mal. Das Unerträgliche an Plasberg ist, dass er sich nicht klar dazu geäußert hat und sich zudem noch erdreistet, in dieser Jury zu sitzen, die dann wiederum diese Redaktion auszeichnet. Hart aber fair mag er zu anderen sein, was seine Person betrifft, scheint sie mehr von anderem geleitet. An dieser Stelle sei an das Gladbecker Geiseldrama erinnert, als die Geiselnehmer Journalisten zu ihren willigen Gehilfen machten, weil die so storygeil waren. Wer war dabei? Frank Plasberg.

Nebenbei: Wenn hier jemandem ein Preis gebührt, dann sind es die vielen Blogger, durch die die Aufklärung des Skandals erst ins Rollen kam. Allerdings nicht öffentlich-rechtlich bezahlt. Die Fakten und Details wurden in der Freizeit zusammengetragen und ausgewertet. Was große Printmedien erst bedenkenlos kolportierten (kam ja vom WDR) um anschließen Stück für Stück zurückzurudern, haben fachkundige Blogger von Anfang an zerlegt. In Zeiten vor dem Netz wäre sowas stillschweigend in der Schublade verschwunden. Daran müssen sich manche von unseren Rundfunkgebühren finanzierte Journalisten wohl erst noch gewöhnen, dass der große Club des gegenseitigen Schulterklopfens und bedenkenlosen Abschreibens inzwischen genau beobachtet wird.

16 Gedanken zu „Frank Plasberg, Regividerm und fairer Journalismus“

  1. Ähhhhh…..
    Sagtmal habe ich das jetzt richtig verstanden:
    Herr Plasberg moderiert eine Sendung, die inhaltlich nachweislich absoluter Dünns..iss ist!
    Der Redakteur dieser Sendung verdient neben seinen normalen von mir mitfinanzierten Bezügen aufgrund dieser Sendung ein nicht unerhebliches Quantum an Geld (sofern er sich nicht vollkommen dusselig angestellt hat)!
    Der Redakteur wurde nach einer gewissen Zeit der Recherche zurecht gefeuert (verdient aber weiter an seinem Büchlein)!
    Herr Plasberg (welcher diesen Unsinn persönlich mithilfe meiner Gebühren verbreitet hat) der spätestens nach der Entlassung seines Redakteurs gewußt haben muß, welch fatale „Fehlrecherche“ dort stattgefunden hat, zeichnet seine Sendung als Mitglied der Jury aus und nimmt diesen Preis stellvertretend für alle mitwirkenden dann möglichst noch entgegen?
    Sorry, aber hab ich da jetzt was völlig falsch verstanden? Wenn ja, solltet ihr bitte diesen Post entfernen, wenn nein…..
    AUA….

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  2. Im Zusammenhang mit dem Rausschmiss Martens lese ich immer wieder gerne im „Vierteljahresbericht der Intendantin über wesentliche Eingaben zum Programm gem. § 10 Abs. 4 wdr-Gesetz; Oktober bis Dezember 2009“:

    „Die Intendantin widersprach auch dem Vorwurf der mangelnden Distanz und verwies auf die unabhängige und intensive Recherche des Autors. Durch Interviews, Studien und interne Schriftwechsel wird im Film das Für und Wider der Entscheidung der jeweiligen Pharmafirmen ausführlich und umfassend dargestellt.“

    Nur eine von vielen, vielen ähnlich lautenden Stellen. Einer meiner Lieblingssätze: „Der wdr hat die Kritik zurückgewiesen und erklärt, dass der Film auf einer mehr als einjährigen, von äußeren Einflüssen freien Recherche des Autors beruht. “

    Sollte man sich immer mal wieder als Beispiel für die Arbeitsweise des WDR in Ruhe durchlesen.

    http://www.wdr.de/unternehmen/service/pdf/publikumsstelle/WDR_2009-IV_Vierteljahresbericht.pdf

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  3. @Windle

    Nein, falsch verstanden. Die Sendung von Frank Plasberg heißt „Hart aber fair“. Ausgezeichnet wurde „die story“. Frank Plasberg hatte den Autor eines Beitrags von „die story“ in seiner Sendung zu Gast. Ansonsten gibts keine Verbindung.

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  4. @Bigott

    Klar, die Macher von esowatch haben sooooooooooo die Hosen voll, dass sie sich mit Sicherheit jetzt schon verkrochen haben und sich flagellieren, sobald der Gedanke auftaucht, Plasberg einen Eintrag zu widmen….

