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Artikel Tagged ‘Scharlatane’

Evolution der Betrüger. Heute: „Dr.“ Leonard Coldwell

25. April 2017 11 Kommentare

Richard Dawkins beschreibt in seinem Klassiker “Das egoistische Gen”, wie in einer sozialen Gemeinschaft verschiedene Konzepte der Lebensbewältigung miteinander konkurrieren. Eines dieser Konzepte ist Lug und Betrug, der Gegenentwurf zu einem sozialen Miteinander, welches erstmal auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Dieses Konzept funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Anteil an Betrügern innerhalb einer Gemeinschaft. Wird er überschritten, zersetzt sich die Gemeinschaft, die Basis, jedem erst mal zu vertrauen verliert an praktischer Funktionalität. Dass einem der andere grundsätzlich über’s Ohr hauen will, wird zur Standardannahme und der Vorteil verpufft.

In Zeiten internationaler und anonymer Vernetzung ist die Hemmschwelle zu Lug und Betrug bei so manchen gesunken – was man sich innerhalb einer Dorfgemeinschaft unmöglich hätte leisten können, um nicht die gravierenden Nachteile sozialer Ächtung zu erfahren, ist bei Fremden, die weit weg sind, eher kein Problem mehr. Mehr…

Von Quacksalbern und Scharlatanen

29. November 2008 18 Kommentare

Die Anhänger postmoderner Esoterik sind letztlich nichts anderes wie Franchise-Nehmer. So wie Anthroposophen, Homöopathen etc.

Das Franchise besteht darin, ein vorhandenes System zu befürworten, welches einem im Gegenzug den Status des „Geheim-Wissenden“ zugänglich macht – also dem, was man als Esoterik bezeichnet. Der Clou daran ist, dass diese Systeme völlig individuelle Arten von „Geheimwissen“ erzeugen. Es wird also Menschen, die in die Fänge solcher geistiger Mc Donalds-Buden geraten, niemals möglich sein, auf gleicher Ebene zu agieren – der Guru ist stets unerreichbar voraus.

Das funktioniert auf sehr primitiven Ebenen, man kann als entsprechender Manipulator dem Anderen dann schon seine Unterlegenheit dadurch zeigen, dass er in der letzten Nacht nicht das gleiche geträumt hat. Steiner mit seiner Akasha-Chronik ist da ein legendäres Beispiel.

Ein gutes Franchise-Unternehmen bietet natürlich auch ausgefeilte Möglichkeiten zur Kundengewinnung. Im Fall der Esoterik-Branche ist das Mittel der Wahl, Komplexes einfach zu erklären; egal, welche Lügen das erfordert, so dass es möglichst auch die Blödesten kapieren.

[Exkurs: Ein typisches Beispiel ist R.G: Hamer mit seiner „Neuen Germanischen Medizin„. Da gibt es nur fünf „eiserne Gesetze“ die „immer“ gelten. Alles ist ganz einfach. Im Gegensatz dazu kann man sich als wissenschaftlich Interessierter schon mal ein Jahr um die Ohren schlagen, um auch nur im Ansatz zu verstehen, was in einer „simplen“ Zelle so abgeht.]

Das ist der erste Schritt, die Leimrute. Der Geleimte ist dankbar für ein einleuchtendes Modell. Dann kommt ein psychologisch/neuronaler Aspekt dazu: Erklärungsmuster, die uns einmal einleuchten, sind nur sehr schwer wieder abzuschaffen. Man denkt sich die ganze Welt in ihnen. Und schon ist der Leim getrocknet.

Danach will man es dem Guru nachtun: Man „lernt“, will auch solche Einsichten haben. Das ist dank des Franchise-Systems aber unmöglich: Glaubt man an beliebige Ergüsse des Gurus, kann man diese niemals gleichzeitig nachvollziehen. Damit hat die Hilflosigkeits-Falle zugeschnappt: „Ich werde es nie so gut können wie mein Guru.“

Geschäftstüchtige Gurus wiegeln natürlich ab: Sie bieten dann Kurse an. Und sollte jemand zweifeln, wird er in die Verzweiflung gestürzt: Er ist dann unfähig, das „große Ganze“ zu verstehen.

So funktioniert dieses perfekte Geschäftsmodell seit Jahrhunderten. Quacksalber und Scharlatane sind die geistigen Schmarotzer der geistig Schwachen, der Unbeholfenen, der Ungebildeten, der Verzweifelten.

Solche Menschen auszunutzen, statt ihnen zu helfen, ist zutiefst unethisch. Meine ich jedenfalls.

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Scharlatanerie

25. Mai 2008 3 Kommentare

von Grete De Francesco.
Ein Schlüsseltext

Auszug:

Man ist geneigt als kennzeichnend für den Scharlatan anzusehen, daß die Pseudoärzte der Marktplätze und jene, die die Großen der Welt, gejagt von der Angst vor der flammenden Belsazarschrift gläubig konsultierten, Smaragd, Topas und Achat, Trinkgold und allerlei Pflanzen, ja sogar menschliche Sekrete medikamentös verabreichten. Aber das ist eine nur durch Rückschauen vom Standpunkt moderner Erkenntnis geprägte Wertung. Zusammenhänge mit der Alchimie traten bei der Wahl der Medikamente in Erscheinung, die übrigens teilweise von der Wissenschaft akzeptiert wurden, wie ja überhaupt ein ständiger Austausch von befruchtenden Anregungen zwischen Wissenschaft und Scharlatanerie nachzuweisen ist. Aber nicht die Wahl der Medikamente, sondern die Art und Weise mit der sie angepriesen wurden, die Berufung auf die Geheimnisse uralter Weisheit, die des Beglückers mystischen Privatbesitz ausmachten, die Legitimierung durch Erfolge und Zustimmung bei hohen und höchsten Personen und die Aufmachung, in der selbst widerliche Ingredienzien den durch das Zaubermittel der Propaganda empfänglich gemachten Patienten dargeboten wurden, darin bestand in Wahrheit Scharlatanerie. Auch manche der Medikamente und Behandlungsmethoden der Ärzte erscheinen mit dem Maßstab heutiger Wissenschaft gemessen als scharlatanesk, ohne daß bei diesen Ärzten irgendeine Neigung zur Scharlatanerie bestanden hätte. Sie handelten auf Grund erworbener Kenntnisse und im besten Glauben; nicht für den kleinen Quacksalber der Märkte, sondern für den wissenden Scharlatan gilt der Vorwurf, kein Gutgläubiger, sondern berechnender Spekulant zu sein.

Lesebefehl!

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