Spirit of Health – Die Referenten: Pilze, Backpulver und Bleichmittel

Der diesjährige MMS-Kongress in Kassel hat ja schon einiges an Wellen geschlagen. Die Begeisterung ist groß, auch der Stadt Kassel ist es inzwischen peinlich, dass sie den Vertrag mit der MMS-Truppe geschlossen hat.

Ebenso wie die GWUP möchten wir Hotelmanager Peter Jürgen Waindok vom “Best Western Plus Hotel Kassel City” lobend erwähnen. Er hat die Buchungen (Tagungsräume und Zimmer) der Bagage storniert und will die Leute nicht als Gäste haben. Respekt.

Aber zum Thema:
Die Referentenliste beim Spirit of Health Kongress ist ein Wahnsinn. Wirklich.

Dr. Tullio Simoncini

Gäbe es einen Preis für die bekloppteste Idee zur Behandlung von Krebs, der italienische Arzt Tullio Simoncini wäre garantiert unter den Favoriten. Ernsthaft. Simoncini ist der irrigen Meinung, dass sämtliche Krebsfälle durch den Pilz Candida albicans bedingt seien und Krebs daher als eine Infektionskrankheit anzusehen sei. Krebs sei ein Pilz.

Aber damit noch nicht genug! Und was macht man da, wie behandelt man so etwas? Antibiotika? Fungizid? Nein! Backpulver!

Ja, wirklich. Backpulver gegen Krebs. Und damit das Ganze einen klingenden Namen hat, nennt man es Bikarbonat-Therapie, behauptet dann Heilungsraten von über 80% und verlangt tausende Euro für die Behandlung. Mit Backpulver.

Da es kam, wie es kommen musste, wurde er in Italien wegen Totschlags und Betrug verurteilt und verlor seine Approbation. Mehreren Opfern, die todkrank zu ihm kamen, hat er zehntausende an Euro abgenommen, bevor sie starben. Details finden sich in unserem Wiki. 2012 leitete die Staatsanwaltschaft erneut Ermittlungen wegen eines 27-jährigen Opfers ein.

Man darf Spirit of Health wirklich zu diesem Referenten gratulieren.

Ekkehard Sirian Scheller
mag Pilze auch sehr. Seiner Meinung nach sind „camouflierten Candidapilze“, die als Mutationen banaler Candida-Pilzinfektionen im Blut entstehen, wenn antibiotische oder antimykotische Therapie angewendet werden, an allem möglichen Schuld. Diese bildeten dann nämlich Symbionten, die vom Immunsystem nicht erkannt werden könnten und schlimme, schlimme Dinge tun!

Dem Kunstmaler und Heilpraktiker Scheller sei Dank gibt es ein Mittel gegen diese Teenage-Mutant-Ninja-Pilze: Die Infopathie.

Eine von ihm erfundene Methode, bei der sich uns leider völlig entzieht, wie sie funktionieren soll, was sie tut und was sie eigentlich heilen soll. Herr Scheller setzt wohl alles ein, was er dem armen Opfer andrehen kann. Besonders wählerisch ist er nicht, das geht von Dunkelfeldmikroskopie über Quantenheilung bis eben hin zu MMS.

„Dr.“ Leonard Coldwell

alias Bernd Klein alias Bernd Witchner ist auch ein großartiger Fang. Der hat angeblich eine von Gott erhaltene Fähigkeit, Krebspatienten geistheilen zu können. In den letzten 16 Jahren habe er 35.000 Krebspatienten mit einer Erfolgsrate von 92,3% behandelt. Das wären zwar sechs am Tag, der Mann arbeitet sicher Samstag wie Sonntag, Halleluja, Gottes Werk und so; komischerweise kann er allerdings keinen einzigen Erfolg beweisen.

Ähnlich ist es beim Studium: den Doktortitel hat er bei einer Titelmühle gekauft. Diverse Geistesblitze durchzucken dieses Superhirn („Die Juden haben Hitler und Stalin finanziert und bereiten den Dritten Weltkrieg vor“), die medizinische Brillanz erkennt man an folgendem Zitat sicherlich sofort:

Tafelsalz besteht meistens aus einem Drittel Glas, einem Drittel Sand und einem Drittel Salz. Also kratzt das Glas oder der Sand an den Arterien und sie fangen an zu bluten. Also geht das ganze Cholesterin dorthin um es zu stoppen, um es zu retten – um den Blutdruck zu stoppen, damit man nicht innerlich verblutet.

