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Archiv für die Kategorie ‘Medizin’

Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 4)

3. Juni 2016 8 Kommentare

Teil4

Versicherungsschutz in homöopathischen Dosen – „Anderweitige Absicherung im Krankheitsfall“ und Rechtsanspruch

Die Asterix-Einleitung ist zwar schon ziemlich abgegriffen, aber einmal soll sie doch noch herausgeholt werden, weil sie hier so schön passt: Wir befinden uns im Jahre 10 nach dem Fliegenden Spaghetti-Monster und im Jahre 6 nach der allgemeinen Versicherungspflicht, Ulla sei’s gedankt. Ganz Deutschland ist versichert … Ganz Deutschland? Nein! Ein paar von mathematisch herausgeforderten Anthroposophen besetzte Buchenholz-Tische hören nicht auf, dem Sirenengesang der funktionierenden Absicherung im Krankheitsfall Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die nebenamtlichen Kassenfunktionäre, die mit nichts als rudimentären Satzungen zu Entscheidungen über Leben, Hammerzehen und Tod in Heidelberg, Freiburg, Bremen und Magstadt (Where the F**k?) zusammenkommen.

Ich bin richtig stolz auf die Asterix-Analogie, weil es eine Menge Parallelen gibt: Das kleine, gallische Dorf, das sich jeglichem technologischem Fortschritt stur entgegenstellt, einfach aus Prinzip, das hoch entwickelte bürokratische System der Römer und nicht zuletzt die Misteln in Miraculix‘ Zaubertrank. Allerdings beschränkten sich gesundheitliche Probleme in dem kleinen gallischen Dorf auf Polytrauma durch spontanen Hinkelsteineinschlag und gelegentliches Wechseln der Hautfarbe(n) (vgl. „Asterix und der Kampf der Häuptlinge“) – ohne hier die Evidenz zu kennen, traue ich mich zu sagen, dass sich Misteln in diesen Fällen als traditionelles Arzneimittel bewährt haben dürften. Mehr…

Ethikrat und Hirntod

23. Mai 2016 119 Kommentare

Wie unsere treuen Leser wissen, greifen wir gelegentlich das Thema „Hirntod“ auf, weil uns scheint, dass hier in der öffentlichen Wahrnehmung viel im Argen liegt. Vor einiger Zeit hatten wir Dr. Matthias Mindach für einen Gastbeitrag gewinnen können. Inzwischen haben sich sowohl der Deutsche Ethikrat als auch die Bundesärztekammer erneut positioniert. Das war uns Anlass nachzuforschen, ob es dazu Stellungnahmen gibt. Wir freuen uns, dass wir einen weiteren Gastbeitrag von Dr. Mindach präsentieren können.


Der Deutsche Ethikrat hält in seiner Stellungnahme „Hirntod und Entscheidung zur Organspende“ vom 24. Februar 2015 am Hirntod als Voraussetzung („Kriterium“) der Organentnahme fest. Doch nimmt die These von einer Nicht-Identität von Tod und Hirntod in der Stellungnahme breiten Raum ein. Der Rat stellt dazu eine Reihe von ethischen, juristischen und philosophischen Überlegungen an. Aus klinischer Sicht ist dieser These zu widersprechen. Außerdem ist zu konstatieren, dass solche Überlegungen nur wenig dazu beitragen können, die Verunsicherung und Desorientierung weiter Teile der Bevölkerung in der Frage des Hirntodes abzubauen.
[Dies ist eine erweiterte, überarbeitete Fassung eines zuerst in Fortschr Neurol Psychiatr. 2015 publizierten Beitrags (Volltext hier). Die Druckfassung ist in „Aufklärung und Kritik“, Heft 1, 2016 erschienen (Volltext hier); dort auch die vollständigen Literaturangaben.]

Einleitung

Der Deutsche Ethikrat hat im Februar 2015 seine Stellungnahme zu Hirntod und Organspende veröffentlicht. Nötig sei sie geworden, weil seit einer Veröffentlichung durch den US-amerikanischen President’s Council on Bioethics über die Kontroversen zum Hirntod von 2008 eine vertiefte Diskussion erforderlich sei. Am Tag ihres Erscheinens wurde die Stellungnahme von den medizinischen Fachgesellschaften begrüßt, da sie im Ergebnis am Konzept des Hirntods als Kriterium für die Organentnahme festhalte; aber es sei ein genauerer Blick auf dieses Papier mit einem Umfang von 200 Seiten gestattet.

