Leitfaden für Skeptiker – Teil 4: Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)

Definition: Ein Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias) ist in der Kognitionspsychologie die Neigung, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen (bestätigen).

„Es hört nie auf zu regnen! Es regnet … im … mer … fort.“ lässt Douglas Adams den LKW-Fahrer Rob McKenna im „Anhalter“ rufen. Als erfahrene Skeptiker sehen wir hier sofort einen Bestätigungsfehler. Und auch Arthur Dent widerspricht: „Natürlich hört es auf zu regnen.“

Der Confirmation Bias beschreibt die Tendenz, bevorzugt solche Informationen wahrzunehmen, zu erinnern und zu akzeptieren, die zu unseren bestehenden Überzeugungen und dem vorhandenen Wissen passen. Umgekehrt neigen wir dazu, jene Informationen zu vergessen, zu verdrängen oder abzulehnen, die mit unserem Weltbild oder unseren Erfahrungen nicht im Einklang sind.

Während wir damit beschäftigt sind, eine Flut neuer Informationen zu verarbeiten, fügen wir diese zu einem Narrativ oder Paradigma zusammen. Grundsätzlich ist es hilfreich, eine Art Schablone zu haben, in die wir neue Informationen einpassen. So können wir sie durch Bildung von Zusammenhängen leichter speichern und verstehen.

Die dazu notwendigen Wahrnehmungsfilter können sich allerdings leicht verselbständigen und uns so ein verkehrtes Bild der Realität vermitteln. Als Folge davon entstehen realitätsferne Glaubenssysteme, die zu falschen Entscheidungen führen. Wer im Internet nach Risiken von Impfungen sucht, sieht möglicherweise überall Menschen mit „Impfschäden“ und ist schließlich davon überzeugt, die Pharmaindustrie plane einen großen Vernichtungsfeldzug.

Wer regelmäßig Globuli schluckt und zu beobachten meint, dass sich der eigene Gesundheitszustand stets nach der Einnahme dieser Placebos verändert, mag nach einer Weile felsenfest von deren Wirkung überzeugt sein. Auf ähnliche Weise kommt die Verschwörungstheorie zustande, durch Kondensstreifen von Flugzeugen ließe sich das Wetter manipulieren (weil nur jene Fälle gezählt werden, in denen einer Anhäufung von Kondensstreifen zufällig eine Wetteränderung folgt). Der Confirmation Bias sorgt dafür, dass Horoskope scheinbar immer stimmen, dass wir den Mond für schlaflose Nächte verantwortlich machen und die Wünschelrute für ein geologisches Messintrument halten.

Es gibt unzählige Beispiele für die Auswirkungen des Bestätigungsfehlers. Ihm vollständig zu entgehen, ist schwierig bis unmöglich, denn er beruht auf einer wesentlichen Filterfunktion unserer Informationsverarbeitung. Sich dessen bewusst zu sein, dass unser Gehirn eine uns genehme Vorauswahl bei der Rezeption von neuen Eindrücken trifft, hilft allerdings bei der kritischen Bewertung des eigenen Bildes der Realität. Im Zweifel erweist sich eine Strichliste als hilfreich.

Zurück zu Douglas Adams: Würde McKenna jedesmal, wenn er im Regen fahren muss, einen Strich auf seinen Kalender malen, wäre tatsächlich jeder einzelne Tag entsprechend markiert, denn er ist ein Regengott, ohne es zu wissen. Bei gewöhnlichen Menschen sähen solche Strichlisten nicht nur anders aus, sie stimmten obendrein auch nicht mit der eigenen Erinnerung überein.

Links:

4 Gedanken zu „Leitfaden für Skeptiker – Teil 4: Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias)“

  1. Der Hinweis, dass der confirmation bias eine grundlegende Filterfunktion unserer Informationsverarbeitung ist, ist wichtig. Ohne confirmation bias wären wir nicht handlungsfähig, wir können nicht ständig alles hinterfragen. Daher scheint mir der englische Begriff, der die einseitige Tendenz, die Neigung hervorhebt, besser als der deutsche, der nur das Fehleranfällige dieser Tendenz benennt.

