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Angelesen: „Verschwörungstheorien“ von Bernd Harder

7. November 2018 153 Kommentare

Wer sich schon länger mit dem Thema Verschwörungstheorien beschäftigt, wird sie kennen: die seltsam verbogenen Argumente, sich selbst bestätigenden Scheinfakten, die Zirkelschlüsse und „Cui bono“-Fragen. Als unbeteiligter Beobachter ist es ja gelegentlich sogar unterhaltsam, besonders wenn man schon vorher ahnt, zu welchem aktuellen Ereignis sich bald wieder die üblichen Aluhüte zu Wort melden werden. Dem fleißigen Skeptiker stellen sich allerdings auch immer wieder dieselben Fragen: Wer glaubt so einen Blödsinn? Warum verbreiten sich auch die abgefahrensten Mythen wie ein Lauffeuer? Was kann man dagegen tun?

Das handliche Büchlein von Bernd Harder, dieses Jahr erschienen (160 Seiten, 10 Euro), liefert einige Antworten und hilft beim Verständnis der Zusammenhänge. Dabei bezieht es sich auf aktuelle Internet-Verschwörungstheorien, aber auch geschichtliche Zusammenhänge kommen nicht zu kurz.

Nach einer grundlegenden Einführung in das Thema findet sich am Anfang jedes Kapitels eine Behauptung oder These, die nach eingehender Diskussion zu einer Schlussfolgerung führt. So geht Bernd Harder am Anfang auf die Frage ein, woran man eine Verschwörungstheorie erkennt und was sie von einer „echten“ Verschwörung unterscheidet. Auch die Verwendung des Begriffes selbst wird ausgiebig diskutiert und dabei plausibel erklärt, warum hier nicht von Verschwörungsglaube oder Verschwörungsideologie gesprochen wird.

Was also lernen wir bei der Lektüre des Buches? Etwa, dass Verschwörungstheorien eine Methode zur Komplexitätsreduktion sind und damit einfache Antworten auf komplizierte Fragen geben. Und wir erfahren, was der Glaube an Verschwörungstheorien mit Mustererkennung oder der Angst vor Kontrollverlust zu tun hat. All diese Erklärungen kommen leicht verständlich daher, werden aber trotzdem sorgfältig belegt. An keinem Punkt hat man das Gefühl, Bernd Harder habe sich eine Erklärung einfach ausgedacht. Vielmehr arbeitet er ausgiebig mit Zitaten anerkannter Experten oder fasst deren Erkenntnisse unverfälscht zusammen. Eine umfangreiche Literaturliste lädt zur Vertiefung des Themas ein.

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Das definitive 2012 Weltuntergangsbuch

8. Februar 2012 22 Kommentare

Wie wir ja alle wissen, geht 2012 die Welt unter! Mysteriöse Maya-Prophezeiungen, außerirdische Schlangenmenschen und vieles mehr bedrohen die Erde – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! Jeder nur denkbare Unsinn wird im Internet dankbar verbreitet, Katastrophenberichte (von Vulkanausbrüchen, Erdbeben und unsichtbaren Planeten die die Erde überfallen werden) sind offensichtlich ein beliebtes Thema und so wird in dem Bereich wild phantasiert, um Kohle zu scheffeln.

Der promovierte Astronom Dr. Florian Freistetter, bekannt von den Scienceblogs, der wie Don Quixote gegen Unsinn streitet, hat jetzt ein Buch zum Thema geschrieben und stellt darin den Standpunkt der Wissenschaft zum Thema klar dar: Es wird nichts passieren.

Oh, irgendwas passiert immer, irgendwo ein Erdbeben, ein Orkan oder sonstwas. Nur wird nichts Ungewöhnliches, Spezielles passieren, weil es 2012 geschlagen hat. Das Jahr wird vorüber gehen, genau wie die Weltuntergänge 2011 spurlos an uns vorüber gegangen sind. Bis auf etwas Medienecho und ein paar armen Seelen die sich in Erwartung des Weltuntergangs ruiniert haben, ist nichts geblieben.