Aus fachlicher Sicht stellt sich der geschichtliche Ablauf ein wenig anders dar. Seit seiner Etablierung im Jahr 1968 hatte sich das Hirntodkonzept international durchgesetzt. Im Jahr 1998 veröffentlichte A. Shewmon eine Serie von 175 Fällen, davon 56 mit ausreichender Verlaufsinformation, des „Überlebens“ Hirntoter für länger als eine Woche nach der Hirntoderklärung. Damit war klar, dass die alte Vorstellung, der Hirntod sei der Tod des Menschen, weil der Körper danach unausweichlich zerfalle, nicht zutrifft. In der nachfolgenden Fachdiskussion zeigte sich, dass es andere überzeugende Gründe gibt, den Hirntod als sicheres Zeichen des Todes anzusehen. Das White Paper des President’s Council ist eine Reaktion auf diese Diskussion, nicht deren Ursache. Die Rezeption dieses Papiers in Deutschland ist aber der Grund für das erneute Tätigwerden des Ethikrates. Wie dem auch sei, festzuhalten ist, dass die wesentlichen empirischen Befunde im Grundsatz seit 1998 bekannt sind. Die Frage im Untertitel des Forums Bioethik 2012 „Hirntod und Organentnahme. Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens?“ wäre korrekt zu beantworten gewesen mit: „Nicht in den letzten dutzend Jahren“.
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Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 3)

18. Mai 2016 2 Kommentare

Teil3

Oder: Die Kirsche auf Ponzis Torte – Risikoselektion und Adverse Selektion

In den letzten Wochen haben wir gelernt, dass eine Solidargemeinschaft sich durch gemeinschaftliche Solidarität auszeichnet. Und dass man besser nicht zu genau nachbohrt, wenn es um die Frage geht, wo denn da jetzt genau der Unterschied zum Solidaritätsprinzip in der GKV liegen soll. In der GKV sind die Mitglieder, die nicht krank, aber finanziell leistungsfähig sind, solidarisch mit den Mitgliedern, die krank sind, deren finanzielle Leistungsfähigkeit aber die Kosten der Krankheit nicht abdeckt. In einer Solidargemeinschaft sind die Mitglieder solidarisch mit denen, die beim Henner um den Buchenholztisch in „Wherethef**khausen“ sitzen.

Interessantes Konzept von Solidarität, eigentlich: Wir sind solidarisch – aber vorzugsweise nur untereinander, da ist das „solidarisch sein“ so viel einfacher. Das ist nicht elitistisch, sondern nur verständlich: Wenn man sich selbst in Gesundheitsfragen als Kirsche auf der Torte oder „crop of the cream“ betrachtet, dann wird man sich doch wohl noch mit den anderen Kirschen zusammentun dürfen. Die muss man dann nur noch picken. Den Rahm abschöpfen, sozusagen. Das würden die gesetzlichen Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungen nur zu gerne ebenfalls, weswegen der Gesetzgeber dem „cream-skimming“ und dem „cherry-picking“ mit dem Kontrahierungszwang schon 1996 in der GKV und 2009 dann auch in der PKV einen Riegel vorgeschoben hat. Es ist keine Kunst, eine Handvoll mittelalte Freiberufler mit viel freier Zeit und Jesuslatschen zu läppischen Preisen zu versorgen. Eine heterogene Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen Risiken und finanziellem Hintergrund zusammenzufassen und denen eine unterschiedslos gute Versorgung zukommen zu lassen, ist dagegen schon deutlich schwieriger. Aber dafür sind ja eh‘ die anderen da. Mehr…

Ein hundertster Todestag und ein Denkfehler.

