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Oostvaardersplassen – Tierquälerei im Namen des Naturschutzes

4. August 2010 63 Kommentare

Bildquelle: http://www.oostvaardersplassen-sterfte.nl/page2.html

Serengeti hinter Deichen, so vielversprechend aber auch unzutreffend wird das Naturschutzgebiet Oostvaardersplassen in den Niederlanden bezeichnet. Vielversprechend, weil mit der Ansiedlung freilebender Rothirsche, Heckrinder und Konik-Pferde ohne jeglichen menschlichen Eingriff (bis auf das gelegentliche Abschießen kranker Tiere) durch das Zurückdrängen von Gebüschen eine Offenlandschaft geschaffen wurde, von der viele andere Arten profitieren. Und auch für den Besucher mögen große Herden, die durch das Gebiet ziehen, ein imposanter Anblick sein. Naturromantik pur, so wie es sich der Städter gerne vorstellt.
Unzutreffend ist diese Bezeichnung aber, weil das Gebiet eingezäunt ist, die Tiere sich vermehren, ohne dass ein Bestandmanagement stattfindet. So müssen sich 1.171 Pferde, 548 Rinder und 2.172 Rothirsche auf einer Grünfläche von knapp 2.200 Hektar die Nahrung teilen. Dass das nicht lange gut geht, kann sich eigentlich jeder denken. Ohne Eingreifen des Menschen wird die Nahrung knapp, besonders im Winter. Normalerweise wandern Tiere zu groß gewordener Populationen in andere Gebiete ab, wenn die Nahrung knapp wird. Doch hier war das unmöglich, das Gebiet ist umzäunt. Und was die vielgescholtenen Jäger in ihren Revieren tun, in Notzeiten eine Winterfütterung anzulegen, geschah nicht. Und so hatten die eingesperrten Tiere keine Chance, sie hungerten und viele verhungerten.

Bereits im Winter 2009 starben im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Mai 226 Konik-Pferde, 141 Rinder und 574 Hirsche – durch Verhungern . Wie viele Tiere im viel strengeren Winter 2010 umkamen, ist noch nicht bekannt, es muss jedoch vermutet werden, dass die Anzahl beträchtlich größer ist.

Einige Eindrücke von der verheerenden Situation zeigt diese niederländische Seite.

Trotzdem ist der Initiator und ehemalige Referatsleiter Ökologie- und Naturmanagement im niederländischen Ministerium für Landwirtschaft nach wie vor vom Erfolg Oostvaardersplassens überzeugt. Für ihn ist das Projekt „eine Art Freilandlabor“. „Wir lehnen uns zurück, beobachten und lernen,“ führt er weiter aus. Was an diesen grausamen Tierversuchen zu lernen ist, steht in jedem Ökologie-Lehrbuch: Dass nämlich die Populationsdichte einer Art abhängig von der Umweltkapazität des Lebensraumes ist und diese vor allem durch das Nahrungsangebot bestimmt ist. Bei Überschreitung der Umweltkapazität setzt eine dichteabhängige Regulation ein, die im vorliegenden Fall durch die Erhöhung der Mortalität (Sterblichkeit) geschieht. Und weiter kann man die Binsenweisheit lernen, dass eine leergefressene Landschaft dann auch kein geeigneter Lebensraum für andere Arten mehr ist.

Auf Druck von Tierschützern hat sich die niederländische Regierung im März 2010 endlich entschlossen, künftig zuzufüttern. Ob das aber hilft, die Populationen in einer der Landschaft gemäßen Größe zu halten, darf bezweifelt werden. Ein Tipp an alle Ökoromantiker ,  die das Eingreifen des Menschen vehement ablehnen: Ansiedeln großer Beutegreifer. Wie wäre es mit einem Löwenrudel? Wenn schon Serengeti, dann richtig.

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