Leseprobe gibt es natürlich auch, allerdings ist die bei jemandem wie Florian Freistetter, der eines der aktivsten Blogs des gesamten Internets hat, praktisch überflüssig.

Allerdings, da liegt auch der Wermutstropfen, Florian schreibt so viel, dass wir manchmal an seiner Menschlichkeit zweifeln. Er bloggt in sehr hoher Qualität in einem unmenschlichen Tempo und jetzt auch noch ein Buch? Schläft er denn überhaupt nicht? Hat er Klone (und wenn ja, kann er uns einen borgen)? Vielleicht ist er ja in Wirklichkeit ein Alien, der uns in Sicherheit wiegen will? Bauen die Vogonen vielleicht ein Umgehungsstraße? Vielleicht ist alles eine Verschwörung?

Wer die Wahrheit wissen will, wird wohl das Buch lesen müssen!

Aber im Ernst: Wer Bedenken wegen 2012 hat, sollte sich das Buch kaufen, er/sie wird wissenschaftlich begründete Informationen, auch historisches und Hintergründe finden, die den Unsinn als solchen offenbaren. Und wer das Ganze sowieso für Unsinn hält, für den hält es einige Facepalm-Momente bereit, wenn man erfährt, was wohl tatsächlich von einigen ernsthaft geglaubt wird.

Webseite zum Buch
Bestellung als Kindle eBook oder PDF

P.S.: Dass das Buch seit Erscheinen einen Kindle-Verkaufsrank unter den Top 100 hat, freut uns von EsoWatch und wir wünschen Florian weiterhin viel Erfolg.

Ein cooles Büchlein

11. August 2009 36 Kommentare

Schöner Denken
Wie man politisch unkorrekt ist

ist eine Perle. Darin finden sich lexikonartige Beiträge der Autoren Josef Joffe, Dirk Maxeiner, Michael Miersch und Henryk M. Broder zu allen möglichen zeitgeistlichen Begriffen.

Hier sind ein paar Beispiele:

Gesunde Ernährung
Körperreligion mit umfassendem Tabukatalog. Früher haben Menschen einfach gegessen, und wenn es schmeckte sagten sie „lecker“. Unbegreiflich, dass die Menschheit auf diese Weise Jahrtausende überleben konnte. Heute wissen wir, dass das falsch und gefährlich war. Essen ist zu einer Lebensaufgabe geworden. Wer sich lange genug richtig ernährt, stirbt kerngesund und gertenschlank. Wie man sich richtig ernährt, erfährt man von Brigitte, Bild der Frau, Foodwatch und Greenpeace.
Gute alte Zeit (1)
Entsteht, wenn man den persönlichen Hormonhaushalt mit der Weltgeschichte verwechselt. Das war, als Adenauer Wirtschaftswundertüten verteilte, Dutschke die Nazis besiegte und der Rhein noch ein Badeparadies war. Da schmeckte das Brot noch kernig und Weihnachten fiel Schnee…
Gute alte Zeit (2)
Analphabetentum, Apartheid, Armut, Folter, Hexenverbrennung, Hunger, Inquisition, Kinderarbeit, Kinderlähmung, Kolonialismus, Leibeigenschaft, Pocken, Sklaverei, Tuberkulose, Zwangsheirat, Zahnziehen ohne Betäubung.

Das Buch ist definitiv nichts für Kulturpessimisten, Veganer, Alternativheiler, Credophile, Glaubulisten und deswegen ein sicherer Tipp für die Leser unseres Blogs. 180 sehr unterhaltsame Seiten für 7,95 €: das ist ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Die Autoren treffen den Nagel wirklich sehr oft und mit großer Sicherheit genau auf den Kopf:

Achtundsechziger (2)
Mensch, der sich von seinem antiwestlichen, antisemitischen Vater emanzipiert hat und seitdem unentwegt Amerika und Israel anschuldigt.

Bei Buchtest.de findet man eine kurze Rezension und ein Interview mit Josef Joffe, einem der Autoren.

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