Wir haben kürzlich darauf hingewiesen, dass es für die seit Neuestem zu Lasten der Krankenkassen rezeptierbaren Hanfblüten keine wissenschaftlich ausreichend gesicherten Indikationen gibt. Der Gesetzgeber wusste dies, denn das hatten ihm Ärztekammer und Arzneimittelkommission mitgeteilt. Er hielt es für unerheblich. Er konnte auch nicht feststellen, wie viele potentiellen Anwender es geben wird und konnte nichts über Kosten prognostizieren. Das finanzielle Polster der Krankenkassen ist dennoch auf jeden Fall ausreichend, die monatlichen Therapiekosten von 1800 EUR (lt. Referentenentwurf) zu stemmen. Also kann es losgehen … aber, Moment: bei einer solchen Therapie handelt sich um „individuelle Heilversuche“, und der Arzt tut gut daran, vorher das Einverständnis der Krankenkasse einzuholen. Ohne ein solches Einverständnis fällt ihm die Verordnung als sog. Regress finanziell auf die Füße, und zwar mit voller Wucht (aus Sicht der Krankenkassen sind die Kosten ein „sonstiger Schaden“).
Gehen wir nun zu Demonstrationszwecken davon aus, dass der Bescheid eingetroffen ist; der Medizinische Dienst der Krankenkassen hat also eine Verordnung genehmigt, die weder notwendig noch wirtschaftlich ist und demzufolge gegen §12 SGB V verstößt. Ein großes Problem kann man darin nicht sehen, denn das ist üblich (vgl. hier und hier). Dann sind da noch ein paar winzige Details zu klären, über die die Fachliteratur keine hinreichende Auskunft gibt. Fragen wir also das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), damit wir rechtlich auf der sicheren Seite sind. Dort gibt es FAQ, genannt Hinweise für Ärzte. Genau das Richtige für die im Stich gelassenen Verordner. Wo bekomme ich also Informationen zu den Erkrankungen, bei denen Cannabis angewendet werden kann?
Informationen zur Behandlung von Erkrankungen und Symptomen mit nicht zugelassenen Cannabisarzneimitteln (insbesondere Blüten) stehen nur in sehr begrenztem Umfang zur Verfügung.
Aber immerhin wird eine einzelne Übersicht aus einer Fachzeitschrift aus dem Jahr 2015 angegeben. Dort heißt es, dass es überhaupt nur 2 Studien gibt, in denen Cannabis untersucht wurde. Deswegen war vermutlich auch ein Link überflüssig, den wir hiermit nachreichen.
Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehört es sich, sich über das Nutzen-Risiko-Verhältnis klar zu werden. Hallo, Bundesinstitut, wie sieht es aus, über welche möglichen Nebenwirkungen muss der Patient aufgeklärt werden?
[Dazu] liegen nur begrenzt wissenschaftliche Informationen vor. Die Art der Nebenwirkungen dürfte denen bei der Anwendung zugelassener Cannabisarzneimittel ähnlich sein. Je nach Darreichungsform und Anwendungsart können aber auch andere bzw. weitere Nebenwirkungen auftreten.
Gut, dass das einmal gesagt wurde; es lässt keine Fragen offen. Welche Wechselwirkungen können auftreten?
Zu Wechselwirkungen von weiteren Cannabisextrakten oder Cannabisblüten sind dem BfArM keine wissenschaftlich gesicherten Informationen bekannt.
Gibt es Gegenanzeigen?
Zu Kontraindikationen bei der Anwendung von weiteren Cannabisextrakten oder Cannabisblüten sind dem BfArM keine wissenschaftlich gesicherten Informationen bekannt.
Das kann man so oder so verstehen, und jeder Geheimdienstchef wäre bei einer Befragung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fein raus, wenn er sich hinter dieser Nebelwand verbergen kann. Aber, so gefühlt, rein unwissenschaftlich, meint man: wenn ein abhängiger, zwischenzeitlich psychotisch gewesener Kiffer mittlerweile clean ist, sollte man ihn vielleicht nicht wieder in die Bredouille bringen. Nun gut. Was soll der Patient eigentlich mit den Blüten anfangen?
Die Inhaltsstoffe der Cannabisblüten können über spezielle Vaporisatoren inhaliert werden.
Von anderen Darreichungsformen wird abgeraten. Sind die Vaporisatoren übrigens zu Lasten der Kassen verschreibbar? Dazu findet man nichts; wahrscheinlich rechnet der Gesetzgeber mit der Eigeninitiative des Patienten, wenn der schon auf Staatskosten kiffen darf. Und wenn sich nach 2 Anwendungstagen herausstellt, dass das Wundermittel doch nicht so wunderbar hilft – kann er das Gerät gegen Rückerstattung beim Arzt abgeben?
Wo bekomme ich Informationen zur Dosierung?
[Sie] stehen nur im sehr begrenzten Umfang zur Verfügung. Weiterführende Informationen finden sich u.a. auf der Internetseite der kanadischen Behörde Health Canada unter dem Titel „Information for Health Care Professionals“. Das BfArM übernimmt keinerlei Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Informationen.
Alles klar, Herr Präsident. Im Sinne der internationalen Arbeitsteilung übernimmt Kanada diese Aufgabe. Und da das Institut ohnehin keinerlei Verantwortung übernimmt, muss auch kein Link her – es ist gleichgültig, auf welchem Dokument man landet. Ein paar Google-Skills wird man inzwischen voraussetzen dürfen. Wie sieht es, ganz nebenbei, mit der Fahrtauglichkeit aus?
