Die Pharmamafia „unterdrückt“ mal wieder ein gaaaanz tolles Medizinprodukt

Die Masche mit der Unterdrückung eines „innovativen Medizinproduktes“ durch die allmächtige Pharmaindustrie zieht fast immer (siehe Regividerm).
Das „urheimische“ Medizinprodukt Cystus wird als Infektblocker beworben. Die Datenlage ist dünn, eine Zulassung als Arzneimittel gibt es nicht und mit dem BfArm traf man sich auch schon vor Gericht. Bei der stationären Aufnahme gab es gestern einen schönen Blogbeitrag dazu (und auch zu den neuesten Entwicklungen):

Der Trick mit der Evidenz

„Die in Deutschland offensichtlich sehr mächtige Pharmaindustrie hat es bislang stets erfolgreich geschafft, ein effektives Konkurrenzprodukt eines mittelständischen Unternehmens am Markt zu behindern oder zu verleumden“.
Die Pharmaindustrie ist in der Öffentlichkeit nicht gut gelitten und Verschwörungstheorien rund um die Macht der Pharmakonzerne finden ein dankbares Publikum. Bevor man die obige Aussage blind unterschreibt, sollte ein Blick auf den Urheber geworfen werden. In diesem Fall will ein Naturheilmittelhersteller kritische Nachfragen zum Nutzen und Risiken seines Produktes abwehren.

Eigentlich wollte das arznei-telegramm (a-t) sich nur über die Evidenzlage zu dem Präparat Cystus informieren….

http://gesundheit.blogger.de/stories/1600330/

Vor Gericht zog die Argumentation allerdings nicht:

Cystus-Präparate außer Handel

Berlin – Im Streit um den Status der Cystus-Präparate unterliegt der Hersteller Dr. Pandalis Urheimische Medizin dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Cystus052 Infektblocker Tabletten und Cystus052 Gurgellösung werden in der bisherigen Form nicht mehr in den Handel gebracht, teilte das Unternehmen mit. Hintergrund ist die Einstufung der Produkte als zulassungspflichtige Arzneimittel durch das Verwaltungsgericht Köln vergangenen Oktober. Das Urteil ist nun rechtskräftig.

Bislang waren die Cystus-Präparate als Medizinprodukte registriert. Vor zwei Jahren hatte das BfArM allerdings festgestellt, dass es sich bei den Produkten um Arzneimittel handelt. Dagegen hatte Dr. Pandalis geklagt, was nach Ansicht des Kölner Verwaltungsgericht unbegründet war. Dr. Pandalis hatte gegen die Entscheidung im November 2009 eine Zulassung der Berufung beantragt, die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen nun ablehnte.

Der für die Zulassung als Arzneimittel nun erforderliche Nachweis einer pharmakologischen Wirkung könne nicht erbracht werden, da der Pflanzenextrakt physikalisch wirke. Der Effekt beruhe nicht auf „arzneilichen Gesichtspunkten“, so Dr. Pandalis. Das Unternehmen erwägt eigenen Angaben zufolge weitere rechtliche Schritte und schließt auch den Weg zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht aus.

APOTHEKE ADHOC, Dienstag, 16. März 2010, 15:29 Uhr

Mal schauen, ob der lange Arm der mächtigen Pharmalobby auch bis zum europäischen Gerichtshof reicht.

Cystus205 bei Esowatch

11 Gedanken zu „Die Pharmamafia „unterdrückt“ mal wieder ein gaaaanz tolles Medizinprodukt“

  1. Nur, damit ich das verstehe …

    Da bekommt ein Alternativheilmittel-Hersteller endlich mal offiziell gesagt, dass er tatsächlich eine Arznei produziert und nicht nur was Pseudo-Medizinisches. Und das passt ihm nicht in den Kram, weil … warum genau? Wenn’s als Arzneimittel gilt, hat es offenbar eine pharmakologische Wirkung. Passt dem Hersteller nicht in den Kram, dass diese Wirkung im Widerspruch zum Marketing steht? Oder wie oder was?

  2. Ich frage mich immer, wenn ich wieder etwas höre über die Blockade der bösen Pharmaindustrie gegen ein revolutionäres Produkt, was ich machen würde, wäre ich für den wirtschaftlichen Erfolg eines Pharmaunternehmens verantwortlich.

