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Es lebe die Skepsis

28. Juni 2010 3 Kommentare

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung Skeptiker von Vielen eher negativ beschrieben, man setzt  ihn gerne einem Nörgler gleich, dem man nichts recht machen kann und der an allem zweifelt. Dabei ist Skepsis eigentlich ein wichtiges evolutionäres Prinzip: Geben wir einem Haustier, z.B. unserer Katze etwas Fremdartiges, Neues zum Fressen, wird sie zuerst daran schnuppern, und auch, wenn es gut riecht, erst mal vorsichtig probieren; wir Menschen tun das ebenso. Skepsis ist hier also nichts, was ein pauschales Ablehnen zeigt, sondern nur Vorsicht und Prüfung.

In einem kommunikativen Kontext, in dem wir als Menschen gegenseitig Informationen austauschen, gilt dieses Prinzip ebenso.

Skepsis verkörpert mit ein Grundprinzip der Wissenschaft. Es ist die Einsicht, selber fehlbar zu sein, und dem, was uns unsere Sinne und Vorurteile sagen, nicht blind zu vertrauen. Das menschliche Hirn ist z.B. überhaupt nicht in der Lage, mit großen Zahlen umzugehen und gleichzeitig stets verlockt, aus zeitnahen Ereignissen einen ursächlichen Zusammenhang zu konstruieren, was, wiederum evolutionär gesehen, keineswegs dumm ist. Erst blitzt, dann donnert es, auf dieser Ebene funktioniert das ganz gut. Schon etwas schwieriger wird es, wenn ein längerer zeitlicher Abstand zwischen Ursache und Wirkung ins Spiel kommt: Die Ursache für eine Geburt neun Monate früher zu sehen, ist bereits eine nicht einfache Herausforderung.

Noch schwieriger der Umgang mit Wahrscheinlichkeiten: Der Erfolg von Lotto besteht einzig in der Täuschung, dass es doch so simpel sein muss, von 49 Kästchen nur 6 richtige anzukreuzen um Millionär zu werden. Hier warnt kein Instinkt.

Auch warnt uns kein „gesunder Menschenverstand“ vor Dingen, die für unsere Denkgewohnheiten eingängig sind, ein homöopathisches Prinzip etwa, das Gleiches Gleiches heile, nur in Potenzierung, klingt für jemanden, der sich noch nie damit beschäftigt hat, durchaus logisch, weil es in sich geschlossen scheint und begibt sich gerne in diese Denkfalle. Skeptisches Denken aber betrachtet, ob Aussagen und Behauptungen auch mit Erkenntnissen aus anderen Wissenschaften, wie z.B. der Physik und der Chemie übereinstimmen.

Wenn jemand z.B. behauptet, er hätte 10 Menschen mit seiner Methode geheilt, dann fragt man ihn, wie viele er denn insgesamt behandelt hat. Wenn man meint, nachts von Aliens entführt worden zu sein, fragt man sich, ob man nicht etwa geträumt hat. Sich zu täuschen ist eher der Normalfall, so es um komplexe Zusammenhänge oder seltsame Erlebnisse geht. Und so führt Skepsis im besten Fall zu mehr Erkenntnis und weniger Täuschung.

Skepsis ist also eine völlig sinnvolle und normale Grundhaltung. Was ist es also, was den Skeptiker so zum Missliebigen für viele macht? Vermutlich verdirbt er Geschäfte und angenehme Selbsttäuschungen. Aus der Erkenntnis, wie fehl- und täuschbar der Mensch ist, kann man nicht nur eine Methode namens Wissenschaft entwickeln, um diese Fehlbarkeit möglichst auszuschließen, sondern auch wunderbare Methoden, sich an anderen Menschen zu bereichern. Ihnen ein X für ein U vormachen, sie über den Löffel balbieren, sie abzuzocken. Zauberkünstler geben wenigstens zu, dass sie nur mit der Täuschbarkeit des Menschen spielen, und nicht umsonst ist ein James Randi so gut im Entlarven von Quacksalbern. Und zweitens ist der Skeptiker manchmal nervig. Wie ein kleines Kind, das sich nicht mit der Antwort „glaube es einfach“ zufrieden gibt, sondern „warum ist das so?“ fragt.

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