Werte Krankenversicherungen, wir haben da ein paar ungeklärte Fragen, die uns gerade unlösbare Knoten in den Hirnwindungen verursachen. Letzte Woche haben wir von Euch gehört, dass die Kostenübernahme für Cannabis in der Schmerztherapie Schwierigkeiten verursache, weil es an Wirksamkeitsnachweisen fehle. Wie wir eine Woche zuvor erfahren haben, scheint dieses Kriterium im Falle der Homöopathie jedoch keine Rolle zu spielen. Habt Ihr die Sache noch im Griff? Wir empfehlen, etwas Ordnung in diese Argumentation zu bringen. Unsere Linksammlung möge dabei helfen. Falls nicht, kann es vielleicht Paul Watzlawick richten: Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns
Wie sieht es mit dem Goldenen Reis aus?
Vor einigen Wochen wurde eine Studie zum Goldenen Reis mit dem schönen Titel „Molecular and Functional Characterization of GR2-R1 Event Based Backcross Derived Lines of Golden Rice in the Genetic Background of a Mega Rice Variety Swarna“ veröffentlicht, die innerhalb von kurzer Zeit zu diversen „Goldener Reis ist ein Fehlschlag“ Meldungen auf gentechnikfeindlichen Webseiten führte. Im deutschen Raum geschah das zum Beispiel durch Christoph Then von Testbiotech, der einmal mehr bewies, dass ein Tierarzt, der seine Dissertation über Homöopathie schrieb, auch zur Gentechnik Nichts zu sagen hat.
Wir wollen das zum Anlass nehmen, das Thema erneut zu beleuchten. Einem Leser, dem das Thema unbekannt ist, sei zum Einstieg der Artikel Goldener Reis – Fluch oder Segen? Ein Faktencheck empfohlen. In Kürze: Beim Goldenen Reis handelt es sich um eine gentechnisch geschaffene Sorte, die helfen soll, den in Südostasien verbreiteten Vitamin-A Mangel zu beseitigen.

Wenn der Reis erfolgreich ist, könnte damit einfach und kostengünstig ein erheblicher Teil des Vitamin-A Bedarfs der Kinder Asiens gedeckt werden. Und das ohne das Risiko einer Vitamin-A Vergiftung, die bei Supplementierung mit Tabletten besteht, da der Reis nur Beta-Karotin enthält, eine Vitamin-A Vorstufe, wie man sie eben von Karotten und anderem Gemüse kennt. Seit 20 Jahren verteilen Hilfsorganisationen jährlich Hunderte Millionen Vitamin-A Tabletten, was Kosten von 500 Millionen Dollar pro Jahr verursacht. Dennoch wurden zum Beispiel 2014 in Bangladesh nur 62,1% der Kleinkinder mit Supplemtierung erreicht.
Eine bessere Lösung wäre daher wünschenswert. Ethisch betrachtet muss man daher jeder guten Idee die Daumen drücken und kann nur hoffen, dass Goldener Reis ein Erfolg wird.
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW10, 2017)
Spaß mit der Techniker-Krankenkasse: Eine einfache Frage via Twitter löste in der letzten Woche eine interessante Diskussion aus: Wünschen Patienten die Behandlung mit wirkungslosem Zauberzucker auf Kassenkosten? Folgt die Kasse diesem Wunsch, warum werden dann Zahnersatz und Sehhilfe nicht erstattet? Diese Grundsatzdiskussion ist überfällig und will geführt werden: Wissenschaft oder Wunderwunsch – was zählt im Gesundheitswesen mehr?
Afghanistan: Die glorreichen 65.000
Bei „Den glorreichen Sieben“ (hier sei auch das „Original“ Die sieben Samurai von Akira Kurosawa empfohlen) handelt es sich um eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die ein armes Dorf gegen üble Banditen verteidigen und die dabei auch einen hohen Blutzoll zu entrichten hat.
In gewisser Hinsicht ist die Situation in Afghanistan ähnlich. Das Land wird von einem grausamen Feind bedroht, der Kinderlähmung. Aber zur Verteidigung der Menschen haben sich nicht sieben Revolverhelden, sondern zehntausende Impfhelfer und Freiwillige, gefunden. Dazu gehören nicht nur die Angestellten der WHO, Ärzte und Menschen die von Haus zu Haus gehen, sondern auch traditionelle Heiler, Mullahs, Bewahrer heiliger Stätten, und auch einfach Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Zusammen treten sie an, die Kinderlähmung zurückzuschlagen und ein für alle mal zu besiegen.
Wie auch die glorreichen Sieben hatten sie bereits Opfer zu beklagen. Nicht nur in Afghanistan, auch in den anderen Ländern, wo diese Seuche noch heimisch ist. Bei Anschlägen auf Impfhelfer kamen schon öfter Menschen ums Leben, aber der Erfolg kann sich ebenfalls sehen lassen (PDF, Seite 10).
Noch vor 30 Jahren traf die Kinderlähmung jährlich 350.000 Menschen auf der ganzen Welt. 1988 setzte sich die WHO das Ziel, die Krankheit auszurotten. Und das mit großem Erfolg. Letztes Jahr gab es nur mehr 13 Fälle in Afghanistan, 4 in Nigeria und 20 in Pakistan. Diese drei Länder sind die letzten Landstriche, in denen das Virus noch heimisch ist.
