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Die Welt: Gentechnik, 250.000 Selbstmordbauern und anderer Unsinn

13. Dezember 2011 20 Kommentare

Die Welt hat in einem kürzlich erschienenen Artikel mit dem schönen Titel „Studie bescheinigt grüner Gentechnik Totalversagen“ komplett unreflektiert die Märchen einer sogenannten Studie fröhlich abgedruckt. Besonders interessant dabei, dass sie es eigentlich besser wissen könnten, haben sie doch in eigenen Artikeln einige dieser Märchen selbst schon thematisiert.

Besonders sticht aus dem Artikel die alte Kamelle hervor, dass sich wegen der Gentechnik in den vergangenen zwölf Jahren nach offiziellen Statistiken allein 250.000 Bauern umgebracht hätten. Wow. Harte Fakten sozusagen! Die zugrunde liegende Studie spricht übrigens sogar von 15 Jahren (Seite 21).

Leider hat die Zahl einen winzigen Schönheitsfehler. Gentechnisch modifizierte Samen wurden erst 2002/2003(!) in Indien eingeführt, nicht bereits 1997. Zynische Bemerkungen liegen uns hier auf der Zunge, aber tatsächlich ist die Selbstmordrate indischer Bauern leider entsetzlich hoch.

Verzeihen wir diesen kleinen Fehler. Der Studienschreiber hat das sicher einfach nicht gewusst, nein, ganz sicher nicht, ganz sicher nicht (*hust* Studie, Seite 41 *hust*). Wichtig ist doch: stimmt die grundsätzliche Behauptung denn? Bringen sich tatsächlich viele Bauern wegen der Gentechnik um?
Nein.

Das Thema wurde schon im exzellenten Blog (Leseempfehlung, die Erste!) Gute Gene, Schlechte Gene besprochen. Die Welt (sic!) hat in einem früheren Artikel die Behauptung als Mythos entlarvt. Und dann gleich nochmal. Auch Novo Argumente (Leseempfehlung, die Zweite!) hat das Thema schon mal zerkaut (nebenbei auch die Autorin Vandana Shiva: „Dünne Männer, die sich in dürren Bäumen aufgehängt hatten, verendete Ziegen, denen Blut aus dem Maul tropfte, weil sie angeblich das Stroh von „Gen-Baumwolle“ gefressen hatten …“), wobei auch eine Studie des International Food Policy Research Institute zitiert wird, die die Behauptungen untersucht und als unsinnig beurteilt hat.

Sehr schlimm ist anscheinend auch, dass sich die Preise für Saatgut seit der Einführung von GMO Baumwolle verachzigfacht haben! Faktor 80! Hallo, klingelt es da nicht? Klingeln da nicht irgendwelche Realismusdetektoren?

Zurück von der Märchenwelt in die Realität: In der sind die Preise von 1600 Rupien (2003) auf 800 Rupien (2006) gefallen. Dieses Jahr wurden die Preise wieder um 180 Rupien erhöht. (1 Euro = 70 Rupien)

Das sich zwei Drittel des Weltsaatgutmarktes in den Händen von Monsanto befinden, ist wohl eher ein feuchter Traum (von Monsanto). In der Wirklichkeit müssen sie sich (als Platzhirsch) mit 23% zufrieden geben.

Nach all dem Schwachsinn ist da die Behauptung, dass Superunkräuter durch Gentechnik quasi „gezüchtet“ werden, ein dickerer Brocken. In dem Thema steckt ein Stück Wahrheit, gegen Glyphosat können Resistenzen gebildet werden. Aber Maßnahmen wie Herbizidwechsel negieren das Problem. Bei Raps gibt es das Problem in der Praxis z.B. überhaupt nicht.

Man möge uns verzeihen, wenn wir nicht noch mehr Details zerpflücken (ja, das geht tatsächlich!), aber das reicht doch wohl, oder?

Wir möchten der Welt zu diesem Meisterwerk ehrlich gratulieren, das muss Bild an Fehlerdichte erst mal nachmachen …

Die Welt: Ein kleines Danke…

6. Oktober 2011 1 Kommentar

Vor einigen Wochen haben wir berichtet, dass „Welt Online“ in einigen impfbezogenen Artikeln(1, 2, 3, 4 and last but not least 5) eine kleine Pro/Kontra Infobox verwendete. Diese Impfbox war ein Sammelsurium aus Falschaussagen und wir haben sie dementsprechend in einem Blogeintrag heftig verrissen.

Vor kurzem, still und ohne große Ankündigung ist die ominöse kleine Box verschwunden. Als Ersatz wurden andere Infoboxen eingesetzt, die sich um Viren, Bakterien und Kinderkrankheiten drehen.

