„Humanenergetiker“ der WKÖ machen Esoterik-Werbevideo

Die Wirtschaftskammer Österreich hat’s zurzeit schwer. Nicht, dass wir allzu viel Mitleid mit dieser Organisation hätten, ist der Ärger doch hausgemacht. Wir hatten ihr bereits 2012 einen kurzen Artikel gewidmet, und auch der GWUP war sie schon den einen oder anderen Beitrag wert.

Nun hat die Berufsgruppe der Humanenergetiker der österreichischen Wirtschaftskammer WKÖ ein Werbevideo zur Energetik veröffentlicht. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Wir möchten indes darauf hinweisen, dass die Wirtschaftskammer auf Twitter klarstellt, selbst mit dem Werbevideo weder inhaltlich noch finanziell etwas zu tun zu haben. Die Fachverbände entscheiden selbständig über Werbemaßnahmen.

Nun, die Sache mag ihnen ja peinlich sein, doch was ist denn wohl zu erwarten, wenn man sich Esoteriker ins Haus holt?

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Kein wahrer Energetiker?

Kein wahrer Schotte“ bezeichnet einen logischen Fehlschluss mit dem Zweck, eine Person aus einer Gruppe, zu der sie definitionsgemäß gehört, wegen angeblich atypischer Merkmale auszuschließen.

Beispiel:

„Alle Schotten sind tapfer.” – „Aber ich kenne einen, der ist feige.” – „Der ist kein echter Schotte. Echte Schotten sind nicht feige.”

 

Wie letzte Woche in mehreren Medien zu erfahren war, hat ein geschäftstüchtiger „Energetiker“ in Wien ein Honorar von 95.000 Euro eingestrichen, um den Neubau des Krankenhauses Nord „energetisch zu harmonisieren“ und einen „Schutzring“ gegen böse Energien um das Gebäude zu legen. Nun, das ist genau das, was Energetiker tun: Sie schwurbeln etwas von Energien, fuchteln mit Händen oder Gegenständen herum und kassieren anschließend ein Honorar dafür, etwas getan zu haben, was sich bei genauerem Hinsehen als völliger Unsinn herausstellt. Sowas bezeichnet man auch als sittenwidriges Geschäft. Mehr…

Evolution der Betrüger. Heute: „Dr.“ Leonard Coldwell

Richard Dawkins beschreibt in seinem Klassiker “Das egoistische Gen”, wie in einer sozialen Gemeinschaft verschiedene Konzepte der Lebensbewältigung miteinander konkurrieren. Eines dieser Konzepte ist Lug und Betrug, der Gegenentwurf zu einem sozialen Miteinander, welches erstmal auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Dieses Konzept funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Anteil an Betrügern innerhalb einer Gemeinschaft. Wird er überschritten, zersetzt sich die Gemeinschaft, die Basis, jedem erst mal zu vertrauen verliert an praktischer Funktionalität. Dass einem der andere grundsätzlich über’s Ohr hauen will, wird zur Standardannahme und der Vorteil verpufft.

In Zeiten internationaler und anonymer Vernetzung ist die Hemmschwelle zu Lug und Betrug bei so manchen gesunken – was man sich innerhalb einer Dorfgemeinschaft unmöglich hätte leisten können, um nicht die gravierenden Nachteile sozialer Ächtung zu erfahren, ist bei Fremden, die weit weg sind, eher kein Problem mehr. Mehr…

10 tote Babies durch homöopathisches Zahnprodukt

Man denkt ja, dass einen nichts mehr überraschen kann, aber es passiert doch immer wieder, dass man sich fragt: Wie, wie nur? Jedem, der sich auch nur minimal mit dem Thema und der wissenschaftlichen Beweislage auseinandergesetzt hat, weiß: Homöopathie ist völlig wirkungslos. Und dann liest man von 10 toten und 400 toten kranken Kindern durch homöopathische Mittelchen.

Gepaart mit einer offensichtlich außerordentlichen Berufung zur Inkompetenz, schafft man es offenbar sogar als Homöopathie-Hersteller, ein tatsächlich direkt tödliches Produkt abzufüllen. Meine Güte.

Die FDA (US-Behörde für Arzneimittelsicherheit) sah sich letztes Jahr gezwungen, insgesamt 400 Fälle von kranken und sogar 10 Fälle von verstorbenen Kleinkindern zu untersuchen. Verdächtigt wurde ein homöopathisches Produkt, welches das Zahnen erleichtern soll.

Bereits 2010 hatte die FDA eine Warnung vor dem Mittel herausgegeben, der Hersteller Hyland’s hätte also durchaus Motivation und Gelegenheit haben können, die Sicherheit der im Normalfall überteuerten Süßigkeiten sicherzustellen.

Im September 2016 warnte die FDA dann aufgrund der gehäuften Todes und Krankheitsfälle erneut vor den homöopathischen Tabletten und dem Gel, was aber Hyland’s nicht davon abhielt, das Zeug weiter an den Mann zu bringen. Auf ihrer Webseite schrieben sie groß:

There is no current recall of Hyland’s Baby Teething Tablets … Hyland’s Baby Teething Tablets have safely treated the pain associated with teething for more than 85 years. There is NO scientific link between homeopathically-prepared belladonna, or Hyland’s Baby Teething Tablets, and seizures.