12. Mai 2016 1 Kommentar

SchwarzschildDen Todestag zuerst: am 11. Mai vor 100 Jahren starb im Alter von nur 42 Jahren Karl Schwarzschild, ungemein vielseitig interessierter Physiker, einer der Gründerväter der modernen Astrophysik, Pionier der Weiterentwicklung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Astronomisch interessierte Zeitgenossen denken bei seinem Namen sogleich an die „Schwarzschild-Lösung“ zur relativistischen Beschreibung eines ruhenden, sphärischen Schwarzen Lochs und, im Zusammenhang damit, an den „Schwarzschild-Radius“; Fotografen fortgeschrittenen Alters kennen auch noch den „Schwarzschild-Exponenten“, der das Schwärzungsverhalten fotochemischer Emulsionen beschreibt und so den Astronomen erstmals eine exakt kalibrierte Fotometrie ermöglichte.

Karl Schwarzschild starb an den Folgen der damals so genannten „Blasensucht“, dem „Pemphigus Vulgaris“, einer Autoimmunerkrankung der Haut, die damals – 1916 – weder verstanden noch behandelbar war.

Heute sind die Erscheinungsformen des Pemphigus Vulgaris durchaus behandelbar, und zwar durch den Einsatz von Glukokortikoiden und Immunsuppressiva. Und damit sind wir mitten in dem anderen Thema – das uns für gewöhnlich in anderem Zusammenhang begegnet, meistens bei der Diskussion von Nebenwirkungen moderner Krebstherapien. An dem Beispiel des Pemphigus Vulgaris und aus Anlass des Gedenkens an einen bedeutenden Gelehrten lässt sich der immer wiederkehrende Denkfehler, der in komplementär- oder alternativmedizinischen Kreisen so verbreitet ist, einzigartig klar demonstrieren, denn dieser Fall treibt das Thema in der Tat auf die Spitze.

Pemphigus Vulgaris verläuft, wegen der Begleitsymptome an den befallenen Hautpartien, unbehandelt tödlich, und dies binnen weniger für den Erkrankten qualvoller Jahre. Die Symptome sind allerdings auch so offensichtlich und unverkennbar, dass es jedenfalls in Industrieländern praktisch keine unbehandelten Fälle mehr gibt. Dafür fordert die Therapie ihren Tribut: 10 bis 20 % der behandelten Patienten sterben an den Nebenwirkungen der Medikamente. Nur die 80 bis 90 % der behandelten Patienten, die diese Rosskur überleben Behandlung auf sich nehmen, werden wieder gesund  haben die Aussicht auf eine mehr oder weniger lange Lebenserwartung.  Praktisch alle Todesopfer unter den Pemphigus-Patienten sterben mithin nicht an der Krankheit, sondern an deren Behandlung.

Glücklicherweise ist die Erkrankung ein seltenes Phänomen. Trotzdem: eine Therapie, die bis zu einem Fünftel der Behandelten dahinrafft – ist das nicht ein Horrorszenario? Wer erinnert sich da nicht an die wohlfeilen Vorwürfe, Chemotherapien in der Krebsbehandlung setzten den Erkrankten schlimmer zu als die Erkrankung selbst?

Was dabei – hier wie dort – übersehen wird: ohne die spezifische Therapie überlebt niemand. Es mag sein, dass heute alle Opfer der Blasensucht auf das Konto der Medikamente geht; aber umgekehrt gibt es unter den Überlebenden auch keinen, der die Behandlung nicht durchgemacht auf sich genommen hätte. Der Denkfehler, mit dem man dem Medikament den schwarzen Peter zuschieben will, verwechselt  die Bedeutung dieser beiden Aussagen. Denn richtigerweise muss das Risiko der Nebenwirkungen mit dem Risiko der Nichtbehandlung abgewogen werden. Nicht aber mit einem stillschweigend vorausgesetzten Fall, in dem irgendwie alles wieder gut wird.

Hätte die moderne Therapie mit Glukokortikoiden und Immunsuppressiva schon 1916 zur Verfügung gestanden, wäre Karl Schwarzschild nicht unausweichlich dem einem so frühen Tode geweiht gewesen, sondern er hätte eine Überlebenschance Chance von 80 bis 90 % gehabt, die Krankheit zum Stillstand zu bringen. Er hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit mit seiner legendären Begabung beim Auffinden methodischer Lösungen auch komplexester Probleme die Welt der Physik noch unendlich befruchten können und, ganz nebenbei, die Veröffentlichung seiner Arbeit über die nach ihm benannte „Schwarzschild-Lösung“,  die er mehr oder weniger auf dem Sterbebett entwickelte, noch erleben können.

