Haschisch für alle

Heliogabalus

Die Versorgung der Bundesbürger mit Hanfblüten liegt im Argen und muss geregelt werden. Das heißt, ein Gesetz muss her; natürlich geht es allein um die Behandlung von Krankheiten. Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sah vor:

die Verschreibungsfähigkeit von weiteren Arzneimitteln auf Cannabisbasis (dazu gehören z.B. Medizinalhanf, das heißt getrocknete Cannabisblüten sowie Cannabisextrakte in pharmazeutischer Qualität) herzustellen, um dadurch bei fehlenden Therapiealternativen bestimmten, insbesondere schwerwiegend chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten nach entsprechender Indikationsstellung in kontrollierter pharmazeutischer Qualität durch Abgabe in Apotheken den Zugang zur therapeutischen Anwendung zu ermöglichen.

Die armen Menschen sollen sich das Zeug nicht mehr für 1800 EUR/Monat im Ausland besorgen müssen; die Kassen sollen das übernehmen. Löblich. Und warum auch nicht? Schon jetzt

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Der Fall Rockel-Loenhoff: Eine Hebamme und die tödliche Brauchtumspflege (Teil 2: Täterin und Tat)

  1. Vorbemerkung

Nachdem im ersten Teil dieses Beitrags eine grundlegende Lese- und Verständnishilfe für die Auseinandersetzung mit der Strafsache Rockel-Loenhoff geliefert wurde, geht es jetzt in die Sache selbst, also an die Einzelheiten des Urteils vom 1. Oktober 2014.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass ein solches Strafurteil lange Zeit nicht direkt dem klassischen Prüfungsschema „Tatbestandsmäßigkeit – Rechtswidrigkeit – Schuld“ folgt, das sich aus dem „Straftatsystem“ ergibt. Ein Urteil in einer Strafsache hat als Ergebnis nicht nur die Aussage: ein Delinquent ist strafbar oder nicht. Es muss sich auch mit der Persönlichkeit des oder der Angeklagten, mit auffälligen früheren Verhaltensweisen, aber auch mit dem Nachtatverhalten auseinandersetzen, weil davon beispielsweise die Strafzumessung abhängt – aber auch weil, wie das hier noch zu zeigen sein wird, wichtige Indizien für die Frage der Schuld gewonnen werden können. Das kann andererseits die Orientierung über das, was gerade in Frage steht, bei einem so langen Text schon einmal erschweren.

  1. Die Vorgeschichte: Radikalisierung

Das als Print über 250 Seiten starke Urteil des Landgerichts ist zur besseren Übersicht mit Randziffern versehen, die hier als Aufsuchhilfe übernommen werden. Man findet nach dem Strafausspruch selbst (sechs Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung, von denen drei Monate wegen der Verfahrensdauer als bereits verbüßt angerechnet werden, ein lebenslanges Berufsverbot als Hebamme und Ärztin, dazu Schmerzensgelder und Schadenersatzpflichten gegenüber den Eltern des verstorbenen Kindes):

elternkindpraxis-deab Rz.18: einen Lebenslauf der Angeklagten, die nach einer Ausbildung und Praxis als Hebamme ein Studium der Medizin absolvierte, aber keine Facharztausbildung, insbesondere nicht in Frauenheilkunde und Geburtshilfe.

ab Rz.30 „Allgemeines Vorgeschehen“, in dem die Historie einer Radikalisierung der Standpunkte der Angeklagten nachgezeichnet wird, und darunter

ab Rz.41 die praktischen Einzelaspekte, in denen sich diese Radikalisierung und Ideologisierung ausdrückte, nämlich

ab Rz.42 die Geringschätzung der Überschreitung des Geburtstermins

ab Rz. 44 die überlange Dauer des Geburtsvorgangs selbst

ab Rz.52 die besonderen Risiken individueller Schwangerschaften und hier besonders die Risiken pathologischer Kindslagen beim Einsetzen der Geburt.

