Mit der Tätigkeit des Infomed-Instituts haben wir uns ja schon zuvor befasst. Zur Erinnerung: Infomed hat zunächst jahrelang die LMU geräuchert, bis die Dreistigkeit, mit der die Infomedis das Logo der LMU kaperten und den Eindruck eines Uni-Instituts hervorrufen wollten, der LMU doch mal ungut auffiel. Die darauf bei der LMU einsetzende Schnappatmung wurde durch den flugs folgenden Rausschmiss der famosen Veranstaltung kuriert, woraufhin die Infomedis den nächsten Kongress – man hat ja Auswahl in München – an der TU abwickelten.
Leider wurde daraus keine lange, glückliche Beziehung: die TU wurde anscheinend fix ins Bild gesetzt, wen man sich mit Infomed in den Pelz gesetzt hatte und nun ist der nächste Tagungsort dran: die Alte Kongresshalle. Ist schon irgendwie so ein ganz klein wenig suboptimal ohne Uni-Renomee, aber nützt ja nix – man hat es sich an beiden Unis vergeigt und muss jetzt sehen, wo man einen Fuß in die Tür bekommt. Übrigens wird wohl auch in der Kongresshalle geräuchert: für Samstag und Sonntag wird jeweils morgens um 6 bzw 7:30 Uhr ein „Ritual“ angekündigt. Ein weiteres, gerne gepflegtes Ritual ist anscheinend der Auftritt der „ bekannte[n] und geschätzte[n] Stadträtin Lydia Dietrich“ von den Grünen, die den Kongress eröffnen wird.
Auch sonst scheint man sich bei Infomed an Altbewährtes zu halten und lädt seine Referenten gerne mehrmals ein. Daher möchten wir insbesondere auf die beiden Herren hinweisen, die wir bereits im Oktober 2015 als „umlegende Highlights“ vorgestellt hatten: sie werden nämlich wieder mit dabeisein. Pablo Russell ist keine Medicine Person, dafür aber immer noch mit dem Stichwort: „Deine einzige Chance, mit einem richtigen Medizinmann zu schlafen“ unterwegs. Und Philip Scott, der sich zusätzlich zum Medizinman noch als „Chief“ ansprechen lässt, ist seit letztem Jahr nicht indigener geworden, er ist weder Cherokee, noch Lakota, sondern Euro-American.
Ein weiterer bei Infomed gerne gesehener Referent ist Fabio Ramirez, der seit Jahren bei den „Weltkongressen“ auftreten darf. Ob er tatsächlich einen Doktor der Medizin ordnungsgemäß erworben hat, lassen wir offen; auf jeden Fall ist unter dem angegebenen Namen bei Worldcat keine Dissertation auffindbar. Stattdessen hat das Metier von Ramirez sehr viel mit Drogen zu tun: er propagiert z.B. Trips mit Ayahuasca und Engelstrompete (Brugmansia), die er der Kundschaft zwar nicht in Europa, aber gerne in Südamerika verabreicht. Der gute alte Grundsatz „legal, illegal, schietegal“ gilt eben nicht nur in der autonomen Szene, auch in Kolumbien kommt man damit weiter im Leben.
Ramirez hat aber mehr auf der Pfanne als nur Drogen: auch Orakelsteine bringt er mit. Der Ankündigung nach ist Infomed wohl nicht ganz klar, ob es sich nun um Obsidian oder Oxidian handeln soll, aber das sind nur Marginalien. Man muss das Große & Ganze im Auge behalten – wie nämlich Ramirez‘ Fähigkeit, längst nicht mehr existierende indigene Ethnien zu kontaktieren und ihre „jahrtausendealte Weisheit“ anzuzapfen. Beim Vulkangestein mit dem schwierigen Namen (obs nun Ox oder Obs ist…) ist dies die Ethnie der Muisca, von der die Ankündigung übrigens im Präsens schreibt. Allerdings waren die Muisca Teil der Chibcha-Konföderation, deren Kultur laut Wikipedia „bis zum 18. Jahrhundert … so gut wie ausgestorben“ war. Im Ankündigungstext für seinen Vortrag über den Gebrauch der Engelstrompete wird noch die Ethnie der Guane erwähnt, die bereits ein Jahrhundert früher nicht mehr als Ethnie existierten. Hier werden also mit ganz vollem Mund Kontakte und Einsichten in Anspruch genommen, die Ramirez nur auf Zeitreisen erworben haben könnte. Aber das macht ja nix: von der Kundschaft merkt es keiner.
Weiterhin wird ein Gerardo Pizarro als „Sohn einer berühmten Schamanen- und Heilerfamilie“ angekündigt. Seine Eltern sollen „die Nachfahren der Pre-Inka Zivilisation [sic]“ sein. Wie jetzt – nur die beiden, ganz allein? Natürlich hat es vor den Inka eine Vielzahl von Kulturen gegeben, da könnte man schon etwas genauer werden. Wenn man denn über so viel Kenntnisse verfügt. Offenbar ist das aber ein kritischer Punkt. Gelernt haben will Senor Pizarro übrigens bei den Aguaruna und nicht bei Prä-Inka. Das heißt im Klartext: er verkauft die Spiritualität einer Ethnie, der er nicht angehört. Der Bezirk Lambayeque, aus dem Pizarro stammen soll, liegt an der Pazifikküste; die Aguaruna leben im Regenwald.