Zweifelt jemand, wie sich Karl Schwarzschild entschieden hätte?

 

Post scriptum:

 

Über FB erreichte uns ein sachlich völlig richtiger Hinweis, den wir natürlich zur Berichtigung eingearbeitet haben:

 

„Nur die 80 bis 90 % der behandelten Patienten, die diese Rosskur überleben, werden wieder gesund.“ stimmt so nicht.

Pemphigus vulgaris ist als Autoimmunerkrankung behandelbar, aber nicht heilbar. Das bedeutet, niemand wird gesund.

Durch die Behandlung ist der Krankheitsverlauf nahezu zum Stillstand zu bringen, das nennt man Remission.

„… diese Rosskur überleben …“ impliziert, dass es sich um eine zeitlich begrenzte Therapie handelt, nach der man, sobald sie abgeschlossen ist, übern Berg sei. Auch das ist nicht richtig. Die 10-20% der Todesfälle sind die Folgen der langfristigen Dauertherapie mit Glukokortikoiden und Immunsuppressiva. Wer die Therapie fünf Jahre „überlebt“ hat, hat keine Garantie, dass er das auch noch weitere fünf Jahre schafft. In Anführungszeichen deshalb, weil es keine Alternative gibt.

Der Verzicht auf die einzig existierende Therapie führt in 100% der Fälle zum Tod, darum geht es ja im Artikel auch.

Dennoch ist jedes Jahr für einen Patienten ein geschenktes Jahr. Wenn die Erkrankung in Remission gebracht werden kann, sogar ein weitgehend beschwerdefreies Jahr. Daher kann man einfach nicht sagen „Rosskur überlebt, Patient gesund!“

 

Herzlichen Dank an FB-Userin Mia Paulsen!

Vaxxed – Andrew Wakefield, das Tribeca Filmfestival und Robert De Niro

28. März 2016 5 Kommentare

wakefield

Im Grunde ist es ja unglaublich, dass Andrew Wakefield sich nicht vor Scham in einer Höhle verkriecht, um dort peinlich berührt seiner Studienfälschung, der 33 Silberlinge (bzw. 55.000 £), die er von Anwälten dafür nahm, und des Auffliegens zu gedenken. Jemand mit seiner Geschichte, der mit seinen Falschbehauptungen zahllose Kinder gefährdet hat, sollte sich unserer Ansicht nach in der Öffentlichkeit gar nicht blicken lassen.

Aber das ihn solche Kleinigkeiten wie Wahrheit, Fakten und Gewissen nicht von irgendetwas abhalten, sollten die Leser unseres Blogs ja schon wissen. So verkündete er z.B. anlässlich eines Masernausbruchs in Wales vor zwei Jahren, dass ja wohl nur der Impfstoff daran schuld sein könne (Seine Schuld – dass wegen seiner Behauptungen die Impfraten gesunken seien – war es auf keinen Fall).

Wakefields neuester Streich ist die Pseudo-Dokumentation Vaxxed „Respectful Insolence“ auf den englische Scienceblogs zum Thema verwiesen, wo die Behauptungen vor zwei Jahren ausführlich besprochen wurden. Die Studie von Hooker musste 2014 zurückgezogen werden, da fragwürdige statistische Methoden verwendet wurden, um zum „gewünschten“ Ergebnis zu kommen. Mehr…

Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 2)

28. März 2016 Keine Kommentare

teil2

Teil 2 unserer Reihe über die Solidargemeinschaften beschäftigt sich nun etwas genauer mit einigen dieser merkwürdigen Gemeinschaften.


Das „Konzept“ in ihren eigenen Worten – die Solidargemeinschaften

Ich lese bereits seit einigen Jahren bei Psiram mit und habe mich schon lange gefragt, wo eigentlich die leichten Themen bleiben. Meist geht es hier um die 1.000 Wege, die sich die Anhänger esoterischer Gesundheitsideologien ausdenken, um sicherzustellen, dass ihr Nachwuchs nicht die Volljährigkeit erreicht. Das Verweigern von Impfungen, das Vorenthalten wirksamer Behandlungen und das willentliche Infizieren mit Krankheiten stehen hoch im Kurs. Deswegen gibt es viel zu wenig zu lachen, was vermutlich dem Vorurteil Vorschub leistet, Skeptiker suchten zum Lachen subterrane Räumlichkeiten auf.

