Mit Knallgas und Wundermaschinen zur energetischen Wende

Unbegrenzte Antriebsenergie gibt es nur in Lummerland. Weiß nur nicht jeder. (Illustration F.J. Tripp, koloriert von M. Weber)

Da besuchen zwei Bundestagsabgeordnete der CDU einen seriösen mittelständischen Betrieb im Schwabenland, bestaunen eine Wundermaschine, die einen Wirkungsrad über 100% haben soll und berichten auf Facebook über die unglaubliche Entdeckung. Auch die Lokalpresse kommt ob der Sensation nicht aus dem Staunen. Noch ein paar Milliönchen Bundesmittel und die Energiewende ist geschafft. Alle sind glücklich und zufrieden. Doch dann erscheint ein nicht mehr ganz so positiv klingender Artikel in einem deutschsprachigen Wiki und plötzlich werden die beteiligten Personen unruhig. Was ist passiert?

Wasserstoff gilt als einer der Hoffnungsträger, wenn es um das Gelingen der Energiewende geht. Wenn über die Sinnhaftigkeit von Wasserstoff als Antriebsmittel für Fahrzeuge noch gestritten wird, dann hat das nicht zuletzt damit zu tun, dass die Erzeugung aus (regenerativen) Stromquellen mit hohen Verlusten (über die gesamte Erzeugungs- und Lieferkette betrachtet) verbunden ist. Auch die Verteilung und Speicherung ist eine bisher noch nicht wirklich zufriedenstellend gelöste Problematik. Nichtsdestotrotz setzt man gerade in Deutschland auf den Energieträger Wasserstoff, vor allem als Treibstoff für den Kraftverkehr und als Alternative zur Stromspeicherung in Batterien.

Es wäre doch prima, man könnte den benötigten Wasserstoff direkt im Fahrzeug aus Wasser herstellen. Einfach ein wenig Wasser in den Tank, das Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in seine Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten und das Fahrzeug damit betreiben. Den Strom, den man dafür benötigt, würde man anfangs aus der Fahrzeugbatterie entnehmen, die man aber, sobald genug Treibstoff erzeugt ist, wieder mit der Lichtmaschine aufladen kann. Das würde das Speicherproblem erheblich reduzieren. Und – oh Wunder – es gibt sogar schon Prototypen, die genau das tun. Wird zumindest behauptet. Die Wundergeräte sollen dabei über eine verlustfreie Wandlung von Elektrizität in die benötigten Brennstoffe verfügen. Mehr noch: Mit Wirkungsgraden über 100% kann man endlos über die Autobahn jagen und muss nur gelegentlich etwas Wasser nachfüllen.

Da das aber eher in das Reich der fliegenden Teppiche gehört, findet sich nicht nur ein Artikel zu den sog. Wasserautos bei uns im Wiki, auch der angebliche Wunderstoff HHO ist abgehandelt. Und da es sich bei der Intergreentech GmbH um genau so ein Unternehmen handelt, dass sich auf den Unfug beruft, hat es auch einen eigenen Artikel bekommen.

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Heimwerken für den Weltfrieden

John* hat zwei kleine Elektromotoren in seiner Ersatzteilkiste gefunden. Ein Voltmeter, an einen dieser Motoren angeschlossen, zeigt eine elektrische Spannung an, wenn er an der Welle dreht. Daraus muss sich doch etwas machen lassen. Diese Spannung, denkt er sich, sollte eigentlich ausreichen, um den zweiten Motor anzutreiben. Damit ließe sich dann wiederum die Welle des ersten Motors in Drehung versetzen. Auf diese Weise würde sein System ständig arbeiten und könnte so Kraftwerke und Fahrzeuge mit Leistung versorgen, sinniert er in einem der vielen Overunity-Foren.

Dreht es sich?Zuerst ist es nur eine eingescannte Bleistiftzeichnung, die Harry* den anderen Mitgliedern der Bastler-Community stolz vorführt: Ein Wasserbad mit kleinen Kugeln, die wie eine Perlenkette miteinander verbunden sind und über ein Rad führen. Durch eine Trennwand mit einem abgedichteten Loch für die Kugeln ist der Wasserpegel auf der einen Seite des Beckens höher als auf der anderen. Da sei es doch logisch, meint Harry, dass die Kugeln auf der Seite mit dem höheren Wasserstand mehr Auftrieb erfahren und sich in Bewegung setzen. Sein virtuelles Publikum ermuntert ihn begeistert, einen Prototypen zu bauen und Fotos davon hochzuladen.

Fred* ist da schon weiter: Er hat eine drehbare Scheibe mit Magneten bestückt und ein Video produziert, das ihn mit einem weiteren Magneten in der Hand zeigt, mit welchem er die Scheibe, ohne sie zu berühren, beschleunigt. Dafür erntet er große Anerkennung. Wenn es ihm nun gelänge, diesen Magneten so zu positionieren, dass die Magnete sich ständig abstoßen, wäre ihm der Sieg gegen die Physik gewiss. Allerdings muss er noch auf seine eBay-Bestellung warten. Extra starke Seltene-ErdenMagnete hat er gekauft, für knapp zwei Dollar das Stück.

Sie sind zahlreich, meistens männlich, unterschiedlichen Alters, verfügen über eine mittlere bis niedrige Qualifikation und haben eines gemeinsam: Den unerschütterlichen Glauben daran, dass sie eines Tages die Welt von der Sklaverei der Energiekonzerne erlösen werden. Dann wird jeder Haushalt ein kleines, unabhängiges und preiswertes Kraftwerk im Keller stehen haben, das endlos Wärme und Strom produziert, ohne dafür irgendwelchen Kraftstoff zu benötigen.

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