Es geht aber immer noch einen besser: Pizarro ist „… Erbe und Hüter des peruanischen Schamanismus, der Mochicas aus Nord-Peru, aus den Anden und des Amazonas“. Das ist dann wohl ein gesamtperuanischer Rundschlag. Nun gut, es gibt bei den indigenen Ethnien in den Amerikas keine Schamanen, also auch keinen „peruanischen Schamanismus“. Wie Pizarro es allerdings schafft, Erbe und Hüter der Mochica zu sein, wäre nun doch interessant: die Mochica-Kultur bestand vom 1. bis 8. Jahrhundert an der Küste von Nord-Peru. Das ist mal eben so übern Daumen 13 Jahrhunderte her. Aber ach, es wird keine Sensationen zu verkünden geben, der Senor Pizarro erbt und hütet keine klandestin weitergereichte Kultur, er hat sich nur eine feine Werbemasche ausgedacht. Noch einmal nach demselben Motto: Das macht doch nix – das merkt doch keiner.
Jedenfalls nicht bei den Infomedis: dort bemerkt man ja auch nicht, dass Pizarros Terminkalender für 2016 ihn rastlos in Europa beschäftigt hält – in Spanien, Frankreich und ein paar Mal auch in Deutschland, und zwar von Januar bis Dezember. Das spricht nun gar nicht für einen traditionellen Heiler, aber sehr für einen geschäftemachenden Plastikschamanen. Das wiederum ist Pizarro bereits seit Jahrzehnten. Auf einer Webseite heißt es zu seinem Werdegang: „Ab 1985 beginnt er in ganz Europa zu arbeiten und im Jahr 1988 lässt er sich in Madrid, Spanien, nieder, wo er heute noch mit seiner Frau und seinen Kindern lebt.“
Apropos Infomed und merken: auch da geht noch einer. Bei der gleichzeitig zum bescheiden titulierten „Weltkongress“ stattfindenden „Gesundheitsmesse“ darf eine Vielzahl von Anbietern auf dem Esoterikmarkt einen Stand aufschlagen. Interessant finden wir, dass darunter auch der Arun-Verlag ist. Laut Vorstellung durch Infomed:
„Arun verlegt Bücher, Musik-CDs, DVDs und hochwertige Orakelsets, und zwar zum Themenspektrum: Mythologie und Spiritualität der Naturvölker, Männer- und Frauenspiritualität, Visionssuche, initiatorische Arbeit, spirituelle Naturerfahrung, Tiefenökologie, Tarot, Magie, Mysterienkulte und Schamanentum. Uns bewegt, was wir tun – und wir tun, was uns bewegt. Die Themen unserer Bücher entspringen unserem privaten Interesse, unserer eigenen inneren Entwicklung, unseren Diskussionen und unseren Idealen. Wir sind davon überzeugt, dass aller Sinn im Lebendigen selbst liegt, sowohl in uns als auch in der Natur, die uns durchdringt. Alles, was ist, ist in sich wertvoll und heilig. Diese immanente Heiligkeit achten, respektieren und feiern wir. Authentische Spiritualität, ausbalancierte Vernunft und echte Naturverbundenheit stärken Mitgefühl, Weisheit und Liebe – beste Voraussetzungen, um eine zukunftsfähige und lebensbejahende Gesellschaft zu gestalten.“
Netter Esoschwurbel, aber warum sollte man die Meriten des Verlagsinhabers Stefan bzw. Björn bzw. Falko Ulbrich in der Wiking-Jugend, beim Thule-Seminar und bei der „Jungen Freiheit“ etc. ausblenden? Schließlich steht schon in der Wikipedia einiges. Lesenswert ist auch die sechsteilige Artikelserie des Rabenclan über den Arun-Verlag, seinen Inhaber und die Kapriolen und Haken, mit denen Ulbrich eine rechtsextreme Orientierung in die Vergangenheit verweisen möchte, damit man bei seinem Verlagsangebot nicht so genau hinsieht.
Infomed serviert dem Publikum also wie gehabt eine Auswahl der allerbesten Schwurbler, Abzocker und Flachleger. Da vergeben wir doch gerne unser besonderes Prüfsiegel.
Das sind nicht gerade die billigsten Tagungsorte.
PS.: Ich bin leider an der Registrierung vom Forum gescheitert.
Kann mal jemand folgendes reinschreiben:
Schamanische Medizin von Joe Licci
http://www.livingwisdom.de/joe_licci.html
Von diesem Herren habe ich vor kurzem ein Prospekt bekommen. Er nimmt ganz schön gesalzene Preise für ein bisschen Hokuspokus.
Im selben Ort gibt es dann noch diese Dame für schamaniches Heilen:
http://www.uta-zelilis.de/
Ich hab mal das Bild eures Prüfsiegels an die Organisation der Cleveland Indians samt Link weiter geschickt. Sie haben Post …
@Tribeka
Hättste aber auch selber drauf kommen können; steht schließlich schon im Wappen.
Hach, Plastik-Schamanen und Nazi-„Germanen“ sind einfach die Besten!