Es war mir deswegen ein Herzensanliegen, von den Solidargemeinschaften zu berichten, denn das ist „Skeptizismus light“. Leicht als Bullshit zu enttarnen, man braucht sich auch nicht mühsam in irgendwas einlesen, man kann sich großartig darüber amüsieren, aber niemand kommt wirklich zu Schaden. Außer den Leuten, die immer brav ihre Versicherungsbeiträge und -prämien zahlen, natürlich, denn die finanzieren das System, innerhalb dessen sich die Mitglieder der Solidargemeinschaften diesen Spaß erlauben können. Aber nachdem Skeptiker, wie wir ja wissen, allesamt pickelige Jünglinge mit kleinen Schniepis sind, die bei ihren Eltern im Keller wohnen und keiner geregelten Erwerbsarbeit nachgehen, kann uns das ja egal sein.
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Wenn Impfgegner eine Krankenkasse gründen wollen, oder: Magstadt? Where the F**k is Magstadt? (Teil 1)

22. März 2016 8 Kommentare

KK-Serie

Wie konnten wir sie nur so lange übersehen? Seit bald zwanzig Jahren spielen Teile unserer Klientel „Krankenkasse“, trotzdem wurden die „Solidargemeinschaften“ bislang noch mit keinem Wort im Blog erwähnt. Glücklicherweise hat sich mit labude. eine Leserin unseres Blogs bereit erklärt, diese Lücke zu schließen. Damit beginnen wir eine Reihe zu den „besseren, weil ganzheitlichen“ Krankenkassen, hochpopulär in den Dunstkreisen von Anthroposophen. Wir wollten sachlich und neutral, labude. wollte poltern. Das habe die Krankenkassen-Mafia, die diesen Spaß finanziert, beim letzten Bilderberger zur Auflage gemacht, sagt sie.


 

Ich hab‘ nichts gegen Waldorf-Erziehung. Ein paar meiner besten Freunde waren auf Waldorf-Schulen. In den 1980er Jahren. Ihre Schilderungen von Familientreffen sind zum Schreien komisch. Während ich meinen Eltern immer noch nicht ganz verziehen habe, dass sie mir mit 16 noch nicht mal ein ganz winzigkleines Piercing (das wäre wirklich kaum aufgefallen!) in der Augenbraue erlaubten, werfen die ihren Eltern vor, dass sie ohne Abitur und Englisch-Kenntnisse kaum eine Chance auf einen interessanten, lebensunterhaltssichernden Job hatten. Aber dafür eine Menge selbstgeflochtener Körbe. Ich hab‘ mir das Piercing dann mit 18 stechen lassen – und es mit 18 1/2 wieder rausgenommen, es sah wirklich ein bisschen doof aus. Meine Freunde mussten das Abitur nachmachen, mit Mitte 20, neben einem Beruf, den sie gehasst haben, und wurden in ihrer persönlichen Lebensplanung um Jahre zurück geworfen. Mehr…

Ihr wollt es doch so. Von Drüsen, Kälbern und der Arzneimittelzulassung.

27. Februar 2016 2 Kommentare

thymosand

Im Board „Unzufrieden mit einem Psiram-Artikel?“ war eine Beschwerde eingegangen. Ein User namens „thymosand“ zeigte sich unerfreut ob unseres Wiki-Artikels zu … wer hätte es ahnen können? … „Thymosand”. Nachdem wir die Paralyse ob der narzisstischen Kränkung, bei einem inhaltlichen Fehler erwischt worden zu sein, mehr schlecht als recht überwunden hatten, begann die Diskussion. Sollten wir den Fehler korrigieren? Einen Ruf haben wir dahingehend ja nicht zu verlieren, und wenn das einreißt? Wenn da jetzt alle kommen? Nach langen, ermüdenden Grabenkämpfen trug die Fraktion derjenigen, die vor ihrem Taxischein mal eine Einführungsveranstaltung zum Thema „Wissenschaftliches Arbeiten“ abgesessen hatten, einen Sieg davon. Fehler haben korrigiert zu werden. Jetzt ging es also darum, heraus zu finden, worin der Fehler genau gelegen haben soll. Wofür sich ein paar unerschrockene Recken wieder in den Thread begaben und thymosand um Erleuchtung baten.