Ausreichend verlässliche wissenschaftliche Informationen zu dieser Frage liegen nicht vor. Insbesondere zu Beginn der Therapie sowie in der Findungsphase für die richtige Dosierung ist von einer aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzuraten. Ob bei stabiler Dosierung die Teilnahme am Straßenverkehr möglich ist, muss in jedem Einzelfall nach Rücksprache mit den Patientinnen und Patienten entschieden werden.
Wie kann man sich diese Rücksprache im Einzelnen vorstellen? „Fahren Sie noch sicher?“ – „Natürlich, Frau Doktor!“ – was aber nicht vor der Polizei schützt, wie der BGH soeben festgestellt hat (hier). Übrigens: Wenn die Kasse der Verordnung nicht zustimmt, kein Problem (zumindest nicht für das BfArM; und vielleicht kann ja der Patient mit dem Anbieter verhandeln):
Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist keine zwingende Bedingung für die Verschreibung.
Danke, liebes Bundesinstitut. Du hast den Ärzten sehr geholfen.
Aber der Fehler liegt nicht beim BfArM, das schließlich nichts anderes getan hat, als die Sachlage zu referieren. Der Fehler liegt beim Gesetzgeber, der den Schwarzen Peter der zahlreichen Unklarheiten einfach an die Ärzteschaft durchreicht: Diese Bedenkenträger sollen sich mal nicht so anstellen, irgendwie wird das schon gehen. Sie müssen nur wollen.
Kiffen für die Gesundheit ist so ziemlich genau das Gegenteil von grüner Gentechnik: Man weiß nichts genaues und alle Schreien: Juchee.
Im Subtext schwingt in all dem mit: Es gebt eben nichts über die gute alte Natur. Bin mal gespannt, wann es dem Zeitgeist entsptringt, sich nicht mehr zu waschen. Stinken wie ein Eber ja auch ganz natürlich.
Oh wie schön: Kanabisraucher = stinkende, ungewaschene Hippies. Juchee, back to 1960-Zeitgeist.
Was denn, mossmann? Der Schornstein stößt reinsten Wasserdampf aus.
Falls es dir nicht aufgefallen ist: Es geht nicht um den Konsum von Cannabis als Droge, sondern um die Wirksamkeit als Medikament. Wer sich ne Tüte reinziehen will – soll jeder machen, wie er will. Wenn man den Artikel verstehend liest, weiß man, wo das Problem liegt.
Groucho,
mein Kommentar bezieht sich auf den Erguss direkt über mir.
Okeh, dann mach das mit knorke aus 🙂
Ich bin nicht sonderlich stark in diesem Thema, deshalb möge mir man meine Unkenntnis verzeihen, aber meines Wissens gibt es schon Studien zu den Wirkstoffen, Ihrer Nebenwirkung und Kontraindikationen.
Oder übersehe ich hier etwas?
https://www.aerzteblatt.de/archiv/127598/Das-therapeutische-Potenzial-von-Cannabis-und-Cannabinoiden
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23386598
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26749285
Ich würde als absoluter Laie hier einen Vergleich mit Acetylsalicylsäure in den Raum werfen. Eine therapeutische Wirksamkeit wurde ja auch hier nachgewiesen, bevor man genau verstanden hat wie das Antipyretikum wirkt.
Aber wie schon erwähnt. Vielleicht übersehe ich ja bei diesem Vergleich etwas…
MfG
Ja. Anspruch und Wirklichkeit gehen auseinander. Das wird um so klarer, je mehr man sich mit den Details der angeführten Arbeiten befasst. Dein Link zum Dt. Ärzteblatt ist übrigens veraltet. Eine aktuelle Stellungnahme von den gleichen Autoren enthält den Satz:
Der Vergleich mit ASS geht völlig fehl; Klarheit über Wirkungsmechanismen spielt nur eine sekundäre Rolle.
Selbstverständlich gibt es diverse Untersuchungen. Dann muss man aber schauen, was denn genau untersucht wird und wie, welche Schlussfolgerungen werden gezogen und ergibt sich daraus ein wirklicher Mehrwert oder gar ein Alleinstellungsmerksmal.
Dies ist bei Cannabis nicht gegeben, egal aus welcher Perspektive ich das betrachte.
Selbst wenn bei irgendeinem Verlauf oder in irgendeinem Stadium ein Effekt erzielt wird, bedeutet dies nicht dass ich das zwingend einsetzen muss, wenn es ein Dutzend anderer Möglichkeiten gibt.
Seit Jahren wird eine öffentliche und nicht ganz unberechtigte Diskussion geführt, über die Zweckmäßigkeit vieler Neuzulassungen. Da ein zusätzlicher oder neuer Nutzen oft nicht erwiesen ist,
Und hier wird das komplett außer Kraft gesetzt.
Das ist ein reines Politikum ohne jede medizinische Notwendigkeit.
Die Propaganda der Substanzfaschisten hat sich wieder einmal durchgesetzt.
Schlussendlich geht es um nichts anders, als einer Droge kulturelle Akzeptanz zu verschaffen.
Ich hatte noch nicht einen einzigen Schmerzpatienten der dies thematisiert hat, nicht einen.
