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Artikel Tagged ‘Lohas’

Die Homöopathie- hörensagenbasierte Ahnungslosigkeit bei Spreeblick

15. Juli 2010 22 Kommentare

Homöophobie: Die Placebo-Debatte,www.spreeblick.com, Johnny Haeusler | 14.07.2010 um 14:48
Der Spreeblick ist einer der Top-Blogs in Deutschland. Die können gesellschaftliche Themen schon ziemlich selbstbewusst angehen. Scheiße schreiben ist im Internet trotzdem keine gute Idee. Schauen wir mal:

Bei Temperaturen über 30 Grad verwundert es nicht, dass die Debatten heiß laufen und einige Hitzköpfe nur zu gerne im Sommerlochpool der Selbstgerechtigkeit baden.

Aha, selbstgerechte Hitzköpfe nutzen also das Sommerloch zum Debattieren. Worüber?

Dabei stört es mich keineswegs, dass über Sinn und Unsinn der Homöopathie diskutiert wird, über ein Thema also, das mit feiner Regelmäßigkeit alle paar Jahre wieder in die Medien stolpert – leider mit den immer gleichen, sich im Kreis drehenden Argumenten.

Die Diskussion über Sinn oder Unsinn einer Homöopathiedebatte stört ihn also nicht, nur die gleichbleibende Argumentation. Was soll man sagen? Naturgesetze sind keine Modeerscheinungen. Wenn vor 100 Jahren in den homöopathischen Mitteln kein Wirkstoff war, dann ist das auch heute noch so. Wenn vor über 70 Jahren die Mittelchen trotz Führerbefehl keine Wirksamkeit zeigten, warum sollten sie es heutzutage tun? Wenn 2005 das endgültige wissenschaftliche Aus für die Homöopathie im Journal „Lancet“ verkündet wurde, dann ist es 2010 irgendwie sinnlos, sich einen neuen Dreh auszudenken, warum die Homöopathie völlig bescheuert ist.
Den nächsten Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Mehr…

Viel Spaß mit den Spinnern, Frau Apothekerin!

16. Mai 2009 8 Kommentare

Taufrisch aus der neuen „Pharmazeutischen Zeitung“:
In Berlin eröffnet endlich die erste „Saint Charles Apotheke“. Der Pharmakuchen ist fett und den LOHAS sitzt das sauer verdiente Geld locker in der Tasche. Es kann ja nicht angehen, dass die die ganze Kohle nur ins Reformhaus und zu Globetrotter schleppen. Der Markt für die ganzheitliche Verarsche bietet auch riesige Chancen für denkfaule und abergläubige Pharmazeuten. Das österreichische Franchisekonzept mit den „moderaten Lizenzgebühren“ ist auch etwas für deutsche Kunden:

Die Franchisenehmer können ihre Apotheke komplett umstellen oder als „Saint Charles Apotheke“ neu gründen (Lizenzgebühr monatlich 1.600 Euro), eine Shop-in-Shop-Lösung implementieren (750 Euro) oder einen Naturkosmetikladen „Saint Charles Cosmothecary“ (1.200 Euro) eröffnen.

Eine Menge Geld, dass erstmal erwirtschaftet werden muss. Dafür bietet „Saint Charles“ natürlich auch etwas:

Was ihnen [den Apothekern] fehlt, suggeriert Tiedtke, haben Ehrmann und Rohla: Ein Sortiment, das sie von anderen unterscheidet.
Eines, für das die Kunden Preise zu zahlen bereit sind, die „erotische Margen“ bescheren. In Wien, so Rohla, hat die Saint Charles Apotheke diesen Weg erfolgreich mit Kosmetik, Nahrungsergänzungsmitteln und Produkten, die der Kunde in einer herkömmlichen Apotheke nicht erwartet, beschritten. So gibt es unter dem Saint Charles-Label auch Wein und andere „Specials, die Spaß machen“. Fast alles an der Apotheke sei außergewöhnlich, sagt Rohla, das Umsatzwachstum, die Gewinnmargen, die Kundenakzeptanz.

Fragt sich nur, was da so außergewöhnlich ist. Natürlich sind die Gewinnmargen bei Quacksalberei toll. Schließlich muss man sich nur um die Verpackung und den Verkauf, nicht um den Inhalt kümmern. Beim Inhalt ist nur wichtig, dass er keinen Schaden anrichtet. Den Rest erledigt das Zuwarten. Homöopathische Zuckerkugeln kosten sieben Euro pro zehn Gramm und die Süßigkeit Liebesperlen zwei Euro die 75g-Packung. Das Färben der Liebesperlen macht diese eigentlich teurer, aber der Mythos Naturheilmittel treibt den Preis der Glaubuli in die Höhe.
Ein Kilogramm normaler Kristallzucker ist unter einem Euro zu haben. Die „erotischen Margen“ sind also Realität, die Wirkung nicht.
Doch schauen wir einfach mal, was die Berliner „Pharmazeutin“ so vor hat:

Traditionelle Europäische Medizin
Das glaubt sie mit Saint Charles gefunden zu haben. »Das ist richtige Pharmazie, altes Handwerk«, sagt sie mit Blick auf die Eigenprodukte, die in Österreich aus heimischen Heilkräutern gefertigt werden. Altes Wissen der Traditionellen Europäischen Medizin (TEM) soll hier zum Zuge kommen. Sie will klassische Pharmazie und Naturheilkunde verbinden und die Prävention in den Vordergrund stellen.
Zeeck hat in der Apotheke einen eigenen Raum für Beratung eingerichtet. Sie plant Veranstaltungen mit einer Heilpraktikerin über klassische Homöopathie, Ausflüge zu einem ökologisch betriebenen Pilzhof im Brandenburger Land, Events mit gesundem Buffet, Vortrag und Fragerunde, bei denen sich die Teilnehmer austauschen können. Den ganzheitlichen Ansatz will sie konsequent leben, mit Mülltrennung und Ökostrom. Stromfressende Leuchten hat sie ausgebaut und durch energiesparende ersetzt.

Ganzheitlich bedeutet ganz einfach, so wie man es eigentlich gewohnt ist, dass Selbst- und Patientenbetrugsmethoden ganz einfach unkritisch übernommen werden und, mit dem Etikett „echte Pharmazie“, dem livestylemagazingebildeten LOHASen angedreht werden.

Echte Pharmazie beschäftigt sich mit Bioverfügbarkeit, Compliance, Herstellung, Pharmakologie und Wirksamkeit von echten Medikamenten.

Ganzheitliche Pharmazie bläst wirkungslosen und überholten Blödsinn zu Phantasiegeschichten auf, nennt es hochtrabend Prävention oder Therapie und vertickert das dann an sich selbst überschätzende und pseudokritische Lohas. Diese sind jung, gesund und ökoromantisch. Das böse Erwachen kommt, wenn die Realität zuschlägt, wenn die Kinder wirklich krank sind oder sich der erblich bedingte Typ-II-Diabetes manifestiert. Spätestens dann sollten sich diese Leute nach echter Hilfe umsehen.
Mit einem tollen Wein, ein paar Tropfen Bachblüten oder Glaubuli ist es dann nicht mehr getan.

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