    Also: Da kommt Herr X oder Firma Y und sagt, sie hat ein Produkt, das mit einem der meinen in direkter Konkurrenz stehen bzw stehen würde, aber effektiver als meines ist (weniger Nebenwirkungen, bessere Heilungschancen, billiger, etc). Und dies auch noch beweisen kann. Was mache ich also? Meine guten Kumpel beim Robert-Koch-Institut anrufen, damit die, geschmiert von mir, Herrn X oder Firma Y alle möglichen Steine in den Weg legen? Und gleichzeitig muss ich darauf hoffen, dass Herr X/Firma Y niemals das Wort ‚Medien‘ oder ‚Fachmagazin‘ gehört haben bzw. wie das Kaninchen vor der Schlange in eine Schockstarre verfällt? Folglich also nie etwas über die Vorzüge des Konkurrenzproduktes an die Öffentlichkeit, insbesondere die Fachkreise, kommt? Und, falls das doch passieren sollte, diese Fachkreise (Fachmagazine, Ärzte, Pharmakologen) auch ‚ruhig stellen‘? Schwachfug. Ich würde einfach versuchen, schon alleine, um meiner werten Konkurrenz zuvor zu kommen, mit Herrn X oder Firma Y einen Deal zu treffen. Also mir der Wirkstoff überlassen wird oder ich zumindest eine Lizenz bekäme. Erst recht, wenn mein eigenes Präparat einen wichtigen Teil des wirtschaftlichen Erfolges meiner Firma ausmachen würde. Egal, was die Entwicklung meines Präparates gekostet hat: Wenn das andere eindeutig besser ist, wird es sich durchsetzen. Und ich in die Röhre schauen. Wenn mir der Wirkstoff exklusiv überlassen werden würde, würde er dann auch nicht in der Schublade verschwinden, sondern natürlich auf den Markt kommen, weil er ja zwangsläufig auch wesentlich besser ist als die Konkurrenzprodukte (anderfalls würde ja auch niemand mehr mein Zeug verwenden) und ich somit meine Position festigen könnte. Würde es in der Schublade verschwinden müsste ich jederzeit damit rechnen, dass jemand anderes mit der selben Entwicklung wieder angelaufen käme.

    Gruß

  3. Sehe es wie @Skepsis. Die Pharmaverschwörungstheorie geht von dermaßen vielen Parteien und Mitverschwörern aus – von der Teppichetage der Unternehmen über den kleinen Chemiker in der Fabrik bis zu alle Ämter weltweit und deren Angestellte, die gesamte Medienlandschaft nicht zu vergessen –, dass selbst die 9/11-Verschwörungstheorien im Vergleich „glaubwürdig“ aussehen.

    Abgesehen davon: Was hätte die „Lobby“ davon, eine billigere, bessere und unschädlichere Arznei zu unterdrücken? Mir fällt da immer die Kava-Kava-Sache ein … Die Verschwörungstheorien behaupten, die „Lobby“ hätte das unterdrückt, um weiterhin Benzodiazepine verkaufen zu können. Also mit unter die billigsten rezeptpflichtigen Medikamente überhaupt, die aber eben besagte ärztliche Verordnung benötigen. Wäre da super-natürlich!!! Kaum Nebenwirkungen!!! und damit verbunden ein gegebenenfalls rezeptfreier Verkauf in Drogerien oder gar Kaufhäusern nicht viel gewinnbringender? Mit den Marketing-Schlagworten von oben könnte man auch ein bisserl mehr pro Pille verlangen als für ein Medikament, dessen Patentschutz schon vor Jahren abgelaufen ist und das als super-pöse gilt.

    Es sei denn natürlich, man ginge davon aus, dass die „Pharma-Lobby“ möglichst viele Menschen schädigen oder gar töten möchte. Womit wir aber wieder bei obiger globalen Verschwörungskonstellation wären, die Millionen von Teilnehmern beinhaltet …

  4. Ein Arzneimittel muss in Studien einen Wirknachweis erbringen, muss in Studien beweisen, dass keine Nebenwirkungen/Wechselwirkungen vorhanden sind etc.
    Die Ergebnisse dieser Studien müssen veröffentlicht werden.

    Ein Medizinprodukt benötigt all dies nicht oder zumindest nicht in dem Ausmaß.

    D.h. wenn das Produkt nicht mehr als Medizinprodukt eingestuft wird sondern als Arzneimittel muss der Hersteller ne ganze Menge Studien nachholen und das kostet ziemlich viel Geld^^

    Geld welches der Hersteller in diesem Fall nicht ausgeben will/kann, außerdem würde dann natürlich die behauptete Wirkung auf den Prüfstand gestellt.

    Medizinprodukte wirken außerdem auf physikalische Weise, Arzneimittel pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch (Okay, den Absatz hab ich aus der Wikipedia geklaut^^)

    In diesem Fall sagt der Hersteller wohl das Produkt wirkt auf physikalische Weise, als Lutschbonbon also durch das Lutschen, man könnte also auch ein stinknormales Kinder-Bonbon lutschen und die Wirkung wäre gleich.
    Das Amt sagt aber, das Mittel würde/könnte auch durch die Inhaltsstoffe wirken, womit es ein Arzneimittel wäre.

    Für ein bequemes Leben als Hersteller von solchen grenzwertigen Sachen ist die Einstufung als Medizinprodukt deutlich angenehmer, deshalb die ganze Aufregung.