    Gruß

    PS: Wenn Du Ironie in diesem Beitrag findest darfst Du sie gerne behalten

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  5. Der mittlerweile wichtigste systemkrische alternative Blog „U made my day“ bereitet ein großes HD-Video Special zur Psyche des Finanzexperten Walter K. Eichelburg vor.
    uxmadexmyxday.wordpress.com/
    Dabei soll auch das umstrittene Thema „goldene Rettungsboote“ zur Sprache, welches zuvor schon der katholischen Kirche das Genick gebrochen hatte.

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  6. bei aller berechtigten Kritik,

    ich finde die Sendung „Hart aber Fair“ ist mit das beste was wir in Sachen Diskussionsrunden derzeit im Fernsehen haben. Die Idee, vorher über mögliche Argumentationen zu recherchieren um dann sofort Einspruch zu erheben wenn jemand Blödsinn erzählt ist eigentlich genial.
    Da ist viel wahres ´rübergekommen, leider eben aber auch dieser Revigiderm-Blödsinn.

    Wenn her Blasberg den gleichen Anspruch hätte wie seine Sendung hätte er längst zugeben können/müssen, daß hier -aus Versehen- Scheiße gebaut worden ist.
    Wir hätten es ihm das doch verziehen und weiter die Sendung geschaut?

    Ich seh mir das immernoch an, aber es bleibt leider dieser fade Nachgeschmack.

    -Und ja, die Blogger verdienen den Journalisten-Preis, vielleicht holt das ja irgendein anderes Magazin oder Sender nach! Wär doch ein gefundenes Fressen! Fernsehpreis für die Blogger die die Fernsehpreisträger überführt haben! -Wär doch die Schlagzeile für jedes Medium!

    Trotzdem: Es ist (leider) immernoch mit das beste was wir im TV haben (sozusagen der Einäugige unter lauter Blinden)
    LG, PB

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  7. Ob Frank Plasberg einen Anteil an der Nominierung und Entscheidung hatte, weiß man nicht, schließlich hat die Jury des „Vereins zur Verleihung des Hanns-Joachim Friedrichs-Preises e.V.“ noch über 20 weitere Mitglieder. Vielleicht hat er sich ja vornehm enthalten.

    Aber dass eine Sendereihe nach einem Vorfall wie der Martens-Regividerm-Nummer noch einen – angeblich bedeutenden – Preis kriegt, für „gründliche Recherche und filmische Qualität“, ist schon schräg. Ich hab den Eindruck, da feiern sich ein paar Fernsehfritzen nur gegenseitig ab; journalistische Qualität ist da kaum ein Kriterium bzw. die verstehen was anderes darunter (immerhin ist Sabine Christiansen nicht unter den Presiträgern, dafür aber 2005 Plasberg für „hart aber fair“.)

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  8. Pingback: Tweets that mention EsoWatch » Frank Plasberg, Regividerm und fairer Journalismus -- Topsy.com
  9. Du liebe Güte. Ich habe noch nie verstanden, was an diesem Blasberg toll sein soll, außer, dass er (sich selbst für) einen superinvestigativen Qualitätsjournalisten (hält) (darstellt). Seine Sendung ist ein, wenn auch aus mir unerfindlichen gründen hochgeschriebener, Tummelplatz für PR-Soldaten, gepimpt mit „provokanten“ Einspielern, die genau so gut die Titelseiten der WAZ-Blätter füllen könnten und er ist einfach einer unter vielen in der ARD, die mit echtem Journalismus noch nie in Berührung gekommen und bestenfalls Opfer der Kampagnenindustrie sind.

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  10. Pingback: » im namen des volkes | kotzboy.com
  11. Du liebe Güte. Ich habe noch nie verstanden, was an diesem Blasberg toll sein soll, außer, dass er (sich selbst für) einen superinvestigativen Qualitätsjournalisten (hält) (darstellt). Seine Sendung ist ein, wenn auch aus mir unerfindlichen gründen hochgeschriebener, Tummelplatz für PR-Soldaten, gepimpt mit „provokanten“ Einspielern, die genau so gut die Titelseiten der WAZ-Blätter füllen könnten und er ist einfach einer unter vielen in der ARD, die mit echtem Journalismus noch nie in Berührung gekommen und bestenfalls Opfer der Kampagnenindustrie sind.

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