Bei „Den glorreichen Sieben“ (hier sei auch das „Original“ Die sieben Samurai von Akira Kurosawa empfohlen) handelt es sich um eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die ein armes Dorf gegen üble Banditen verteidigen und die dabei auch einen hohen Blutzoll zu entrichten hat.
In gewisser Hinsicht ist die Situation in Afghanistan ähnlich. Das Land wird von einem grausamen Feind bedroht, der Kinderlähmung. Aber zur Verteidigung der Menschen haben sich nicht sieben Revolverhelden, sondern zehntausende Impfhelfer und Freiwillige, gefunden. Dazu gehören nicht nur die Angestellten der WHO, Ärzte und Menschen die von Haus zu Haus gehen, sondern auch traditionelle Heiler, Mullahs, Bewahrer heiliger Stätten, und auch einfach Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Zusammen treten sie an, die Kinderlähmung zurückzuschlagen und ein für alle mal zu besiegen.
Wie auch die glorreichen Sieben hatten sie bereits Opfer zu beklagen. Nicht nur in Afghanistan, auch in den anderen Ländern, wo diese Seuche noch heimisch ist. Bei Anschlägen auf Impfhelfer kamen schon öfter Menschen ums Leben, aber der Erfolg kann sich ebenfalls sehen lassen (PDF, Seite 10).
Noch vor 30 Jahren traf die Kinderlähmung jährlich 350.000 Menschen auf der ganzen Welt. 1988 setzte sich die WHO das Ziel, die Krankheit auszurotten. Und das mit großem Erfolg. Letztes Jahr gab es nur mehr 13 Fälle in Afghanistan, 4 in Nigeria und 20 in Pakistan. Diese drei Länder sind die letzten Landstriche, in denen das Virus noch heimisch ist.
Man muss sich vor Augen halten, wie erfolgreich diese Kampagne ist. Seit 2010 liegen die Fallzahlen unter Tausend, jedes Jahr wurden also 350.000 Menschen gelähmte Gliedmaßen oder sogar der Tod erspart. Eine gewaltige Zahl.
Der Aufwand ist natürlich immens, aber man darf nicht vergessen, dass im Herbst 2016 allein in Afghanistan 9,5 Millionen Kinder geimpft wurden. Und nicht nur das. Die Kinder wurden im Rahmen der Kampagne auch mit Vitamin A Kapseln versorgt. Vitamin A ist essentiell für das Immunsystem und der Mangel kann zur Blindheit führen. Mehr dazu in unserem Artikel über Goldenen Reis.
Außerdem wurde mit der Kampagne von tausenden ausgebildeten Gesundheitsarbeitern auch eine Basis geschaffen, auf der Millionen Menschen Vertrauen in die Medizin fassen. Und nicht nur in Bezug auf die Kinderlähmung. Im Irak half die Infrastruktur beim Kampf gegen die Cholera, in Nigeria spielt sie eine essentielle Rolle im Kampf gegen das Lassafieber. Ein Ergebnis, das wichtig bleiben wird, auch wenn die Kinderlähmung nur noch ein böser Geist in der Vergangenheit sein wird. Ähnlich wie in Europa.
Die Kindersterblichkeit ist in Afghanistan noch immer erschreckend hoch (sie liegt bei 91 von 1000, bei uns liegt sie bei 4) aber sie sinkt mit jedem Jahr. Ein Segen für alle Eltern, die ihr Kind nicht leiden sehen müssen. An der Stelle sei auch auf den leider zu früh verstorbenen Hans Rosling erinnert, der uns gezeigt hat, dass das Sinken der Kindersterblichkeit eine wichtige Grundbedingung ist um das Bevölkerungswachstum zu bremsen.
Afghanistan, Pakistan und auch Nigeria haben sicher noch einen steinigen Weg vor sich, aber zumindest können sie diesen in wenigen Jahren ohne die Bürde der Kinderlähmung beschreiten. 65.000 Impfhelfer werden dafür sorgen und diese Schlacht gewinnen.
Genau wie die Glorreichen Sieben. Nun ja. Nicht ganz wie die Glorreichen Sieben. Denn am Ende des Filmes äußert der Revolverheld Chris die traurigen Worte
„Nur die Farmer konnten gewinnen. Wir haben verloren! – Wir verlieren immer!“
In Afghanistan gilt dieser Satz glücklicherweise nicht. Wird die Kinderlähmung ein für alle Mal besiegt, werden wir alle gewinnen. Wir können nur verlieren, wenn wir locker lassen und die Krankheit entwischen lassen.
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