    Antworten
  2. Jedenfalls, neu ist die Erkenntnis nicht. Ich habe noch ein paar Sinnsprüche auf Lager:

    Failure to admit negative evidence is a very natural disposition: skepticism is learned only the hard way.
    – Mario Bunge, Treatise on Basic Philosophy Vol. 6, 1983

    A man with a conviction is a hard man to change. Tell him you disagree and he turns away. Show him facts or figures and he questions your sources. Appeal to logic and he fails to see your point.
    – Festinger/Riecken/Schachter, When Prophecy Fails, 1956

    It is difficult to find persons who can with perfect fairness register facts for or against their own peculiar view.
    – William Stanley Jevons, The Principles of Science, 1877

    But the power of instruction is seldom of much efficacy, except in those happy dispositions where it is almost superfluous.
    – Edward Gibbon, Decline and Fall, 1773

    Antworten
  3. pelacani :
    Jedenfalls, neu ist die Erkenntnis nicht. Ich habe noch ein paar Sinnsprüche auf Lager:

    Failure to admit negative evidence is a very natural disposition: skepticism is learned only the hard way.
    – Mario Bunge, Treatise on Basic Philosophy Vol. 6, 1983
    A man with a conviction is a hard man to change. Tell him you disagree and he turns away. Show him facts or figures and he questions your sources. Appeal to logic and he fails to see your point.
    – Festinger/Riecken/Schachter, When Prophecy Fails, 1956
    It is difficult to find persons who can with perfect fairness register facts for or against their own peculiar view.
    – William Stanley Jevons, The Principles of Science, 1877
    But the power of instruction is seldom of much efficacy, except in those happy dispositions where it is almost superfluous.
    – Edward Gibbon, Decline and Fall, 1773

    Nein, neu ist die Erkenntnis nicht. Aus den 70ern, sagt die Wikipedia. Da wurde das experimentell belegt. Davor war es eine Beobachtung, eine Behauptung die sich aus unserer Alltagserfahrung herleitete. Was – getreu dem Confirmation Bias – nichts heißen muss.
    Der Witz ist daran, dass erst der experimentelle Beleg ja als Nachweis getaugt hat, beim Kosntrukt des „Confirmation Bias“ einen Confirmation Bias auszuschließen.

    Antworten
  4. knorke :

    Nein, neu ist die Erkenntnis nicht. Aus den 70ern, sagt die Wikipedia. Da wurde das experimentell belegt. Davor war es eine Beobachtung, eine Behauptung die sich aus unserer Alltagserfahrung herleitete. Was – getreu dem Confirmation Bias – nichts heißen muss.

    Es mag, analog der Wissenschaftsauffassung in der klinischen Medizin, hierarchische „level of evidence“ geben, womit gesagt sein soll, dass es ohne experimentelle Überprüfung nicht gar keine, sondern eben eine geringere Evidenz geben kann (wo keine Experimente möglich sind, wird es immer bei diesem Level bleiben); das kann trotzdem Wissenschaft sein. Festinger, der Autor eines meiner Zitate, war „a brilliant young experimental social psychologist“; auf ihn geht das Konzept der kognitiven Dissonanz zurück. Im Vorwort von Elliot Aronson heißt es (2008):

    So Festinger decided to study this group [eine millenaristische Sekte] both before and after their prophecy failed. He enlisted two of his colleagues, Henry Riecken and Stanley Schachter, and together they joined the group as participant observers.

    Es war keine streng kontrollierte, experimentelle Studie, aber es war eine Studie. Sie widersprach den damals vorherrschenden Theorien (Behaviorismus, Psychoanalyse). Sie war mehr als eine Behauptung und eine Alltagserfahrung.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

css.php