Wir finden, das sollte nicht ganz ohne Lob abgehen. Da hat sich jemand hingesetzt, die Box geprüft, vermutlich den Kopf geschüttelt, eine Grimasse geschnitten und den Mist dann rausgeschmissen. Fehler passieren, der Zeitdruck für Journalisten ist heutzutage sicher sehr hoch, das Entscheidende ist, wie man damit umgeht. Man hätte das ganze ja auch ignorieren können. Oder sogar noch ein wenig Holz nachlegen, damit es auch richtig gut brennt… (*hust* GEO *hust*).

Jedenfalls in diesem Sinne, ein kleines „Danke“ und Lob an „Die Welt“ für die Korrektur!

Warum nur ein kleines? Weil der Artikel „Die Schattenseite der schützenden Impfungen“ noch immer einige Falschaussagen des Impfgegners Martin Hirte enthält. Z.B. behauptet er einen Zusammenhang zwischen Hepatitis-B Impfungen und Multipler Sklerose, der schlichtweg frei erfunden ist (siehe hier).

Nichtsdestotrotz, eine Korrektur ist eine Korrektur. Wir wünschten, alle Zeitungen würden ihre Fehler ausbessern.

Die Welt – Impfgegner sind feige Egoisten

12. August 2011 49 Kommentare

Wenn wir die Artikel in der Welt betrachten, haben wir das Gefühl, dass hier keine böse Absicht der Journalisten zugrunde lag. Es sind einfach Fehler passiert. Wir würden gerne sagen, Schwamm drüber, kann jedem mal passieren! Doch bei einem Thema wie diesem ist es tragisch. Fehlinformationen kosten Menschenleben.

Um nur ein Beispiel zu nennen:
Die Masern, von denen man optimistisch glaubte, sie bis 2010 ausgerottet zu haben, sind wieder auf dem Vormarsch. 2010 wurden 30.000 Masernfälle in EU + EEA/EFTA Staaten gemeldet, ein fünffacher Anstieg gegenüber den vorhergehenden 5 Jahren. Im ersten Halbjahr 2011 wurden bereits über 26.000 Fälle und 7 Todesfälle gemeldet (Quelle: Measles Monthly Monitoring)  und vermutlich sind die Daten, die hier zur Verfügung stehen noch nicht einmal vollständig.

Das größte Risiko haben dabei Kinder im ersten Lebensjahr, die mütterlichen Masernantikörper, die jeweils zur Hälfte in 3-4 Wochen abgebaut werden, schützen zwar 3-4 Monate vor Symptomen der Infektion, nicht jedoch vor der Infektion selbst. Kinder die auf diese Weise unbemerkt Masern bekommen können, haben ein stark erhöhtes Risiko an der Spätkomplikation SSPE zu erkranken und zu sterben.

Kinder im ersten Lebensjahr werden noch nicht geimpft, sind hilflos und auf den Schutz durch die Umgebung angewiesen. Den Schutz durch Ältere und Erwachsene die aufgrund der Tatsache, dass sie geimpft sind, dem Virus wie ein Bollwerk gegenüberstehen. Ein Schutzschild sozusagen – fachlich nennt man das Herdenimmunität. Bei einer Durchimpfungsrate von ca. 95%  hört das Masernvirus auf zu zirkulieren, weil es keine empfänglichen Wirte (Masern sind menschengebunden) findet. Wenn wir nun Aussagen lesen, wo mit falschen Behauptungen und glatten, unverschämten Lügen (wie z.B. 500 Tote durch Impfungen pro Jahr), der Wille zum Impfen unterminiert werden soll, dann erfüllt uns das mit Bitterkeit und Wut.

Die sogenannte individuelle Impfentscheidung gefährdet nicht nur die Person selbst, sondern sie gefährdet vor allem die Kleinsten und Schwächsten, die Kinder. Es liegt weder Mut noch Klugheit, weder Stärke noch Ehre darin, sich gegen Impfungen zu entscheiden. Es ist eine Haltung die aus Feigheit geboren ist. Eine Haltung, wie sie nur ein Egoist haben kann. Eine Haltung, wie sie nur die Erbärmlichsten unter den Erbärmlichen verbreiten können.
Wenn Ärzte empfehlen Kinder erst mit dem 13 Lebensjahr gegen Masern zu impfen, wenn sie die Krankheit noch nicht hatten, ist das ein grober Verstoß gegen ärztliche Sorgfaltspflichten. In der Vorimpfära waren 90% der Maserntoten unter 5 Jahre alt. Bis zum 14 Lj waren 98% der Kinder „durchgemasert“ – so sagte man damals.