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW09, 2017)
Wissenschaftlich-kritisch denkende Menschen stehen oft ratlos vor der Frage: „Warum glaubt jemand einen solchen Unsinn?“. In der Tat ist es manchmal schwer nachvollziehbar, warum eindeutige Fakten, sachlich präsentiert und wasserdicht belegt, nicht die gewünschte Wirkung erzielen, nämlich die Überzeugung einer offensichtlich irrgläubigen Person zu ändern. Cornelius Courts hat im Scienceblog „blooD’N’Acid“ diese Woche eine interessante Studie ausgegraben, die einige neue Aspekte und Erkärungen zu diesem Phänomen liefert. Was die Divergenz zwischen Überzeugung und Realität mit der zunehmenden Komplexität der Welt zu tun hat, besprechen Dr. Jan Dreher und Dr. Alexander Kugelstadt im Psychcast. Für weitere Orientierungsansätze soll auch in dieser Psirama-Folge wieder unsere umfangreiche Linksammlung sorgen.
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW08, 2017)
Eifrige Psiram-Leser wissen es längst: Fakten checken tut not. Namen und Repuation einer Quelle sind zweitrangig. Wichtig ist, ob der Inhalt einer genaueren Überprüfung stand hält. Das gilt auch (oder ganz besonders), wenn eine Information vom Präsidenten persönlich oder einer Ärztevereinigung mit stark verdünntem Fachwissen kommt. Zu Trainingszwecken enthält unsere wöchentliche Linkparade gelegentlich zweifelhafte oder zumindest diskussionswürdige Inhalte. Wir wünschen viel Spaß bei der Suche, Recherche und dem dabei entstehenden Erkenntnisgewinn.
10 tote Babies durch homöopathisches Zahnprodukt
Man denkt ja, dass einen nichts mehr überraschen kann, aber es passiert doch immer wieder, dass man sich fragt: Wie, wie nur? Jedem, der sich auch nur minimal mit dem Thema und der wissenschaftlichen Beweislage auseinandergesetzt hat, weiß: Homöopathie ist völlig wirkungslos. Und dann liest man von 10 toten und 400 toten kranken Kindern durch homöopathische … Weiterlesen
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW07, 2017)
In einigen der letzten Psirama-Folgen fanden sich Meldungen, die – nun – nicht unbedingt von Fakten gedeckt waren. Beschwerden gab es deshalb allerdings keine. Diskussionen, sofern sie stattfanden, drehten sich meistens um Weltanschauungen und Meinungen. Findet vielleicht gerade eine Art Gewöhnung an „alternative Fakten“ statt, die uns dazu bringt, Meldungen weniger kritisch zu hinterfragen oder gar bedenkenlos zu glauben? Sollten wir die Gelegenheit nutzen und das tun, was uns gerne vorgeworfen wird: Lügen verbreiten und die Öffentlichkeit manipulieren? Nein, keine Sorge. Tun wir nicht. Aber behaltet uns trotzdem im Auge, zur Sicherheit 😉
Was unterscheidet einen Wolf vom Genmais?
Eine Antwort lautet kurz und bündig: für Genmais soll das Vorsorgeprinzip gelten, für den Wolf nicht.
Das Vorsorgeprinzip ist, folgt man der Definition der Wikipedia, ein „wesentlicher Bestandteil der aktuellen Umweltpolitik und Gesundheitspolitik in Europa, nach dem Belastungen bzw. Schäden für die Umwelt bzw. die menschliche Gesundheit im Voraus (trotz unvollständiger Wissensbasis) vermieden oder weitestgehend verringert werden sollen“. Standard der aktuellen umweltpolitischen Diskussion ist dabei seit einigen Jahren sogar die Vermeidung „unbekannter Risiken“, einer extremen Interpretation des „Vorsorgeprinzips“.
Prinzip ist immer gut, wer lebt schon gerne ohne Grundsätze, und Vorsorge ist mindestens so positiv besetzt, wissen doch alle – zumindest die Älteren – noch aus der Zahnpasta-Reklame, dass Vorsorge besser ist als Bohren. Also meidet der aufrechte Bürger entschlossen die Risiken von Genmais, von denen niemand weiß, worin sie eigentlich bestehen, und zwar genau deshalb, weil niemand es weiß. Es könnte ja trotzdem irgendetwas sein.
Psirama – Der Psiram-Wochenrückblick (KW06, 2017)
Während in Russland, Australien und vielen anderen Ländern bereits politische Maßnahmen ergriffen werden, der Pseudomedizin Homöopathie den Nährboden in Form finanzieller Förderung durch Krankenkassen zu entziehen, stellt sich in Deutschland eine hohe Beamtin des Gesundheitsministeriums demonstrativ vor die Kurpfuscher und lässt sich als Schirmherrin eines Homöopathie-Kongresses einspannen. Warum sie das tut, mag sie nicht so recht beantworten. Gegenargumente gäbe es genug. Einige davon haben wir, neben vielen weiteren interessanten Links, in unserer wöchentlichen Presseschau gesammelt.