Ist Thymosand ein Arzneimittel?

Thymosand ist ein Arzneimittel, auf so viel konnten wir uns einigen. Es wird aus der Thymus-Drüse von Kälbern gewonnen, so viel ist unbestritten. Es soll „die Immunabwehr stärken“, so viel behauptet der Hersteller, die Sanorell Pharma GmbH & Co. KG aus Bühl in Baden. Es sticht unter den dutzenden von Produkten mit diffusen Wirkmechanismen und unbelegten Wirksamkeitsversprechen im Wiki nicht nennenswert heraus, über so viel waren wir uns einig. Alles andere scheint aber Diskussionsstoff zu bieten. Ist Thymosand ein Frischzellenpräparat? Ist Thymosand ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel? Sind Ärzte „Verbraucher“ im Sinne des Arzneimittelgesetzes? Ist es falsch, wenn wir im Wiki-Artikel sagen, dass Thymosand nicht zugelassen ist? Und vor allem: Ist Thymosand wirklich verkehrsfähig? Mehr…

Zum Tode von Lindsey Nagel

22. Dezember 2015 15 Kommentare

In diesem Monat wurde bekannt, dass eine weitere Protagonistin des abscheulichen AIDS-Leugner-Irrsinns „I won’t go quietly“ der Machwerk-Macherin Anne Blumenthal (Pseudonym Anna Sono) verstorben ist. Die Todesliste wird immer länger, aber an AIDS  dürfen diese Menschen ja nicht gestorben sein. Die Todesfälle zeigen einmal mehr, wie gefährlich verschwörungstheoretisches Denken sein kann. Nicht nur für die namentlich bekannten Opfer dieses Irrsinns. Auch die Botschaft, sich nicht behandeln zu lassen, ist tödlich. Lindsey starb nicht leise, sie starb an den opportunistischen Krankheiten einer HIV-Infektion, sie starb an AIDS. Aus dem Forum möchten wir einen (offenen) Brief an Anne Sono zu dem aktuellen Ereignis veröffentlichen, den das gesamte Psiram-Team genauso unterschreiben kann. Mehr…

Landeshauptstadt München: Gesundheit in guten Händen

10. Oktober 2015 28 Kommentare

„Willkommen in München Ich möchte Sie in der Landeshauptstadt München ganz herzlich zum Weltkongress der Ethnotherapien und Ganzheitsmedizin begrüßen. Ich freue mich sehr, dass der Kongress zum wiederholten Male in München stattfindet. An den Begrifflichkeiten ist schon erkennbar, dass es in der Schulmedizin vorwiegend um die Behandlung von Krankheit geht, um das Diagnostizieren und Therapieren von Krankheiten. In den letzten Jahren wird in der Gesundheitspolitik der Gedanke der Prävention wieder stärker gefordert, auch die Ganzheitlichkeit und die alternativen Heilmethoden halten Einzug in das Gesundheitssystem, allerdings noch in homöopathischen Dosen. Ich hoffe sehr, dass dieser Kongress dazu beiträgt, die Verbindungen von traditionellen Heilmethoden und der modernen Medizin zu fördern. Es ist in unser aller Interesse, wenn wir die technisierte Medizin, die den Menschen nur bedingt gesund machen kann, erweitern um die Therapien aus der Ethnomedizin.“

…könnte wer gesagt haben? Die Lösung:

Lydia Dietrich, Stadträtin, ihres Zeichens zuständige Dezernentin für das Gesundheitsressort im Rat der Landeshauptstadt München. lydiad

 An dieser Stelle soll es nicht darum gehen, dass die TU München sich gerade darin gefällt, als Narhalla eines wunderlichen Pseudomedizinkongresses herzuhalten – das hat der GWUP-Blog bereits aufgespießt.

 

In unserem Beitrag geht es um eine nur scheinbare Randerscheinung dieses Quacksalberfaschings, nämlich um das oben wörtlich zitierte Grußwort der bündnisgrünen Frau Stadträtin zu den Events dieser Veranstaltungsreihe. Was darf der Leser diesen Zeilen entnehmen? In Klartext übersetzt präzise dieses:

 

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