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Der Fall Rockel-Loenhoff: Eine Hebamme und die tödliche Brauchtumspflege (Teil 1: Juristerei)

Am 11. Mai 2016 verkündete der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs unter dem Vorsitz von Beate Sost-Scheible einen Beschluss, durch den die Revision einer Galionsfigur des deutschen Anna-Rockel-Loenhoff-informierte-ueber-die-Sicherhe1Hebammenwesens, Anna Rockel-Loenhoff aus Unna, gegen eine Verurteilung zu sechseinhalb Jahren Haft durch das Landgericht Dortmund als unbegründet verworfen wurde. Der Vorwurf lautete: Totschlag durch Unterlassen an einem Neugeborenen. In der Sache ging es um den Tod eines neugeborenen Kindes im Juni 2008 im Verlauf einer „Hausgeburt“, die sich wegen der problematischen „Beckenendlage“ des Kindes über mehr als 17 Stunden hinzog, und in deren Verlauf die Angeklagte bis zum bitteren Ende an ihrem Konzept der „natürlichen“ Geburt festhielt. Der Fall hat von Beginn an erhebliches Aufsehen erregt, auch in der allgemeinen Medienöffentlichkeit, und insbesondere eine Empörungs- und Unterstützungswelle provoziert, die dem Strafprozess eine „Hexenjagd“ gegen frei praktizierende Hebammen im Allgemeinen und gegen Vertreterinnen der Hausgeburt im Besonderen unterstellt.

Auf Sinn oder Unsinn, Vorzüge oder Nachteile einer häuslichen Geburt soll in dieser Beitragsserie nicht eingegangen werden. Worum es hier geht, ist die Betrachtung dieses besonderen – und in der Tat sehr besonderen – Falles, in dem die Extreme der Glaubenssysteme, der Hysterisierung der Öffentlichkeit und der Polemik auf die Spitze getrieben wurden. Zeit also für einen klaren Blick auf zweieinhalb Jahre Hauptverhandlung in der ersten Instanz und nochmals mehr als ein Jahr lautloser, im Schriftlichen verbliebener Revision vor dem Bundesgerichtshof.

Der erste Teil dieses Beitrags enthält trockenen juristischen Stoff: eine Lesehilfe, in der Begriffe und Beurteilungsmaßstäbe geklärt werden, damit klar wird, worüber überhaupt zu befinden sein wird – bevor die Einzelheiten betrachtet werden.

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110 Nobelpreisträger gegen Greenpeace – Was wissen die schon?

Wir haben ja gerade darüber gebloggt, dass 110 Nobelpreisträger in einem offenen Brief Greenpeace wegen deren Ablehnung von Gentechnik im Allgemeinen und Goldenem Reis im Speziellen massiv angegriffen haben.

Bei den Reaktionen (unter anderem auf Facebook) ist uns ganz stark aufgefallen, dass den Nobelpreisträgern sehr gerne vorgeworfen wird, vom Thema einfach keine Ahnung zu haben.

Screenshot eines Twitter-Postings auf den #Nobels4GMOs
Nobelpreisträger – Was wissen die schon?

An diversen Stellen im Netz wird argumentiert, dass ja eine der Unterzeichnerinnen des offenen Briefes eine Literatin sei. Dieses Argument scheint besonders in Österreich sehr beliebt zu sein, Frau Jelinek hat ja „nur“ einen Nobelpreis in Literatur – also, was weiß die schon?

Auch Greenpeace argumentiert auf diese Weise, gewürzt mit „Monsanto war’s, Monsanto war’s“.

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110 Nobelpreisträger fordern von Greenpeace ein Ende der GMO-Ablehnung

In einem offenen Brief haben sich inzwischen schon 110 Nobelpreisträger gegen die Haltung von Greenpeace zu gentechnisch modifizierten Pflanzen und im Speziellen zu Goldenem Reis ausgesprochen. In den ersten Medienberichten war noch von 107 Nobelpreisträgern die Rede, inzwischen haben sich aber weitere angeschlossen.

Collage der 110 Nobelpreisträger
Die 110 Nobelpreisträger und Unterzeichner (mit Dank an Karl Haro von Mogel von Biofortified für die freundliche Genehmigung. Zum Originalartikel)

In ihrem offenen Brief kreiden sie diversen Organisationen mit Greenpeace an der Spitze an, die Fakten zu ignorieren und ein wertvolles Werkzeug, die Gentechnik, pauschal abzulehnen. In den Kampagnen dieser Organisationen werden die Fakten, Vorteile und Auswirkungen falsch dargestellt sowie die kriminelle Zerstörung von genehmigten Feldversuchen und Forschungsprojekten gutgeheißen.

Aber der Brief richtet sich nicht nur an Greenpeace: auch die Regierungen der Welt werden aufgefordert, dem Treiben von Greenpeace Einhalt zu gebieten und den Zugang von Landwirten zu biotechnologisch verbessertem Saatgut zu beschleunigen.