Theater machen immer nur die, die ihre Substanzen etablieren wollen.
Kulturelle Akzeptanz. Ach herrjeh, gehts nicht noch ne Spur großspuriger? Schon lustig, wenn man den Befürwortern ideologische Verbrämung vorwirft, selbst aber scheinbar ideologisch im hintersten CSU-Niederbayern beheimatet ist.
Wie viele hast du befragt? 10? 100? 1000? Anekdoten.
@mossmann, ich glaube, Du kapierst nicht, worum es geht. Was da abgeht ist die gleiche Strategie, wie z.B. Kernkraft durch ein angebliches KO-Kriterium („Millionen Jahre, Endlager unmöglich“) zu verhindern, nur halt umgekehrt – funktioniert genauso, wenn man ein angeblich einzigartiges Plus-Kriterium postuliert.
Es geht nicht darum, irgendjemanden seine Tüte abspenstig machen zu wollen, Cannabis als Droge ist doch längst in der Gesellschaft angekommen und vermutlich richtet sie weniger Schaden als Alkohol an.
Es geht um die Zulassung von Substanzen für die therapeutische Anwendung. Und wenn es dazu keine vernünftigen Studien gibt, ein Risiko-Nutzen Abgleich kaum vorhanden, es aber gleichzeitig genügend erforschte alternative Substanzen gibt, dann ist das gelinde gesagt alles andere als korrekt, solche Substanzen anzuwenden.
Mit Hippies hat das gar nichts zu tun sondern mit der Unlogik wie der heutige Öko-Zeitgeist Natur verklärt und romantisiert und technische Errungenschaften gleichzeitig dämonisiert. Das mit dem Waschen war eher als kleines bonmot gedacht, und ich hatte da eher an die Sitten im Mittelalter und der frühen Neuzeit gedacht als an Hippies. zu kompliziert?
Vor allem wenn im selben Moment ein nicht völlig überschneidungsfreies Klientel andere Dinge, die überwiegend gut erforscht sind, trotzdem verdammt. Da ist einfach der Wunsch Vater des Gedanken. Und das ist schlicht Mist.
edit: Eventuell ist Alkohol aber auch nur deswegen schädlicher als Kiffen, weil Alkohol so verbreitet und akzeptiert ist. Wenn sich jugendliche jede Woche bis zum Vollrausch begasen würden, statt besaufen, hätte das vermutlich langfristig ebenso fatale Folgen. Kiffen hat den Vorteil, eher als kleine, genussorientierte Sünde abgespeichert zu sein (zumindest von vielen), etwas, was man mal bewusst zum Entspannen macht. Das gibt es bei Alkohol auch. Und wenn es dabei bleibt, ist Alkohol ja auch gar nicht so schlimm. Gibt es denn Studien zur Gefährlichkeit und wie wurde diese definiert? (ich weiß, off topic).
@ Groucho:
Der Satz ist missverständlich. Die Gesetzesänderung beinhaltet keine arzneimittelrechtliche „Zulassung“, sondern erleichtert betäubungsmittelrechtlich die Verschreibungsmöglichkeit für weitere Cannabisarzneimittel und sozialrechtlich bei einem eng gefassten Patientenkreis die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen. Im Hintergrund steht u.a., dass man dem gerichtlich angebahnten Eigenanbau zu medizinischen Zwecken einen Riegel vorschieben will und die beim BfArM einzurichtende Cannabis-Agentur eine kontrollierte Qualität der Mittel sicherstellen soll. Patienten, die die Kostenübernahme durch die Krankenkassen in Anspruch nehmen, sind verpflichtet, an einer Begleitforschung teilzunehmen – der Gesetzgeber war sich der Tatsache durchaus bewusst, dass der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit für viele Indikationen (Voraussetzung für die Übernahme durch die Krankenkassen und für eventuelle Zulassungsverfahren) schwach ist.
Der Patientenkreis ist nicht eng gefasst. Im Gesetz ist von einer „schwerwiegenden Erkrankung“ die Rede, bei der „im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung“ des Arztes eine Standardtherapie „unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen“ nicht angewendet wird – da steht nicht, dass die Nebenwirkungen bereits eingetreten sein müssen, und welches Schmerzmittel hat keine potentiell erheblichen Nebenwirkungen. Und es darf nicht erwartet werden, dass die Gerichte auf der sonst üblichen Präzisierung von „schwerwiegend“ (die Lebensqualität erheblich und auf Dauer beeinträchtigend) bestehen werden. Das würde die erwartungsfrohe Öffentlichkeit schwer enttäuschen.
Begleiterhebung, da ist man inzwischen bescheidener (s. hier). Es handelt sich um eine unkontrollierte Angelegenheit, deren Nutzen äußerst begrenzt bleiben muss. Technische Details sind noch nicht veröffentlicht (s. hier). Die Daten sollen anonym übermittelt werden, eine patientenbezogene Zusammenführung wird nicht möglich sein. Ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit ist völlig außerhalb der Reichweite; z. B.
Misstrauen ist mein Beruf, und so erkenne ich keinen Weg, wie man den verordnenden Arzt dazu zwingen könnte, sich dem bürokratischen Aufwand zu stellen und an der Erhebung überhaupt nur teilzunehmen, wenn man ihn nicht einmal identifizieren kann. Inhaltlich ist das einer Anwendungsbeobachtung vergleichbar, über die ein gewisser Herr Joseph Kuhn kürzlich einen Blogbeitrag veröffentlicht hat: Anwendungsbeobachtungen: Prädikat nutzlos? :-).