Wir ersuchen daher die Zeitungen der Welt und ihre Journalisten, die Artikel zur Gesundheit der Menschen publizieren, einen Moment inne zu halten und über das was sie veröffentlichen nachzudenken und mehr Sorgfalt walten zu lassen. Impfungen retten Leben. Impfgegner sind feige Egoisten.

Auch wenn in Europa die Anzahl der Tote und schwer Geschädigten durch die Masern-Epidemie aufgrund der hervorragende medizinische Versorgung sehr klein gehalten werden kann, so sieht die Situation in den Entwicklungsländern doch viel dramatischer aus. Dort sterben derzeit im Kongo ca. 1% der Erkrankten an den Masern. Kommt Unterernährung wie am Horn von Afrika dazu steigt die Todesrate dramatisch.

Und in Flüchtlingslagern wo die Menschen auf engstem Raum zusammen sind, steigt die Todesrate nochmals bis auf 25%. Als es solch miserable Zustände in Europa noch gab (19./20. Jhdt.) nannte man diese hohe Todesrate „Pferchungsschäden“ (De Rudder 1934).

In diesem Zusammenhang möchten wir erneut an die Situation in Ostafrika erinnern. Den Flüchtlingscamps droht eine Masern-Epidemie. Bitte fassen Sie sich ein Herz und werfen Sie einen Blick in den UNICEF Spendenshop oder denken Sie an ein vergleichbares Projekt ihrer Wahl! Danke!

„Die Welt“ über Impfungen – Jetzt ist es genug

9. August 2011 23 Kommentare

Seit einigen Monaten verwendet „Die Welt“ in ihren impfbezogenen Artikeln(1, 2, 3, 4 and last but not least 5) eine kleine Pro/Kontra Infobox. Das Kontra wurde wohl von einem „Freimuth Hessenbruch, Allgemeinmediziner mit anthroposophischer Zusatzqualifikation, aus Winterbach (Rems-Murr-Kreis)“ , der sich selbst als „Impfkritiker“ – nicht „Impfgegner“ bezeichnet, verfasst.

Zu dem Herrn spuckt die Suchmaschine leider nur aus: „Sehr nett und kompetent. Sehr gute homöopathische Mittel.“. Wobei kompetent und „gute homöopathische Mittel“ ein klarer Widerspruch ist.

Was gibt dieser Herr Hessenbruch nun als Kontra zu Impfungen zum Besten?

Der Impfzeitpunkt ist entscheidend. Das von der Ständigen Impfkommission angegebene Alter von drei Monaten ist zu früh. Die neurologische und Immunentwicklung ist erst mit einem Jahr so weit, dass man mit Impfungen beginnen kann. Mit einem Jahr ist die Tetanus-Impfung gegen Wundstarrkrampf empfehlenswert, danach die gegen Diphtherie, eine schwere Atemwegserkrankung.

Wir empfehlen hier doch im Hinblick auf die fachliche Korrektheit der weiteren Aussagen des Herrn doch lieber der Impfempfehlung des RKI zu befolgen:
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut PDF

Diese sind durch Statistiken und harte Fakten untermauert, keine persönliche Meinung.

Die klassischen Kinderkrankheiten wie Mumps, Masern und Röteln sollen die Kinder bis etwa zum 13. Lebensjahr durchleben können, denn dann haben sie anders als bei einer Impfung einen lebenslangen Schutz.

Die Empfehlung, Kinder lieber dem Risiko der Krankheit auszusetzen als einer Impfung, ist grober Unfug. Und der Impfschutz durch MMR wirkt nach heutigen Erkenntnissen ebenfalls ein Leben lang. Mehr…

Die Welt – Der erste Streich…

8. August 2011 6 Kommentare

In einem kürzlich erschienen Artikel mit dem Titel Die Schattenseite der schützenden Impfungen hat Die Welt ganz kräftig ins Klo gegriffen.

Sie bietet darin nämlich dem Impfgegner Martin Hirte ein Forum. Dieser behauptet im Artikel dann auch gleich mal, dass es dreimal wahrscheinlicher sei nach einer Hepatitis B – Impfung eine Autoimmunerkrankung wie Multiple Sklerose zu erleiden als ohne.