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Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 5)

Oder: Aber ein Aktuar hat’s abgesegnet! – Der Risikopool. In den letzten Wochen haben wir Einiges über die wunderbare Welt der Solidargemeinschaften gelernt, wo man eigentlich genau das Gleiche macht wie die Krankenkassen – nur besser, weil „ganzheitlich“. Zum Abschluss unserer kleinen Reihe schauen wir uns den „worst case“ an: Was, wenn tatsächlich jemand – Gasp! … Weiterlesen

Kinderlähmung: Weltweiter Impfstoffwechsel

Behandlung von Kinderlähmung mit Eiserne Lungen
Behandlung von Kinderlähmungsfolgen mit Eisernen Lungen
Wir haben hier im Blog schon regelmäßig von diesem – ja, man muss es so nennen – titanischen Vorhaben berichtet, das die Ausrottung der Kinderlähmung darstellt. Vor wenigen Jahrzehnten noch hatte Deutschland mit Tausenden Fällen pro Jahr zu kämpfen, heute ist diese Krankheit sogar weltweit praktisch nicht mehr existent. Die Impfung hat sich in diesem Kampf als hervorragendes Mittel gezeigt und der Erfolg ist klar sichtbar: Wer kennt heute noch die Eiserne Lunge?

Im April wurde in einer weltweit koordinierten Aktion der Impfstoff in 155 Ländern ausgetauscht und man rechnet damit, dass 90% der negativen Auswirkungen der Impfung durch den Wechsel beseitigt wurden.

Die letzten Bollwerke, in denen die Krankheit noch heimisch ist, stellen Afghanistan und Pakistan dar; dort wurden dieses Jahr erst 15 Fälle gemeldet (Stand 18. Mai 2016), es geht dem Ende zu. Es gab in den letzten Jahren zwar Rückschläge, so führte z.B. der Krieg in Syrien zu sinkenden Impfraten und es kam (wohl durch afghanische oder pakistanische Kämpfer eingeschleppt) vor wenigen Jahren zu einem Ausbruch, der nur mit großer Mühe unter Kontrolle gebracht werden konnte, dennoch ist die Kampagne fast am gesteckten Ziel angelangt.

Das allerdings unter großen Schmerzen und Schwierigkeiten. Impfhelfer sind in Pakistan (und nicht nur dort) einer großen Gefahr ausgesetzt, praktisch jedes Jahr gibt es Anschläge auf die Mitarbeiter der Impfkampagne. Zuletzt starben im Januar 15 Menschen bei einem Bombenanschlag, 24 weitere wurden verletzt. Gruppen der Taliban sind der Überzeugung, dass mit den Impfungen ein Ausrottungsprogramm durchgeführt wird, d.h. die Impfungen zu Unfruchtbarkeit führen.

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Bad Gögging 2016: noch ein Trommelevent – noch mehr Plastikschamanen

Das Trommelevent 2015 hatten wir ja bereits gewürdigt. Nun soll Anfang Juni 2016 ein weiteres Trommelevent diversen Plastikschamanen, Zeremonieverkäufern und Scharlatanen eine Gelegenheit zur Selbstdarstellung und Kundenakquise bieten.

Wiederum organisiert Norbert Grüner das Event und sammelt zum Trommeln „für Mutter Erde“ (für wen denn auch sonst…) ganze Schamanenseilschaften ein. Grüner scheint zwar nicht unbedingt Erfahrung mit dem Organisieren solcher Events zu haben; es schaut so aus, als ob er vor 2015 auf diesem Gebiet auch nicht tätig war. Das deutet nicht gerade auf umfangreiche Joberfahrung hin, aber nun gut: auch Zwerge haben klein angefangen.

Ebenso wie im letzten Jahr wird flankierend ein Kunsthandwerkermarkt stattfinden, auf dem esoterischer Schnickschnack verkauft wird. Etliche der teilnehmenden Schamanen waren auch 2015 schon dabei, so z.B. Viola Flambé, die sich White Buffalo Woman nennt und nicht nur indigene Zeremonien wie Schwitzhütten und Visionssuchen im Angebot hat, sondern auch germanische Runen und keltischen Klimbim.