Es ist eine Beruhigungspille zur Sedierung der Kritiker.
Dieser Post ist die Fortsetzung einer Diskussion auf FB, wo Zitate zu mühsam und Formatierungen nicht möglich sind.
@Tim Schlange: Falls Du hier antworten möchtest, wir haben mal zusammengestellt, wie man seinen Beitrag bei uns formatieren kann (Nettiquette – Hilfe zu Kommentaren)
Kann schon sein – und wie man daran erkennen kann, wird man auch ohne Wissenschaft und Studien reich und glücklich.
Ich darf Dich nochmal erinnern, worauf sich meine Bemerkung bezog? Es war diese Behauptung, die Du vorher aufgestellt hattest:
Und nun stellt sich heraus, nicht die Evidenz für Cannabis, sondern die des Reviews (dessen Referat einer bescheidenen – moderate – Evidenz ich zitiere) ist höchstes Level. Damit bin ich dann völlig einverstanden.
Ich überlasse es Deinem Scharfsinn, das herauszufinden. Würde es Dir helfen, wenn ich sage „ja“ oder „nein“? ROFL.
Human trials are messy. Deswegen gibt es ja Reviews und Meta-Analysen.
Dieser Satz ist unverständlich. Sativex ist nicht für Schmerztherapie, sondern für Spastik bei MS zugelassen.
Habe ich doch schon wenigstens 2x. Soll ich noch mal zitieren? Und in der Frage der Schmerzbehandlung stützt er sich fast ausschließlich auf den Whiting-Review. Die Schlussfolgerung des Abrams-Reports kann deshalb nicht grundverschieden sein von Whiting und ist sie auch nicht.
Ist er natürlich nicht. Erstens zitierst Du falsch (ich hatte gesagt: „Welche Firma wird sich wohl für diese Forschung interessieren, d. h. die Studien finanzieren? Cannabisblüten sind vermutlich nicht patentierfähig.“), und zweitens bleibt die eigentliche Frage stehen: werden sich nach diesem Gesetz in Deutschland Firmen finden, die eine klinische Forschung (Doppelblindstudien) finanzieren? Der Aufwand würde nur Sinn machen, wenn es gelänge, die Wildsorten mit ihrer „Pseudo-Zulassung“ aus dem Markt zu kegeln – aussichtslos. Tagestherapiekosten von 60 EUR für eine schlichte Schmerztherapie sind ohnehin ja wohl jenseits von gut und böse.
Sollen Sie doch einfach das Freigeben was in den USA als Recreational Use läuft. Schlimmer als Alkohol kann das Zeug auch nicht sein.
@ pelacani:
Wie eng die Krankenkassen den Patientenkreis fassen, wird man sehen. Im Moment scheinen sie ja eher restriktiv an das Thema heranzugehen. Bin gespannt, wie die private Krankenversicherung das handhabt.
Sie können halt die Kosten schlecht kalkulieren (der Gesetzgeber war da keine Hilfe) und befürchten eine Lawine, wenn sie nicht gegensteuern.
Frau Marschall von der Barmer verweist heute in einem Statement in der Ärztezeitung auf die Unsicherheit, mit der Ärzte durch die mangelnde Datenlage konfrontiert sind und dass die Barmer versuchen wird, durch die Auswertung des künftigen Behandlungsgeschehens zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen.
@ Joseph Kuhn
Danke für den Link.
Besonders bemerkenswert ist ja die Tatsache, dass sie über eigene praktische Erfahrungen verfügt.
Man sollte dazu parat haben, dass es bundesweit nur ca 1000 Patienten sind, die Cannabis über Sondergenehmigung erhalten. Das ist jetzt also die Mehrzahl derer, bei denen die Therapie „Sinn macht“ – m. a. W., sie ist der Ansicht, dass die Verordnung von Hanfblüten überflüssig ist. Die „neurologischen Erkrankungen“, die sie meint, kann eigentlich nur eine einzige Erkrankung sein: die Multiple Sklerose in eher fortgeschrittenen Krankheitsstadien, in denen eine symptomatische Therapie der Spastik mit Baclofen oder Tizanidin nicht ausreichend ist. Aber die sind gar nicht die Klientel, um die es geht:
Damit sind eher nicht die mit Sativex behandelten MS-Patienten gemeint. Die Hausärzte werden von ihren Berufsverbänden angehalten, fachärztliche Verordnungen möglichst dem Facharzt zu überlassen, um ihr Budget zu entlasten.
Insgesamt ist das also erheblich Wasser in den Wein.
Noch eine Ergänzung, auf die ich hingewiesen wurde (danke, L.).
Diesem Defätismus hat der Gesetzgeber aber vorgebaut:
(meine Hervorhebung). Jetzt mal im Ernst: die Kassen werden vom Gesetzgeber – nicht von irgendeiner Lobbytruppe – gedrückt, ungenügend geprüfte, teils zweifelhafte Therapien zu bezahlen.