  5. Interessant, ich habe dieses Mittelchen am vergangenen Samstag zum ersten Mal in einer Filiale der Rossmann Drogeriekette im Regal mit Nahrungsergänzungsmitteln stehn sehn und hab mir noch gedacht diese HokusPokus-Beschreibung mußt du mal bei esowatch nachschlagen… (habs natürlich wieder vergessen)
    Aber siehe da jetzt bin ich doch noch informiert worden.

    Danke Esowatch

  6. QAlfred Wankdorf, zu Kava:
    das ist als Arzneimittel seit 2002 nicht verkehrsfähig, außer als homöopathische Zubereitung ab D5:
    http://infomed.mds-ev.de/sindbad.nsf/971fe478dd839c3bc12571e700442bec/dac4c26ecc7c872080256bdc006a6318?OpenDocument
    Ein Arzneimittel muss nicht apothekenpflichtig sein, es kann auch frei verkäuflich sein:
    http://www.gesetze-im-internet.de/amverkrv/BJNR021050988.html#BJNR021050988BJNG000100300
    Nur – wenn es nicht verkehrsfähig ist, dann kann es auch nicht frei verkäuflich sein, und der Ausweg über Drogerien etc. funktioniert nicht.
    Jedoch gibt es neuerdings wieder Kavawurzelextrakt mit hohem Gehalt an Kavapyronen zu kaufen (nicht für Privatkunden allerdings):
    http://www.flavex.com/naturextrakte/produkte/pflanzenextrakte/artikel/kava-kavawurzel-co2-to-extrakt-60-kavapyrone///datum/2009/03/27/
    Zitat: „Verwendung:
    In Naturheilmitteln: beugt Abgeschlagenheit und vorzeitiger Ermüdung bei Überforderung im Beruf und Alltag vor. Zur Unterstützung bei Konzentrations- und Leistungsschwäche. Zur Nervenstärkung. Bei Unruhe, Reizbarkeit und Unlust.“
    Hm. Nicht gut.

  7. Danke, synapsine. Ich bin vor etwa zwei Jahren als „Betroffener“ über Kava-Kava gestolpert, als ich dann aber die Leberbelastung nachgelesen hab musste ich sagen: Ich glaub, ich bleib bei den traditionellen Medis. Die machen zwar auch meine Leber kaputt, aber wenigstens runzeln im Ernstfall die Ärzte nicht die Stirn. 😉

  8. das schlimme an der ganzen sache ist, daß die pharmaindustrie sich ihren guten ruf, den sie einmal über jahrzehnte hatte, selber ohne not in den letzten jahren dermaßen zertrümmert hat, daß solche verschwörungstheorien überhaupt greifen können.

    so läßt sie studien verschwinden, die ungewünschte ergebnisse zeigen, oder schönt studien. hier horcht man aber erst auf, wenn die FDA ein medikament nicht zulässt, oder vom markt nimmt.

    allerdings ist mir kein fall bekannt, daß die pharmaindustrie studien von alternativen präparaten unterdrückt, oder wie behauptet, das wundermittel regividerm angeblich verhindert.

    wenn, dann wird mit harten bandagen untereinander gekämpft. die zukünftige ausrichtung der pharmaindustrie, die zunehmend in den kosmetischen bereich greift, geht mehr und mehr in richtung life-style.

    wäre die pharmaindustrie daran interessiert, unliebsame „ganzheitliche“ konkurrenten zu eliminieren, gäbe es weltweit nicht ein zuckerkügelchen-medikament. wenn homöopathie ein solcher blockbuster wäre, hätte die pharmaindustrie schon längst alle aufgekauft und würde das geschäft selbst machen. zumal produktionskosten und verkaufspreise ein atemberaubend geschäftsträchtiges verhältnis haben.

  9. Das mit dem KavaKava hatte wohl handfeste Gründe, ehrlich gesagt ich habe mir den Tee früher selbst einmal öfter zubereitet, und ich bin froh, dass man das vom Markt genommen hatt, denn nur so habe ich erfahren, dass es in der Tat leberschädigend wirkt. Hätt ich das Zeug weiter zu mir genommen, nur weil es ja schön ganzheitlich ist und weil s ja soooo pflanzlich ist, dann hätte ich mir wahrscheinlich meine ganze Leber endgültig verbraten, da die leider schon über Schäden verfügte, ohne die noch durch das Kraut zu verschlimmern.

    Nichts gegen Heilpflanzen, aber auch Heilpflanzen können hochpotent und giftig sein, beiß mal einer in die Eibe von der Vorgartenhecke, und wenn keine Studie oder ein sonstiger Wirksamkeitsnachweis besteht, dann ist die Frage warum solch ein Produkt als Medizin gelten soll.

    Oft wird sich auf „uraltes Wissen“ berufen, dazu kann man sich ja dann im Kräuterbuch von Hildegard von Bingen die passenden Kräutchen heraussuchen, zusammen mit dem entsprechenden Aberglauben.

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