Details und mehr findet man in unserem Wiki.

„Dr.“ Stanisław Burzyński

Weil wir schon bei Krebsheilern sind:
ebenfalls ein „Krebsarzt“, war eine Zeitlang auf der Teilnehmerliste, wurde aber inzwischen entfernt. Die sogenannte Antineoplaston-Therapie spielt allerdings nicht in der selben Liga wie die beiden Vorgänger – sie ist nämlich wenigstens nicht vollkommen absurd, was aber leider nichts an ihrer Nutzlosigkeit ändert.

Entsprechende Studien wurden aus ethischen Gründen vorzeitig abgebrochen, was Burzyński aber nicht daran hindert, weiter 7.000 – 9.500 Dollar pro Monat für die Behandlung zu verlangen. Der Doktortitel des Herrn ist zweifelhaft, „seine“ Universität in Polen hat nämlich gar keine Doktor-Grade verliehen und eine Dissertation ist unauffindbar.

Da er, wie es die BBC so schön formuliert, ein „Schlupfloch im Gesetz“ nutzt und die Patienten seit 20 Jahren im Rahmen von „Studien“ behandelt, konnte ihm bisher das Texas Medical Board trotz mehrerer Versuche nicht das Handwerk legen. Abgeschlossen wurde noch keine einzige Studie. In 20 Jahren.

Und Kritiker des „guten Doktors“? Die können mit freundlichen Aufforderungen rechnen, das doch sein zu lassen:

Be smart and considerate for your family and new child, and shut the article down..Immediately

(Siehe auch: Ich weiß, wo du wohnst)

Da ist Spirit of Health wirklich jemand entgangen.

Dr. Dietrich Klinghardt

Dietrich Klinghardt ist tatsächlich Arzt und ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, sein Gedankengebäude bezeichnet er selbst als „wissenschaftlich begründet“, aber vor allem „spirituell“ und „ganzheitlich“. Klingt hart? Ist es auch.

Homöopathie, Entgiftung und Ausleitung, Orthomolekulare Medizin, Impfgegnerei, Psychokinesiologie, Germanische_Neue_Medizin … Da das aber alles offenbar noch nicht reicht, hat er selbst auch gleich noch was erfunden: die sogenannte Regulationsdiagnostik nach Klinghardt und die Mentalfeldtherapie nach Klinghardt.

Seit neuestem macht er offenbar auch in MMS: wenn man flexibel genug ist, kann man offenbar auch Hamersche Herde mit Bleichmittel bearbeiten. Man muss nur das Hirn weit genug offen haben.

Billy Best

Bill Best hatte Krebs und wurde angeblich durch die wunderbare Kraft der Alternativmedizin geheilt. Die vier Monate Chemotherapie, die er erhielt, haben natürlich nichts damit zu tun. Geholfen haben nämlich in Wirklichkeit die Mittelchen der Pharmafirma Best Enterprises, die ganz zufällig seinen Eltern gehört. Sowas aber auch.

Er litt am medizinisch gut behandelbaren Hodgkin-Lymphom; bei einer leitliniengerechten Therapie leben nach zehn Jahren noch 95% der erkrankten Jugendlichen (Zahlen aus Deutschland). Aber es war trotzdem ganz sicher nicht die medizinische Therapie, es waren die von seinen Eltern vertickten Mittelchen, die geholfen haben. Ganz sicher.

7 Gedanken zu „Spirit of Health – Die Referenten: Pilze, Backpulver und Bleichmittel“

  1. Da ist der Scheiß wenigstens offensichtlich und separiert.
    Vor kurzem hatte ich Werbung für eine ärztliches Psychiatriesymposion in Köln Mehrheim (Lehrkrankenhaus der Uni Köln!) in den Händen. Da referiert neben durchaus seriös wissenschaftlich arbeitenden Ärzten ein Arzt, der psychiatrische Erkrankungen für „Fluss-Störungen“ hält und mit Quantenheilung arbeitet.
    Spitze!

    http://www.klinik-koeln.lvr.de/media/lvr_klinik_koeln/downloaddateien/veranstaltungen/7__Merheimer_Psychiatriesymposion_Programm_20150312.pdf

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  2. Man muss nur das Hirn weit genug offen haben.

    Wie das alte weise Sprichwort so verkünden lässt „Wer ganz offen ist, kann nicht ganz dicht sein 😉

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