Englische Homöopathen wollen ihr Zeug als Süßwaren vermarkten

In Großbritannien schreien die Homöopathen Zeter und Mordio, denn Großbritannien hat vor einiger Zeit beschlossen, eigentlich längst gültige Gesetzgebung (das entsprechende Gesetz gilt seit 1968, zuletzt erweitert 2005) umzusetzen. Es ist unter diesem Gesetz verboten, unlizenzierte homöopathische Mittelchen anzubieten oder zu verkaufen, wenn man kein entsprechendes Zertifikat von der Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency(MHRA) vorweisen kann. Solche unlizenzierten Mittel dürfen im Regelfall daher nur mehr von Ärzten oder Apotheken nach einer persönlichen(!) Konsultation des Patienten verschrieben werden. Damit ist z.B. der Verkauf über das Internet oder der Verkauf durch den Homöopathen verboten. Nur wenige homöopathische Produkte sind lizenziert und in Folge war das Austeilen von Zuckerkügelchen als Medizin eigentlich noch nie wirklich legal. Bis vor kurzem hat das aber keinen gekümmert; erst letztes Jahr beschloss man, das Gesetz umzusetzen.

Das Quackometer sprach vom „Ende der Homöopathie“ auch auf Basis der Analysen von Malleus Homeopathicum.

Etwas zur Historie:
Im Jahr 2010 wurde vom Science and Technology Committee ein Report veröffentlicht, der Homöopathie als Plazebo bezeichnete und empfahl, die Richtlinien zu verschärfen. Die Regierung hatte dazu aber wenig Lust.

If regulation was applied to homeopathic medicines as understood in the context of conventional pharmaceutical medicines, these products would have to be withdrawn from the market as medicines. This would constrain consumer choice and, more importantly, risk the introduction of unregulated, poor quality and potentially unsafe products on the market to satisfy consumer demand

Also, zum Mitschreiben: Wenn man wirkungslosen Mist verbietet, dann besteht das Risiko, dass schlimmeres Zeug auf den Markt kommt und deswegen verbieten wir es nicht. *facepalm*

Nicht nur Prinz Quack Charles scheint ein Freund der Quacksalberei zu sein. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Meinung der Regierung gar nicht maßgeblich ist. Es müssen keine Gesetze geändert werden.

Die MHRA ist für die Lizenzierung von (homöopathischen) Arzneimitteln zuständig und wie oben schon erklärt, gibt es schon lange ein Gesetz, das in diesem Bereich greift. Die MHRA beschloss daher voriges Jahr, dieses Gesetz durchzusetzen. Produzenten homöopathischer Mittel hatten sich kaum darum gekümmert, entsprechende Lizenzierungen zu beantragen. Es war ja egal. Dementsprechend wenige Mittelchen sind in der Vergangenheit lizenziert worden und es gibt auch kaum zertifizierte Händler, die die Verkaufserlaubnis haben.

Man kann davon ausgehen, dass die MHRA sicher mit Begeisterung in Zukunft solche Lizenzierungen durchführen bzw. Zertifikate für die Vergabe unlizenzierter Mittelchen ausstellen wird. Ganz sicher.

Englische Homöopathen und Pharmakonzerne, die mit entsprechenden Produkten in Großbritannien Umsatz machen wollen, haben damit ein Problem. Sie dürfen solche Mittelchen nicht mehr einfach so verkaufen. Über Internet und Telefon? Nicht mehr erlaubt. Homöopathen, die ja dem Kunden einreden, dass das Mittelchen auf sie zugeschnitten wird, dürfen auch keine Zuckerkügelchen mehr verkaufen. Sie müssen sie z.B. zu Apotheken schicken. Die verkaufen den Mist aber zur Zeit nicht.

Die ganze Praktik der Homöopathen wird damit ad absurdum geführt. Sie behaupten ja, dass das Mittelchen perfekt auf den Kunden zugeschnitten ist. Es ist gang und gäbe, mit so genannten Remedy Makern entsprechende Tinkturen zu zaubern. Man legt Zuckerkügelchen in das Ding, dann schwingt man den Zauberstab bzw. dreht ein paar Knöpfe, es blinkt vermutlich und dann, Shazam!, heilt das Zauberkügelchen Malaria und AIDS. Harry Potter hätte seine Freude.

Homöopathie-Riesen und Verkäufer haben natürlich Gift und Galle gespuckt. Diverse Versuche, das Gesetz zu kippen, verliefen erfolglos. Der Konzern Helios hatte dann eine Idee:

If necessary we could revise the manufacturing method, the labelling of the bottles and kit box to present them as non-medicines and non-homeopathic and market them as ‚confectionery‘. Customers who have an interest in homeopathy would still know how to use them and would continue to purchase them despite limited labelling. There would of course be media repercussions and uncontrolled sources appearing and confusion among the public and MPs who would demand a full explanation for the change.