Diese Behauptung ist schlichtweg aus der Luft gegriffen! Leider ist sie aber auch weit verbreitet, weshalb das Amerikanische CDC(Center for Disease Control) eine Stellungnahme dazu, sowie eine Zusammenfassung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, erstellt hat:
Hepatitis B Vaccine (Hep B) and Multiple Sclerosis

Um nur ein eindrucksvolles Beispiel aus der Zusammenfassung herauszugreifen:
„Sadovnick and Scheifele (2000) investigated multiple sclerosis in 578,308 adolescents in British Columbia before and after hepatitis B vaccination programs were implemented. The authors found no evidence of a link between hepatitis B vaccination and multiple sclerosis or other demylenating disease.“

Als Erklärung für die Falschinformation könnte man annehmen, dass Herr Hirte diese Informationen nicht kennt. Allerdings, warum wird er dann gefragt? Von einem Experten erwarten wir uns Sachkenntnis und keine wilden Behauptungen. Vielleicht ist es hilfreich Herrn Hirte genauer zu beleuchten um festzustellen, wessen Geistes Kind er ist, vielleicht am Beispiel eines Zitates: (mehr findet sich in unserem Artikel zu dem Herrn)

Die Immunität durch die Wildmasern ehedem war zuverlässiger, nur mit mehr Opfern verbunden.
Unser Problem heute ist aber doch, dass die Ungeimpften kaum noch Gelegenheit haben, sich mit Masern anzustecken.

Unser Problem ist, dass wir keine Gelegenheit mehr haben uns mit Masern anzustecken? Uns fehlen die Worte! Als Kinderarzt beklagt er, dass nicht mehr so viele Kinder an Masern sterben, weil heute geimpft wird?

Bei Masern sterben übrigens 0,3 – 2 Kinder pro tausend Infizierten, darüber hinaus sind Masern hoch ansteckend, es erwischt also praktisch jedes ungeimpfte Kind! (In Deutschland hat man gottseidank Herdenschutz durch die anderen Geimpften) Bleibende Schäden durch Hirnhautentzündung oder grässliche Spätfolgen wie SSPE nicht mitgerechnet. Nur eine Impfung (2 x bei Masern) bietet wirksamen Schutz!

Ziel der WHO war es übrigens, die Masern wie die Pocken auszurotten, da das Virus menschgebunden ist. Als Ziel hatte man 2010. Doch dank eifriger Mithilfe von „Experten“ wie Hirte gelang dies nicht, es gibt immer wieder Ausbrüche, interessanterweise oft im Umkreis von Waldorfschulen. Zur WM gab es in den USA Warnungen, dass Deutschland maserngefährdet sei.

Individuelle Impfentscheidung, der Verein, das sanfte Zauberwort des Martin Hirte
Eine “individuelle Impfentscheidung” klingt fantastisch. Doch sie ist etwa so individuell, wie die Entscheidung, sein Kind im Auto anzuschnallen oder nicht. Wir sollten dann auch alle individuell entscheiden können, wie schnell wir auf der Straße unterwegs sind und ob wir uns an Ampeln halten oder nicht! Diese Regeln sind nicht willkürlich festgelegt sondern dienen dem Schutz von uns allen, durch die Herdenimmunität werden die kleinsten unter uns, die noch nicht geimpft werden können, geschützt.

Hirte empfiehlt, Masern ca. mit 14 Jahren zu impfen. Das Perverse daran: Masern sind hochansteckend, wodurch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind – sollte allgemein so verfahren werden – bis 14 keine Masern bekommen hat, fast gegen Null geht. Auf Deutsch: Damit kann man die Impfung gleich einstellen.

Noch ein Vorwort zum Pro und Contra – die Falle für Journalisten
Als Journalist lernt man die neutrale Position einzunehmen. Sich mit keiner Sache gemein machen, auch wenn man sie für gut hält, was auch ein guter Grundsatz ist. Die große Falle daran: Die Ebenen des Pro und Contra müssen ebenbürtig und vergleichbar sein. Sie müssen sich in den Ausgangspunkten auf die Realität beziehen. Man kann z.B. nicht Ärzte pro Bluttransfusion zu Wort kommen lassen, und als Contra die Zeugen Jehovas. Genau das ist aber in diesem Artikel der Welt geschehen. Impfgegner argumentieren stets aus weltanschaulichen Positionen heraus, die ihre Ursache in religiösen, verschwörungstheoretischen oder auch persönlichen psychotischen Gründen haben.

Mehr dazu im Folgeartikel…

In diesem Zusammenhang möchten wir noch an die Situation in Ostafrika erinnern. Den
Flüchtlingscamps droht eine Masern-Epidemie. Bitte fassen Sie sich ein Herz und werfen Sie einen Blick in den UNICEF Spendenshop oder denken Sie an ein vergleichbares Prokjekt ihrer Wahl! Danke!

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