Edzard Ernst, der auch bei uns im Blog schon einige Auftritte hatte und zu mancher Frage erhellend Auskunft gab, hat jetzt sein eigenes Blog eröffnet.
Zu Edzard Ernst muss man nicht mehr viel sagen; sein zusammen mit Simon Singh verfasstes Buch „Gesund ohne Pillen – was kann die Alternativmedizin“ ist wohl das Standardwerk für jede alternativmedizinisch interessierte Person.
Es ist zwar nicht das erste Mal, dass er Artikel in diesem Format veröffentlicht; er hatte ja zuletzt schon bei The 21st Floor selbst gebloggt (den Artikel mit dem Titel „Little H.“ hatten wir übersetzt, er setzte sich darin gegen eine gewisse homöopathie-gesponserte Dreckschleuder zur Wehr) und schrieb auch regelmäßig für große Blätter wie die englische Zeitung The Guardian, aber ein eigenes Blog zu besitzen, ist doch etwas Besonderes.
Die Gründe dafür, „Noch ein Blog“ aufzumachen, beschreibt er gleich im ersten Blogeintrag, in dem er erklärt, dass bei der Menge an unkritischer Information im Internet jedes einzelne Blog, das einen skeptischen Blick mitbringt, dringend nötig ist.
Außerdem hofft er, dass er mit seiner Erfahrung – 2 Jahrzehnte der Forschung im Bereich der Alternativmedizin, 40 Studien und mehr als 100 Reviews von entsprechenden Techniken und seinem Schatz an Wissen – etwas bewirken kann.
Er erklärt dann seine Motivation und seine Gründe weiter, aber der Kenner der Szene ist wohl schon durch den Namen überzeugt. Wir von Psiram sind überzeugt, dass seine Einsichten ein unschätzbarer Beitrag zu diversen Themen sein werden. Dies mag wie eine Autoritätsargumentation klingen, aber die Beiträge werden ja nicht dadurch wahr, dass Edzard Ernst sie schreibt. Vielmehr erwartet man einfach eine Fortführung der bisherigen Arbeitsqualität und wird wohl nicht enttäuscht werden.
Im zweiten Blogeintrag bespricht er Ukrain, ein „Krebsmittel“, dessen Hersteller gerade in Österreich verhaftet wurde. Zur Zeit auf freiem Fuß, da man bei dem 75-jährigen offenbar nicht mehr mit Flucht rechnet. Im Internet werden übrigens auch schon Verschwörungstheorien lanciert, dass Nowicky just an dem Tag verhaftet wurde, als ihn ein amerikanisches Fernsehteam interviewen wollte und dies nur geschah, um …
Man kennt die üblichen Geschichten ja. Wie es scheint, droht die Geschichte auszuufern, der Anwalt will alle Register ziehen und damit vermutlich den Prozess ins Unendliche verschleppen. Eine ähnliche Taktik verfolgt wohl der Krebsscharlatan Klehr auch seit langem; der seit 2008 anstehende Prozess in Österreich wurde Anfang des Jahres endlich begonnen. Und wurde gleich wieder auf unbestimmte Zeit vertagt.
Aber zurück zu Ukrain. Edzard Ernst hatte, wie es der Zufall will, vor einigen Jahren sogar einen Review einiger nicht völlig minderwertiger Studien zu Ukrain durchgeführt, über den er jetzt auch im Blog schreibt. Langer Rede, kurzer Sinn: Er war nicht beeindruckt. Die Studien waren methodisch schwach, Ergebnisse „zu gut“ und so einiges mehr. Am Ende wurde vorsichtig geurteilt: “numerous caveats prevent a positive conclusion”. Die Studien hatten zwar Ukrain bejubelt, doch am Ende des Reviews blieb nichts mehr übrig.
Und trotzdem wurde das Review wohl als Sieg gefeiert; immerhin kam es zu keinem negativen Urteil. Was soll man da sagen? Wie schon von Tim Minchin bekannt (wer es nicht kennt, ein MUSS!): in der Alternativmedizin genügt auch gar kein Beweis, denn der Beweis der Wirksamkeit wäre ein Problem. Würde er geführt, wäre die Alternativmedizin plötzlich normale Medizin.
Was von alternativen Krebstherapien zu halten ist, legt Edzard Ernst am Ende mit klaren Worten dar:
Generally speaking, “alternative” cancer cures are not just a menace, they are a contradiction in terms: there is no such a thing and there will never be one. If tomorrow this or that alternative remedy shows some promise as a cancer cure, it will be investigated by mainstream oncology with some urgency; and if the findings turn out to be positive, the eventual result would be a new cancer treatment. To assume that oncologists might ignore a promising treatment simply because it originates from the realm of alternative medicine is idiotic and supposes that oncologists are mean bastards who do not care about their patients – and this, of course, is an accusation which one might rather direct towards the irresponsible purveyors of “alternative” cancer cures.
Weiter so, Edzard Ernst, und herzlich willkommen in der Welt der Blogger. Wie Sie zu Recht bemerken: gegen das Übermaß des Unsinns ist jeder Streiter notwendig!
…herrlich …;-)
ihr versteht es wirklich, Quacksalber durch den Kakao zu ziehen….
Großes Kino in Textform 🙂 Danke! 🙂
Hallo Edzard,
sehr schön Dich SO wieder ein wenig kennenzulernen. Toll, mein Respekt.
Lieber Gruß
Andreas