Man verkauft das Zeug einfach als Süßwaren, der Verbraucher weiß schon, was er wirklich bekommt (zwinker, zwinker). Eine kreative Idee. Wie kommt man darauf, Zuckerkügelchen als Süßwaren zu verkaufen? Ein Genie am Werke, scheint uns. Und dass es ein wenig merkwürdig aussieht, damit muss man leben.

Die Homöopathen könnten das auch probieren:
„Sie wollen also Blaues Licht in Hochpotenz? 1 Gramm? Tut mir leid, darf ich nicht verkaufen – aber wie wäre es, wenn ich Ihnen stattdessen eine Ecke von einem Stück Würfelzucker runterbreche? 1 Gramm kostet Sie nur £3,76! Ein Schnäppchen (zwinker, zwinker).“
(Den Preis für blaues Licht haben wir übrigens nicht frei erfunden, sondern auf der Seite der Pharmafirma Ainsworths nachgeschlagen).

Aber die Homöopathen müssen vorsichtig sein, sonst kommt vielleicht noch ein echter Süßigkeitenhersteller auf die Idee, in den Homöopathiemarkt einzusteigen. Die Gewinnmargen sind dort einfach viel höher. Zu dem Teil eines Stücks Würfelzucker kann man nämlich noch locker einen pfundschweren Schokoriegel gratis dazu geben und macht immer noch Gewinn.

9 Gedanken zu „Englische Homöopathen wollen ihr Zeug als Süßwaren vermarkten“

  1. „Aber die Homöopathen müssen vorsichtig sein, sonst kommt vielleicht noch ein echter Süßigkeitenhersteller auf die Idee, in den Homöopathiemarkt einzusteigen.“

    Sind sie doch schon längst: http://de.wikipedia.org/wiki/Liebesperlen

    Voila, bunte Glaubuli – wenn man sie als „´Nonpareilles“ bezeichnet, klingt es auch gleich viel esoterischer.

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  2. Pingback: Englische Homöopathen wollen ihr Zeug als Süßwaren vermarkten | MyWebWall | Scoop.it
  3. Die Firma Ainsworths hat offenbar das gleiche Konzept wie remedia.at. viele 1000 Zubereitungen, allein deshalb kann ja die Homöopathie nicht funktionieren, selbst wenn die Glaubuli wirksam wären, wäre bei tausenden Zubereitungen die Treffsicherheit gering.

    Ungefährlich sind sie zT auch nicht, so gibts Penicillin als D& Verdünnung- da ist also noch was drinnen und wenn das ein Penicillin Allergiker bekommt kann der Homöopath einen Notarzt rufen.
    Können Homöopathen eigentlich intubieren?

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  4. If necessary we could revise the manufacturing method, the labelling of the bottles and kit box to present them as non-medicines and non-homeopathic and market them as ‘confectionery’. Customers who have an interest in homeopathy would still know how to use them and would continue to purchase them despite limited labelling.

    Da tut sich doch ein ganz neues Marktsegment auf!
    Minerva hat schon die ‚Nonpareilles‘ genannt, aber es kämen doch sicher auch Jelly Beans in Frage mit ihren vielen Geschmacksrichtungen.

    Und wer ganz pfiffig ist, verkauft gleich noch passende Homöo-Cocktail-Shaker dazu und vielleicht Granda-Wasser: dann kann man die letzte Verschüttelung selbst vornehmen.

    Das Ganze im Schneeballsystem auf Granda-Shaker-Parties im Rahmen von Krabbelgruppen etc – das wird der Verkaufsschlager! Die Kleinen könnten ihre Glaubulis dann auch recht bald selbst in der Nuckelflasche verschütteln.

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  5. observer :
    Ungefährlich sind sie zT auch nicht, so gibts Penicillin als D& Verdünnung- da ist also noch was drinnen und wenn das ein Penicillin Allergiker bekommt kann der Homöopath einen Notarzt rufen.

    Glücklicherweise (zumindest in diesem Fall kann man das mal so sagen) sind Glaubuli ja gerade nicht wirklich „D6“, sondern werden mit ein paar Tröpfchen „D6“-Lösung beträufelt, so dass man davon ausgehen kann, dass selbst in einer solchen „niedrigen Potenz“ bei einem Großteil der Kügelchen, vermutlich sogar bei allen, nix vom „Wirkstoff“ drin ist.

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