Wacha Nabi
Manfred Jobst – „Wacha Nabi“

Ebenfalls wieder dabei ist der Münchner Manfred Jobst oder „Wacha Nabi“, der behauptet, sein Großvater sei Chickasaw gewesen. Jobst weist aber auf seine Ausbildung bei einem Zeremonieverkäufer aus der kanadischen Ethnie der Blackfoot hin, die er mit einem Heilpraktikerschein kombiniert. Anscheinend ist sein Geschäft aber nicht ganz so lukrativ wie erwünscht, da ein Artikel im „Müncher Merkur“ vom 4.9.2014 erwähnt, dass er als Autoteileverkäufer arbeite, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Und wenn man schon arg um Kundschaft für seinen Schamanenladen buhlt, achtet man wohl recht wenig darauf, mit wem man gemeinsam öffentlich auftritt. Im Fall von Jobst ist das z.B. die Teilnahme an einem esoterischen Event, den 10. Erlebnis- und Lichttagen vom 1.-3. Mai 2015, bei denen auch Armin Risi und Jeet Liuzzi als Referenten auftraten. Liuzzi berichtete über das Event auch in seinem YouTube-Kanal. Sowohl Risi als auch Liuzzi propagieren diverse Verschwörungstheorien und haben Verbindungen nach rechtsaußen.

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Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 4)

Teil4

Versicherungsschutz in homöopathischen Dosen – „Anderweitige Absicherung im Krankheitsfall“ und Rechtsanspruch

Die Asterix-Einleitung ist zwar schon ziemlich abgegriffen, aber einmal soll sie doch noch herausgeholt werden, weil sie hier so schön passt: Wir befinden uns im Jahre 10 nach dem Fliegenden Spaghetti-Monster und im Jahre 6 nach der allgemeinen Versicherungspflicht, Ulla sei’s gedankt. Ganz Deutschland ist versichert … Ganz Deutschland? Nein! Ein paar von mathematisch herausgeforderten Anthroposophen besetzte Buchenholz-Tische hören nicht auf, dem Sirenengesang der funktionierenden Absicherung im Krankheitsfall Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die nebenamtlichen Kassenfunktionäre, die mit nichts als rudimentären Satzungen zu Entscheidungen über Leben, Hammerzehen und Tod in Heidelberg, Freiburg, Bremen und Magstadt (Where the F**k?) zusammenkommen.

Ich bin richtig stolz auf die Asterix-Analogie, weil es eine Menge Parallelen gibt: Das kleine, gallische Dorf, das sich jeglichem technologischem Fortschritt stur entgegenstellt, einfach aus Prinzip, das hoch entwickelte bürokratische System der Römer und nicht zuletzt die Misteln in Miraculix‘ Zaubertrank. Allerdings beschränkten sich gesundheitliche Probleme in dem kleinen gallischen Dorf auf Polytrauma durch spontanen Hinkelsteineinschlag und gelegentliches Wechseln der Hautfarbe(n) (vgl. „Asterix und der Kampf der Häuptlinge“) – ohne hier die Evidenz zu kennen, traue ich mich zu sagen, dass sich Misteln in diesen Fällen als traditionelles Arzneimittel bewährt haben dürften.

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BILD Dresden: Wenn eine ahnungslose Esoterikerin und ein anhnungsloser Journalist meinen, sie seien die Oberchecker

Die größte deutsche Boulevardzeitung, BILD, brachte am 24.5.2016 in der Regionalausgabe Dresden einen Artikel über eine geplante Veranstaltung mit Henry Red Cloud unter der Schlagzeile: „Bitte helft meinem armen Volk | Urenkel von Häuptling Red Cloud fleht Sachsen an“.

Der Artikel bedient etliche Stereotype und verbreitet Desinformation – nun gut, wir sprechen hier von der BILD, die einen gewissen Ruf erarbeitet hat, was den Umgang mit Fakten betrifft, falls diese einem „hübschen“ Artikel im Wege stehen:

„Henry Red Cloud (53) hofft in Sachsen auf Rettung für sein leidgeprüftes Volk, sammelt am 1. Juni Spenden.
Sabine SunTurtle (49), seine Vertraute in Europa: „Die zu den Sioux gehörenden 28 000 Lakota leben heute in einem 11 000 Quadratkilometer kleinen Reservat in South Dakota. 85 Prozent sind arbeitslos, darben bei 1500 Dollar Sozialhilfe pro Kopf und Jahr. Die Perspektivlosigkeit treibt viele in Drogensucht, Alkoholismus.“

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