—-
Das neueste zum Thema Fahrerlaubnis, aufgeschnappt bei Pharmazeutische Zeitung in den Kommentaren:
Man muss ja nicht alles regeln, vieles schüttelt sich von selbst (oder auch nicht). Wir wissen nicht, ob Sie fahren können, aber rechnen Sie auf die Nachsicht der Polizei. Nur: ist es nicht eigentlich die Aufgabe der Polizei, die arglose sonstige Öffentlichkeit vor benebelten Verkehrsteilnehmern zu bewahren?
Dazu kommt noch, dass es eh schon einer DER Mythen schlechthin in der Cannabis-affinen Szene ist, die Ansicht und Meinung, dass man unter Cannabis besser Auto fährt als nüchtern, weil doch alle so entspannt und cooool.
Vielleicht wäre ich geneigt dem zu glauben, hätte ich nicht schon so viele Psychosen durch diese Substanz erlebt und ganz erhebliche Einschränkung der Wahrnehmung, die so gar nicht zu den Anforderungen des Strassenverkehrs passen.
Ich warte dann auf den ersten Unfall, was dann los ist. Rechtlich, Versicherungstechnisch…
Aber wahrscheinlich sind das dann wieder Anekdoten, Verleumdungen und Propaganda der niederbayerischen CSU.
Heiliger Strohsack! Lanzelot!
Wie ergeht es Ihnen inzwischen? Ich ahnte nich einmal dass man mehrere Psychosen erdulden kann. Sagen Sie: Wie viel Hanf konsumierten Sie bis zur ersten Psychose? Wie haben Sie feststellen können, dass die Psychose mit dem konsumiertem Cannbis in verbindung stand? Wie häufig waren Sie bei eintreten einer Psychose im Straßenverkehr? Danke für Ihre große, wissenschaftliche Arbeit. So viel Leid, um zu helfen. Sagenhaft!
@lanzelot: ernsthaft? Wo lebst du denn? Ich kiffe gerne und manchmal auch viel und habe entsprechend viel kontakt zu Kiffern. Die sind bzgl Autofahren einer Meinung: bist du bescheuert, ich bin breit und will uns nicht umbringen verdammt! Im Falle einer Legalisierung sollte es Tests im Straßenverkehr auf ‚aktives‘ THC geben, ähnlich wie beim Alkohol. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das in Colorado und Co gehandhabt wird.
Zum eigentlichen Thema: die normalen Zulassungsverfahren sollten für ALLE Arzneimittel gelten. Ob für Cannabis Oder Globuli (gut, die Globuli wären dann keine Arzneimittel im rechtlichen Sinne mehr – zu Recht. Bei Cannabis? Keine Ahnung, oben steht ja, dass die Daten fehlen). Und das sage ich trotz bzw unabhängig davon, dass ich gerne kiffe.
@ pelacani:
Ja, aber der Anspruch auf Kostenübernahme stützt sich doch auf eine hoffentlich qualifizierte ärztliche Diagnose, warum sollte die Krankenkasse dann außer in „begründeten Ausnahmefällen“ den Leistungsanspruch ablehnen können? Ist das sonst anders?
@ Lanzelot: Viele Medikamente können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen: http://www.der-arzneimittelbrief.de/de/Artikel.aspx?SN=7047
Hier ist auch die ärztliche Beratungspflicht gefragt.
@A| I|
Wo ich lebe…mittendrin-:).
Meine Erfahrungen sind qualitativ, wie quantitativ außerordentlich hochwertig.
Und eben auch mal genau andersrum.
Ich glaube Dir unbesehen, dass Du solche Konsumenten kennst.
Warum auch nicht. Nirgendwo hier wird behauptet, dass dieses Verhaltensmuster allgemein verbindlich und zu erwarten ist oder pauschal auf alle projeziert worden soll.
Bedeutet aber auch, dass dieses Protagonisten sich selbst, die Hoheit über das Interpretieren zugestehen.
Eine Eigenschaft ALLER Substanzkonsumenten, egal was sie zu sich nehmen ist die Fehleinschätzung der eigenen Möglichkeiten und Zustände.
Das ist wahrhaftig kein Privileg von Cannabiskonsumenten. Auch viel Alkoholtrinker bewerten sich selbst anders, als ihr wahrer Status ist.
Das Mystifizieren aller Zusammenhänge mit dem Konsum ist nun mal gehäuft anzutreffen.
Und da haben Cannabis-Konsumenten gerne eine anderes Bild von sich als Trinker.
Aber das ist hier alles nicht das Thema, diese Einlassung war einem etwas anderen Kontext geschuldet.
Hier geht es am Ende um medizinische und rechtliche Implikationen, die nicht ausreichend geprüft und abschließend abgeklärt sind.
Die Unklarheiten für alle Beteiligten, mangelhafte Datenlage, die nicht vorhandene Notwendigkeit.
Ist im Artikel alles sehr gut beschrieben.
Ach…in der Tat.
Ich denke, das ist den meisten hier klar. Dennoch danke für auffrischende Info.
„qualifizierte ärztliche Diagnose“
Wie qualifiziert kann eine ärztliche Diagnose sein, die auf keinerlei fundierten Daten, klinische Erfahrungen, verbindliche Vorgaben zur Indikationsstellung, whatever zugreifen.
Gewiss wird eine entsprechend angelegte und disponierte Vorgeschichte eine Rolle spielen.
Aber zwingend erforderlich ist es Stand heute nicht. Es sind theoretisch Tür und Tor geöffnet.