Es gibt derzeit keinen Rückruf, immerhin verkaufen sie es schon seit 85 Jahren erfolgreich. Nun, wir glauben ihnen ja, dass es keinen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen homöopathisch „korrekt“ präpariertem Was-auch-immer (inklusive Tollkirsche und Plutonium) und Krampfanfällen gibt. Homöopathische Mittel zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie keinerlei Wirkstoff mehr enthalten und daraus folgend gar nicht wirksam sein können. Daher kann ja gar nichts passieren. Ähnliches hat sich übrigens wohl auch der Homöopathika-Produzent Nelson gedacht, bis Glassplitter hinein gerieten.

Vor 2 Wochen bestätigte die FDA dann, dass tatsächlich erhöhte Mengen von Belladonna, der Schwarzen Tollkirsche, in Hyland’s Teething Gel gefunden wurden.

Hyland’s ist aber offenbar noch immer der Meinung, dass es keinen endgültigen Beweis gibt, dass ihre Tabletten Kinder krank machen und sogar umbringen. Man hat zwar zugegeben, es gäbe gewisse „Inkonsistenzen“ bei den in den Tabletten gefundenen Giftstoffen, aber diese lägen nicht im gefährlichen Bereich und ihre Produkte seien absolut sicher. Und die über 400 Fälle und zehn toten Kleinkinder sind sicher purer Zufall.

Inkonsistenzen also. Hmm. Nun, die FDA hat die Ergebnisse einer Stichprobe veröffentlicht. Die Mehrzahl war zwar harmlos, aber das Spektrum der Ergebnisse ist doch erschreckend. Die Bandbreite ging von 0 (das heißt, nicht nachweisbar) bis 1100 ng Atropin bei 8 geprüften Tabletten EINER Charge. Scopolamin schwankte von 0 bis 390 ng.

Bei einem pharmazeutischen Herstellungsprozess dürfen nur winzige Abweichungen bei den Wirkstoffen auftreten. Auf keinen Fall Unterschiede Faktor 1000. Hyland’s selbst gibt die Menge an Inhaltsstoffen mit „0.0000000000002 mg of Belladonna alkaloids“, d.h. mit 0,2 Millionstel Nanogramm an, was bedeutet, dass die gewünschte Menge Milliardenfach überschritten wurde.

Die Grenzwerte für Atropin liegen in der EU bei 1000 ng/kg (wir vermuten, in den USA sind sie ähnlich). Mit einer solchen Tablette hätte ein Kleinkind also bereits einen signifikanten Anteil der als sicher erachteten Tagesdosis zu sich genommen. Als vorgeschlagene Dosierung findet man 2-3 Tabletten vier mal am Tag. Damit überschreitet man den Grenzwert mit etwas Pech leicht, wenn man mehrere Tabletten mit überhöhter Menge erwischt. Dazu kommt, dass die Inhaltsmenge offenbar völlig zufällig ist, sie könnte bei einzelnen Tabletten noch wesentlich höher liegen.

Die FDA hat ja nur zwei Chargen untersucht und schon dabei enorme Unterschiede gemessen. Diese Messungen dürften also nur die Spitze des Eisbergs darstellen. In jedem Fall gehören solche Fabriken stillgelegt. Entweder sie stellen sicher, dass (messbar) keine Tollkirsche mehr in keinem einzigen ihrer überteuerten Fläschchen zu finden ist, oder sie werden dicht gemacht.

Und während Hyland’s sich dagegen wehrt, dass ihr Zeug (wie gesagt, abgesehen von kleineren „Inkonsistenzen“ absolut sicher! Ganz ehrlich!) von der FDA vom Markt genommen wurde, hat sich auch schon das „National Center for Homeopathy“, ein Dachverband für Homöopathie in den USA, vergleichbar mit dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte e.V., eingeschaltet und meint dazu:

„The homeopathic community is deeply concerned about the actions of both of these agencies and has formed a task force to identify the most strategic and appropriate collective course of action. We will share more information about how individuals in the homeopathic community can support this effort if and when it is determined that a broader community response is appropriate.“

Faszinierend, würde Mr. Spock sagen. Man ist besorgt über das Vorgehen der beiden Behörden (hier sind die FDA und die Handelsaufsicht FTC gemeint) und wird eine Task Force gründen, die das beste strategische und passende gemeinsame Vorgehen identifizieren wird. Wie darf man das verstehen? Man ist besorgt darüber, dass die US-Behörden so gemein sind und man wird sich dagegen wehren, oder wie? Nach hilfreicher Unterstützung der Untersuchung hört sich das jedenfalls nicht an.

Liebe Homöopathen. Bitte. Bitte. Bitte. Wenn ihr schon etwas verschütteln müsst, dann verschüttelt bitte Sternenlicht oder meinetwegen Entenleber wie Boiron. Aber lasst das mit den wirklich gefährlichen Sachen bleiben. Warum muss es gerade Tollkirsche beim Zahnen sein? Ist doch sogar nach der reinen Leere Schwachsinn.

Den Schmerz beim Zahnen verursachen Zähne. Zermahlt ein paar Zähne. Das schlimmste, was euch bei falscher Dosierung passieren kann: es könnte ein wenig knirschen, wenn man in die Tabletten beißt. Und wenn ihr Zähne von Enten nehmt, könnt ihr euch sogar die Ente mit Boiron teilen. Aber bitte keine giftigen Substanzen. Keine Tollkirschen. Kein Plutonium. Kein HIV. Und so Sachen wie Hundekot und faules Rindfleisch lasst bitte auch bleiben. Nehmt Vakuum. Zucker. Wasser. Nur absolut harmlose Dinge.

Seht es ein, Ihr seid nicht kompetent genug, mit gefährlichen Dingen zu hantieren. Zehn tote Kinder sind mehr als zu viel. Danke.

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