Die österreichische Kronenzeitung: Noch immer eine Eso-Sonntagsbeilage

Im März kritisierten wir hier bereits eine absolut unkritische Esoterik-Serie in der Sonntagsbeilage der Kronenzeitung. Die Schreiberin der Artikel, Ingrid Altermann, hatte damals über mehrere Wochen Jubeltexte zu diversen Themen produziert.

Wir schreiben hier übrigens absichtlich nicht Journalistin, denn das impliziert ja, dass man journalistische Arbeit leistet. Und dazu gehört es auch, zu recherchieren und Quellen zu prüfen. Davon konnte jedoch bei den Artikeln, z.B. zur Aura Soma Therapie nicht die Rede sein. Man hatte eher den Eindruck, dass es sich um eine bezahlte Werbeeinschaltung handelt.

Sich zu informieren, ob irgendwelche der Behauptungen einer Überprüfung standhalten, kam der Texterin offenbar überhaupt nicht in den Sinn. Zu den vermeintlichen Wahrsage-Erfolgen der Rosalinde Haller, die in einem Artikel völlig unkritisch dargestellt wurden, ließ sich mit minimalem Aufwand einiges an Material finden.

Auch diesmal darf wieder Rosalinde Haller ihre G’schichtln erzählen, sie besitzt ja angeblich auch die „Heilkraft des Wendens“. Wenden ist ein lokaler österreichischer Begriff für Geistheilung. Wenn man Bullshitbingo spielen würde, hätte man eigentlich damit schon den ersten Begriff. „Uraltes Wissen“ und „alternativ“ kommen dann gleich in der Kurzfassung.

Wenn man den Artikel so liest, kommen da schon einige Begriffe für ein zünftiges Bingo, wie z.B. Schwingungen und negative Energien zusammen. (Falls man übrigens entsprechende Spielkarten braucht, bei Sheng Fui gibt es eine große Sammlung, sogar mit Android-App fürs Smartphone)

Es wird betont, dass das ganze keine Magie oder Hexerei sei, klar, das wäre ja völlig absurd. Nein, viel mehr geht es „um Schwingungen, die Negatives in Positives verwandeln„. Na, Gottseidank, das macht es doch gleich viel seriöser.

Natürlich fragt man sich, wofür das Ganze gut sein soll. Laut Frau Haller kann man bei ihr Rat suchen bei: Psychischen Problemen, Burnout, Depressionen, Gallensteine, Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Krebs.

Na Bravo. Krebspatienten.

Frau Haller formuliert allerdings geschickt, zwar wird mit dem „Wenden“ Geistheilen gemeint und während groß von Altem Wissen und Heilkunst geschwärmt wird, wird an dieser Stelle nur geschrieben, dass man „Rat suchen“ könne …

Der Grund ist wohl einfach: In Österreich sind einzig Ärzte zur Ausübung des Heilberufes befugt. Heilpraktiker oder Ähnliches gibt es nicht. Frau Haller würde sich also mit Heilversprechen strafbar machen. Aber man gibt ja nur Ratschläge, nicht wahr?

Es wäre wohl klüger, wenn sie bei „ehrenwerten“ Beruf der Hellseherei bliebe, zumindest für die österreichische Wirtschaftskammer ist die Astrologie ja ein Gewerbe, das dem wissenschaftlichen Diskurs standhält. Und hinter den Bergen wird das Licht wohl auch von der Trägheit gebremst.

Apropos Licht: es geht dann fließend weiter mit der nächsten Wenderin, die sich bei ihren geheimnisvollen Kräften auf die Macht des Mondes verlässt. Die geweihte Schamanin Sonja Raab (angeblich von einem kanadischen Inuit initiiert) erklärt, wenn „ein Mensch etwas ZU VIEL hat, wie ewa Überbeine, Blutdruck, Gewächse etc.„, dann betet sie zum abnehmenden Mond.

Wir glauben ja, dass das super funktioniert. Wenn man vor allem Münzen bei sich trägt, kann man durch die Behandlung sicher spürbar an Gewicht verlieren. Und sie selber betet wohl mehr zum zunehmenden Mond, was die kosmische Balance wieder herstellt (und auch die Münzen profitieren, sie bekommen ja eine neue Heimat). Apropos neue Heimat: Wir wissen nicht, worin Raab initiiert wurde, aber bestimmt nicht im Fach Geografie: für sie liegt die Hudson-Bay in Alaska.

Jedenfalls reiht sich die Dame damit nahtlos in die lange Reihe der Plastikschamanen ein, die ihr Geld mit der Ausbeutung der Spiritualität der indigenen Kulturen verdienen und von denen wir auch schon so einige hier im Blog bzw. Wiki thematisiert haben.

Was soll man sagen? Qualitätszeitung ist eben Qualitätszeitung.

3 Gedanken zu „Die österreichische Kronenzeitung: Noch immer eine Eso-Sonntagsbeilage“

  1. Werbeeinschaltung

    Wollt schon fragen, ob das jetzt neuerdings so heißt (manches soll ja schon an mir vorbeigegangen sein, Kelch oder nicht) – doch der Duden bringt die Lösung: „besonders österreichisch“. Hier in D fehlt ein ‚ein‘. Nein, das war keine Kritik.
    Hoffentlich hat das jetzt keine Invasion der QuacksUnited-S&D nach Ö zur Folge…

    Doch Ratschläge zu Krebs hätte ich auch ein paar: Lecker Senf-Dill-Sößchen zu Flußkrebsen beispielsweise. Garantiert fundierter und funktionaler als alles, was aus der erratischen Sommer-Therapie erwächst.

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  2. Die Krone hat’s eben drauf, wie Geld gemacht wird.
    Die Wirtschaftskammer noch mehr. Für dieses Gewerbe sind pro Monat an die €30.- indest zu zahlen. In O.Ö. gibt es etwa 3500 die das bezahlen, also eine schöne Summe die für null Leistung erhoben wird. Die eher sehr schlechte Seite an diesem Gewerbe ist ein ganz andere, sehr viele dieser EPU nagen am Hungertuch und beziehen Notstandshilfe. Geben jedoch für diverse Kurse sehr viel Geld aus um vielleicht doch mehr zu verdienen, das gelingt jedoch nicht. Besonders dreist ist ein Seminaranbieter aus dem Mühlviertel der Diplome vergibt mit keinerlei Anerkennung. unter: body and …… ist er zu finden.

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