Und das ist einer der Kritikpunkte.
Da es für so ziemlich jede Symptomatik, die im Raum steht multimodale Alternativen gibt wäre die Diskussion eh obsolet.
Und dennoch führen wir sie.
Welche qualifizierte ärztliche Diagnose sollte das sein? Und sollten unbegründete Anträge nicht in jedem Fall abgelehnt werden, damit das Geld der Versicherten nicht zum Fenster hinausgeworfen wird? Entweder der Antrag ist „qualifiziert“ oder er wird begründet abgelehnt, beides gleichzeitig geht nicht. Die Formel des Gesetzgebers ist entweder inhaltsleer oder ein Präjudiz, ein Druck auf die Krankenkassen.
Der MDK hätte, wie Frau Marschall soeben vorexerziert hat, keine Schwierigkeiten mit einer Begründung, 99% der Anträge abzulehnen. Die Ablehnung wäre also die Regel und nicht die Ausnahme. Das muss dem Gesetzgeber dumpf vorgeschwebt haben.
@ Lanzelot:
Bitte, gern geschehen, dachte mir schon, dass Dir das in der Propaganda der niederbayerischen CSU nicht gesagt wurde. Das Niveau ist mir entschieden zu unterbayerisch. Das kriegt ihr auch ohne mich hin.
Über unsere bayerisch-ländliche Identität wurden wir schon vom mossmannschen Sachverstand (#9) aufgeklärt. Du kannst doch Deine kulturelle Entwicklungshilfe für uns Alpenjodler und Watschentänzer jetzt nicht einfach so einstellen!
Auch wenn es dann endgültig OT wird.
Die armen Niederbayern kriegen es aber auch auf die Mütze. Womit haben die sich das verdient? Erstaunlich, wie Menschen ihre Vorurteile und Klischees verorten, übertragen und zum Ausdruck bringen.
Wenn Rechte Zombies Menschen mit Migrationshintergrund mit bestimmten Eigenschaften, Ansichten und Mentalitäten in Verbindung bringen ist das Geschrei immer groß.
Gilt wohl nicht für alle…, na ja. Was soll man da noch sagen.
Jetzt warte ich nur noch bis Unheiler, Esos und Homöoschwurbler im Tagespropheten orakeln:
ENDLICH: Zentrale von Psiram enttarnt: Alpenfestung.
Die Niederbayern haben mein Mitgefühl. Was das Thema angeht: Es hat viele interessante Aspekte, von der Nutzenfrage über die Ausgabenrelevanz bis zur Positionierung der PKV oder der ärztlichen Verantwortung in der Therapiewahl. Aber herablassende Kommentare wie „Ach…in der Tat. .. danke für auffrischende Info“ verstehe zumindest ich nicht als Einladung zur Diskussion und mit Anmerkungen, die offensichtlich als unnötig wahrgenommen werden, will ich den Kreis der schlauen Durchblicker dann eben nicht weiter stören.
Auf ein andermal also.
Die aktuellen Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Stand 28.12.16) haben:
Das sind keine Empfehlungen, deren Befolgung letztlich fakultativ ist, sondern das sind rechtlich bindende Bestimmungen („Durch die Verankerung […] in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV, Anlage 4a) und durch die Veröffentlichung im Verkehrsblatt haben die Leitlinien normativen Charakter“). Sie sind auch nicht einfach per Ordre de Mufti oder Sitzung eines Bundestagsausschusses zu ändern, sondern sie haben sich an der Evidenz auszurichten.
Übrigens und nur am Rande:
1) Zumindest eine einzelne gK-Kasse hat derzeit überhaupt keine Lust, die Kosten zu übernehmen – auch nicht für passend kranke Menschen. Siehe auch hier: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/medizinalhanf-cannabis-krankenkassen-verunsichern-patienten/ Ausrede ist, dass es letzthin keine Belege für eine Wirksamkeit gibt. Soso, da hat der Gesetzgeber mal ins Gesetz geschrieben, dass Belege gar nicht gebraucht werden, wenn eine passende AUSSICHT auf Besserung besteht – und die Kassen lehnen es bei einem Patienten ab, wo die AUSSICHT schon belegt ist. Das ist logisch.
2) Laut Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken, ob Cannabis-Patienten Auto fahren dürfen war die Antwort (zusammengefaßt): Ja, wenn sie trotz der Behandlung fähig sind, das Fahrzeug gemäß StVO zu führen. http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/schmerztherapie-cannabis-patienten-duerfen-auto-fahren/ Das sagt natürlich alles und nichts…
Tatsächlich.
In ferner Vergangenheit (Antwort auf die Anfrage der Grünen Drucksache 18/8953, 28.06.2016) hieß es noch, dass es nach § 24a Absatz 2 Satz 3 StVG keine Ordnungswidrigkeit sei, wenn ein Arzneimittel bei bestimmungsgemäßen Gebrauch im Blut nachgewiesen werden könne, aber:
Heute (Drucksache 18/11701, 27.03.2017) sieht die Bundesregierung das wesentlich entspannter. Nunmehr kommt es nämlich darauf an.
Wie bitte? Die Wirkung eines Rauschmittels auf die Reaktionsgeschwindigkeit und die Kritikfähigkeit, also auf die Fahrtauglichkeit, unterscheidet sich je nach Intention bei der Einnahme? Leider hat die Bundesregierung nicht bekannt gegeben, auf welche empirischen Belege sie sich bei dieser Änderung ihrer Ansicht stützt. Ich habe den dringenden Verdacht, dass das, ganz unerschrocken, einfach nur so aus allgemeinen Erwägungen abgeleitet ist.
Netter Hardcore-Konstruktivismus. Passt zum Zeitgeist.
Frische Studie zum Thema:
US Adult Illicit Cannabis Use, Cannabis Use Disorder, and Medical Marijuana Laws
http://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2619522
Zum Thema Wirkungen und Nebenwirkungen habe ich noch etwas gefunden.
http://www.nature.com/mp/journal/vaop/ncurrent/full/mp2016252a.html
http://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2338251?utm_campaign=articlePDF&utm_medium=articlePDFlink
Liebe Gemeinde,
ich weiß nicht, wer von den Diskutanten schon am Bett final krebskranker oder an einer unheilbaren neurologischen Erkrankung dahinsiechender Patienten gesessen und verzweifelt festgestellt hat, dass die Behauptung, niemand müsse dank der Errungenschaften der modernen Medizin unstillbare Schmerzen oder erleiden, blanker Unsinn ist – oder auch: einfach schlicht die Unwahrheit.
Und ich weiß nicht, wie viele von Euch/Ihnen unheilbar kranke Menschen, die noch eine gewisse Lebensspanne vor sich hatten (oder dieses zumindest hofften), ärztlich begleitet hat und verzweifelt darüber war, dass alle ach so wundervollen modernen Therapien mit erheblichen Nebenwirkungen einhergingen und die Lebensqualität der verbleibenden Lebensspanne ins Bodenlose sinken ließen.
In der Medizin gibt es immer wieder therapeutische Situationen, in denen sich mit Standardtherapeutika keine für die Patienten langfristig befriedigende Lebensgestaltung erreichen lässt. In der Palliativmedizin gibt es immer wieder Probleme, die die Patienten (oder die pflegenden Angehörigen und/oder professionellen Pflegenden) an den Rand der Verzweiflung treiben. Selbst so einfache Sachen wie die Mundpflege lassen sich oftmals nicht evidenzbasiert bewerkstelligen; da muss man auf (erfahrungsbasierte) Stomatitis-Lösungen als Rezepturarzneimittel oder als „selbstgemischtes Hausmittel“ und ähnliches zurückgreifen. Wenn in einer solchen Situation die verfügbaren therapeutischen Möglichkeiten um eine traditionell angewendete Heilpflanze erweitert werden können, so ist das in Einzelfällen ganz sicher ein Segen. Auch dann, wenn die Heilpflanze Cannabis heißt und in den letzten gut 100 Jahren aufgrund gesetzlicher Regelungen in Deutschland kaum noch als solche (also als Heilpflanze) eingesetzt werden konnte.
Natürlich ist es nicht bloß ok, sondern eine unabdingbare Forderung, dass eine Pharmafirma, die ein neues Medikament auf den Markt bringen will, um damit Geld zu verdienen, anständige Studien durchführen und anständige Daten dazu vorliegen muss.
Aber sämtliche Forschung zu Arzneitherapien oder allen Anwendungen von Medizinprodukten gänzlich in das Belieben der Industrie zu stellen, ist keine Garantie für Humanität und Fortschritt in der Medizin.
Nicht kommerziell Erfolg versprechende Produkte und Methoden haben in so einem System per se nur geringe Chancen, eine – möglicherweise – real vorhandene Wirksamkeit zu beweisen.
Darüber hinaus gibt es massenhaft Arzneimittel und Methoden, die von den Krankenkassen regulär bezahlt werden (müssen), für die es niemals einen Wirksamkeitsbeleg auf dem heutzutage für eine Arzneimittelzulassung geforderten Evidenzlevel gegeben hat. Das trifft keinesfalls nur die Homöopathie!
Sicher wird die (positive medizinische) Wirksamkeit von Cannabinoiden von vielen Menschen überschätzt – aber die Wirksamkeit z.B. vieler Psychopharmaka oder neurologisch eingesetzter Arzneimittel wird ebenfalls gnadenlos überschätzt – obwohl es sich da um zugelassene Arzneimittel handelt.
Wer will, kann sich z.B. folgende Cochrane Reviews zu gängigen, arzneimittelrechtlich zugelassenen und in Leitlinien empfohlenen Arzneimitteln zur Behandlung neuropathischer Schmerzen ansehen:
Amitriptyline for neuropathic pain and fibromyalgia in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2012. – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23235657
AUTHORS‘ CONCLUSIONS:
Gabapentin for chronic neuropathic pain and fibromyalgia in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2014. – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24771480
AUTHORS‘ CONCLUSIONS:
Levetiracetam for neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2014. – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25000215
AUTHORS‘ CONCLUSIONS:
Nortriptyline for neuropathic pain in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2015. – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25569864
AUTHORS‘ CONCLUSIONS:
Oxycodone for neuropathic pain and fibromyalgia in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2014. – https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24956205
AUTHORS‘ CONCLUSIONS:
Zur Information über den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand ist der Volltext folgender Übersichtsarbeit der National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (NAS) (2017) zu empfehlen:
The Health Effects of Cannabis and Cannabinoids – The Current State of Evidence and Recommendations for Research. (http://www8.nationalacademies.org/onpinews/newsitem.aspx?RecordID=24625)
Opioide werden – leitliniengerecht – in Deutschland und anderswo z.B. bei chronischen Rückenschmerzen verschrieben; z.T. wohl sogar bei Fibromyalgie. Wer will, kann sich zu den Folgen z.B. in der Medline informieren – Stichworte „opioid crisis“ oder „opioid epidemic“ oder „opioid backlash“ (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=opioid+crisis).
Manche Patienten erhalten jahrelange Polymedikation mit Opioiden, Benzodiazepinen (Langzeitverordnung immer entgegen der Fachinfo, also „Off-Label“), Neuroleptika und Antidepressiva und extrem teuren (und nicht nachgewiesen wirksamen – siehe Cochrane Reviews oben und weitere) Medikamenten. Gute Quelle hierzu ist auch das Arznei-Telegramm, z.B. dieser Artikel:
Neu auf dem Markt – Opioidanalgetikum Tapentadol (https://www.arznei-telegramm.de/html/2010_10/1010103_02.html).
Es ist keineswegs ausdiskutiert, ob die Kassen nicht am Ende – und im Sinne aller bei Ihnen Versicherten – sogar Geld sparen, wenn statt der üblichen bisherigen „Hammer-Medikamentencocktails“ manche Patienten auf Cannabis-Vernebler oder Dronabinol-Tropfen etc. umsteigen… (Auch, wenn vermutlich viele wieder davon abkommen werden, wegen mangelnder Wirkung…)
In Kenntnis und nach Abwägung der Fakten (die hier keineswegs erschöpfend behandelt wurden) könnte/sollte man evtl. weiter diskutieren; z.B. Verbesserungsvorschläge für die Finanzierung von Studien oder für die Datenerhebung aus der Versorgungsrealität machen…
Mit freundlichen Grüßen,
C. Niederstadt
Und wieder etwas aktuelles zum Thema:
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cannabis-auf-rezept-nur-schwer-erhaeltlich-trotz-gesetz-a-1153243.html
Kommentar Grotenhermen:
„Insgesamt sei der Verwaltungsaufwand für die Mediziner mit Cannabis-Patienten groß, sagte er: Da muss die Politik nachbessern.“
Nur dort? Wenn es sonst nichts zu überdenken und zu ändern gibt, ist ja (fast) alles gut.
Binnenkonsens, mein Lieber, Binnenkonsens.
@ C. Niederstadt
Leider war Dein Beitrag im Spam verschwunden, weshalb er jetzt erst freigeschaltet wurde.
Du wirst diese Behauptung nicht im Blog-Text finden.
Korrekt. Nur dass es keinen hinreichenden Grund gibt, dann Cannabis für die generelle Lösung des Problems zu halten. Der Gesetzestext hebt auch nicht auf diese Situation ab. Er verlangt nicht einmal, dass man vorher eine andere, besser geprüfte, Therapie einsetzen muss. Der Cannabis-Einsatz fällt völlig aus der ansonsten gängigen Rechtssystematik heraus; er hat einen Sonderstatus. Warum?
Nur mal ein aktuelles Beispiel, welche Maßstäbe ansonsten für eine off-label-Therapie gelten.
Aber Lebensgefahr durch akutes Larynxödem
genügt nicht, auch wenn die Therapie, um die es geht, von einer Uni-Klinik befürwortet worden ist.
Die Abwesenheit einer notstandsähnlichen Situation ist wahrscheinlich dadurch bewiesen, dass die Patientin noch lebt, obwohl sie schon 2x ein solches Ereignis hatte. Übrigens, noch eine Abschweifung: was ist der Unterschied zu Cannabis, neben dem Engagement weiter Kreise?
Vielleicht ist das englische NICE, mit seinen „Quality Adjusted Life Years“, dann doch ehrlicher als die deutsche Rechtssprechung.
Die Diskussion kann im Forum fortgesetzt werden.
https://forum.psiram.com/index.php?topic=15780.0
Ich denke es besteht Bedarf für so ziemlich jeden im Artikel thematisierten Aspekt.
@pelacani
… aber die Wirksamkeit der „anerkannten“ Mittel und Mittelchen eben oft auch …
Ich stehe nur für den Blog-Text ein.
Persönliche Erfahrung genügt nicht, um zu überzeugen. Ich darf noch einmal aus #43 bei „Haschisch für alle“ zitieren?
Der Begriff „anerkannt“ trifft für meine Begriffe nicht gut. „Anerkannt“ sollten Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit sein. Wenn es zugelassene Mittel gibt, die keine nachgewiesene Wirksamkeit haben, sollte entweder die Wirksamkeitsuntersuchung nachgeholt oder die Zulassung widerrufen werden. Ich weiß, dass das nur einen Idealzustand und nicht die Wirklichkeit beschreibt, aber ich meine nicht, dass das ein ausreichendes Argument ist, den Einsatz auch anderer ungeprüfter Mittel zu rechtfertigen.
Mal ehrlich, was soll man auf so einen Kommentar antworten? Nachts ist es meist kälter als tags?
Übrigens, „Update“. Die Fachwelt bleibt anhaltend begriffsstutzig. In einem jüngst erschienenen Text (Mainka T et al Cannabis bei Parkinson … Fortschr Neurol Psychiatr 2018; 86: 106–116) heißt es: